S 5 KR 295/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 5 KR 295/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 25.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2005 verurteilt, der Klägerin die Kosten für die Zurüstung des Rollstuhls mit Trommelbremsen in Höhe von 607,36 EUR zu erstatten. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Kosten für die Zurüstung ihres Rollstuhls mit Trommelbremsen zu erstatten.

Die am 00.00.1958 geborene Klägerin leidet unter Multipler Sklerose. Sie erhält Leistungen der Pflegestufe II und ist zur Fortbewegung auf einen Rollstuhl angewiesen. Von der Beklagten war ihr in der Vergangenheit ein Leichtgewichtsrollstuhl, der an den Schiebegriffen mit Trommelbremsen ausgestattet war, zur Verfügung gestellt worden. Da sie diesen aufgrund seines Gewichts aber nicht mehr selbstständig betätigen konnte, verordnete ihr der Neurologe Dr. L am 25.05.2005 einen Aktivrollstuhl. Der daraufhin von der Klägerin eingereichte Kostenvoranschlag verhielt sich über einen Aktivrollstuhl, ausgestattet mit Trommelbremsen, wobei sich der Gesamtpreis auf 2.549,70 EUR belief. Der Mehrkostenanteil für die Trommelbremsen betrug 302,64 EUR.

Die Beklagte schaltete einen Hilfsmittelberater ein, der am 04.07.2005 zu dem Ergebnis kam, dass aufgrund der bei der Klägerin bestehenden Arthrose in den Schultern und Armen die Umversorgung auf einen leichteren Rollstuhl zwingend erforderlich sei. Gleichfalls sprach sich der Hilfsmittelberater für eine Ausrüstung des Rollstuhls mit Trommelbremsen aus.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.08.2005 sagte die Beklagte die Kostenübernahme für einen Aktivrollstuhl mit höhenverstellbaren Schiebegriffen, Beinstützen, Fußplatten und höhenverstellbaren Armauflagen zu. An den Kosten für Trommelbremsen für die Begleitperson könne sie sich nicht beteiligen, da es sich bei der Versorgung um einen Aktivrollstuhl handele, der aktiv genutzt werden solle. Trommelbremsen für eine Begleitperson seien damit nicht erforderlich.

Gegen die anteilige Versagung legte die Klägerin Widerspruch ein und führte aus, auch der bisherige Leichtgewichtsrollstuhl sei mit Trommelbremsen ausgestattet gewesen. Die bei ihr vorhandene Restgehfähigkeit sei von der jeweiligen Tagesform abhängig. Insoweit komme es häufiger vor, dass längere Spaziergänge durchgeführt werden, indem sie sich mit den Händen an den Griffen des Rollstuhls festhalte. Wenn sie sich im Anschluss an einen solchen Spaziergang ausruhen müsse, könne sie sich in den Rollstuhl setzen und ihr Mann könne sie weiterschieben. Die Bremsen seien also nicht ausschließlich für die Begleitperson, sondern dienten vielmehr dem Ausgleich der beeinträchtigten Gehfähigkeit.

Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.11.2005 zurückgewiesen. In der Vergangenheit sei zur Befriedigung der Grundbedürfnisse der Klägerin ein Elektromobil und ein Leichtgewichtsrollstuhl zur Verfügung gestellt worden. Es genüge den gesetzlichen Anforderungen, wenn die Beklagte nunmehr eine Versorgung mit einem Aktivrollstuhl vornehme, auch wenn dieser nicht mit Trommelbremsen ausgestattet werde. Der Umstand, dass die Klägerin in einer hügeligen Wohngegend wohne, könne nicht als Begründung für die Sonderausstattung herangezogen werden. Ebenso wenig könne das Argument der Klägerin Berücksichtigung finden, dass unter Umständen in Zukunft eine Rampe zum Überwinden der Treppestufen vor dem Haus benötigt werde und daher die Trommelbremsen erforderlich seien. Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass Hilfsmittel nicht prophylaktisch für künftig auftretende Ereignisse zur Verfügung gestellt werden könnten.

