L 10 SF 3437/19 E-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SF 1799/19 E
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 SF 3437/19 E-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der im Rahmen von Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt hat keinen Anspruch auf eine weitere Vergütung im PKH-Überprüfungsverfahren.
Die Beschwerde des Erinnerungsführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 21.08.2019 (S 4 SF 1799/19 E) wird zurückgewiesen. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Mit seiner Beschwerde begehrt der Erinnerungsführer eine Vergütung aus der Staatskasse nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) für seine anwaltliche Tätigkeit in einem Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren im Anschluss an das Hauptsacheverfahren S 18 R 1945/14 beim Sozialgericht Mannheim (SG).

Mit Beschluss des SG vom 04.12.2014 wurde dem seinerzeitigen Kläger des Hauptsacheverfahrens Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung des Erinnerungsführers gewährt. Im November 2015 einigten sich die Beteiligten in der Hauptsache vergleichsweise; der Vergleich beinhaltete übereinstimmende Erledigungserklärungen und eine Kostenregelung (Gegner 1/3). Im Anschluss daran setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) des SG auf den "PKH-Kostenfestsetzungsantrag" des Erinnerungsführers von November 2015 die Vergütung aus der Staatskasse antragsgemäß fest (insgesamt 1.172,86 EUR, u.a. Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 des Vergütungsverzeichnisses - VV - zum RVG i.H.v. 400,00 EUR) und veranlasste die Auszahlung (Dezember 2015).

Mitte Oktober 2018 leitete die UdG mit Schreiben an den Erinnerungsführer unter Hinweis auf § 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 120a der Zivilprozessordnung (ZPO) eine Überprüfung der zu leistenden Zahlungen aus der PKH ein. Nachdem der Erinnerungsführer Einkommensnachweise des seinerzeitigen Klägers vorgelegt und sich eine Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ergeben hatte, verfügte die UdG den Vorgang zu den Akten.

Mit "PKH-Kostenfestsetzungsantrag" von Mitte April 2019 machte der Erinnerungsführer für das PKH-Überprüfungsverfahren eine Vergütung aus der Staatskasse i.H.v. insgesamt 202,30 EUR geltend (Verfahrensgebühr nach Nr. 3335 VV RVG i.H.v. 150,00 EUR, Auslagenpauschale i.H.v. 20,00 EUR nach Nr. 7002 VV RVG zzgl. Umsatzsteuer) und verwies zur Begründung - unter Angabe von Rechtsprechungs- und Literaturnachweisen - auf die Regelung des § 15 Abs. 5 (Satz 2) RVG.

Mit "Kostenfestsetzungsbeschluss" (gemeint: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) vom 13.05.2019 lehnte die UdG eine (weitere) Vergütung aus der Staatskasse ab; die Tätigkeit des Erinnerungsführers im PKH-Überprüfungsverfahren gehöre zur Tätigkeit im Hauptsacheverfahren und sei mit der dort gewährten Verfahrensgebühr abgegolten, denn der Auftrag zur Vertretung im PKH-Verfahren sei erst erledigt, wenn seit Beendigung des Hauptsacheverfahrens vier Jahre vergangen seien (Hinweis auf Oberlandesgericht - OLG - Nürnberg, Beschluss vom 27.08.2018, 10 WF 973/18, in juris).

Mit seiner hiergegen erhobenen Erinnerung machte der Erinnerungsführer im Wesentlichen geltend, dass die Rechtsprechung des OLG Nürnberg weder dem Wortlaut noch der Intention des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG entspreche. Die gesetzliche Fiktion einer neuen anwaltlichen Tätigkeit trete alleine wegen eines mindestens zweijährigen "Tätigkeitsstillstands" ein, ohne dass es auf den vorherigen Abschluss eines Verfahrens oder anwaltlichen Auftrags ankomme. Außerdem sei die Entscheidung des OLG Hamm (Beschluss vom 17.11.2015, II-6 WF 55/15, in juris) nicht berücksichtigt worden.

