L 1 KR 330/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 198 KR 471/16 WA
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 330/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit sind Kosten für eine durchgeführte (Kiefer-)funktionsanalytische Maßnahme und etwaige Ansprüche auf künftige Kostenerstattung.

Die 1952 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie stellte am 5. August 2014 einen Antrag auf Kostenübernahme für die Behandlung einer Dysfunktion ihres linken Kiefergelenkes, weil sie möglichst zügig die Kiefergelenkssprechstunde der C in Anspruch nehmen wolle. Beigefügt war eine Stellungnahme ihrer behandelnden Augenärztin Dr. B vom 10. Juli 2014 wonach sie aus ophthalmologischer Sicht die Behandlung des Kiefergelenkes in Ergänzung psychotherapeutischer Maßnahmen eindeutig befürworte. Ferner bescheinigte der sie behandelnde Hausarzt, der Facharzt für Innere Medizin Dr. B, dass auch er die Behandlung des Kiefergelenkes befürworte. Beigefügt war dem Antrag auch ein Schreiben der Klägerin selbst an ihre Augenärztin vom 30. Juni 2014, in welchem sie die Entstehung und die Auswirkungen ihrer offenkundigen Kiefergelenksblockade und die bisherige Behandlung schilderte. Die Beklagte beschied die Klägerin zunächst mit Schreiben vom 7. August 2014, diese könne sich zur Behandlung einer Kiefergelenkserkrankung mit ihrer elektronischen Gesundheitskarte in der C vorstellen. Sollten in der Folge Therapien notwendig seien, die nicht im Rahmen der kassenzahnärztlichen Versorgung lägen, solle die Klägerin hierfür spezifizierte Aufstellungen und Kostenvoranschläge zur weiteren Prüfung einreichen. Die Klägerin teilte daraufhin mit Schreiben vom 10. Oktober 2014 mit, bereits die Erstuntersuchung sei in der C nicht mit der Karte möglich. Beigefügt war ein als "Heil- und Kostenplan" bezeichneter Kostenvoranschlag der C über insgesamt 247,81 EUR und dem Hinweis auf § 1 Abs. 2 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Der Kostenvoranschlag sieht eine Erklärung des Versicherten vor, wonach er vom behandelnden Zahnarzt über die gesetzlichen Bestimmungen gemäß § 1 Abs. 2 GOZ informiert worden sei und die Erklärung "Ich wünsche eine darüberhinausgehende Versorgung und verpflichte mich, die vorstehend aufgeführten Mehrkosten, die nicht von meiner gesetzlichen Krankenkasse getragen werden, selbst zu bezahlen". Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme mit Bescheid vom 15. Oktober 2014 ab. Die Klägerin erhob Widerspruch: Es gebe nach Auskunft der C keine andere Möglichkeit eine sogenannte adjustierte Aufbiss-Schiene zur Entlastung des Kiefergelenkes zu erhalten. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 2015 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 5. Februar 2015 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben.

Die Klägerin hat die Erstuntersuchung in der Kiefergelenkssprechstunde der C bei Frau Dr. P am 24. Februar 2015 durchführen lassen. Hierfür zahlte sie 84,36 EUR. Ab 3. März 2015 hat eine Schienentherapie mit einer Aufbissschiene begonnen.

