S 1 KR 8/95

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 1 KR 8/95
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 15.11.1994 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.1995 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Krankengeld vom 06.11.1993 bis 25.02.1994 zu zahlen; im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt fünf Sechstel der außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 06.11.1993 bis 13.03.1994.

Der im Jahre 1934 geborene Kläger war bei der beklagten Ersatzkasse wegen Bezuges von Arbeitslosenhilfe krankenversichert, als er wäh¬rend eines Urlaubs in Bulgarien, den er bei dem Arbeitsamt Düssel¬dorf angemeldet hatte, am 26.09.1993 einen Unfall erlitt. Am 06.10. 1993 erhielt das Arbeitsamt von dem Kläger die Nachricht, daß er sich wegen eines komplizierten Knochenbruches am linken Fußgelenk in einem Krankenhaus in Bulgarien befinde und mit seiner Reisefä¬higkeit erst in 1-2 Monaten zu rechnen sei; er bitte dies als Krankmeldung anzusehen. Das Arbeitsamt unterrichtete hiervon noch im Oktober 1993 die Beklagte und übersandte ihr auf deren Anforde¬rung ärztliche Bescheinigungen. Bis zum 31.01.1994 befand sich der Kläger in Bulgarien in stationärer Behandlung und bis zum 23.02. 1994 in ambulanter Behandlung; aus einer Bescheinigung des Kranken-hauses Blagoewgrad vom 26.11.1993 folgt, daß die Rehabilitation noch 3 Monate dauern werde. Am 12.03.1994 kehrte der Kläger nach Deutschland zurück. Das Arbeitsamt gewährte ihm Arbeitslosenhilfe bis 05.11.1993 und erneut ab 14.03.1994. Mit Bescheid vom 15.11.1994 erkannte die Beklagte eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers "zumindest" bis 25.02. 1994 an, lehnte jedoch die Gewährung von Leistungen ab, da die An-sprüche des Klägers auf Leistungen gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ruhten und ab 14.03.1994 keine Arbeitsunfähigkeit mehr bestehe. Mit seinem Widerspruch vom 06.12.1994 bat der Kläger zumindest um die Gewährung von Krankengeld. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.1995 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begrün¬dung führte sie ergänzend aus: Die Vorschrift über das Ruhen von Leistungen bei einem Auslandsaufenthalt gelte auch für Krankengeld. Ein Fall des § 16 Abs. 4 SGB V sei nicht gegeben. Unberührt vom Ru¬hen blieben lediglich die Fälle, in denen aufgrund zwischen- oder überstaatlichen Rechts Leistungsansprüche im Ausland verwirklicht werden könnten. Dies gelte nicht für einen Aufenthalt in Bulgarien, weil kein Abkommen mit diesem Land bestehe.

Der Kläger hat am 13.02.1995 Klage erhoben und behauptet, die Ge- schäftstelle der Beklagten sei nicht nur vom Arbeitsamt, sondern auch von seiner Tochter über seinen Unfall in Bulgarien unterrich¬tet worden. Statt die Zeugin über die notwendige Zustimmung der Be¬klagten zu dem Auslandsaufenthalt zu informieren, habe der Sachbe¬arbeiter jede Leistung abgelehnt. Außerdem sei er nach dem 25.02. 1994 weiter arbeitsunfähig gewesen, und zwar bis zum 13.03.1994.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.11.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.1995 zu verurteilen, ihm Krankengeld vom 06.11.1993 bis 13.03.1994 zu zahlen. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, auf die Mitteilung der Tochter des Klägers komme es nicht an. Aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 16 Abs. 4 SGB V folge, daß eine Zustimmung nur möglich sei, wenn die Arbeits¬unfähigkeit vor Antritt des Auslandsaufenthaltes Vorgelegen habe. Der Versicherte müsse sich in Kenntnis und mit Zustimmung der Krankenkasse als Arbeitsunfähiger ins Ausland begeben.

Das Gericht hat die Tochter des Klägers, Frau Marion Metzler als Zeugin gehört; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 25.09.1995 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagte und den der Ge¬richt sakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist im wesentlichen begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 15.11.1994 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 12.01.1995 ist rechtswidrig. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 06.11.1993 bis 25.02.1994; insoweit ist die Klage be¬gründet. Nicht begründet ist die Klage, soweit der Kläger darüber hinaus Krankengeld bis 13.03.1994 verlangt.

Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Krankengeld folgt aus § 44 Abs. 1 SGB V. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte u.a. An¬spruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Der Kläger war in dem streitigen Zeitraum Versicherter im Sinne dieser Vorschrift. Er war bis 05.11.1993 und ist ab 14.03. 1994 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V als Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (Arbeitslosenhilfe) pflichtversichert. In der Zeit ab dem 06.11.1993 bestand seine Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 1 N2. SGB V fort, weil der Kläger - wie noch darzulegen sein wird - ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf Krankengeld hatte; im Anschluß hieran bestand für einen Monat der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 SGB V als nachgehender Anspruch, so daß eine lückenlose Mitgliedschaft des Klägers gegeben ist. In dem Zeitraum vom 06.11.1993 bis 25.02.1994 war der Kläger auch arbeitsunfähig. Darüber herrscht zwischen den Beteiligten kein Streit, denn die Be¬klagte hat das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit aufgrund der ärzt¬lichen Unterlagen aus Bulgarien für diesen Zeitraum in dem ange-fochtenen Bescheid und dem Widerspruchsbescheid anerkannt. Damit sind die Anspruchsvoraussetzungen des § 44 Abs. 1 SGB V für den Zeitraum vom 06.11.1993 bis 25.02.1994 erfüllt. Dies gilt nicht für den von dem Kläger geltend gemachten weiteren Zeitraum bis 13.03.1994. Ob der Kläger in dem Zeitraum vom 26.02. 1994 bis 13.03.1994 arbeitsunfähig war, ist mangels Vorliegens ent-sprechender ärztlicher Unterlagen ungeklärt, kann aber auch dahin stehen. Dem Anspruch des Klägers steht für diesen Zeitraum § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V entgegen. Nach dieser Vorschrift ruht der An¬spruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Kran¬kenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Diese Regelung gilt auch dann, wenn ärztlich festgestellt wurde, daß die Arbeitsunfähigkeit beendet sei, der Versicherte dies weiß und keine Einwände erhebt und das Fortbestehen der Arbeitsunfä¬higkeit nicht rechtzeitig meldet (vgl. BSG, SozR 2200 § 216 Nr. 8). So liegen die Verhältnisse im Falle des Klägers. Die Beklagte hat dem Kläger mit Bescheid vom 15.11.1994 und Widerspruchsbescheid vom 12.01.1995 mitgeteilt, daß sie aufgrund der ärztlichen Unterlagen aus Bulgarien die Arbeitsunfähigkeit bis 25.02.1994 anerkenne. Der Kläger hat hiergegen keine Einwände erhoben und erstmals im Rahmen des Klageverfahrens mit Schriftsatz vom 16.05.1995 eine über den 25.02.1995 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit bis 13.03.1995 geltend gemacht, nachdem er noch mit der Klageschrift lediglich eine Kran¬kengeldzahlung bis 25.02.1994 beansprucht hatte. Bei dieser Sach¬lage ist die Wochenfrist des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nicht gewahrt, so daß der Kläger für die Zeit vom 26.02.1994 bis 13.03.1994 Kran¬kengeld nicht verlangen kann. Der für die Zeit vom 06.11.1993 bis 25.02.1994 bestehende Kranken-geldanspruch des Klägers ruht entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nach § 16 SGB V. Zwar sind die Voraussetzungen des § 16 Abs.l Nr. 1 SGB V erfüllt, denn der Kläger hielt sich während des strei¬tigen Zeitraumes im Ausland auf. Auch ist der Beklagten darin Recht zu geben, daß ein Ausnahme vom Ruhen der Leistungsansprüche des Klägers während seines Aufenthaltes in Bulgarien sich nicht auf¬grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts ergibt. Zwischen Bulga¬rien und der Bundesrepublik Deutschland besteht kein Abkommen über soziale Sicherheit oder Sozialversicherung; das zwischen der ehe¬maligen DDR und dem Staat Bulgarien geschlossene Abkommen über so¬ziale Sicherheit gilt auf deutscher Seite beschränkt auf das Gebiet der ehemaligen DDR (Beitrittsgebiet), so daß der Kläger hieraus keine Rechte herleiten kann (vgl. Betriebskrankenkasse 1991, 507).

