L 6 U 13/18

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 15 U 72/16
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 U 13/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Vorliegen des Versicherungsschutzes bei einem Wegeunfall, wenn vor dem Hintergrund einer privaten Verrichtung ein Teil des Weges statt mit der Straßenbahn zu Fuß zurückgelegt wird
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 13.12.2017 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten im Berufungsverfahren zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Ereignisses vom 11.11.2015 als Arbeitsunfall (Wegeunfall).

Der 1958 geborene Kläger wurde am 11.11.2015 durch den Rettungsdienst nach einem Verkehrsunfall in das Universitätsklinikum A ... eingeliefert. Im D-Arzt-Bericht vom 12.11.2015 wurde vermerkt, dass sich der Kläger auf dem Weg von der Arbeit nach Hause befunden habe. Im Rahmen der bis zum 27.11.2015 durchgeführten stationären Behandlung wurden als Verletzungen diagnostiziert: geschlossene, dislozierte subtrochantäre Femurfraktur rechts, Stenose der Arteria carotis interna, Amaurosis fugax mit ischämischer Optikusneuropathie.

In der Unfallanzeige der Arbeitgeberin vom 04.12.2015 wird zum Unfallhergang ausgeführt: "Nach dem Aufsuchen meiner Hausärztin in der Y ... Straße wollte ich die Straße in Richtung X ...straße überqueren. Hierbei lies ich erst einen Radfahrer von rechts passieren und begab mich dann auf die Fahrbahn. Als ich in der Mitte war schoß auf mich ein Fahrzeug aus der X ...straße abbiegend zu und erfasste mich."

Der Kläger gab im Fragebogen vom 03.12.2015 an, dass sich der Unfall gegen 15.40 Uhr ereignet habe. Beginn seiner Arbeitszeit am Unfalltag sei 4.35 Uhr gewesen, Ende 14.26 Uhr. Als Unfallort gab er die Y ... Straße in A ... – auf der Fahrbahn – an. Er sei von der Arztpraxis Dr. W ... in der V ...straße 9 bis 13 in A ... gekommen und habe nach Hause gewollt. Die Arbeitsstätte habe er 14.50 Uhr verlassen. Als gewöhnlichen Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte bzw. umgekehrt gab er an: Straßenbahnlinie 10 oder 16 über A ... Hauptbahnhof. Gewöhnlich lege er den Weg mit der Straßenbahn zurück. Die Wegstrecke betrage 6 km. Er benötige dafür 30 Minuten. Dies sei der direkte Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Am Unfalltag sei er vom Hauptbahnhof mit der Linie 10 bis "U ..." gefahren, dann zu Fuß in die Arztpraxis V ...straße und von dort habe er wieder zur Straßenbahnlinie 10 gewollt. Abgewichen sei er vom gewöhnlichen Weg wegen des Arztbesuches. Den Weg habe er mit der Straßenbahn und zu Fuß zurückgelegt. Der Weg sei nicht länger gewesen und auch nicht zeitaufwändiger. Der Arztbesuch sei notwendig gewesen wegen einer Rezeptausstellung. Er habe sich in der Arztpraxis von 15.20 Uhr bis 15.35 Uhr aufgehalten. Zum Unfallhergang führte der Kläger aus, dass er beim Verlassen der Arztpraxis und Überqueren der Y ... Straße durch einen PKW angefahren worden sei. Mit dem Rettungsdienst sei er dann in das Universitätsklinikum A ... eingeliefert worden. Wegen der Einzelheiten der Angaben des Klägers in dem Fragebogen wird auf Blatt 63 bis 65 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

Die Beklagte zog einen Linienplan der Straßenbahnen von A ... und einen Fahrplan der Linie 10 bei, zudem nahm sie Auszüge aus einem Stadtplan von A ... zur Akte. Diesbezüglich wird Bezug genommen auf Blatt 69 bis 74 der Verwaltungsakte.

Mit Bescheid vom 04.01.2016 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 11.11.2015 als Arbeitsunfall ab. Der Kläger habe nach dem Ende seiner Arbeitszeit seine Hausärztin aufgesucht, nach Verlassen der Arztpraxis sei er auf dem Weg zurück zur Straßenbahnhaltestelle als Fußgänger von einem PKW erfasst und verletzt worden. Er habe sich auf dem Rückweg von einer Verrichtung befunden, die mit der versicherten Tätigkeit nicht in rechtlich wesentlichem Zusammenhang gestanden habe. Es handele sich um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit, die dem persönlichen und daher unversicherten Lebensbereich zuzurechnen sei. Die Unterbrechung habe begonnen mit dem Verlassen des direkten Weges zwischen Arbeitsstätte und Wohnung oder mit der Aufnahme der privaten Tätigkeit. Die Unterbrechung ende erst, wenn der ursprüngliche Weg wieder fortgesetzt werde.

Diesen Bescheid griff der Kläger mit seinem Widerspruch vom 12.01.2016 an. Er könne nicht nachvollziehen, dass eine kurzzeitige Unterbrechung des normalen Arbeitsweges (kein Umweg) von ca. 15 Minuten für eine Rezeptausstellung beim Arzt diese Auswirkung habe. Es sei ihm zu keiner Zeit bewusst gewesen, damit seinen Versicherungsschutz zu gefährden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2016 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung aus: "Nach § 8 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch sind Arbeitsunfälle, Unfälle von Versicherten infolge der versicherten Tätigkeit. Eine versicherte Tätigkeit ist gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden, unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit.

Das Zurücklegen von Wegen stellt in aller Regel nicht die Ausübung der versicherten Tätigkeit selbst dar, sondern ist eine der versicherten Tätigkeit vor- oder nachgelagerte Tätigkeit, die zu der eigentlichen Tätigkeit, weswegen das Beschäftigungsverhältnis eingegangen wurde, in einer mehr oder weniger engen Beziehung steht (BSG, Urteil vom 04. September 2007 – B 2 U 24/06 R –, juris).