Mit Beschluss vom 21.08.2019 hat das SG die Erinnerung zurückgewiesen. Es hat sich der Auffassung der UdG angeschlossen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass das PKH-Verfahren nach § 16 Nr. 2 RVG zu dem Hauptsacheverfahren S 18 R 1945/14 gehöre und damit auch ein entsprechendes PKH-Überprüfungsverfahren. Denn Letzteres zähle zum (einheitlichen) Verfahren über PKH und ende erst mit Beendigung des vierjährigen Überprüfungszeitraums des § 120a Abs. 1 Satz 4 ZPO (Hinweis auf OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 11.10.2016, 2 WF 237/16, in juris, mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - BGH -). Die Vorschrift des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG führe zu keinem anderen Ergebnis, den der dort genannte "frühere Auftrag" finde erst mit Abschluss des PKH-Überprüfungsverfahrens seine Erledigung. Soweit in der Literatur davon abweichend eine neue Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG nach Ablauf von zwei Jahren seit Erledigung des zu Grunde liegenden Verfahrens angenommen werde, könne dem schon deshalb nicht gefolgt werden, weil zum Teil bereits offenbleibe, welches Verfahren (Hauptsache oder das ursprüngliche PKH-Bewilligungsverfahren) gemeint sei. Zum anderen werde diese Auffassung auch gar nicht weiter begründet. Aus der Entscheidung des OLG Hamm ergebe sich für den Erinnerungsführer nichts Günstiges. Auch gebiete der Zweck des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG kein anderes Ergebnis (Verweis auf OLG Frankfurt/M., a.a.O.). Gegen den ihm am 27.09.2019 zugestellten Beschluss hat der Erinnerungsführer am 11.10.2019 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Frist des § 124 Abs. 1 ZPO (gemeint: § 120a Abs. 1 Satz 4 ZPO) die des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG nicht verdränge. Es spiele dabei auch keine Rolle, ob das Verfahren "zur Aufhebung der PKH" nun mit dem Bewilligungsverfahren oder mit dem Hauptsacheverfahren dieselbe Angelegenheit bilde, denn in beiden Fällen sei § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG einschlägig. Im Rahmen dessen komme es alleine auf eine zweijährige "Tätigkeitspause" des Rechtsanwalts an. Nicht entscheidend könne die Frist des § 120a Abs. 1 Satz 4 ZPO sein, denn die Erledigung des PKH-Verfahrens spiele überhaupt keine Rolle und die Norm statuiere auch keine "(Mindest-)Verfahrensdauer". Die Schlussfolgerung des OLG Frankfurt/M. - auf das sich das SG gestützt habe - sei im Übrigen unzutreffend, wenn das OLG meine, dass die anwaltliche Tätigkeit im Überprüfungsverfahren keine neue Einarbeitung in die Materie erfordere, dies zeige etwa sein Aufwand im Verfahren L 9 AS 4548/16.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Verfahrensakten erster und zweiter Instanz und die beigezogene SG-Akte S 18 R 1945/14 Bezug genommen.

II.

Über die Beschwerde entscheidet der Berichterstatter des für Kostensachen alleine zuständigen 10. Senats des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg als Einzelrichter ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter (§ 155 Abs. 4 SGG, § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 und Satz 3 RVG); die Streitsache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG).

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat die Erinnerung gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss der UdG vom 13.05.2019 zu Recht zurückgewiesen. Der Erinnerungsführer hat keinen Anspruch auf eine (weitere) Vergütung aus der Staatskasse für seine Tätigkeit im PKH-Überprüfungsverfahren, denn sein diesbezüglicher Aufwand ist mit der ihm im Dezember 2015 gezahlten Vergütung abgegolten, ohne dass sich aus der Regelung des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG etwas Anderes ergibt. Das SG hat dies in der angefochtenen Entscheidung im Einzelnen ausführlich und zutreffend dargelegt. Der Senat sieht insoweit gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG von einer weiteren Begründung ab und weist die Beschwerde aus den oben zusammengefassten Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Lediglich ergänzend merkt der Senat im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen Folgendes an:

