L 6 RJ 146/03

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 4 RJ 1309/02
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 6 RJ 146/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. Oktober 2003 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die teilweise Auszahlung einer Rentennachzahlung an den Sozialhilfeträger wegen eines Erstattungsanspruchs.

Durch Bescheid vom 29. August 2000 stellte die Beklagte die dem Kläger gewährte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Wirkung vom 1. Januar 1996 neu fest und bezifferte die Nachzahlung für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 30. September 2000 mit insgesamt 2168,58 DM. Sie teilte dem Kläger mit, sie werde diese Nachzahlung vorläufig einbehalten. Mit Schreiben vom 14. September 2000 gab der Sozialhilfeträger (Freie und Hansestadt Hamburg, Bezirksamt B. - Ortsamt V. – Sozialabteilung) gegenüber der Beklagten an, er habe dem Kläger vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Dezember 1999 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von insgesamt 33.178,33 DM gewährt. Der Erstattungsanspruch für den Kläger für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 1999 belaufe sich auf 1819,86 DM. Dieser Betrag entsprach der auf diesen Zeitraum entfallenden Rentennachzahlung. Die Beklagte behielt diesen Betrag von der Rentennachzahlung ein und führte ihn an den Sozialhilfeträger ab. Den Restbetrag der Rentennachzahlung in Höhe von 348,72 DM behielt sie wegen eines Verrechnungsersuchens zunächst ein, kehrte ihn jedoch nach Überprüfung an den Kläger aus, den sie darüber mit Schreiben vom 13. November 2000 in Kenntnis setzte.

Mit Bescheid vom 21. Juni 2002 stellte die Beklagte die dem Kläger gewährte Rente rückwirkend ab 1. Januar 1996 neu fest und bezifferte die Nachzahlung für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Juli 2000 mit 2863,99 EUR. Die Nachzahlung werde einbehalten, weil zunächst die bekannt gewordenen Ansprüche anderer Stellen, darunter auch der Träger der Sozialhilfe, die im Nachzahlungszeitraum bereits Zahlungen geleistet hätten, abschließend zu klären seien. Sobald die genaue Höhe der Ansprüche bekannt sei, werde die Nachzahlung abgerechnet.

Der Kläger gab in einem Schreiben an die Beklagte vom 1. Juli 2002 zu erkennen, dass er damit nicht einverstanden sei. Gleichzeitig übersandte er eine Kopie der Mitteilung der Beklagten vom 9. Oktober 2000 über die Abrechnung der seinerzeit angefallenen Rentennachzahlung und machte geltend, die Pfändung dieser Rentennachzahlung sei nicht rechtmäßig gewesen. Er beantrage deshalb die Auszahlung der 1819,86 DM. Mit Schreiben vom 3. Juli 2002 erläuterte die Beklagte dem Kläger, weshalb sie seinerzeit diesen Betrag von der Rentennachzahlung einbehalten und an das Sozialamt abgeführt habe.

Mit Schreiben vom 11. Juli 2002 bezifferte der Sozialhilfeträger seinen Anspruch auf Erstattung der dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 31. Juli 2002 gewährten Leistungen mit 2419,64 EUR. Vom 1. Januar 2000 bis 31. Oktober 2000 habe der Kläger keine laufende Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten; der Nachzahlungsbetrag für diese Zeit in Höhe von 444,35 EUR sei deshalb an ihn – den Kläger - auszuzahlen. Beigefügt waren Aufstellungen über die aufgewendete Sozialhilfe für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Dezember 2001 - ausgenommen die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Oktober 2000 - in Höhe von 44.608,38 DM - abzüglich des bereits im Oktober 2000 erstatteten Betrages: 42.788,52 DM - und für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 31. Juli 2002 in Höhe von insgesamt 2967,83 EUR. Daraufhin zahlte die Beklagte aus der Rentennachzahlung den Betrag von 2419,64 EUR an den Sozialhilfeträger und den verbleibenden Betrag in Höhe von 444,35 EUR an den Kläger aus und teilte dem Kläger diesen Sachverhalt mit Schreiben vom 17. Juli 2002 mit.