Dabei muss das Verhalten des Versicherten zum Unfallzeitpunkt der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sein. Dieser innere bzw. sachliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Wesentlich ist die finale Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist eine Unterbrechung des Heimwegs als geringfügig zu bezeichnen, wenn sie auf einer Verrichtung beruht, die bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des Wegs nach oder von dem Ort der Tätigkeit in seiner Gesamtheit anzusehen ist (vgl BSG vom 17.2.2009 – B 2 U 26/07 R = SozR 4-2700 § 8 Nr 32). Das ist der Fall, wenn sie nicht zu einer erheblichen Zäsur in der Fortbewegung in Richtung des ursprünglich aufgenommenen Ziels führt, weil sie ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung "im Vorbeigehen" oder "ganz nebenher" erledigt werden kann (vgl BSG vom 9.12.2003 – B 2 U 23/03 R = BSGE 91, 293 = SozR 4-2700 § 8 Nr 3 und vom 12.4.2005 – B 2 U 11/04 RBSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, BSG, Urteil vom 04. Juli 2013 – B 2 U 3/13 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr 50).

Ausgehend von diesen Grundsätzen befanden Sie sich zum Unfallzeitpunkt nicht auf einem versicherten Weg.

Ihren gewöhnlichen Nachhauseweg mit der Straßenbahnlinie 10 oder 16 vom Hauptbahnhof A ... bis zur Haltestelle T ... haben Sie unterbrochen, als Sie an der Haltestelle U ... ausgestiegen sind, um zu Fuß die Praxis Ihrer Hausärztin in der V ...straße aufzusuchen. Die Gehstrecke beträgt dabei ca. 300 Meter.

Ihren eigenen Angaben zufolge haben Sie sich dort für ca. 15 Minuten aufgehalten.

Mit dem Verlassen der Arztpraxis war Ihre Handlungstendenz nicht schon darauf gerichtet, den Weg nach Hause aufzunehmen, sondern zunächst darauf, den zum Zweck der Rezeptausstellung verlassenen Weg (Haltestelle U ...) zu erreichen, um anschließend den ursprünglichen Weg fortzusetzen.

In vorliegendem Fall kann damit bei natürlicher Betrachtungsweise (siehe o.g. höchstrichterliche Rechtsprechung) eine kurzfristige Unterbrechung des Nachhauseweges weder örtlich noch zeitlich in Betracht kommen.

Da sich der Unfall auf einem nicht versicherten Abweg ereignete und kein innerer Zusammenhang mit Ihrer versicherten Tätigkeit festgestellt werden konnte, sind die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nicht erfüllt."

Hiergegen hat der Kläger am 20.04.2016 Klage zum Sozialgericht Leipzig (SG) erhoben. Entgegen der Sachverhaltsdarstellung der Beklagten habe er gerade nicht beabsichtigt, zum Straßenbahnhaltepunkt U ... zurückzukehren, um dort in die Straßenbahnlinie 10 bzw. 16 einsteigend seinen Heimweg wieder aufzunehmen. Vielmehr habe er sich unmittelbar nach dem Verlassen der Hausarztpraxis wieder auf seinem üblichen Heimweg befunden. Er beabsichtigte, von der Y ... Straße kommend in die X ...straße einzubiegen, um dort die Haltestelle "X ..." zu erreichen, um dort wiederum in die Straßenbahn einzusteigen. In dem Moment, in dem er sich auf der Y ... Straße befunden habe, habe er sich exakt auf dem Weg bewegt, den er ohne Unterbrechung mit der Straßenbahn zurückgelegt hätte. Die Straßenbahnlinie 10 bzw. 16 befahre vom U ... kommend die Y ... Straße zum X ... und biege dort nach links in die X ...straße ein. Er habe sich exakt auf dem Weg befunden, den die Straßenbahn, die er zuvor genutzt habe, zurückgelegt hätte, seinem Heimweg. Ein Zurückkehren zur Haltestellte am U ... wäre insofern unsinnig gewesen, als er sich dann in entgegengesetzter Richtung zu seinem beabsichtigten Heimweg bewegt hätte. Insofern sei seine Handlungstendenz nicht darauf gerichtet gewesen, den zum Zwecke der Rezeptausstellung verlassenen Weg wiederum zu erreichen, um anschließend den ursprünglichen Weg fortzusetzen. Vielmehr sei die Handlungstendenz nach Verlassen der Arztpraxis bereits darauf gerichtet gewesen, seinen Heimweg fortzusetzen. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (verwiesen hat der Kläger auf das Urteil vom 04.07.2013 – B 2 U 3/13) hatte er seine eigenwirtschaftliche Tätigkeit (Aufsuchen seiner Hausärztin) beendet und sich zum Zeitpunkt des Unfallereignisses wieder auf dem Heimweg befunden (identischer Weg wie der der Straßenbahn). Dass er zu diesem Zeitpunkt die Straßenbahn nicht genutzt habe, sei irrelevant. Eine Vorgabe, in welcher Art und Weise der Versicherte seinen Heimweg zurückzulegen habe, existiere nicht. Es sei ihm unbenommen, den Heimweg unter Nutzung verschiedener Möglichkeiten – auch unter Umständen unter Nutzung anderer Wege – zurückzulegen. Der Behauptung der Beklagten, es handele sich um eine bisher noch nicht vorgetragene Sachverhaltsvariante, werde entgegengetreten. Bereits im Fragebogen vom 03.12.2015 habe er ausgeführt, dass er vom Hauptbahnhof die Linie 10 bis U ... gefahren sei, dann zu Fuß in die Arztpraxis V ...straße und von dort habe er wieder zur Straßenbahnlinie 10 gewollt. In der Unfallmeldung der Arbeitgeberin werde ausgeführt, dass er die Y ... Straße in Richtung X ...straße habe überqueren wollen. Die Annahme der Beklagten, er habe nach Verlassen der Arztpraxis zurück zur Straßenbahnhaltestelle am U ... gehen wollen, sei unzutreffend.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 14.09.2017 hat der Kläger gegenüber dem Gericht und gegenüber der Beklagten den Ablauf des von ihm zurückgelegten Weges ergänzend erläutert, Bezug genommen wird auf die Sitzungsniederschrift Blatt 23 bis 24b der Gerichtsakte. Der Kläger hat ferner eine Kopie der amtlichen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft A ... zur Akte gereicht, Bezug genommen wird hier auf Blatt 27 bis 64 der Gerichtsakte.