Zur Begründung der Klage hat die Klägerin unter anderem vorgebracht, es verstoße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, ihr die begehrte Untersuchung zu versagen. Die Gesetzesvorschrift enthalte einen sachlich-logischen Widerspruch. Die Untersuchung der Funktionstüchtigkeit des Kiefergelenkes sei eine medizinische unverzichtbare und damit zwingende Voraussetzung für jede prothetische zahnärztliche Vertragsleistung. Sie könne schon von der Sache her grundsätzlich nichts anderes sein als eine funktionsanalytische Maßnahme. Gleichzeitig werde die Funktionsanalyse zu den Maßnahmen gezählt, deren medizinische Wirksamkeit im Sinne einer Notwendigkeit nicht ausreichend erwiesen sei. Erschwerend komme dazu, dass ihre Kiefergelenkserkrankung zu einem Anstieg des Augendrucks geführt habe, ferner zu Durchblutungsstörungen durch Kieferverkrampfungen (Migräne), einer einseitigen Belastung beim Kauen und zu einer schmerzhaften Kiefergelenksverstauchung durch Seitwärtsbewegung unter zu starker manueller Fixierung während eines zahnärztlichen Kontrollvorganges. Sie lege Wert auf die Feststellung, dass es sich bei ihrer Klage nicht um irgendeine Lappalie handele. Sie sei aufgrund der Verhinderung einer frühzeitigen Behandlung ihres verletzten Kiefergelenks körperlich, seelisch und auch finanziell (Berufsunfähigkeit und vorzeitiger Renteneintritt) in erheblichem Maße durch die unrechtmäßige Anwendung einer absolut fragwürdigen Richtlinie geschädigt worden. Ihr Fall habe grundsätzliche Bedeutung. Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, ihr unter Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides die Kosten für die funktionsanalytischen Maßnahmen in Höhe von 84,36 EUR zu erstatten sowie die Kosten für zukünftige funktionsanalytische Maßnahmen im Rahmen der Zahnersatzbehandlung und/oder im Rahmen der Schienentherapie (adjustierte Schiene) nach den Härtefallregeln zu übernehmen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23. Mai 2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, der Klägerin stehe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Kostenerstattung der Funktionsanalyse zu. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V scheide aus, weil die in Anspruch genommene Leistung nicht notwendig gewesen sei. Zwar hätten Versicherte u. a. Anspruch auf ambulante zahnärztliche Behandlung, § 27 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 2 SGB V. Nach § 28 Abs. 2 S. 1 SGB V umfasse die (ambulante) zahnärztliche Behandlung die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Behandlung von Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig sei. Nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehörten funktionsanalytische und funktionstherapeutische Maßnahmen. Diese dürften von den Krankenkassen auch nicht bezuschusst werden, § 28 Abs. 2 S. 8 SGB V. Die Klägerin habe zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass es bei ihr um die Behandlung unausgewogener Bissverhältnisse gehe. Die entsprechenden vertragszahnärztlichen Leistungen in diesem Zusammenhang, die sogenannte Schienentherapie mit einer Schiene, seien jedoch nach den vertragszahnärztlichen Abrechnungsbestimmungen mit der behandelnden Zahnärztin abgerechnet worden. Hier gehe es allein um die Kosten für die funktionsanalytische Maßnahme. Diese seien von vornherein als zahnärztliche Leistung und als Kostenzuschuss ausgeschlossen. Die Regelung sei verfassungsgemäß. Sie verletze keine Grundrechte der Klägerin aus Art. 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Grundgesetz (GG) und sei auch mit dem Sozialstaatsprinzip vereinbar. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass die hier streitigen Maßnahmen regelmäßig nicht erforderlich seien bzw. es hier wirtschaftlichere Alternativen gebe. Soweit in Einzelfällen aus medizinischen Gründen eine Behandlung nur zusammen mit funktionsanalytischen Maßnahmen möglich sein sollte, stehe dies der Zulässigkeit einer notwendigerweise typisierenden Regelung nicht entgegen. Entsprechendes habe das Bundessozialgericht für kieferorthopädische Behandlungen im Erwachsenenalter nach § 28 Abs. 2 S. 6 SGB V entschieden (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 9. Dezember 1997 - B 1 RK 11/97). Der klageerweiternd in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag auf Übernahme künftiger Kosten sei unzulässig. Die Klageerweiterung sei nicht sachgemäß nach § 99 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da die Beklagte kein Vorverfahren habe durchführen können. Auch sei der Antrag auf Verurteilung zur Gewährung künftiger Leistungen noch zu unbestimmt. Der Wert des Beschwerdegegenstandes erreiche nicht 750,- EUR. Das Urteil ist mit der Rechtsmittelbelehrung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung versehen.