Hiergegen richtet sich die am 09.12.2005 erhobene Klage, mit der die Klägerin weiterhin die Zurüstung des zur Verfügung gestellten Rollstuhls mit Trommelbremsen begehrt. Es genüge nicht, dass die Betätigung der Bremsen im Sitzen möglich sei. Sie benutze den Rollstuhl als eine Art Rollator, um ihre Restgehfähigkeit zu nutzen. Auch dann, wenn ihr Ehemann sie im Rollstuhl schiebe, komme es häufig vor, dass die von vorne zu betätigende Feststellbremse für die jeweiligen örtlichen Anforderungen nicht ausreiche. Insoweit sei sie momentan durch die fehlende Versorgung in ihrer Lebensqualität sehr stark eingeschränkt.

Nachdem die Klägerin im Sommer 2006 bei der Nutzung des Aktivrollstuhls gestürzt war und sich hierbei einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen hatte, der operativ versorgt werden musste, ließ sie den Rollstuhl von der Firma L1 & H mit Trommelbremsen nachrüsten. Hierfür sind ihr ausweislich der Rechnung vom 30.08.2006 Kosten in Höhe von 607,36 entstanden.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 25.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2005 zu verurteilen, die Kosten für die zugerüsteten Trommelbremsen in Höhe von 607,36 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides entspreche der Sach- und Rechtslage und sei daher nicht zu beanstanden. Die Benutzung des Aktivrollstuhls als Gehhilfe stelle eine Unfallgefahr dar, so dass es der Beklagten bereits aus diesem Grund verwehrt sei, die Kosten für die Zurüstung zu übernehmen. Die Klägerin sei insoweit auf einen Rollator zu verweisen, um ihr Restgehvermögen sinnvoll und auch gefahrlos zu nutzen. Eine solche Versorgung sei auch wesentlich wirtschaftlicher als die Nachrüstung des vorhandenen Rollstuhls mit einer Trommelbremse, da solche Hilfsmittel im Rahmen von Festbeträgen oder Versorgungspauschalen zur Verfügung gestellt werden. Im Übrigen sei die Klägerin zur Erschließung des Nahbereichs mit einem Elektroscooter ausreichend versorgt. Trommelbremsen seien auch nur dann indiziert, wenn der Gehbehinderte auf eine Begleitperson angewiesen ist und die Begleitperson wegen mangelnder Armkraft nicht in der Lage sei, den Rollstuhl fortzubewegen und zu bremsen. Im übrigen nimmt sie zur Begründung ihres Antrags im Wesentlichen Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 14.11.2005.

Das Gericht hat mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt und im Anschluss daran einen Befund- und Behandlungsbericht von Dr. L beigezogen. Sodann hat das Gericht ein neurologisches Gutachten von dem Neurologen und Psychiater Dr. C eingeholt. Auf Inhalt und Ergebnisse des am 15.05.2007 erstatteten Gutachtens wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Sach- und Streitstand nimmt die Kammer Bezug auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten, den das Gericht beigezogen hat. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 25.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2005 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn dieser Bescheid ist rechtswidrig.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die nachträgliche Ausrüstung des Aktivrollstuhls mit Trommelbremsen.

Das vom Sachleistungsprinzip beherrschte System der gesetzlichen Krankenversicherung lässt nur unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB V) eine Kostenerstattung zu. Danach besteht ein Erstattungsanspruch des Versicherten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind.

Im Falle der Klägerin liegen die Voraussetzungen für die 2. Alternative des § 13 Abs. 3 SGB V vor. Die Beklagte hat die Zurüstung des Aktivrollstuhls mit Trommelbremsen zu Unrecht abgelehnt.

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst dabei auch die Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V). Im Rahmen des § 33 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit das Hilfsmittel nicht als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen ist.

Die Klägerin benötigt die Zurüstung des Rollstuhls mit Trommelbremsen zum Ausgleich einer Behinderung, da ihr Gehvermögen beeinträchtigt ist.