Die Beklagte hat ausgeführt, dass die Unterbrechung des an sich versicherten Weges objektiv noch nicht beendet gewesen sei. Der Kläger habe den ursprünglichen Weg noch nicht wieder aufgenommen gehabt, als er den Weg zur Haltestelle "X ..." eingeschlagen habe. Die konkrete, zur Zurücklegung des versicherten Weges unternommene Verrichtung (Fahren mit der Straßenbahn) habe der Kläger zur Erledigung des eigenwirtschaftlichen Motivs (Aufsuchen der Hausärztin) unterbrochen und zum Zeitpunkt des Unfallereignisses noch nicht wieder aufgenommen gehabt, da er sich zu Fuß noch auf dem Weg zur Haltestelle befunden habe. Daher komme es im Ergebnis nicht darauf an, zu welcher Haltestelle der Straßenbahn er sich habe begeben wollen.

Mit Urteil vom 13.12.2017 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 04.01.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2016 aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 11.11.2015 um einen Arbeitsunfall handelt. Zur Begründung hat das SG ausgeführt: "2. Die Klage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 04.01.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

a) Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer dem Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegs nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität (BSG 15.Mai 2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52; 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R - Juris, m.w.N.). Ein Wegeunfall setzt einen wesentlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis voraus. Es muss also eine Verbindung mit der versicherten Tätigkeit bestehen, d.h. ein innerer bzw. sachlicher Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSG 28. Juni 1988 - 2 RU 60/87 - BSGE 63, 273; 5. Mai 1994 - 2 RU 26/93 - Juris; 1. Februar 1996 - 2 RU 3/95 - Juris).

Dabei steht es dem Versicherten frei, sich im öffentlichen Verkehrsraum beliebig zu bewegen, wenn die Fortbewegung nach seiner Handlungstendenz der Zurücklegung des Wegs vom oder zum Ort der Tätigkeit zu dienen bestimmt ist. Insofern mag der Autofahrer bei einer doppelspurigen Straße entscheiden, ob er die rechte oder die linke Fahrspur befährt. Sobald indes der Versicherte allein eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt, die mit der versicherten Fortbewegung nicht übereinstimmen, wird der Versicherungsschutz unterbrochen, und zwar so lange, bis er die Fortbewegung auf sein ursprüngliches Ziel hin wieder aufnimmt (BSG 9. Dezember 2013 - B 2 U 23/03 R - BSGE 91, 293). Der Versicherungsschutz entfällt, wenn der Versicherte sich rein persönlichen, von der Betriebstätigkeit nicht mehr beeinflussten, Belangen widmet (vgl. BSG 30. Juli 1958 - 2 RU 157/55 - BSGE 8, 48; 22. Juni 1976 - 8 RU 148/75 - Juris). Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Versicherte lediglich seine Fortbewegung beendet, um sich an Ort und Stelle einer anderen, nicht nur geringfügigen Tätigkeit zuzuwenden, oder ob er den eingeschlagenen Weg verlässt, um an anderer Stelle einer privaten Verrichtung nachzugehen und erst danach auf den ursprünglichen Weg zurückzukehren (BSG 30. Oktober 2007 - B 2 U 29/06 R - Juris).

Der auf Grund einer mehr als geringfügigen Unterbrechung entfallene Versicherungsschutz wird mit der Beendigung der eigenwirtschaftlichen Tätigkeit und der Fortsetzung des ursprünglich angetretenen Weges wieder begründet, es sei denn, aus der Dauer und der Art der Unterbrechung muss auf eine endgültige Lösung des Zusammenhangs mit der versicherten Tätigkeit geschlossen werden. Die räumliche Unterbrechung endet mit dem Erreichen dieses Verkehrsraumes sowie der Wiederaufnahme der Fortbewegung in Richtung des ursprünglichen Ziels (BSG 2. Dezember 2008 - B 2 U 17/07 R - Juris; 30. Juni 1999 - B 2 U 31/98 R - Juris ).

Für den Umstand, dass der Weg zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit dienen sollte, ist der Versicherte darlegungs- und beweisbelastet. Der Sachvortrag eines Beteiligten kann Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung sein, wenn er glaubhaft ist, der Lebenserfahrung entspricht und nicht zu anderen festgestellten Tatsachen im Widerspruch steht (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG 11. Aufl. § 128 Rn. 4). Für die anspruchsbegründenden Tatsachen ist der volle Beweis erforderlich, d.h. der Sachverhalt muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (BSG 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285) nachgewiesen werden.

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sieht es die Kammer als erwiesen an, dass der Kläger sich auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherten Weg befand.

Der Kläger befand sich bereits wieder auf dem direkten Heimweg. Die Unterbrechung war zum Unfallzeitpunkt beendet. Einer versicherten Tätigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ist der Kläger bereits wieder mit der Fortsetzung des Heimwegs - zunächst zu Fuß - nachgegangen. Der Kläger hatte zum Unfallzeitpunkt die private Besorgung abgeschlossen und den durch den kurzen Arztbesuch unterbrochenen Weg wieder fortgesetzt.

Die durch Arztbesuch bedingte Unterbrechung ist mit dem Wiedererreichen der Y ... Straße im Bereich der Kreuzung X ...straße und der Fortsetzung des Weges zur Wohnung beendet gewesen. Ein vom Unfallversicherungsschutz erfasster öffentlicher Verkehrsraum kann - dem Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung der Beschäftigten entsprechend - nur der öffentliche Verkehrsraum sein, der dem jeweils zulässig gewählten Weg von oder zur Arbeitsstätte zuzurechnen ist. Nur wenn der Versicherte diesen Verkehrsraum noch nicht verlassen (oder wieder erreicht) hat, besteht noch (oder bereits wieder) Versicherungsschutz. Bei einer Kreuzungsanlage umfasst ihr Gesamtbereich den versicherungsrechtlich geschützten öffentlichen Verkehrsraum (BSG 30. Juni 1999 - B 2 U 31/98 R - Juris; 30. August 1979 - 8a RU 96/78 - BSGE 49, 16). Diese Abgrenzung ist sachgerecht; sie vermeidet infolge der einfachen Feststellbarkeit der objektiven Voraussetzungen für den Versicherungsschutz ungerechtfertigte Härten und stellt insbesondere Fußgänger und andere Verkehrsteilnehmer gleich (BSG 30. Juni 1999 - B 2 U 31/98 R - a.a.O.; 25. Juni 1992 - 2 RU 31/91 - Juris).