Hiergegen hat die Klägerin am 1. August 2017 Berufung erhoben. Zur Begründung hat sie u. a. ergänzend vorgetragen, nur aufgrund der irreführenden Formulierung des § 28 Abs. 2 S. 8 SGB V hätten die Vertragspartner des Ersatzkassenvertrages Zahnärzte sich verständigen können, dass einzelne Bestandteile einer Vertragsleistung, wie z. B. die Erstuntersuchung zwecks Befunderhebung im Zusammenhang mit der K1-Schiene aus dem Leistungskatalog zu entfernen sei. Sie seien stattdessen unter der Kennziffer 8000 als nicht zuschussfähige "funktionsanalytische Maßnahme" zu kategorisieren. Aufgrund dieser Richtlinie habe die Zahnambulanz der C die Eingehung einer Kostenübernahmeverpflichtung zur Bedingung für die Inanspruchnahme einer Maßnahme machen können, zu deren Durchführung ein Zahnarzt an sich nach § 28 Abs. 2 S. 1 SGB V verpflichtet sei. Auf welche Weise sich Zahnärzte diesen Sachverhalt zu Nutzen machen könnten, um die Anzahl der wenig lukrativen "Härtefälle" möglichst gering zu halten habe sie erfahren müssen, als sie gezwungen gewesen sei, sich auf Anraten der Frau Dr. P für die prothetische Behandlung einen niedergelassenen Zahnarzt zu suchen. Sie habe von einer durchaus seriös wirkenden Spandauer Zahnarztpraxis die Auskunft erhalten, dass man neue Patienten leider nur unter der Bedingung aufnehmen könne, dass sie sich zunächst einer allgemeinen "Erstuntersuchung" unterzögen, deren Kosten allerdings nicht von der Krankenkasse übernommen werde. Angesichts der Gefahr einer vorzeitigen Erblindung und der dringenden Warnung des Hausarztes hätte die Beklagte veranlasst sein müssen, den Antrag nicht gleich abzulehnen, sondern Rücksprache zu halten. Wenn die Tatsache, dass eine Schienentherapie auch als "funktionstherapeutische Maßnahme" bezeichnet werden könne, kein Hindernis sei, sie als Vertragsleistung anzusehen, dann dürfe die medizinische Notwendigkeit der zu ihrer Beantragung zwingend vorausgesetzten Untersuchungsmaßnahme nicht bezweifelt werden. Bereits die erste Sachbearbeiterin der Beklagten hätte einen Hinweis auf einen "Antrag auf KBR" (Kieferbruch) erteilen müssen, den die hierfür zuständige Zahnärztin einreichen hätte müssen. Denn vor Behandlung von Verletzungen im Bereich des Gesichtsschädels und von Kiefergelenkserkrankungen sei vom Zahnarzt anhand der erforderlichen diagnostischen Unterlagen ein Behandlungsplan zu erstellen und dafür den entsprechenden Vordruck zu verwenden. Bereits nach erfolgreicher Wundheilung wäre in ihrem Fall die vertragliche Leistung einer Aufbissschiene tatsächlich die wirksamste Sofortmaßnahme gewesen, was sich sowohl der behandelnden Zahnärztin in der Prothetik als auch der Leiterin der Kiefergelenksprechstunde bereits zweifelsfrei aus der Diagnose des Zahnchirurgen hätte erschließen können. Sie leide an einer kraniomandibulären Dysfunktion (CMD). Um eine normale Okklusion und ein optimales Funktionieren des Kiefergelenks und der Kaumuskulatur zu ermöglichen, hätten beide Kiefer in der Zahnbogenform korrekt geformt sein müssen. Die adjustierte Schiene habe korrekt nur nach Durchführung einer Funktionsanalyse gefertigt werden können. Es gehe hier der Sache nach um eine Leistung bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Sie leide nachgewiesen unter einem Glaukom. Unbestritten sei, dass Kiefergelenksverletzungen sowie Kieferverspannungen zu einem erhöhten Augeninnendruck führen könnten, so dass ein Zuwarten hier nicht verlangt habe werden können. Primär gehe es ihr um eine Änderung der einschlägigen Regelung zwischen den Ersatzkassen und der zahnärztlichen Vereinigung. Es gehe ihr weiter um Öffentlichkeit.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Mai 2017 und den Bescheid vom 15. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2015 aufzuheben, die Kosten für die funktionsanalytischen Maßnahmen in Höhe von 84,36 EUR zu erstatten und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Kosten für etwaige zukünftige funktionsanalytische Maßnahmen im Rahmen der Zahnersatzbehandlung und/oder im Rahmen der Schienentherapie (adjustierte Schiene) zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat vorgebracht, die Untersuchung des stomatognathen Systems (anatomische Gesamtheit des Zahn-, Mund- und Kiefersystems) und die Anfertigung einer Aufbissschiene könne als Vertragsleistung nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA) abgerechnet werden. Funktionsanalytische und funktionstherapeutische Leistungen seien Maßnahmen, die über diese Vertragsleistungen hinausgingen und ausschließlich nach der GOZ abgerechnet werden könnten. Sollte die Herstellung einer adjustierten Aufbissschiene mittels funktionsanalytischer Maßnahme vorgenommen werden, sei die Abrechnung der Aufbissschiene selbst über die gesetzliche Krankenversicherung möglich. Ausschließlich die Mehrkosten für die Funktionsanalyse seien dann vom Versicherten privat zu tragen. Die Beklagte hat eine gemeinsame Erklärung von GKV-Spitzenverband, dem Verband deutscher Zahntechniker-Innungen und der kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung zur Berechnungsweise zur Verwendung eines Gesichtsbogens vom 10. Oktober 2014 eingereicht, auf die ergänzend verwiesen wird.