Das PKH-Überprüfungsverfahren nach § 73a Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 SGG, § 120a ZPO ist unter Zugrundelegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 08.12.2010, XII ZB 38/09, in juris, Rdnrn. 16 ff. m.w.N., zum PKH-Überprüfungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung) die Fortführung respektive "Wiederaufnahme" (so Bundesarbeitsgericht - BAG -, Beschluss vom 19.07.2006, 3 AZB 18/06, in juris, Rdnr. 11, zu § 120 Abs. 4 ZPO a.F.) des (ursprünglichen) PKH-Bewilligungsverfahrens, also ein Teil davon (BGH, Beschluss vom 08.12.2010, XII ZB 38/09, a.a.O., Rdnr. 28). Dabei bildet das (gesamte) PKH-Verfahren mit dem Hauptsacheverfahren, für das PKH bewilligt worden ist (hier: S 18 R 1945/14), eine Einheit und zwar selbst dann, wenn das Hauptsacheverfahren beendet ist (BGH, a.a.O.). Damit handelt es sich beim PKH-Überprüfungsverfahren auch in gebührenrechtlicher Hinsicht um dieselbe Angelegenheit wie die des (Hauptsache-)Verfahrens, für das (ursprünglich) PKH bewilligt worden ist (§ 16 Nr. 2 RVG; wie hier auch LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 03.12.2018, L 5 SF 92/18 B E, in juris, Rdnr. 6; OLG Nürnberg, Beschluss vom 27.08.2018, 10 WF 973/18, a.a.O., Rdnr. 9; Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 142 FGO Rdnr. 181a, Stand: 02/2019; Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl. 2019, VV 3335 Rdnr. 65; vgl. auch OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 11.10.2016, 2 WF 237/16, a.a.O., Rdnrn. 13 f.; Gierl in: Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl. 2018, Nr. 3335 VV Rdnr. 18).

Demgemäß verdient der Rechtsanwalt, der von dem Beteiligten - wie vorliegend - unbedingt sowohl mit der Vertretung im Hauptsacheverfahren als auch mit der Vertretung im PKH-Verfahren beauftragt und in beiden Verfahren auch tätig geworden ist, grundsätzlich nur die Gebühren des Hauptsacheverfahrens, denn gemäß § 15 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit (s.o.) nur einmal fordern, sodass die Verfahrensgebühr für das PKH-Verfahren (Nr. 3335 VV RVG) in diesem Fall vollständig in der Verfahrensgebühr für das Verfahren der Hauptsache (Nr. 3102 VV RVG) aufgeht (vgl. statt vieler nur Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, a.a.O., VV 3335 Rdnr. 64 m.w.N.).

Dies scheint zwar auch der Erinnerungsführer nicht in Zweifel zu ziehen, wenn er meint, darauf komme es überhaupt nicht an, weil § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG ohnehin einschlägig sei und eine bloße "Tätigkeitspause" von zwei Jahren genüge. Dies ist indes unzutreffend. Entgegen dem Beschwerdevorbringen liegen die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG gerade nicht vor.

Danach gilt die weitere Tätigkeit des Anwalts (nur dann) als neue Angelegenheit, wenn der "frühere Auftrag" seit mehr als zwei Kalenderjahren "erledigt" ist. Der BGH hat bereits zu der gleichlautenden Vorgängervorschrift des § 13 Abs. 5 Satz 2 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) entschieden, dass sowohl nach dem Gesetzeswortlaut als auch nach den Gesetzesmaterialien für die Festlegung des Zeitpunkts, zu dem der Lauf der Zwei-Jahres-Frist beginnt, (alleine) die Erledigung des Auftrags maßgeblich ist (BGH, Beschluss vom 30.03.2006, VII ZB 69/05, in juris, Rdnr. 7 m.w.N.).

Von einer solchen Erledigung kann vorliegend aber keine Rede sein. Der "frühere Auftrag" des Erinnerungsführers war zum Zeitpunkt seines Tätigwerdens im PKH-Überprüfungsverfahren mitnichten "erledigt".