Mit dem Abschluss der privaten Verrichtung und dem Wiedererreichen des ursprünglichen Heimwegs im Bereich der Kreuzung Y ... Straße X ...straße setzte der Kläger seinen versicherten Heimweg fort. Nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts befand er sich mit dem Erreichen der Kreuzung, die der Kläger ebenso mit der Straßenbahn befahren hätte, wieder auf einem versicherten Weg. Seine nachvollziehbare Entscheidung, nicht erst zur Straßenbahnhaltestelle U ... zurückzulaufen, sondern einen Teil des Heimwegs - nämlich den Weg bis zur Straßenbahnhaltestelle X ...- zu Fuß zurückzulegen, führt nicht dazu, dass er seinen Versicherungsschutz (noch) nicht wieder erreicht hat. Damit ist der Kläger im geschützten öffentlichen Verkehrsraum der Kreuzungsanlage verunglückt. Unerheblich ist dabei entgegen der Auffassung der Beklagten, dass der Kläger im Unfallzeitpunkt nicht das Fortbewegungsmittel, mit dem er an sich die Wohnung erreichen wollte, benutzte, sondern einen Teil des Wegs zu Fuß unterwegs war. Es wäre schwer einzusehen, warum dem Versicherten, der sich entschlossen hat, den ganzen Heimweg zu Fuß zurückzulegen, der so abgegrenzte Kreuzungsbereich ohne Verlust des Versicherungsschutzes zur Verfügung steht, anderen versicherten Verkehrsteilnehmern dagegen nicht (in diesem Sinne BSG 25. Juni 1992 - 2 RU 31/91 - Juris). Insoweit weicht der vorliegende Sachverhalt auch von dem Sachverhalt der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 31. August 2017 (- B 2 U 1/16 R - zur Zeit der Entscheidung nur als Terminbericht vorliegend) maßgeblich ab."

Gegen das der Beklagten am 19.12.2017 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 16.01.2018 beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegte Berufung. Der Unfall habe sich auf einem nicht versicherten Weg ereignet. Zu beachten sei, dass die Fahrt mit der Straßenbahnlinie 16 kürzer sei als mit der Linie 10, so dass bereits beim Einsteigen in die Linie 10 am Hauptbahnhof ein Abweichen vom versicherten direkten Weg wegen der Arztaufnahme festzustellen sei. Nur die Straßenbahnlinie 10 fahre über das U ... Erst an der Haltestelle "S ..." würden beide Linien wieder zusammentreffen. Das Zurücklegen des Weges mit der Straßenbahnlinie 10 sei von vornherein kein geschützter Weg. Zum Zeitpunkt des Unfalls sei der Umweg auch noch nicht beendet gewesen, da der Kläger die Haltestelle "S ..." noch nicht erreicht habe. Auch sei zu beachten, dass die Art und Weise der Fortbewegung oder das sonstige Verhalten des Klägers zum Unfallzeitpunkt durch Umstände geprägt gewesen sei, die dem eigenwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen seien. Der Einstieg in die Straßenbahnlinie 10 sei ausschließlich durch private Interessen des Klägers geprägt gewesen, die Notwendigkeit, den längeren Weg über das U ... zu nehmen, sei in keiner Weise ersichtlich. Die Angabe des Klägers, dass er gewöhnlich beide Straßenbahnlinien nutze, ändere nichts an der Tatsache, dass die Fahrt mit der Straßenbahnlinie 10 einen unversicherten Umweg darstelle. Es liege aber auch keine unerhebliche und/oder beendete Unterbrechung des versicherten Weges vor – selbst unter der Maßgabe, dass die Fahrt mit der Straßenbahnlinie 10 grundsätzlich als direkter Weg anzusehen sei. Für den Versicherungsschutz in der Wegeunfallversicherung bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln könne nichts anderes gelten als für diejenigen, die den Weg mit einem Kfz zurücklegen. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 31.08.2017 – B 2 U 11/16 R) sei eine erhebliche Unterbrechung gegeben, wenn die Verrichtung eine neue objektive Handlungstendenz in Gang setze. Eindeutiges Anzeichen für die Änderung der Handlungstendenz sei das Verlassen des Verkehrsraumes, um einer privatnützigen Verrichtung nachzugehen, ebenso trotz Verbleibens im öffentlichen Verkehrsraum jede Richtungsänderung aus eigenwirtschaftlichen Gründen. Die Rezeptabholung stelle eine erhebliche Unterbrechung der versicherten Tätigkeit dar, die zum Unfallzeitpunkt nicht beendet gewesen sei. Der Kläger habe die Y ... Straße auf Höhe der Brunnenapotheke überquert, als er von dem PKW-Fahrer angefahren worden sei. Es liege der Schluss nahe, dass der Kläger mit der Fahrt der Straßenbahnlinie 10 nicht nur die Abholung, sondern auch eine weitere private Verrichtung, nämlich die spätere Einlösung des Rezepts bei einer Apotheke, beabsichtigte. Hätte der Kläger direkt aus der X ... die Y ... Straße auf dem unmittelbaren Weg überquert, so hätte er vor der Einmündung X ...straße gestanden und wäre nicht von dem linksabbiegenden PKW-Fahrer erfasst worden. Der einzige Grund für diesen (erneuten) privaten Weg scheine der zusätzliche Gang in die.apotheke gewesen zu sein. Unabhängig davon habe sich der Kläger auch nicht wieder auf dem direkten versicherten Weg befunden, da er sich auf einem Straßenabschnitt befunden habe, der nicht von der Straßenbahn der Linie 10 befahren werde. Darüber hinaus setze Versicherungsschutz erst dann wieder ein, wenn die eigenwirtschaftliche Tätigkeit beendet sei und der ursprüngliche Weg wieder aufgenommen werde. Bei abgrenzbaren Unterbrechungen bedürfe es dafür als objektives Kriterium zur Wiederbegründung des Versicherungsschutzes einer das Ende der Unterbrechung nach natürlicher Betrachtungsweise markierenden Handlung, die die Unterbrechung wieder für einen objektiven Beobachter von außen erkennbar beendet. Das BSG (Urteil vom 31.08.2017, B 2 U 1/16 R) habe für die Verrichtung "Auto fahren" im Hinblick auf die Beendigung einer privaten Verrichtung darauf abgestellt, dass die dortige Klägerin noch nicht einmal die Fahrertür ihres Fahrzeugs erreicht oder geöffnet habe. Der Unfallversicherungsschutz erstrecke sich nicht auf den gesamten Bereich des öffentlichen Verkehrsraums. Der Kläger hätte zur Wiedererlangung des Versicherungsschutzes zumindest die Haltestelle "X ..." der Straßenbahnlinie 10 erreichen müssen, da er am Unfalltag den Weg von der Arbeit nach Hause mit der Straßenbahn habe zurücklegen wollen und nicht zu Fuß. Die konkrete, zur Zurücklegung des versicherten Weges unternommene Verrichtung "Fahren mit der Straßenbahn" habe er zur Erledigung des eigenwirtschaftlichen Motivs "Abholung eines Rezeptes bei der Ärztin" unterbrochen. Der Unfall sei zu einem Zeitpunkt geschehen, zu dem der Kläger noch nicht einmal die Haltestelle "X ...", geschweige denn die Tür der Straßenbahnlinie 10, erreicht bzw. durchschritten hatte. Ein Zurücklegen des Weges zu Fuß sei vom Kläger nicht beabsichtigt gewesen. In diesem Fall hätte sich der Kläger zudem zum Unfallzeitpunkt auf einem nicht versicherten Abweg befunden. Das Ein- und Aussteigen aus öffentlichen Verkehrsmitteln seien jeweils klar abgrenzbare Handlungen. Für den Versicherungsschutz in der Wegeunfallversicherung bei Benutzen von öffentlichen Verkehrsmitteln könne nichts anderes gelten als für diejenigen, die den Weg mit einem Kfz zurücklegen, da gerade bei dem Benutzen von öffentlichen Verkehrsmitteln durch das Ein- und Aussteigen das von der Rechtsprechung geforderte objektive Kriterium zweifelsfrei gegeben sei. Maßgeblich sei das Erreichen des Fortbewegungsmittels, nicht die Art des Fortbewegungsmittels. Zur Akte reichte die Beklagte ergänzend einen Fahrplan der Straßenbahnlinie 16 der Stadt A ..., Bezug genommen wird auf Blatt 107 der Gerichtsakte.