Für den Anspruch des Klägers auf Krankengeld folgt die Ausnahme vom Ruhen aus § 16 Abs. 4 SGB V, der eine Ausnahmeregelung gegenüber § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V darstellt. Nach dieser Vorschrift ruht der Anspruch auf Krankengeld nicht, solange sich Versicherte nach Ein¬tritt der Arbeitsunfähigkeit mit Zustimmung der Krankenkasse im Ausland aufhält. Entgegen der Ansicht der Beklagten erfaßt die Vor¬schrift nicht nur den Fall, daß die Arbeitsunfähigkeit im Inland eingetreten ist und sich der Versicherte mit Zustimmung der Kran¬kenkasse ins Ausland begibt; vielmehr ist auch dann Krankengeld zu zahlen, wenn der Versicherte im Ausland arbeitsunfähig wird und sich dann mit Zustimmung der Krankenkasse weiterhin dort aufhält. Mit dieser Feststellung folgt die Kammer der im Schrifttum herr¬schenden Meinung (vgl. Mengert in Peters, Handbuch der Krankenver¬sicherung, § 16 SGB V RdNr. 78 ff; Igl in Gemeinschaftskommentar- SGB V, § 16 RdNr. 22; Noftz in Hauck, SGB V, § 16 RdNr. 67; Wälter- mann in Jahn, SGB für die Praxis, § 16 SGB V Anm. 7; Zipperer in GKV-Kommentar, § 16 RdNr. 18). Sie verdient den Vorzug vor der von Krauskopf (vgl. Soziale Krankenversicherung, 3.Aufl., § 16 RdNr. 18) und Heinze (in: SGB-SozVers-Gesamtkomm., § 16 SGB V Anm. 10) vertretenen Gegenmeinung. Aus dem Wortlaut der Vorschrift läßt sich nicht ableiten, daß von ihr nur der Fall erfaßt sein soll, in dem die Arbeitsunfähigkeit (bereits) im Inland eingetreten ist und die Zustimmung der Kasse - entsprechend - vor dem Auslandsaufenthalt erteilt sein muß. Viel¬mehr spricht der Wortlaut ("solange sich Versicherte ...im Ausland aufhalten") viel eher dafür, daß es nur auf das Aufhalten im Aus¬land ankommt und nicht auf den Zeitpunkt, zu dem sich der Versi¬cherte ins Ausland begibt.

Die Gesetzesmaterialien sprechen nicht gegen dieses Ergebnis. Zwar sollte nach der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks. 11/ 2237 S.165) mit der Regelung des Abs. 4 die bisherige Vorschrift des § 216 Abs. 1 Nr. 2 RVO mit redaktionellen Änderungen übernommen werden; der Wortlaut der Vorschrift lautete: "Berechtigte, die sich nach Eintritt des Versicherungsfalls ... ohne Zustimmung ... ins Ausland begeben, solange sie sich dort ohne diese aufhalten". Wenn Heinze (vgl. SGB-SozVers-Gesamtkommentar, a.a. 0.) meint, diese Be¬zugnahme lasse keinen anderen Schluß zu als den, daß nach dem Wil¬len des Gesetzgebers das Ruhen nur dann entfallen sollte, wenn sich der Versicherte nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit ins Ausland begeben habe, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Textänderungen sind weder bezüglich der Rechtsfolge noch des Tatbestandes ledig¬lich redaktioneller Art. Während § 216 Abs. 1 Nr. 2 RVO aF sich umfassend auf alle Leistungen bezog, enthält § 16 Abs. 4 SGB V nur Sonderregelung für das Krankengeld. Auch legte das frühere Recht den Versicherungsfall der Krankheit, nicht aber den Leistungsfall der Arbeitsunfähigkeit - wie das geltende Recht - zugrunde.

Zudem kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß das Bundessozial¬gericht § 216 RVO aF gerade hinsichtlich des Krankengeldes ein¬schränkend ausgelegt hatte: es hatte einem während eines vorüber¬gehenden Auslandsaufenthaltes erkrankten Versicherten für die Zeit, in der er ohne ernsthaften Zweifel arbeitsunfähig war, einen Kran¬kengeldanspruch zugebilligt (vgl. BSGE 31, 100,102). Es ist nicht ersichtlich, daß der Gesetzgeber diese durch richterliche Rechts¬fortbildung im Wege der Lückenfüllung (vgl. BSG, a.a.O., S. 101) geschaffene Rechtslage wieder beseitigen wollte.

Vor diesem Hintergrund spricht alles dafür, daß in § 16 Abs. 4 SGB V, der nach Gesetzeszweck und -konstruktion eine Ausnahmeregelung für den Anspruch auf Krankengeld bei Auslandsaufenthalt darstellt, beide Tatbestände (der bereits gesetzlich geregelte und den durch Richterrecht geschaffene) erfaßt sind. In diese Vorschrift hat der Gesetzgeber als Korrektiv den Zustimmungsvorbehalt der Krankenkas¬se eingefügt, um seinem Anliegen Rechnung zu tragen, eine unge¬rechtfertigte Inanspruchnahme dieser Leistungen wegen der Schwie¬rigkeit der Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit im Ausland auszu¬schließen (vgl. Amtl. Begr. BT-Drucksache 11/2237/S. 164). Damit hat der Gesetzgeber die vom Bundessozialgericht geschaffene Rechts¬lage, nach der der Versicherte guasi automatisch Krankengeld bei im Ausland eingetretener Arbeitsunfähigkeit erhielt, abgemildert zu Gunsten einer Regelung, nach der der Krankengeldanspruch von der Entscheidung der Krankenkasse abhängig ist.