Die medizinische Erforderlichkeit kann von der Kammer trotz der fehlenden vertragsärztlichen Verordnung geprüft werden. Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits mehrfach entschieden, dass das Fehlen einer vertragsärztlichen Verordnung den Leistungsanspruch auf ein Hilfsmittel nicht ausschließt. So kann z. B. sogar ein Anspruch auf Versorgung mit einem im Hilfsmittelverzeichnis nicht aufgeführten Hilfsmittel unabhängig vom Vorliegen einer vertragsärztlichen Verordnung gegeben sein, wenn es im Einzelfall geeignet, notwendig und wirtschaftlich ist (BSG, SozR 3-2500, § 33 Nr. 25, 33).

Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. C leidet die Klägerin unter einer schubförmigen chronisch progredienten Verlaufsform der multiplen Sklerose mit vorwiegenden Ausfällen im Rückenmark. Trotz der schweren Spastik und der rechtsbetonten Tetraparese ist bei ihr noch ein erstaunlich gutes Restgehvermögen vorhanden. Sie ist in der Lage, ohne Hilfsmittel bei der Möglichkeit der Abstützung sechs Meter zu gehen, bei der Benutzung des Rollstuhls als Gehrollator je nach Befindlichkeit 30 bis 300 Meter, in günstigen Fällen bis zu 800 Metern. Der Sachverständige hat nach einer ausführlichen Anamneseerhebung und Untersuchung der Klägerin festgestellt, dass sie ihr Restgehvermögen sowohl im Innen- als auch im Außenbereich nutzen kann. Sie kann mit dem Elektroscooter selbstständig Einkäufe erledigen, wobei sie das noch vorhandene Restgehvermögen hierbei allerdings nicht einsetzt. Sie ist vielmehr auf eine Alternative zwischen Gehrollator und Rollstuhl zur optimalen Ausnutzung ihres Restgehvermögens angewiesen, so dass der Sachverständige für die Kammer überzeugend zu dem Ergebnis kommt, dass aus medizinischen Gründen die Zurüstung des Aktivrollstuhls mit Trommelbremsen wirtschaftlich im Sinne des § 12 SGB V ist.

Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die Ausstattung des Rollstuhls mit Trommelbremsen über das Maß des Notwendigen hinausgeht. Zwar ist das Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden zu verstehen (vgl. BSG, SozR 3-2500, § 33 Nr. 7). Jedoch ist für die Kammer nicht ersichtlich, dass dieser Basisausgleich überschritten wird, wenn der Aktivrollstuhl der Klägerin mit Trommelbremsen ausgestattet wird. Schließlich ist ein Hilfsmittel dann erforderlich, um eine Behinderung auszugleichen, wenn sein Einsatz im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt wird. Dazu gehören zum einen die körperlichen Grundfunktionen (Gehen, Stehen, Treppensteigen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung) und zum anderen die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie die dazu erforderliche Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, die auch die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens umfasst. Maßstab ist dabei stets der gesunde Mensch, zu dessen Grundbedürfnissen der kranke oder behinderte Mensch durch die medizinische Rehabilitation und mithilfe des von der Krankekasse gelieferten Hilfsmittel wieder aufschließen soll (BSG, SozR 3-2500, § 33 Nr. 1).

Für die Kammer stellt sich die Zurüstung des Rollstuhls mit Trommelbremsen als alternative Versorgung mit einem Rollator dar. Mit den Trommelbremsen soll nämlich die bei der Klägerin eingeschränkte körperliche Grundfunktion des Gehens ausgeglichen werden. Es ist sicherlich richtig - wie von der Beklagten vorgetragen wird - dass unter Berücksichtigung von Kostengesichtspunkten die Zurverfügungstellung eines Rollators sich dann als wirtschaftlicher erweisen mag, wenn der Versicherte eine Restgehfähigkeit besitzt, die durchgehend für die Benutzung kurzer Spaziergänge eingesetzt werden kann. Bei der Klägerin verhält es sich allerdings anders. Ihr Gehvermögen ist nach ihren eigenen nachvollziehbaren Angaben, die von dem Sachverständigen in medizinischer Weise untermauert worden sind, schwankend und stark von der Tagesform abhängig. Sie außerhäuslich lediglich auf den vorhandenen Elektroscooter zu verweisen, würde bedeuten, ihr die körperliche Grundfunktion des Gehens außer Haus vollständig zu verwehren. Da sie im voraus nicht beurteilen kann, welche Strecke sie wird zurücklegen können, ist es durchaus möglich, dass bereits nach wenigen Metern ein Rollator nicht mehr zum Einsatz kommen kann und die Klägerin, die Ruheposition des Rollators nutzend, dort für einen längeren Zeitraum verweilen müsste, um dann körperlich gestärkt den Rückweg wieder in Angriff nehmen zu können. Schließlich - und dies wird auch von der Beklagten nicht bestritten - kann ein Rollator umgekehrt keinesfalls als Rollstuhl eingesetzt werden, zumal sich hierdurch wesentlich größere Gefahren ergeben, wenn man beispielsweise bedenkt, dass für die Füße an einem Rollator kein Halt vorgesehen ist.