Die Nutzung der Linie 10 führe zu einem ca. 700 Meter längeren Weg als die Nutzung der Linie 16. Der Kläger habe den Heimweg mit der Straßenbahn zurücklegen wollen, diese habe er aber noch nicht erreicht gehabt. Der Wechsel auf die Y ... Straße in Richtung X ...straße sei ausschließlich mit der begehrten Straßenbahnfahrt zu erklären. Der Kläger habe die Straßenbahnfahrt nicht für einen Fußweg in Richtung seines zu Hauses unterbrochen, sondern einzig und allein zur Abholung des Rezeptes. Es sei nicht ausreichend, sich lediglich in Richtung der Straßenbahnhaltestelle zu bewegen. Maßgebliches objektives Kriterium sei das Ein- und Aussteigen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 13.12.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Wahl der Wegstrecke stehe dem Versicherten innerhalb gewisser Grenzen frei. Als unmittelbarer Weg gelte daher auch ein Weg, der zwar etwas länger, aber verkehrsgünstiger oder risikoärmer sei. Sowohl die Straßenbahnlinie 10 als auch die Straßenbahnlinie 16 könnten ihn von seiner Arbeitsstätte bis nach Hause befördern. Für ihn sei es unerheblich, ob er von seiner Arbeitsstätte in die eine oder andere Bahn einsteige, die zeitliche Verzögerung bei der Ankunft belaufe sich bei der Straßenbahnlinie 10 auf ca. vier Minuten. Die Abfahrtszeiten beider Straßenbahnlinien variierten je nach Verkehrsaufkommen. Er nehme die für den Rückweg geringfügig länger andauernde Fahrt mit der Straßenbahnlinie 10 in Kauf, um sogar vor der nächsten Straßenbahn der Straßenbahnlinie 16 die Haltestelle "S ..." zu erreichen. Die Straßenbahnlinie 10 werde benutzt, wenn diese zeitlich vor der Straßenbahnlinie 16 im Hauptbahnhof einfahre. Er bevorzuge es, in der Straßenbahn zu sitzen anstatt auf eine weitere Straßenbahn zu warten. Zutreffend habe das SG festgestellt, dass es durch die Abholung des ärztlichen Rezeptes zu einer Unterbrechung des direkten Heimweges gekommen sei. Diese Unterbrechung sei zum Unfallzeitpunkt beendet gewesen. Nicht nachvollziehbar seien die Ausführungen der Beklagten im Hinblick auf das Fehlende Erreichen der Tür der Straßenbahnlinie 10 an der Haltestelle "X ...". Er habe den Heimweg nicht vollständig zu Fuß zurücklegen wollen, daher bedurfte es des Weges zur Haltestelle. Unerheblich sei, dass er im Unfallzeitpunkt das einst gewählte Fortbewegungsmittel nicht benutzte, sondern seinen Weg zu Fuß fortsetzte. Im Rahmen des Heimweges könne es nicht darauf ankommen, welche Fortbewegungsmittel tatsächlich gewählt würden. Klarzustellen sei, dass er - entgegen der Vermutung der Beklagten – die Medikamente nicht in der in der Nähe der Arztpraxis liegenden Apotheke geholt habe. Jegliche medizinischen Rezepte löse er in der Apotheke im Hauptbahnhof A ... ein. Nach Verlassen der Arztpraxis habe er sich zum Schadenszeitpunkt wieder auf dem Heimweg befunden, die kurzzeitige Unterbrechung des Heimweges sei beendet gewesen. Der Heimweg könne sowohl mittels Straßenbahn als auch zu Fuß und auch in entsprechendem Wechsel erfolgen. Es bestehe keine Verpflichtung, das zunächst gewählte Beförderungsmittel beständig zu benutzen.

Dem Senat liegen die Gerichtsakte beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die form- sowie fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 13.12.2017 den Bescheid der Beklagten vom 04.01.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2016 aufgehoben und festgestellt, dass das Ereignis vom 11.11.2015 ein Arbeitsunfall ist. Dieser Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 07.09.2004, Az.: B 2 U 35/03 R und B 2 U 45/03 R) ist das klägerische, auf Anerkennung eines Ereignisses als Arbeits-unfall gerichtete Begehren als Feststellungsklage i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichts-gesetz - SGG - auszulegen. Ein berechtigtes Interesse des Klägers an dieser Feststellung besteht, weil es die Vorfrage für die Entscheidung der Beklagten über die zu gewährenden Leistungen darstellt. Eine Entscheidung hierüber war dem Senat verwehrt, weil die Beklagte über einzelne in Betracht kommende Leistungen noch keine Entscheidung getroffen hat (BSG, a.a.O.).

Der Kläger hat einen Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 11.11.2015 als Arbeitsunfall. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (vgl. BSG, Urteil vom 26.06.2014 – B 2 U 4/13 R –, juris). Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII sind versicherte Tätigkeiten auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit.

Ausgehend davon, dass der Kläger den tatsächlich beschrittenen Weg auch von vornherein so geplant hat – wobei sich für eine andere Bewertung keine Anhaltspunkte finden – entsprach die auf Fortbewegung gerichtete Tätigkeit im Bereich der Y ... Straße/Einmündung X ...straße dem Zurücklegen des Weges, der ursprünglich aufgenommen wurde. Dabei steht der Wechsel des Verkehrsmittels (von der Straßenbahn zum Fußgänger bzw. umgekehrt) nicht von vorherein einem Unfallversicherungsschutz entgegen, auch die sonstigen konkreten Aspekte des Einzelfalles bedingen keine andere Bewertung, wobei der Kläger als Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel und Fußgänger – auch unter Beachtung einer den Versicherungsschutz rechtfertigenden gemischten Motivationslage – andere Möglichkeiten der Wegenutzung hat als ein Nutzer von Individualfahrzeugen (PKW, Motorrad oder auch Fahrrad).

Notwendig für die Entstehung des Versicherungsschutzes ist ein sachlicher Zusammenhang des unfallbringenden Weges mit der eigentlich versicherten Tätigkeit. Da der Gesetzgeber die Grundentscheidung "Versicherungsschutz auf dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit" in § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII getroffen hat, ist von der Rechtsprechung nur zu klären, ob der Versicherte, als er verunglückte, einen solchen versicherten Weg zurückgelegt und infolge dessen einen Gesundheitsschaden erlitten hat. Maßgebliches Kriterium hierfür ist, ob die anhand objektiver Umstände zu beurteilende Handlungstendenz des Versicherten beim Zurücklegen des Weges darauf gerichtet war, die Haupttätigkeit aufzunehmen oder nach deren Beendigung in seinen Privatbereich zurückzukehren; denn nur dann hängt sein Handeln mit der versicherten betrieblichen Tätigkeit zusammen. Fehlt es an diesem Zusammenhang, ist das Zurücklegen des Weges auch dann keine versicherte Tätigkeit, wenn der Versicherte dieselbe Strecke zurücklegt, die er als Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit gewöhnlich benutzt (vgl. BSG Urteil vom 02.12.2008 – B 2 U 26/06 R – juris, m.w.N.). Das BSG hat im Urteil vom 17.12.2015 (Az. B 2 U 8/14 R – juris Rdnrn. 13, 14) daran anknüpfend ausgeführt: "Dass der Versicherte sich auf dem unmittelbaren Weg zwischen dem Ort seiner versicherten Tätigkeit und seiner Wohnung befindet, reicht jedoch für den Versicherungsschutz nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII nicht aus. Vielmehr muss auch die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses in einem sachlichen Zusammenhang mit dem versicherten Zurücklegen des Weges stehen. Ein solcher sachlicher Zusammenhang besteht, wenn das konkrete Handeln des Versicherten zur Fortbewegung auf dem Weg zur oder von der versicherten Tätigkeit gehört (BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 32 RdNr 11 mwN). Andernfalls wäre jede Handlung auf einem Weg iS des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII vom Versicherungsschutz umfasst. Einen solchen "Wegebann" kennt die gesetzliche Unfallversicherung hingegen nicht. Wie das BSG seit seiner Entscheidung vom 9.12.2003 (B 2 U 23/03 R - BSGE 91, 293 = SozR 4-2700 § 8 Nr 3) in ständiger Rechtsprechung betont hat (vgl nur Urteile vom 30.10.2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 25, vom 2.12.2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 28 und - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29, RdNr 22 f sowie vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 32), ist maßgebend für die Beurteilung, ob eine konkrete Verrichtung der grundsätzlich versicherten Fortbewegung dient, die Handlungstendenz des Versicherten (zuletzt Urteile vom 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 50 RdNr 12 und - B 2 U 12/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 49 RdNr 18). Das Handeln muss subjektiv - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestands der jeweiligen Tätigkeit ausgerichtet sein (vgl BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 31 und vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 14). Darüber hinaus muss sich die subjektive Handlungstendenz als von den Instanzgerichten festzustellende Tatsache im äußeren Verhalten des Handelnden (Verrichtung), so wie es objektiv beobachtbar ist, widerspiegeln (vgl BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 32 RdNr 11 mwN). Eine Verrichtung in diesem Sinne ist jedes konkrete, räumlich und zeitlich bestimmte Verhalten eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar ist. Für die Prüfung ist dabei regelmäßig die kleinste beobachtbare Handlungssequenz maßgebend (vgl Spellbrink, WzS 2011, 351, 354)."

Unter Heranziehung dieser Grundsätze befand sich der Kläger ursprünglich auf einem versicherten Weg. Nicht folgen konnte der Senat der Ansicht der Beklagten, dass bereits das Einsteigen in die Straßenbahnlinie 10 am Hauptbahnhof in A ... zum Verlust des Versicherungsschutzes führt. Den Senat überzeugen die Darlegungen des Klägers, dass er die zeitlich längere Fahrt mit der Straßenbahnlinie 10 regelmäßig in Kauf nimmt, um nicht länger an der Straßenbahnhaltestelle Hauptbahnhof auf die Straßenbahnlinie 16 zu warten. Ausweislich des von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten bzw. im Verwaltungsverfahren beigezogenen Fahrplans der Linien 16 und 10 beträgt die zeitliche Differenz beider Linien vier Minuten (bezogen auf die reine Fahrzeit), wobei beide Linien eine 10-minütige Taktung aufweisen. Dementsprechend ist es für den Senat nachvollziehbar, dass der Kläger die erstbeste Bahn der Linie 10 nimmt, die ihn an sein Ziel bringt, auch wenn die Fahrt vier Minuten länger dauert, da er damit immer noch eher ankommen kann, als wenn er mehr als vier Minuten auf die Abfahrt der nächsten Straßenbahn der Linie 16 warten muss. Versicherungsschutz ist daher nicht bereits deshalb zu verneinen, weil der Kläger bereits bei Fahrtantritt mit der Linie 10 beabsichtigte, die Hausarztpraxis zur Rezeptabholung aufzusuchen. Zwar plante er damit eine Unterbrechung des versicherten Weges ein, die Wahl der Straßenbahnlinie 10 war aber nicht ausschließlich durch privatnützige Motive geprägt, so dass auch unter Beachtung der Aspekte einer gemischten Motivationslage Versicherungsschutz besteht. Bei einem Handeln mit gemischter Motivationslage wird nur eine einzige Verrichtung ausgeübt, die aber gleichzeitig sowohl einen privatwirtschaftlichen als auch betrieblichen, auf die Erfüllung eines Versicherungstatbestandes gerichteten Zweck verfolgt. Daher wird auch von Tätigkeiten mit einer gespaltenen Handlungstendenz gesprochen. Eine solche Verrichtung mit gemischter Motivationslage erfüllt dann den Tatbestand der versicherten Tätigkeit, wenn das konkrete Geschehen hypothetisch auch ohne die private Motivation des Handelns vorgenommen worden wäre, wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der versicherten Handlungstendenz findet. Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenz, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt (vgl. für alles BSG, Urteil vom 26.06.2014, – B 2 U 4/13 R – juris Rn. 20 m.w.N.). Für den Senat bestanden keine Ansatzpunkte für die Annahme, dass der Kläger ohne den geplanten Arztbesuch nicht den grundsätzlich versicherten Heimweg angetreten hätte. Auch ist nicht zu sichern, dass er an diesem Tag nicht die Straßenbahn der Linie 10 gewählt hätte. Der Antritt der Fahrt mit der Straßenbahn der Linie 10 ist objektiv erkennbar dem versicherten Heimweg zuzuordnen. Nach den den Senat überzeugenden Ausführungen des Klägers war das Antreten des Heimweges die maßgebende Handlungstendenz für den Fahrtantritt.

Der Kläger hatte bereits zum Unfallzeitpunkt den versicherten Heimweg nach einer privatnützlich veranlassten Unterbrechung wieder aufgenommen.

Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zutreffend wiedergebend hat die Beklagte ausgeführt, dass es bei abgrenzbaren Unterbrechungen für das Ende der Unterbrechung einer nach natürlicher Betrachtungsweise markierenden Handlung bedarf, die als objektives Kriterium geeignet ist, die Wiederbegründung des Versicherungsschutzes von außen erkennbar zu machen. Die aktuelle Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 31.08.2017 – B 2 U 1/16 R – juris Rn. 21 f.) geht hier bei Fahrten mit dem PKW davon aus, dass die Autofahrt fortgesetzt wird, wobei ausdrücklich offen gelassen wurde, ob die das Ende der Unterbrechung und die Wiederbegründung des Versicherungsschutzes markierende Handlung bereits im Aufschließen und Einsteigen in das Fahrzeug, im Losfahren oder erst im Einfädeln in den fließenden Verkehr zu sehen wäre.

Vorliegend hat der Kläger jedoch den versicherten Weg von Anfang an nicht mit dem eigenen PKW durchgeführt, sondern zu Fuß bzw. mit der Straßenbahn. Er ist zunächst zu Fuß bis zur Straßenbahnhaltestelle am Hauptbahnhof gelaufen, anschließend hat er den Weg mit der Straßenbahn zurückgelegt. Nicht überzeugen kann das Argument der Beklagten, dass erst mit Wiedererreichen einer Straßenbahnhaltestelle bzw. erst mit dem Einsteigen in die Straßenbahn der Versicherungsschutz wieder begründet worden wäre. Ausdrücklich führt das BSG aus, dass bei Fußgängern – anders als bei der Benutzung eines PKW – in der Regel keine äußeren objektiv wahrnehmbaren Grenzen existieren (Urteil vom 31.08.2017 – B 2 U 1/16 R – juris Rn. 23). Der Senat erachtet es vorliegend nicht als sachgerecht, allein das Fahren mit der Straßenbahn heranzuziehen und daher auf das Erreichen der Haltestelle bzw. das Einsteigen in die Straßenbahn als von außen erkennbare Handlung abzustellen.

Zu differenzieren ist vorliegend zwischen Fahrten mit individuell betriebenen Fahrzeugen einerseits und Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln bzw. zu Fuß zurückgelegten Wegen andererseits (so auch Ziegler in LPK-SGB VII, 5. Auflage, § 8 Rn. 238). Bei Fahrten mit individuell betriebenen Fahrzeugen erfolgt eine Unterbrechung des versicherten Weges bereits dann, wenn nach außen erkennbar wird, dass der Fahrer einen Brems- und Abbiegevorgang einleitet, um anschließend einer privaten Verrichtung nachzugehen (vgl. BSG, Urteil vom 04.07.2013 – B 2 U 3/13 R – juris Rn. 13). Bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und Planung einer Unterbrechung "am Wegesrand" gilt hingegen, dass der Versicherungsschutz unter Heranziehung des Aspekts der gemischten Motivationslage nicht bereits mit dem Aussteigen aus dem Verkehrsmittel endet, sondern erst mit der Aufnahme der privatwirtschaftlichen Verrichtung, objektivierbar durch Verlassen des öffentlichen Verkehrsraums oder dem Verlassen des direkten Weges (z.B. Einbiegen in eine Seitenstraße – vgl. Ziegler, a.a.O., Rn. 242).

Zwar sind auch bei Fußgängern Wege, die wegen einer privaten Verrichtung doppelt zurückzulegen sind, nicht versichert (Ziegler in LPK-SGB VII, 5. Auflage, § 8 Rn. 239). Unterschiede ergeben sich aber bereits unmittelbar nach einer Unterbrechung des versicherten Weges. Anders als bei der Fahrt mit dem eigenen PKW entfällt für Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel und Fußgänger die Notwendigkeit der Rückkehr zum abgestellten Fahrzeug. Das von außen erkennbare Element des Wiedererreichens eines abgestellten Fahrzeugs existiert nicht. Im Gegensatz zum ein individuelles Fahrzeug nutzenden Versicherten ist es einem Fußgänger oder einem Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel möglich, den versicherten Weg nach Beendigung einer privaten Verrichtung unmittelbar fortzusetzen. Voraussetzung ist, dass der benutzte Weg dem (ursprünglich) versicherten direkten Weg entspricht und die Handlungstendenz auf Fortbewegung gerichtet ist, wobei das Zurücklegen des Weges in einem sachlichen Zusammenhang mit der vorausgegangenen (bzw. beabsichtigten) Tätigkeit stehen muss (vgl. Ziegler, a.a.O., Rn. 235).

