S 26 (17) U 22/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 26 (17) U 22/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 288/03
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der 1947 geborene, als Ingenieur und Projektmanager beschäftigte Kläger stellte sich am 03.12.2001 in der chirurgischen Ambulanz des Katholischen Krankenhauses St. Josef in F vor und gab an, er sei am Morgen desselben Tages beim Aussteigen aus einem Pkw über einen erhöhten Pflasterstein des Parkplatzes gestolpert, wodurch er mit dem Rücken auf einen Baustein und auf das linke Handgelenk geprallt sei. Der Durchgangsarzt diagnostizierte eine Prellung der Lendenwirbelsäule, des linken Handgelenks und des rechten Hüftgelenks. Er bescheinigte Arbeitsunfähigkeit bis zum 07.12.2001 und empfahl Kühlung, Schonung und Stufenbettlagerung.

Am 10.12.2001 stellte sich der Kläger in der chirurgischen Ambulanz der Evangelischen Krankenanstalten E vor, wo eine Prellung der Lendenwirbelsäule und des rechten Hüftgelenks diagnostiziert wurde. Vom 26.12.2001 bis zum 03.01.2002 befand er sich wegen Lendenwirbelsäulenbeschwerden in der stationären Behandlung der Unfallchirurgischen Abteilung des Wilhelm-Anton-Hospitals in H, wo er mit intravenösen Schmerzinfusionen behandelt wurde. Am 04.01.2002 stellte er sich wegen anhaltender lumbalgieformer Beschwerden in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik E vor. Die von dort aus veranlasste Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule ergab am 07.01.2002 in dem Segment L4/L5 einen mittel- bis rechtsseitigen Bandscheibenvorfall. Vom 10.01.2002 bis zum 30.01.2002 befand sich der Kläger zur stationären Behandlung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik E, in deren Verlauf die Ärztin für Neurologie Dr. M eine Wurzelreizsymptomatik im Segment L5/S1 rechts diagnostizierte. Zum 01.02.2002 erklärte Priv.-Doz. Dr. L den Kläger wieder für arbeitsfähig (K(D)-10-Mitteilung vom 25.02.2002).

Der Arzt für Chirurgie Dr. D vertrat in einem auf Veranlassung der Beklagten erstatteten Gutachten die Auffassung, dass wesentliche Unfallfolgen nicht nachgewiesen seien: Es liege ein Zustand nach Prellung des rechten Beckens, der rechten Ileosacralfuge und der Lendenwirbelsäule vor. Der in dem Segment L4/L5 vorgefundene Bandscheibenvorfall mit Einengung des Rezessus für die Wurzel L5 rechts sei nicht auf das Ereignis vom 03.12.2001 zurückzuführen. Auf das chirurgische Gutachten vom 23.08.2002 wird im übrigen Bezug genommen. Der Kläger erhob gegen den Bescheid vom 22.09.2002, mit dem die Beklagte einen Anspruch auf Verletztenrente ablehnte, Widerspruch: Vor dem am 03.12.2001 erlittenen Arbeitsunfall habe er keine Bandscheibenbeschwerden gehabt. Noch bis Juli 2002 habe er unter Folgen dieses Arbeitsunfalls gelitten und sei deswegen auch von Dr. C und Dr. S1 weiterbehandelt worden. Seine berufliche Tätigkeit habe er erst am 16.03.2002 wieder aufgenommen.

Mit Bescheid vom 20.01.2003 verfügte die Beklagte unter anderem, dass ein Anspruch auf Schmerzensgeld, auf Kostenerstattung für einen nach Angaben des Klägers bei dem Arbeitsunfall am 03.12.2001 zerrissene Jacke und auf Reparatur einer am Unfalltage getragenen Armbanduhr nicht bestehe und dass die Kosten der Fahrten zur Behandlung bzw. der von der Ehefrau durchgeführten Besuche nur bis einschließlich 31.01.2003 zu übernehmen seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2003 wies die Beklagte den gegen den Bescheid vom 22.09.2002 erhobenen Widerspruch als unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 21.03.2003 Klage erhoben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2003 hat die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.01.2003 als unbegründet zurückgewiesen.