Auf die eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Statthaftes Rechtsmittel gegen die erstinstanzliche Entscheidung ist nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung ohne dass deren Zulassung nötig gewesen ist. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Die Beschwer der Klägerin durch ihre Klage abweisenden Urteil besteht nicht nur aus der Zurückweisung der Zahlungsklage auf 83,36 EUR. Auch der weitere Antrag auf Übernahme zukünftiger Kosten für funktionsanalytische Maßnahmen ist zurückgewiesen worden. Bei verständiger Würdigung handelt es sich dabei um ein Feststellungsbegehren, so dass im Streit nicht nur eine Klage auf Leistung im Wert unter 750, 01 EUR steht. Die Berufungsfrist ist gewahrt. Diese betrug hier nicht aufgrund § 151 SGG einen Monat nach Zustellung der Entscheidung sondern nach § 66 Abs. 2 SGG ein Jahr, da die Rechtsmittelbelehrung unrichtig das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde genannt hat.

Der Berufung bleibt jedoch in der Sache Erfolg versagt. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 15. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die Klägerin hat keinen Erstattungsanspruch. Nach § 13 Abs. 3 SGB V sind Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 1 SGB V) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V). § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 1 SGB V scheidet hier von vornherein aus. Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V liegen ebenfalls nicht vor. Die Beklagte hat mit ihrem Bescheid nicht eine Leistung zu Unrecht abgelehnt. Der Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V geht nicht weiter als der entsprechende Sachleistungsanspruch. Nur wenn die selbstbeschaffte Behandlung zu denjenigen Leistungen gehört, welche von den Krankenkassen grundsätzlich als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen gewesen wären, kann ein Kostenerstattungsanspruch bestehen (vergleiche BSG vom 27. März 2007 - B 1 KR 17/06 R - juris-Rdnr. 12). Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, sind funktionsanalytische und funktionstherapeutische Maßnahmen per se nicht vom Leistungsumfang der zahnärztlichen Krankenbehandlung umfasst, § 28 Abs. 2 S. 8 SGB V. Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass die Vorschrift nicht verfassungswidrig ist. Der Leistungsausschluss bedeutet im Hinblick auf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Festlegung des Leistungskatalogs in der gesetzlichen Krankenversicherung keine verfassungswidrige Benachteiligung der Betroffenen (BSG, Urteil vom 13. Juli 2004 - B 1 KR 37/02 R - juris-Rdnr. 24 mit Bezugnahme u. a. auf BSGE 88, 166, 168 ff). Welche Behandlungsmaßnahmen in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen und welche davon ausgenommen und damit der Eigenverantwortung des Versicherten (vgl. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB V) zugeordnet werden, unterliegt aus verfassungsrechtlicher Sicht einem weiten gesetzgeberischen Ermessen; denn ein Gebot zu Sozialversicherungsleistungen in einem bestimmten sachlichen Umfang lässt sich dem Grundgesetz nicht entnehmen. Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab ist im Wesentlichen das Gebot des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs. 1 GG), Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er kann grundsätzlich frei entscheiden, von welchen Elementen der zu ordnenden Lebenssachverhalte die Leistungspflicht abhängig gemacht und die Unterscheidung gestützt werden soll. Eine Grenze ist erst dann erreicht, wenn sich für seine Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund mehr finden lässt (BSG, a. a. O. mit Bezugnahme auf BVerfGE 102, 68, 87).