Die Beklagte verkennt nach Auffassung der Kammer bei ihrer Argumentation, dass die Hilfsmittel, die der Klägerin zur Verfügung gestellt worden sind, unterschiedliche Grundbedürfnisse befriedigen sollen. Während der Elektroscooter das Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums betrifft, damit die Klägerin in ihrem persönlichen Wohnumfeld sich eigenständig fortbewegen kann, gleicht der verordnete und von der Beklagten auch genehmigte Aktivrollstuhl die Beeinträchtigung des Gehvermögens im innerhäuslichen Rahmen aus und stellt darüber hinaus sicher, dass die Klägerin, sofern sie an einen anderen Ort verbracht wird, dort gleichfalls diejenigen Entfernungen zurücklegen kann, die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklegt. Vor diesem Hintergrund ist ein Gehunfähiger, der nicht durchgehend aus eigenen Kräften heraus einen Leichtgewichts- oder Aktivrollstuhl bewegen kann, mit einem Elektrorollstuhl und mit einem Rollstuhl für den innerhäuslichen Bereich, der gleichzeitig für einen Transport im Auto geeignet ist, auszustatten.

Wenn die Klägerin jedoch lediglich mit einem Aktivrollstuhl versorgt wird, der - wie von der Beklagten als hinreichend angesehen - nicht mit Trommelbremsen an den Haltegriffen ausgerüstet wird, wird bei der Klägerin das körperliche Grundbedürfnis des Gehens nicht ausgeglichen. Zwar gehört zu den Lebensbedürfnissen im Bereich des Gehens nur die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (BSG, Urt. vom 16.09.1999, B 3 KR 8/98 R), bei noch vorhandenem Restgehvermögen muss allerdings im Bereich der Hilfsmittelversorgung sichergestellt werden, dass eine Nutzung der - wenn auch eingeschränkten - Körperfunktionen möglich ist.

Nach Auffassung der Kammer übersteigt daher die Zurüstung des Rollstuhls mit Trommelbremsen nicht das Maß des Notwendigen.

Das Argument der Klägerin, sie wohne in einer hügeligen Gegend, in der es auch dem Begleiter ermöglicht werden müsse, sie bei Fahrten im näheren Umfeld mithilfe der von hinten zu bedienenden Trommelbremsen nötigenfalls zu halten, ist dabei für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht relevant. Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass das konkrete Wohnumfeld für die Versorgung mit Hilfsmitteln nicht maßgeblich ist.

Grundsätzlich steht dem Versicherten, sofern verschiedene Hilfsmittel gleich bzw. annähernd gleich geeignet sind, eine Behinderung auszugleichen, ein Wahlrecht gemäß § 9 SGB IX zu. Danach soll bei der Ausführung der Leistung zur Teilhabe den berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen werden, wobei auch auf die persönliche Lebenssituation des Leistungsberechtigten Rücksicht genommen werden muss. Begrenzt durch das in § 12 SGB V enthaltene Wirtschaftlichkeitsgebot, hat auch die gesetzliche Krankenversicherung diesen grundsätzlichen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen, so dass auch vor diesem Hintergrund die Zurüstung des Aktivrollstuhls mit Trommelbremsen sachgerecht erscheint.

Die Beklagte war daher antragsgemäß zu verurteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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