Bei zutreffender Gesetzesanwendung hätte daher die Beklagte nach Bekanntwerden der Krankmeldung des Klägers im Oktober 1991 eine Entscheidung über die Zustimmung herbeiführen müssen: entweder, in dem sie bereits die ihr über das Arbeitsamt zugeleitete Krankmel¬dung des Klägers als Antrag auf Erteilung der Zustimmung ansah oder in dem sie den Kläger (oder seine Angehörigen, wie etwa die Zeugin N2) darüber unterrichtete, daß er diesen Antrag stellen müsse, wenn er weiter im Ausland verbleiben wolle.

Da die Beklagte keine dieser gesetzmäßigen Verhaltensweisen gewählt hat, muß sie sich aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des sozial¬rechtlichen Herstellungsanspruches so behandeln lassen, als sei diese Entscheidung getroffen worden. Denn die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches, die in einem rechtswid¬rigen Verwaltungshandeln eines Leistungsträgers bestehen, das bei dem Betroffener, zu einem Schaden in Gestalt des Ausbleibens von Vorteilen geführt hat (vgl.Bley in SGB-SozVers-Gesamtkomm., Vorbem. 5 f bb vor I §§ 13 bis 15 SGB I; Seewald in Kasseler Kommentar, Band 1, RdNr. 30 vor §§ 38-47 SGB I; BSGE 57, 288(290); 60, 43(48), sind erfüllt.

Das rechtswidrige (nicht notwendig schuldhafte - vgl. BSGE 51, 89, 94) Verwaltungshandeln der Beklagten ist darin zu sehen, daß sie den Kläger nicht über die Notwendigkeit eines Antrages auf Einho¬lung einer Zustimmung zum weiteren Auslandsaufenthalt aufgeklärt hat, wenn sie nicht schon seine über das Arbeitsamt an sie heran¬getragene Meldung als Antrag ansehen mußte. Dieses Verwaltungs¬handeln war rechtswidrig, weil die Beklagte bei zutreffender Rechtsanwendung eine Rechtspflicht zur Herbeiführung einer Ent¬scheidung über die Zustimmung nach § 16 Abs. 4 SGB V traf. Denn die Beklagte war aufgrund der ihr gegenüber dem Kläger bestehenden Für¬sorge- und Betreutungspflicht gehalten, alles zu tun, damit der Kläger das erreichen konnte, was ihm zustand oder was er im Rahmen des Möglichen und Zulässigen zu erreichen wünschte (vgl. BSG, SozR 2200 § 182 Nr. 57 m.w.Nachw.). Daß es dem Kläger auch um die Gewäh-rung von Krankengeld gehen mußte, war unschwer erkennbar. Durch dieses Verhalten der Beklagten ist dem Kläger auch ein Schaden durch Ausbleiben von Vorteilen im Sozialrecht entstanden, denn er hat für die Zeit seines Auslandsaufenthalts trotz bestehender Ar¬beitsunfähigkeit kein Krankengeld erhalten. Zwischen diesem so¬zialrechtlichen Schaden des Klägers und dem pflichtwidrigen Ver¬waltungshandeln der Beklagten besteht der notwendige Kausalzusam¬menhang, denn das Ausbleiben der Entscheidung der Beklagten über die Erteilung der Zustimmung ist die wesentliche Ursache dafür, daß eine Krankengeldzahlung an den Kläger nicht erfolgt ist. Da die Beklagte bereits im Oktober 1991 von der Arbeitsunfähigkeit des Klägers Kenntnis hatte - das Arbeitsamt war bereits am 06.10.1991 unterrichtet - verblieb ihr auch bis zum 06.11.1991 genügend Zeit zur Entscheidung.

Rechtsfolge und Inhalt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ist die Herbeiführung des Zustandes, der bestehen würde, wenn sich der Leistungsträger rechtmäßig verhalten hätte (vgl. u.a. BSGE 46, 124,125; 47,194,200; 49,76,78). Bei einem rechtmäßigen Verwaltungs¬handeln hätte die Beklagte die Entscheidung nach § 16 Abs. 4 SGB V getroffen, wobei zwei Möglichkeiten bestanden: Hätte die Beklagte die Zustimmung zu dem Auslandsaufenthalt erteilt, wäre sie zur Zah¬lung von Krankengeld verpflichtet gewesen; hätte sie die Zustimmung verweigert, wäre ein "verständiger" Verständiger, auf den in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts abgestellt wird (vgl. BSG, SozR 2200 § 182 Nr. 57), vermutlich in das Inland zurückgekehrt und hätte dann ebenfalls Krankengeld erhalten. Anhaltspunkte dafür, daß sich der Klägers anders verhalten hätte, sind nicht ersichtlich. Die Anwendung der Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsan-spruches führt daher in jedem Fall zu einer Verpflichtung der Be¬klagten zur Krankengeldzahlung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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