Hinzu kommt, dass hier nicht ersichtlich ist, dass zur Verordnung der Aufbissschiene zwingend funktionsanalytische Maßnahmen im Sinne des GOZ erforderlich gewesen sind. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistung gemäß § 87 Abs. 2 und 2h SGB V (BEMA) sieht im Teil 2 "Behandlungen von Verletzungen des Gesichtsschädels (Kieferbruch), Kiefergelenkserkrankungen (Aufbissbehelfe)" u. a. nach K 1 die zahnärztliche Leistungen des "Eingliederns eines Aufbissbehelfs mit adjustierter Oberfläche" zur Unterbrechung der Okklusionskontakte vor (K 1 lit. a) vor. Nach K 1 Nr. 1 kann das Eingliedern eines Aufbissbehelfs mit adjustierter Oberfläche zur Unterbrechung der Okklusionskontakte angezeigt sein bei Kiefergelenksstörungen, Myoarthropathien und zur Behebung von Fehlgewohnheiten. Ferner ist nach K 2 auch das "Eingliedern eines Aufbissbehelfs zur Unterbrechung der Okklusionskontakte ohne adjustierte Oberfläche" vertragszahnärztliche Leistung. Das Eingliedern eines Aufbissbehelfs ohne adjustierte Oberfläche kann danach bei akuten Schmerzzuständen angezeigt sein.

Auch die "gemeinsame Erklärung von GKV-Spitzenverband, dem Verband deutscher Zahntechniker-Innungen und der kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung zur Berechnungsweise bei Verwendung eines Gesichtsbogens" geht nicht davon aus, dass vor der Versorgung mit Aufbissbehelfen zwingend eine funktionsanalytische und funktionstherapeutische Maßnahme voran zugehen hat. Geregelt ist in dieser Erklärung nur, wie abzurechnen ist, wenn im Zusammenhang mit der Versorgung mit Aufbissbehelfen speziell eine Modellmontage mit Hilfe eines Gesichtsbogens erfolgt. In einem solchen Fall berechnet der Zahntechniker die Modellmontage mit Hilfe eines Gesichtsbogens dem Zahnarzt gesondert (Nr. 2). Die funktionsanalytischen und funktionstherapeutischen Leistungen im Zusammenhang mit der Verwendung des Gesichtsbogens werden vom Zahnarzt gegenüber dem Versicherten gesondert privatärztlich nach der GOZ abgerechnet (Nr. 3). Der Aufbissbehelf selbst wird als Sachleistung gegenüber der Krankenkasse nach BEMA bzw. nach dem bundeseinheitlichen Leistungsverzeichnis der abrechnungsfähigen zahntechnischen Leistungen nach § 88 Abs. 1 SGB V (BEL II) abgerechnet (Nr. 4). Die Verwendung eines Gesichtsbogens ist bei der Klägerin nicht erfolgt.

Damit scheidet auch ein Anspruch auf die begehrte Feststellung aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved