L 1 KR 134/19 WA

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 122 KR 2027/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 134/19 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juni 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für stationär vorgenommene Liposuktionsbehandlungen.

Die 1954 geborene Klägerin ist bei der Beklagten versichert. Mit Schreiben vom 21. November 2011, eingegangen am 22. November 2011, beantragte sie bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine in der H-Klinik L vorzunehmende Operation zur Behandlung ihrer Lipödeme. Die Klägerin legte (u.a.) Kostenvoranschläge und eine fachärztliche gutachterliche Stellungnahme aus der H-Klinik in L vor, welche zur Therapie der Lipödeme eine operative kurzstationäre Liposuktionsbehandlung anriet, bei der es sich um eine den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie entsprechende medizinische Therapie handele.

Die Beklagte befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dieser befand in seinem Gutachten vom 3. Februar 2012, dass bei der Klägerin ein Lipödem vorliegen würde. Ob diesem Krankheitswert zukomme, sei unerheblich. Die gesetzliche Krankenversicherung dürfe nur Leistungen übernehmen, wenn die Wirksamkeit der Methode wissenschaftlich belegt sei, Die Sozialmedizinische Expertengruppe 7 habe sich mit der Frage befasst, ob die Liposuktion als Behandlungsmethode bei Lipödemen geeignet sei. Da sich aus der Literatur keine Hinweise für den Nutzen der Methode ableiten lassen würden, bestehe grundsätzlich keine Leistungspflicht.

Durch Bescheid vom 13. Februar 2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme einer Liposuktion ab. Es sei bisher nicht eindeutig belegt, dass eine Liposuktion bei Lipödemen zu einer Linderung bzw. positiven Beeinflussung des Krankheitsverlaufs führe. Dementsprechend sei die Behandlungsmethode nicht zugelassen.

Die Klägerin erhob am 14. März 2012 Widerspruch. Sie legte medizinische Stellungnahmen aus der Hanse-Klinik und Publikationen vor, die nach Auskunft ihrer behandelnden Ärzte von der Sozialmedizinischen Expertengruppe nicht berücksichtigt worden seien. Sie habe einen hohen Leidensdruck. Eine amtsärztliche Stellungnahme bestätige die medizinische Notwendigkeit einer Liposuktionsbehandlung. Seit Ende Dezember 2011 nehme sie an einem Optifast-Programm teil und habe eine Gewichtsreduktion von 20 kg erreicht. Die Beklagte finanziere teure Lymphdrainagen und Kompressionsstrümpfe.

Die Beklagte befragte erneut den MDK. Dieser blieb in seinem unter Beachtung der von der Klägerin vorgelegten medizinischen Unterlagen erstelltem Gutachten vom 11. April 2012 bei seiner ablehnenden Einschätzung. Die von Seiten der Hanse-Klinik für den Eingriff vorgetragene Argumentation sei zwar nachvollziehbar. Die verfügbare Datenlage und die individuelle Situation der Klägerin erlaubten aus sozialmedizinischer Sicht aber keine Befürwortung der Kostenübernahme. Empfohlen werde eine ambulante vertragsärztliche Behandlung durch einen Facharzt für Phlebologie oder einen Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin. Es stehe eine Entstauungstherapie mit Hautpflege sowie eine Gewichtsreduktion zur Verfügung.

Durch Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2012, zugegangen am 11. Oktober 2012, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Leistungsantrag müsse bereits deswegen abgelehnt werden, weil die H-Klinik kein zugelassenes Krankenhaus sei. Es liege weiter keine medizinische Indikation zur operativen Intervention vor. Auch wenn der bestehende Zustand die Lebensqualität beeinträchtige und schmerzhaft sei gebe es noch andere Behandlungsmöglichkeiten. Dem Antrag sei nicht eindeutig zu entnehmen, ob eine ambulante oder stationäre Behandlung gewünscht werde. Für die Übernahme als ambulante BehandIung fehle die positive Bewertung der Behandlungsmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss. Im Bereich der stationären Versorgung fehle der Nachweis der medizinischen Notwendigkeit. Auf einen Wirtschaftlichkeitsvergleich komme es nicht an. Für die Übernahme einer stationären Behandlung fehle auch die erforderliche Verordnung von Krankenhausbehandlung. Eventuell bereits entstandene Kosten könnten nicht erstattet werden, da es keinen entsprechenden Sachleistungsanspruch gebe.