Der maßgebliche (frühere) "Auftrag" des seinerzeitigen Klägers an den Erinnerungsführer im Sinne des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG war (auch) die Vertretung im PKH-Verfahren für das Hauptsacheverfahren S 18 R 1945/14. Nur weil das PKH-Verfahren mit dem Hauptsacheverfahren (gebührenrechtlich) eine Einheit bildet (s.o.), hat sich dieser Auftrag nicht mit der Beendigung der Hauptsache erledigt. Denn - wie dargelegt - umfasst das PKH-Verfahren auch ein etwaiges Überprüfungsverfahren nach § 120a ZPO bzw. Letzteres ist ein (integraler) Teil des Verfahrens "Prozesskostenhilfe". Demgemäß bezieht sich der (unbeschränkte) Auftrag des Mandanten auf die Vertretung im gesamten PKH-Verfahren; dieser Auftrag ist nicht erledigt, solange das PKH-Verfahren noch nicht (endgültig) abgeschlossen ist.

Ob der Auftrag zur Vertretung im PKH-Verfahren mit Wirkung im Außenverhältnis zulässig beschränkt werden kann - etwa dahingehend, dass der Auftrag erledigt sein soll, sobald PKH bewilligt worden ist oder eine Auftragserteilung unter ausdrücklichem Ausschluss der Vertretung in einem PKH-Überprüfungsverfahren - kann dahinstehen (verneinend etwa Landesarbeitsgericht - LAG - Köln, Beschluss vom 25.07.2019, 9 Ta 101/19, in juris, Rdnrn. 11 ff. m.w.N.), denn Derartiges ist nicht geltend gemacht und auch ansonsten nicht ersichtlich; namentlich auch die dem SG vorgelegte Vollmacht (Bl. 3 SG-Akte S 18 R 1945/14) enthält nichts, was als Indiz für eine entsprechende Beschränkung herangezogen werden könnte (zur Indizwirkung einer Vollmacht vgl. Mayer in Gerold/Schmidt, a.a.O., § 60 Rdnr. 7 m.w.N.). Offenbleiben kann damit auch, ob im Falle einer solchen Beschränkung überhaupt die Erstreckung der Beiordnung nach § 48 Abs. 4 Satz 2 RVG, die Grundvoraussetzung für einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist (§ 45 Abs. 1 RVG), auf "das" Verfahren über die PKH dann noch eingreifen würde.

Von einem Abschluss bzw. einer Beendigung des PKH-Verfahrens im obigen Sinne kann im Hinblick auf die Regelung des § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO, wonach der Beteiligte "auf Verlangen des Gerichts jederzeit erklären muss", ob eine Veränderung der Verhältnisse eingetreten ist, erst dann gesprochen werden, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder der sonstigen Beendigung des Verfahrens (wobei insoweit die Hauptsache gemeint ist, s. nur Schultzky in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 120a Rdnr. 12 m.w.N.) vier Jahre vergangen sind (§ 120a Abs. 1 Satz 4 ZPO). Denn erst dann ist eine Änderung zum Nachteil des Beteiligten ausgeschlossen und erst dann ist der "Auftrag" zur Vertretung im PKH-Verfahren "erledigt", sodass auch erst dann die Frist des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG zu laufen beginnt (wie hier LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 03.12.2018, L 5 SF 92/18 B E, a.a.O., Rdnr. 8; OLG Nürnberg, Beschluss vom 27.08.2018, 10 WF 973/18, a.a.O., Rdnr. 13; OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 11.10.2016, 2 WF 237/16, a.a.O., Rdnr. 14; Schultzky in: Zöller, a.a.O., Rdnr. 4; Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O.; vgl. auch Mayer in: Gerold/Schmidt, a.a.O., § 15 Rdnr. 136a). Diese Vier-Jahres-Frist mit Beginn Mitte November 2015 (Erledigung des Hauptsacheverfahrens) war vorliegend zum Zeitpunkt der Einleitung des Überprüfungsverfahrens im Oktober 2018 noch nicht abgelaufen.

Nur am Rande merkt der Senat an, dass § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG auch dann nicht eingreifen würde, wenn der seinerzeitige Kläger den Erinnerungsführer im Überprüfungsverfahren (erneut bzw. erweiternd) beauftragt haben sollte, was der Erinnerungsführer indes nicht einmal behauptet hat. Denn dann stünde dem erhobenen Gebührenanspruch bereits die Regelung des § 15 Abs. 5 Satz 1 RVG entgegen (OLG Nürnberg, Beschluss vom 27.08.2018, 10 WF 973/18, a.a.O., Rdnr. 12).