Der Kläger trägt vor: Das von Dr. D erstattete Gutachten sei inhaltlich falsch. Angesichts der flagranten und unnötigen Verletzungen und Schmerzensbereitung in Gestalt von Schmerzbetäubung, Schmerzmittelmissbrauch / Überdosierung bis zu schlimmer Allergie, Körperverletzung und heimlicher Verabreichung unverträglicher Schmerzmittel und gewaltsamer chiropraktischer Verbiegung und Unterschlagung der an sich gebotenen orthopädischen Behandlung erstrebe er lediglich "ein bescheidenes Schmerzensgeld" und die Erstattung der tatsächlich entstandenen Aufwendungen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage als sachlich unbegründet zurückgewiesen.

Die Beklagte verweist auf das von Dr. D erstattete chirurgische Gutachten. Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Gericht im Zeitpunkt seiner Entscheidung ebenfalls vollständig vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Nach § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (Satz 1). Die Beteiligten sind vorher zu hören (Satz 2). Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Die Klage ist zum Teil unzulässig und zum Teil unbegründet.

Unzulässig ist die Klage insoweit, als der Kläger mit ihr seinen Widerspruch weiterverfolgt, den er gegen den Bescheid vom 22.09.2002 erhoben hat. Eine Beschwer des Klägers im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG ist dadurch, dass die Beklagte einen Anspruch auf Verletztenrente (§ 56 Siebtes Buch des Sozialgesetzbuchs - SGB VII -) abgelehnt hat, deshalb nicht denkbar, weil die Beklagte insoweit eine Leistung abgelehnt hat, die der Kläger eigenen Angaben zufolge nicht beantragt hat und an der er im übrigen ausdrücklich nicht interessiert ist.

Unbegründet ist das Rechtsschutzbegehren insoweit, als die Klage sich gegen den Bescheid vom 20.01.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2003 richtet. Diese Bescheide beschweren den Kläger nicht nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Diese Bescheide sind nämlich nicht rechtswidrig.

Ein Anspruch auf Schmerzensgeld gegen die Beklagte steht dem Kläger schon dem Grunde nach nicht zu. Schmerzensgelder zählen nicht zu den Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Mangels einer gesetzlichen Grundlage (§ 31 SGB I) ist die Beklagte im übrigen auch gar nicht befugt, derartige Zahlungen an den Kläger zu leisten.

Ferner hat es die Beklagte zu Recht abgelehnt, dem Kläger Ersatzzahlungen für eine Jacke zu leisten, die der Kläger eigenen Angaben zufolge am 03.12.2001 bei dem Sturz auf dem Parkplatz "Ingenieursbau" in F zerrissen hat. Gleiches gilt für die Kosten in Höhe von insgesamt 45,00 EUR, die der Kläger für die Reparatur einer Armbanduhr geltend macht, die seinen Angaben zufolge durch den Sturz am 03.12.2001 beschädigt worden ist. Versicherte, die als Beschäftigte einen Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII erleiden, haben gegen den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung keinen Anspruch auf Ersatz der durch diesen Versicherungsfall (§ 7 Abs. 1 1. Alternative SGB VII) erlittenen Sachschäden. Das in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherte Rechtsgut ist ausschließlich die Erwerbsfähigkeit.

Die Fahrten, die der Kläger nach seiner zu den Verwaltungsakten gereichten Auflistung (Bl. 115, 116 der Akten der Beklagten) in der Zeit vom 03.12.2001 bis zum 07.08.2002 vornehmlich zu Dr. S in E, Dr. C in F und zu einer krankengymnastischen Praxis in E unternommen hat, sind nur bis zum 31.01.2002 erstattungsfähig. Reisekosten werden nach § 43 Abs. 1 SGB VII erbracht, soweit dies zur Durchführung der Heilbehandlung oder der beruflichen Rehabilitation erforderlich ist. Diese Voraussetzungen sind nach dem 31.01.2002 nicht mehr erfüllt. Die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung, die die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen des am 03.12.2001 erlittenen Arbeitsunfalls nach §§ 26 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4, 27 Abs. 1, 28 Abs. 1, 29 Abs. 1 SGB VII geschuldet hat, ist nämlich bereits mit dem 30.01.2002 abgeschlossen gewesen. Dies entnimmt die Kammer der Mitteilung, die Priv.-Doz. Dr. L als Ärztlicher Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik E unter dem 25.02.2002 der Beklagten hat zukommen lassen. Danach ist der Kläger ab dem 01.02.2002 sogar wieder arbeitsfähig gewesen.