Die Klägerin ließ am 24. Juli 2012, 2. Oktober 2012 und 8. November 2012 Liposuktionsbehandlungen in der H-Klinik L vornehmen. Dafür wurden ihr von der Klinik insgesamt 13.390,00 EUR in Rechnung gestellt.

Mit der am 10. November 2012 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Kostenerstattung. Die Behandlung des extremen Lipödems durch Liposuktion sei medizinisch notwendig gewesen. Durch ärztliche Stellungnahmen sei bereits im Vorverfahren das Vorliegen eines Lipödems in höchsten Stadium III nachgewiesen worden. Die nicht operativen Behandlungsmethoden seien bereits ausgeschöpft gewesen. Die Rechtslage zu Liposuktionsbehandlungen sei außerordentlich umstritten.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 30. Juni 2015 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Kostenerstattung. Bei den drei Liposuktionssitzungen habe es sich nicht um unaufschiebbare Leistungen gehandelt. Die Beklagte habe die beantragte Kostenübernahme auch nicht zu Unrecht abgelehnt. Zwar liege bei der Klägerin eine Krankheit im Sinne des Krankenversicherungsrechts vor. Sie habe vor der Behandlung an einem Lipödem Grad III gelitten. Nach der aktuellen Rechtslage falle die begehrte Liposuktion aber nicht in das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenkassen (Hinweis u.a. auf BSG v. 16. Dezember 2008 - B 1 KR 11/08 R). Es reiche nicht aus, dass eine Behandlungsmethode den Regeln der ärztlichen Kunst entspreche, wenn sie noch nicht in den Leistungskatalog aufgenommen worden sei. Auch sei die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung hier nicht ohne weiteres erkennbar, für die Kammer aber immerhin nachvollziehbar. Die Liposuktion habe indessen nicht den Qualitätsanforderungen des SGB V entsprochen und sei auch nicht in einem Vertragskrankenhaus vorgenommen worden. Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung müssten dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die Finanzierung der medizinischen Forschung sei nicht Aufgabe der Krankenkassen. Einzige Ausnahme sei die Durchführung medizinischer Studien, die hier aber nicht in Betracht komme. Auch im stationären Bereich sei nicht ausreichend, dass der Gemeinsame Bundesausschuss noch kein Negativvotum zu der in Frage stehenden Behandlungsmethode abgegeben habe. Die Maßstäbe für die Beurteilung einer Behandlungsmethode seien im stationären und ambulanten Bereich im Wesentlichen dieselben. Zur Qualität und Wirksamkeit der Liposuktion gebe es aktuell keine zuverlässigen wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen. Das ergebe sich aus dem Grundsatzgutachten des MDK vom 6. Oktober 2011. Zwischenzeitlich eingetretene wesentliche Änderungen könne die Kammer nicht erkennen. Auch der Umstand, dass der Gemeinsame Bundesausschuss am 22. Mai 2014 die Einleitung eines Bewertungsverfahrens beschlossen habe, ändere nichts. Die Expertengruppe 7 des MDK habe überzeugend dargelegt, dass die zwei zwischenzeitlich bekannt gewordenen weiteren Studien erhebliche Mängel hätten. Soweit das Sozialgericht Dresden in seinem Urteil vom 13. März 2015 – S 47 KR 541/11 die gegebene Studienlage für ausreichend gehalten habe, könne die Kammer dem nicht folgen. Auch unter dem Gesichtspunkt eines Systemversagens ergebe sich kein Anspruch auf Kostenübernahme. Der Gemeinsame Bundesausschuss habe am 22. Mai 2014 den Beschluss gefasst, ein Beratungsverfahren bezüglich der Liposuktion einzuleiten. Anhaltspunkte für eine verzögerte Bearbeitung seien nicht ersichtlich. Dem Anspruch auf Kostenerstattung stehe auch entgegen, dass die Behandlung nicht in einem Vertragskrankenhaus durchgeführt worden sei. Eine Notfallbehandlung habe nicht vorgelegen. Es komme auch nicht darauf an, dass die Beklagte nicht zeitnah auf die Notwendigkeit hingewiesen habe, die Behandlung in einem Vertragskrankenhaus vornehmen zu lassen. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch scheide aus, da die Klägerin auch bei Vornahme der Behandlung in einem Vertragskrankenhaus keinen Kostenerstattungsanspruch gehabt hätte.