Soweit der Erinnerungsführer meint, dieses Normverständnis ignoriere den Wortlaut des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG, ist dies nicht nachvollziehbar, der Wortlaut erfordert gerade ein Abstellen auf den "früheren Auftrag" und dessen "Erledigung". Ein Abstellen auf die (erledigte) Hauptsache - als "dieselbe Angelegenheit" (§ 16 Nr. 2 RVG, s.o.) - kommt im gegebenen Zusammenhang gerade nicht in Betracht, weil davon in § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG schlicht nicht die Rede ist; dass der Gesetzgeber die Begriffe "Auftrag" und "Angelegenheit" auch nicht synonym verwendet, ergibt sich z.B. aus der Formulierung in § 15 Abs. 4 RVG.

Soweit sich der Erinnerungsführer auf den Beschluss des Amtsgerichts (AG) Trier vom 11.02.2014 (37 F 177/10, in juris) beruft, lässt sich der Entscheidung schon nicht entnehmen, welches erledigte "Verfahren" das AG im dortigen Fall überhaupt gemeint hat. Sollte es - freilich ohne weitere Begründung - das Hauptsacheverfahren gemeint haben, folgt dem der Senat entsprechend der obigen Darlegungen nicht.

Aus den nämlichen Gründen vermag der Senat - mit dem SG - auch nicht der vom Erinnerungsführer aufgeführten Literaturmeinung zu folgen. Die Autoren begründen entweder ihre Auffassung nicht weiter (etwa Dürbeck in: Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl. 2018, § 76 Rdnr. 82; N. Schneider in: Anwaltkommentar RVG, 8. Aufl. 2017, § 15 Rdnr. 297, der sich der o.a. Entscheidung des AG Trier ohne Begründung anschließt) bzw. setzen einfach "Erledigung des früheren Auftrags" mit "Erledigung der Hauptsache" gleich (z.B. Fölsch in: Anwaltkommentar RVG, 8. Aufl. 2017, VV 3335 Rdnr. 24; N. Schneider, NZFam 2014, 1127, 1128; ihm ohne weitere Begründung folgend Mayer, FD-RVG 2018, 410921), oder stellen schlicht - ohne Berücksichtigung der oben zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung - auf die Erledigung des (ursprünglichen) PKH-Bewilligungsverfahrens ab (N. Schneider in: Anwaltkommentar RVG, a.a.O.; ders., NZFam 2017, 625) und übersehen damit, dass das PKH-Verfahren bis zum Ablauf der Frist des § 120a Abs. 1 Satz 4 ZPO gerade noch nicht beendet ist, sondern jederzeit wieder aufgenommen werden kann. Namentlich auch der Hinweis von N. Schneider (NZFam 2017, 625), dass aus § 16 Nr. 3 RVG folge, dass es sich um verschiedene Verfahren handele, erschließt sich dem Senat im Übrigen schon deshalb nicht, weil er selbst (a.a.O.) - insoweit zutreffend - unter Hinweis auf § 16 Nr. 2 RVG davon ausgeht, dass das Verfahren über die "Bewilligung, Aufhebung oder Abänderung der Verfahrenskostenhilfe" mit zur Hauptsache zählt. Im Übrigen berücksichtigt er - im Gegensatz zum Senat - nicht die oben zitierte Rechtsprechung des BGH, dass es sich beim PKH-Überprüfungsverfahren um einen (integralen) Teil des PKH-Bewilligungsverfahrens handelt, sodass von "mehreren" Verfahren über die PKH i.S.d. § 16 Nr. 3 RVG keine Rede sein kann. Deswegen ist es alleine deshalb schon verfehlt, im Rahmen des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG auf die Erledigung des (ursprünglichen) PKH-Bewilligungsverfahrens abzustellen.