Dass die ärztliche Behandlung, die der Kläger in der Zeit vom 06.02.2002 bis zum 07.08.2002 vornehmlich bei Dr. C und Dr. S1 in Anspruch genommen hat, nicht durch Folgen des am 03.12.2001 erlittenen Arbeitsunfalls bedingt gewesen ist, entnimmt die das Gericht des weiteren dem Gutachten von Dr. D vom 23.08.2002. Danach hat der angeschuldigte Sturz am 03.12.2001 im wesentlichen lediglich zu Prellungen des rechten Beckens, der Ileosacralfuge und der Lendenwirbelsäule, nicht aber zu knöchernen Verletzungen geführt. Insbesondere ist es nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der angeschuldigte Sturz einen wesentlichen ursächlichen Beitrag zu den Bandscheibenvorfall geleistet hat, den Dr. S2 am 07.01.2002 in dem Segment L4/L5 kernspintomographisch gesichert hat. Wie Dr. D zutreffend dargelegt hat, ist der angeschuldigte Unfall bereits nach Art und Hergang nicht geeignet gewesen, eine isolierte Bandscheibenverletzung ohne gleichzeitige Bruchverletzung eines oder mehrerer Wirbelkörper herbeizuführen. Dass die Lendenwirbelsäulenbeschwerden, deretwegen sich der Kläger auch nach dem 31.01.2002 noch hat behandeln lassen, durch den angeschuldigten Arbeitsunfall nicht wesentlich (mit-) verursacht sein können, ergibt sich schließlich auch daraus, dass der Kläger entgegen seinem Vorbringen schon vor dem angeschuldigten Arbeitsunfall nachweislich an lumboischialgieförmigen Beschwerden gelitten hat. Dies ergibt sich aus dem von Dr. D zutreffend mit ausgewerteten Vorerkrankungsverzeichnis der Techniker Krankenkasse E vom 26.02.2002. Daraus geht hervor, dass der Kläger in der Zeit vom 17.08.1998 bis zum 21.08.1998 wegen einer akuten Ischialgie und in der Zeit vom 07.09.1999 bis zum 10.09.1999 wegen einer Lumboischialgie arbeitsunfähig gewesen ist.

Schließlich hat es die Beklagte auch zu Recht abgelehnt, diejenigen Reisekosten, die durch Besuchsfahrten der Ehefrau für den Zeitraum vom 25.12.2001 bis zum 23.02.2002 geltend gemacht werden, in Höhe von mehr als zwei Fahrten zu erstatten. Der Bescheid vom 20.01.2003 hebt zutreffend hervor, dass nach § 43 Abs. 3 SGB VII Reisekosten, die durch Fahrten eines Angehörigen zum Aufenthaltsort des Versicherten entstehen, im Regelfall für zwei Fahrten im Monat übernommen werden. Von daher sind von den neun Fahrten, die die Ehefrau im Laufe des Monats Januar 2001 von X zu den Berufsgenossenschaftlichen Unfallkliniken E unternommen hat, nur zwei Reisen erstattungsfähig. Eine von Seiten des Klägers angeführte "Obstversorgung" ist nicht geeignet, eine Ausnahme von dieser Regel substantiiert zu begründen. Die Fahrten, die die Ehefrau des Klägers am 18.02.2002, 20.02.2002 und am 23.02.2002 zum St. Barbara-Hospital E unternommen hat, sind schon deshalb nicht erstattungsfähig, weil die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung im Zeitpunkt dieser Fahrten bereits beendet gewesen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 105 Abs. 1 Satz 3, 193 Abs. 1 SGG. Das Gericht weist darauf hin, dass das sozialgerichtliche Verfahren für Versicherte nur im Grundsatz gerichtskostenfrei ist und dass nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG Mutwillenskosten auferlegt werden können, wenn ein Rechtsstreit fortgeführt wird, obwohl der Vorsitzende in einem Termin auf die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung hingewiesen hat. Missbräuchlichkeit liegt insbesondere dann vor, wenn die Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist oder wenn sie ihrer äußeren Form nach beleidigenden oder verletzenden Charakter hat. Dasselbe gilt, wenn bewusst falsche Angaben gemacht werden.
Rechtskraft
Aus
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