Gegen das ihr am 17. Juli 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 16. August 2015 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Klägerin. Sie verweist auf ihr Vorbringen vor dem Sozialgericht und das Urteil des SG Dresden vom 13. März 2015 – S 47 KR 541/11. Das dauerhaft gute Ergebnis der Behandlung könne durch einen Sachverständigen bestätigt werden. Angesichts der anfänglich fehlenden Hinweise der Beklagten sei der völlige Ausschluss der Kostenübernahme völlig unverhältnismäßig. In einer Vertragsklinik wären ähnliche Kosten für die Behandlung entstanden. Der nachträgliche Hinweis auf die Behandlung in einer Nicht-Vertragsklinik sei rechtsmissbräuchlich. Die Klägerin dürfe nicht auf die Behandlung in einer Vertragsklinik verwiesen werden, nachdem die Leistung an sich zu Unrecht abgelehnt worden sei. Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juni 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die am 24. Juli, 2. Oktober und 8. November 2012 stationär durchgeführte Liposuktionen in Höhe von 13.390,00 EUR nebst 4 Prozent Zinsen seit dem 1. Dezember 2012 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf das mit der Berufung angegriffene Urteil. Der Anspruch auf Kostenerstattung reiche nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Die von der Klägerin aufgesuchte Klinik sei kein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenes Krankenhaus gewesen. Nach der übereinstimmenden höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung falle eine Liposuktion zur Beseitigung von Fettansammlungen im Bereich der Extremitäten nicht in das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenkassen. Ein Versicherter habe nur Anspruch auf Behandlungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich seien und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Das Sozialgericht habe zutreffend ausgeführt, dass dies bezüglich der Liposuktion nicht der Fall sei.

Das Verfahren ist durch Beschluss des Senats vom 7. März 2017 im Hinblick auf zu erwartende Rechtsprechung des BSG zum Ruhen gebracht worden. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen werden kann, wenn der Senat sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) konnte der Senat die Berufung durch Beschluss zurückweisen. Er hält sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise angehört worden.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juni 2015 ist in der Sache zutreffend. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der ihr für durchgeführte Liposuktionen entstandenen Kosten in Höhe von 13.390,00 EUR.

Ein Anspruch auf Kostenerstattung kann sich zunächst nicht aus § 13 Abs. 3a SGB V ergeben. Nach dieser mit Wirkung vom 26. Februar 2013 eingeführten Vorschrift hat die Krankenkasse über einen Antrag zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, oder in Fällen, in denen eine gutachterliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Erfolgt das nicht und wird dem Leistungsberechtigten dafür kein hinreichender Grund mitgeteilt, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschafft sich der Leistungsberechtigte die Leistung nach Ablauf der Frist selbst, ist die Krankenkasse ihm zur Erstattung der daraus entstehenden Kosten verpflichtet. Die Beklagte hat vorliegend zwar über den bei ihr am 22. November 2011 eingegangenen Antrag erst am 13. Februar 2012 und damit nicht innerhalb von fünf Wochen entschieden. Die Vorschrift des § 13 Abs. 3a SGB V findet hier aber noch keine Anwendung, weil der Antrag schon am 22. November 2011 gestellt worden ist und damit ebenso wie die Ablehnung vom 13. Februar 2012 noch in der Zeit vor dem Inkrafttreten liegt.