Der Kläger erhob – vordergründig gegen den Bescheid vom 21. Juni 2002, faktisch jedoch gegen die Mitteilung der Beklagten vom 17. Juli 2002 über die Auszahlung des überwiegenden Teiles seiner Rentennachzahlung an das Sozialamt - Widerspruch mit der Begründung, der Erstattungsanspruch des Sozialamtes für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 1999 sei verjährt. Er habe in dieser Sache bereits Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Nach einem erläuternden Schreiben der Beklagten vom 29. Oktober 2002 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2002 zurück und führte aus, wegen der Rechtswidrigkeit von Doppel-Leistungen seien die angemeldeten Aufwendungen (des Sozialhilfeträgers) in Höhe des Nachzahlungsbetrages - ausgenommen der Zeitraum 1. Januar bis 31.Oktober 2000 - an das Sozialamt zu erstatten. Dieser Erstattungsanspruch sei gem. § 113 Sozialgesetzbuch – Zehntes Buch – Verwaltungsverfahren (SGB X) auch noch nicht verjährt.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 19. Dezember 2002 Klage erhoben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 18. September 2003 hat der damalige Bevollmächtigte des Klägers beantragt, den Bescheid vom 21. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2002 aufzuheben. Dass SG hat diese Klage ohne mündliche Verhandlung durch das Urteil vom 9. Oktober 2003 abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht den wesentlichen Teil der Rentennachzahlung an den Sozialhilfeträger ausgezahlt.

Gegen dieses Urteil, dass dem Kläger (bzw. seinem damaligen Bevollmächtigten) am 20. Oktober 2003 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 14. November 2003 Berufung eingelegt. Er wendet sich nach wie vor dagegen, dass die Beklagte den wesentlichen Teil seiner Rentennachzahlung an den Sozialhilfeträger ausgezahlt hat.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. Oktober 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Juli 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2002 zu verurteilen, dem Kläger aus der Rentennachzahlung weitere 2419,64 EUR auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. Oktober 2002 zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift aufgeführten Akten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Auszahlung von weiteren 2419,64 EUR. Die Beklagte hat diesen Betrag zu Recht von der Rentennachzahlung einbehalten und in Erfüllung eines Erstattungsanspruchs an den Sozialhilfeträger abgeführt.

Der Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers hat seine gesetzliche Grundlage in § 104 Abs. 1 SGB X. Hat demnach ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, so ist der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. So liegt der Sachverhalt hier. Die Beklagte als vorrangig verpflichteter Sozialleistungsträger hat die dem Kläger wegen Erwerbsunfähigkeit gewährte Rente im Juni 2002 rückwirkend für die Zeit seit dem 1. Januar 1996 erhöht, für die - ausgenommen die Zeit vom 1. Januar 2000 bis 31. Oktober 2000 - der Sozialhilfeträger als nachrangig verpflichteter Leistungsträger dem Kläger neben der Rente Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt hatte, weil die Rente den Hilfebedarf des Klägers nach dem Bundessozialhilfegesetz nicht gedeckt hatte. Hätte die Beklagte die Rente in der neu berechneten Höhe schon seinerzeit gezahlt, so wäre der Kläger in der Höhe des Differenzbetrages nicht bedürftig und der Sozialhilfeträger in dieser Höhe nicht leistungspflichtig gewesen. Dieser hat in Höhe des Differenzbetrages quasi für die Beklagte vorgeleistet. Sie hatte deshalb dem Sozialhilfeträger den gleichsam vorgeleisteten Betrag zu erstatten. So weit der Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers bestand, galt der Anspruch des Klägers auf Auszahlung des Mehrbetrages, d. h. der Rentennachzahlung, als erfüllt, sodass die Rentennachzahlung nicht mehr ihm, sondern dem Sozialhilfeträger zustand (§ 107 SGB X).

Die vom Sozialhilfeträger bezifferte Höhe des Erstattungsanspruchs ist nicht zu beanstanden. Zwar trifft es zu, dass ihm für den fraglichen Zeitraum schon einmal Aufwendungen erstattet worden sind. Dieser Betrag hat aber die während des Nachzahlungszeitraums erbrachten Leistungen des Sozialhilfeträgers nur zu einem Bruchteil abgedeckt.

Der Erstattungsanspruch ist auch nicht verjährt. Erstattungsansprüche verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat (§ 113 Abs. 1 SGB X). Diese Frist hatte gerade erst zu laufen begonnen, als der Sozialhilfeträger im Juli 2002 nach Unterrichtung durch die Beklagte über die Rentennachzahlung seinen Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten bezifferte.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil hierfür eine Veranlassung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht bestanden hat.
Rechtskraft
Aus
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