Soweit der Erinnerungsführer unter Hinweis auf eine Entscheidung des OLG Hamm (Beschluss vom 17.11.2015, II-6 WF 55/15, in juris, Rdnr. 13) meint, aus § 48 Abs. 4 RVG würde sich etwas Günstiges für seinen weitergehenden Vergütungsanspruch ergeben, ist dies nicht nachvollziehbar. Denn der obigen Prüfung liegt ja gerade zu Grunde, dass sich die Beiordnung mit Beschluss des SG vom 04.12.2014 gemäß § 48 Abs. 4 Satz 2 RVG auch auf das PKH-(Überprüfungs-)Verfahren erstreckt, andernfalls wäre - wie oben bereits ausgeführt - ein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse mangels Beiordnung von vornherein ausgeschlossen. Der Erinnerungsführer verkennt, dass das OLG Hamm im dortigen Fall lediglich darauf hingewiesen hat, dass im zivil- bzw. familiengerichtlichen Verfahren eine Vergütung aus der Staatskasse für ein PKH- bzw. Verfahrenskostenhilfe-(VKH-)Verfahren schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil sich die Beiordnung grundsätzlich - und eben anders als im sozialgerichtlichen Betragsrahmengebührenverfahren auf der Grundlage des § 48 Abs. 4 Satz 2 RVG - gar nicht auf ein solches Verfahren bezieht und PKH/VKH für ein PKH-/VKH-Verfahren - einschließlich einem Verfahren nach § 120a ZPO - grundsätzlich überhaupt nicht gewährt werden kann (s. dazu auch Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, a.a.O., VV 3335 Rdnr. 31 m.w.N.).

Soweit der Erinnerungsführer schließlich entgegen dem OLG Frankfurt/M. (Beschluss vom 11.10.2016, 2 WF 237/16, a.a.O., Rdnr. 14) meint, der Zweck des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG würde in Fällen wie dem vorliegenden für eine Anwendung dieser Regelung streiten, ist dem zunächst entgegenzuhalten, dass der ausdrückliche Wortlaut der Norm - wie auch bereits die bis zum 30.06.2004 geltende Vorgängervorschrift der BRAGO (s. dazu bereits oben) - gerade nicht ein irgendwie geartetes "Ruhen" der anwaltlichen Tätigkeit genügen lässt, sondern auf die Erledigung des jeweiligen "Auftrags" abstellt. Dass der Anwalt über den Gesetzeswortlaut hinaus ein (weitergehendes) Gebühreninteresse hat, rechtfertigt für sich gesehen keine erweiternde respektive entsprechende Anwendung der Norm auf alle Fälle, in denen die anwaltliche Tätigkeit aus welchen Gründen auch immer länger als zwei Kalenderjahre "zum Stillstand" kommt. Denn dafür wäre neben einer vergleichbaren Interessenlage (im Übrigen hier zu Lasten der Staatskasse und in noch perpetuierenderer Abweichung zum zivil-/familiengerichtlichen Verfahren, in denen eine Vergütung nach Nr. 3335 VV RVG aus der Staatskasse ohnehin - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nicht in Betracht kommt, s.o.) auch eine planwidrige Regelungslücke erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 02.07.2019, L 10 SF 4254/18 E-B, in juris, Rdnr. 21).

Eine solche vermag der Senat nicht zu erkennen. Das OLG Hamm (Beschluss vom 17.11.2015, II-6 WF 55/15, a.a.O., Rdnr. 16), auf dessen Entscheidung sich der Erinnerungsführer gerade beruft (s.o.), hat in anderem Zusammenhang - nämlich im Hinblick darauf, dass eine Gebühr nach Nr. 3335 VV RVG im zivil-/familiengerichtlichen Verfahren grundsätzlich von vornherein nicht gegen die Staatskasse geltend gemacht werden kann - zutreffend darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber lediglich für das sozialgerichtliche Verfahren mit der Einführung des § 48 Abs. 4 RVG durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl. I S. 2586) einen gebührenrechtlichen Änderungsbedarf betreffend das PKH-Verfahren gesehen hat. Da dem Gesetzgeber die oben zitierte Rechtsprechung des BGH ebenso bekannt war wie die Rechtslage nach § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO und vor dem Hintergrund, dass § 120a ZPO fast zeitgleich mit dem 2. KostRMoG beschlossen wurde (Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31.08.2013, BGBl. I S. 3533), kann von einer planwidrigen Regelungslücke keine Rede sein.

Die Gebührenfreiheit des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG; die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 3 RVG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
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