Ein Anspruch auf Kostenerstattung ergibt sich auch nicht aus § 13 Abs. 3 SGB V. Nach dieser Vorschrift hat ein Versicherter Anspruch auf Kostenerstattung, wenn seine Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Bei den von der Klägerin in Anspruch genommenen Operationen hat es sich nicht um unaufschiebbare Leistungen gehandelt. Unaufschiebbarkeit liegt vor, wenn die beantragte Leistung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs mehr besteht, um vor der Beschaffung die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten (BSG v. 8. September 2015 - B 1 KR 14/14 R - juris Rn 15). Der vorgenommene Eingriff war hier aber nicht so eilbedürftig, dass vor seiner Ausführung keine Entscheidung der Beklagten eingeholt werden konnte. Die Klägerin hat die Operationen nämlich erst am 24. Juli, 2. Oktober und 8. November des Jahres 2012 und damit nach Ergehen der ersten ablehnenden Entscheidung der Beklagten vom 13. Februar 2012 vornehmen lassen.

Die Beklagte hat die Kostenübernahme durch den Bescheid vom 13. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2012 nicht zu Unrecht abgelehnt. Versicherte haben nach §§ 12, 27 Abs. 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern; die Krankenbehandlung umfasst u.a. ärztliche Behandlung und die Behandlung in einem Krankenhaus. Dieser Anspruch besteht aber nur auf Behandlungsleistungen, die den Anforderungen des Qualitätsgebots nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprechen oder wenn die Voraussetzungen einer grundrechtsrelevanten Leistungsausweitung gemäß § 2 Abs. 1a SGB V erfüllt sind. Letzteres kommt hier deswegen nicht in Betracht, weil das bei der Klägerin vorliegende Lipödem, das mit der Liposuktion behandelt werden sollte, keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung ist oder einer solchen wenigstens gleichsteht. Maßgebend ist demnach nur das in § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V verankerte Qualitätsgebot. Die stationär durchgeführten Liposuktionen waren aber keine Behandlungsleistungen, welche den Anforderungen des Qualitätsgebots nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprachen.

Für die Geltung und den Inhalt des Qualitätsgebotes aus § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V kommt es nach der Rechtsprechung des BSG nicht darauf an, ob eine ambulante oder – wie hier – eine stationäre Behandlung im Krankenhaus im Sinne der §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5; 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V vorgenommen worden ist. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 24. April 2018 - B 1 KR 10/17 R - juris Rn 11, v. 28. Mai 2019 – B 1 KR 32/18 R – juris Rn 13) gelten die allgemein im SGB V formulierten Voraussetzungen für die Leistungsansprüche der Versicherten auch im stationären Sektor, ohne dass es darauf ankommt, dass § 137c SGB V Sonderregelungen für die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus enthält (BSG v. 28. Mai 2019 – B 1 KR 32/18 R – juris Rn 15). Der Anspruch auf Behandlung im Krankenhaus hängt nach § 39 SGB V von seiner Erforderlichkeit ab. Erforderlich kann eine Behandlung auch im Krankenhaus nur sein, wenn sie notwendig ist. Die Leistungen müssen zweckmäßig und wirtschaftlich sein, ihre Qualität und Wirksamkeit muss dem allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (BSG v. 24. April 2018 - B 1 KR 10/17 R - juris Rn 15). Andere Leistungen darf ein Krankenhaus nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen und kann ein Versicherter nicht von seiner Krankenkasse verlangen.

Nach den allgemeinen Regeln des SGB V, die – wie ausgeführt - nach der Rechtsprechung des BSG für eine stationäre Behandlung gleichermaßen gelten, besteht Anspruch auf eine Behandlungsmethode nur, wenn ihre Erprobung abgeschlossen ist und über Qualität und Wirksamkeit zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Die Behandlungsmethode muss in einer ausreichenden Zahl von Fällen zu einem Erfolg geführt haben, was sich aus wissenschaftlich einwandfrei geführten Statistiken ablesen lassen muss (BSG v. 24. April 2018 - B 1 KR 10/17 R - juris Rn 19). Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung dieser Frage sind bei einem auf § 13 Abs. 3 SGB V gestützten Erstattungsanspruch die Verhältnisse zur Zeit der Ablehnung der Leistung oder zu der der Selbstbeschaffung (BSG v. 24. April 2018 - B 1 KR 10/17 R - juris Rn 10). Jedenfalls nach der bis zum 8. November 2012 bestehenden Sach- und Rechtslage war die stationär durchzuführende Liposuktion – ebenso wie ein entsprechender ambulanter Eingriff - keine Behandlungsleistung, welche den Anforderungen des Qualitätsgebots nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprach. Die stationäre Versorgung von Lipödemen durch Liposuktionen hätte zur Zeit der Leistungsablehnung durch die Krankenkasse dann den Anforderungen des Qualitätsgebotes entsprochen, wenn diese Methode bereits damals von der großen Mehrheit der einschlägigen Fachleute befürwortet worden wäre und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens bestanden hätte (BSG v. 24. April 2018 - B 1 KR 10/17 R - juris Rn 26). Einen solchen allgemeinen Konsens für den Zeitpunkt November 2012 vermag der Senat aber nicht festzustellen (so auch BSG v. 28. Mai 2019 – B 1 KR 32/18 R – juris Rn 33). Zu verweisen ist insoweit auf das vom Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen herausgegebene Gutachten zur Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen in der aktualisierten Fassung vom 15. Januar 2015, wo festgestellt wird (S. 42), dass selbst die bis dahin vorhandenen Erkenntnisgrundlagen nicht den Schluss zulassen würden, dass es sich bei der Liposuktion um eine etablierte Standardtherapie mit einem patientenrelevanten Vorteil gegenüber einer konventionellen Therapie handele.

Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Gemeinsame Bundesausschuss durch Beschluss vom 22. Mai 2014 ein Verfahren zur Bewertung der Liposuktion als Behandlungsmethode eingeleitet hat, danach durch Beschluss vom 20. Juli 2017 die Bewertung der Methode Liposuktion bei Lipödem als Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Krankenhaus ausgesetzt und das Beratungsverfahren in Bezug auf eine Richtlinie zur Erprobung gem. § 137e SGB V eingeleitet hat. Am 18. Januar 2018 hat der Gemeinsame Bundesausschuss dann eine Richtlinie zur Erprobung der Liposuktion bei Lipödem beschlossen, mit Beschluss vom 19. September 2018 die Liposuktion als Behandlungsmethode bei Lipödem im Stadium III anerkannt. Das belegt zwar, dass die Klägerin nach dem heutigen Stand der medizinischen Erkenntnisse Anspruch auf Versorgung mit Liposuktionsbehandlungen haben könnte. Maßgebend sind aber die Verhältnisse zur Zeit der Ablehnung der Leistung oder zu der ihrer Selbstbeschaffung (BSG v. 24. April 2018 - B 1 KR 10/17 R - juris Rn 10). Da die Klägerin die streitgegenständlichen Leistungen bereits vor Eröffnung des Bewertungsverfahrens in Anspruch genommen hatte, ändert sich ihre Rechtsstellung durch den Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss nicht. Die Durchführung des Verfahrens vor dem Gemeinsamen Bundesausschuss belegt vielmehr, dass erst in seinem Verlauf hinreichende Erkenntnisse für die Anerkennung der Liposuktion als Behandlungsmethode gesammelt worden sind. Den tragenden Gründen zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Richtlinie zur Erprobung der Liposuktion bei Lipödem ist zu entnehmen (Seite 3), dass die vorhandenen Studien für einen hinreichenden Beleg des Nutzens damals noch nicht ausreichten.

Der Klägerin hilft auch nicht weiter, dass der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 18. Dezember 2019 in ausdrücklicher Abkehr von der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG v. 24. April 2018 - B 1 KR 10/17 R - juris Rn 21, 22, 25) in § 137c Abs. 3 SGB V klargestellt hat, dass bereits die Anerkennung des hinreichenden Potentials einer Behandlungsmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss zu entsprechenden Leistungsansprüchen der Versicherten im Rahmen einer Krankenhausbehandlung führt (BT-Drucks. 19/13589 S. 65). Zurzeit der Vornahme der streitgegenständlichen Operationen hatte der Gemeinsame Bundesausschuss das hinreichende Potential einer Behandlung von Lipödemen durch Liposuktion noch nicht durch Beschluss anerkannt. Demnach muss es dabei bleiben, dass jedenfalls nach der am 8. November 2012 maßgebenden Sach- und Rechtslage die stationär durchzuführende Liposuktion – ebenso wie ein entsprechender ambulanter Eingriff -keine Behandlungsleistung war, welche den Anforderungen des Qualitätsgebots nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprach.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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