Dabei steht der Annahme eines versicherten Weges nicht entgegen, dass zwischen zwei verschiedenen Fortbewegungsmitteln gewechselt wird. So kann auch ein Entschluss, den Weg zur versicherten Tätigkeit bzw. von dieser Tätigkeit nach Hause nunmehr zu Fuß oder mittels eines anderen Verkehrsmittels fortzusetzen, den Unfallversicherungsschutz aufleben lassen (vgl. BSG, Urteil vom 31.08.2017 – B 2 U 1/16 R – juris Rn. 23). Die Wahl des Verkehrsmittels steht dem Versicherten frei, er hat einen großen Entscheidungsspielraum dahingehend, auf welche Art und Weise er den Weg zur Arbeit zurücklegen will, wobei auch die Kombination mehrerer Verkehrsmittel möglich ist (Ziegler in LPK-SGB VII, 5. Auflage, § 8 Rn. 234).

Unter Heranziehung dieser Grundsätze folgt für den Fall des Klägers zum Zeitpunkt seines Unfalls Versicherungsschutz. Ausweislich der von ihm im Fragebogen vom 03.12.2015 vorgenommenen Unfallschilderung und dem Stadtplanauszug auf Blatt 71 der Verwaltungsakte verließ er zunächst den versicherten Weg, indem er nach dem Aussteigen aus der Straßenbahnlinie 10 an der Haltestelle "U ..." zu Fuß nicht entlang der Y ... Straße (parallel zur Straßenbahnlinie 10 bis zur X ...straße) lief, sondern in die V ...straße einbog. Mit dieser Richtungsänderung gab er nach außen zu erkennen, dass er seinen direkten Heimweg nicht mehr fortsetzt. Der Hintergrund dieses Handelns, nämlich das Aufsuchen der Arztpraxis mit dem Ziel der Rezeptabholung, stellt eine eigenwirtschaftliche Verrichtung dar.

Nach dem Verlassen der Arztpraxis nahm der Kläger seine versicherte Verrichtung – das Zurücklegen des Heimweges – wieder auf. Die Arztpraxis in der V ...straße befindet sich in einem Gebäude, das sich ausweislich Blatt 71 der Verwaltungsakte in einem Bereich zwischen V ...straße und Y ... Straße befindet, wobei sich auf der Seite der Y ... Straße das Gebäude direkt gegenüber der Einmündung der X ...straße befindet. Ausweislich der aktenkundigen polizeilichen Unfallaufnahme, insbesondere unter Berücksichtigung der Lichtbildmappe sowie der Unfallvermessung Blatt 40 der Gerichtsakte, ereignete sich der Unfall genau im Einmündungsbereich der X ...straße zur Y ... Straße. Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass in der polizeilichen Skizze die.apotheke vermerkt ist, resultiert daraus keine andere Bewertung. Ausweislich der Bilder 1 und 2 befindet sich eine Apotheke (erkennbar am Apotheken-A) genau in dem Gebäude, das der Einmündung der X ...straße in die Y ... Straße gegenüber liegt, mithin genau in dem Gebäude, in dem sich auch die Arztpraxis befindet, die der Kläger aufgesucht hatte. Die von der Beklagten angenommene Absicht, dass der Kläger neben der Hausarztpraxis auch eine Apotheke habe aufsuchen wollen, erschließt sich dem Senat daher nicht.

Mit dem Verlassen des Gebäudes, in dem sich die Praxis seines Hausarztes befindet, auf der Seite der Y ... Straße hatte der Kläger objektiv erkennbar die privatnützige Verrichtung beendet. Gleichzeitig befand er sich auch wieder im öffentlichen Verkehrsraum. Zwar ist grundsätzlich das Erreichen des öffentlichen Verkehrsraumes allein kein ausreichendes Kriterium zur Wiedererlangung des Unfallversicherungsschutzes (vgl. grundlegend hierzu BSG, Urteil vom 09.12.2003 – B 2 U 23/03 R – juris, Rdnrn. 25 ff.). Gleichwohl steht es einem Versicherten frei, sich im öffentlichen Verkehrsraum beliebig zu bewegen, wenn die Fortbewegung nach seiner Handlungstendenz der Zurücklegung des Weges von oder zum Ort der Tätigkeit zu dienen bestimmt ist (BSG, a.a.O., Rdnr. 26). Mit dem Zurücklegen des Weges zwischen der Arztpraxis und der Straßenbahnhaltestelle fand nach außen erkennbar eine Fortbewegung statt, die in ihrer konkreten Art auch die versicherungsbezogene Handlungstendenz (Zurücklegen des Heimweges) erkennen ließ. Selbst wenn zwar in der Art der Fortbewegung (Fußgänger statt Straßenbahnnutzer) ein durch eine private Verrichtung (Arztbesuch) veranlasster Umstand erkennbar wird, ist jedoch in der konkreten Verrichtung (Fortbewegung auf dem direkten Weg) die auf eine versicherte Verrichtung bezogene Handlungstendenz (Zurücklegen des Heimweges) zumindest im Sinne einer Verrichtung mit gemischter Motivationslage beobachtbar. Vorliegend hat das SG im Urteil vom 13.12.2017 zutreffend dargelegt, dass der Kläger mit dem Wiedererreichen des ursprünglichen Heimwegs im Bereich der Kreuzung Y ... Straße/X ...straße bereits zum Unfallzeitpunkt seinen versicherten Heimweg fortgesetzt hatte. Einzig erkennbare Handlungstendenz war die Fortsetzung des Heimweges, zunächst zu Fuß bis zur nächstgelegenen Straßenbahnhaltestelle (unmittelbar parallel zu den Straßenbahnschienen und in der gleichen Richtung laufend wie die Straßenbahn fahren würde), dann wieder mit der Straßenbahn der Linie 10. Aus dem gesamten Akteninhalt ergeben sich keine Ansatzpunkte, die eine andere Handlungstendenz aufzeigen könnten.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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