S 11 U 304/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Würzburg (FSB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 U 304/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 23.04.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2003 wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 6.613,57 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erhebung des Anteils der Insol venzgeldumlage für das Jahr 2002 durch die Beklagte.

Die Klägerin betreibt ein Treuhand- und Steuerberatungsunternehmen und ist als solches als Mitglied der Beklagten in das Unternehmerverzeichnis der Beklagten seit 1982 eingetragen.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 23.04.2003 erhob die Beklagte von der Klägerin einen Beitrag für das Haushaltsjahr 2002 in Höhe von 3.210,00 Euro sowie eine Umlage für die Ausgleichslast in Höhe von 1.295,00 Euro und eine Insolvenzgeldumlage in Höhe von 6.613,57 Euro. In der Anlage zum Beitragsbescheid wurde der Klägerin die Berechnungsformel für ihren Beitrag zur Insolvenzgeldumlage mitgeteilt.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch ließ die Klägerin damit begründen, dass die Insolvenzgeldumlage nunmehr das fünffache des Versicherungsbetrages betrage und somit weder einer gerechten Lastenverteilung noch einer aufgrund des Solidaritätsprinzips zumutbaren Belastung entspräche. Die geltende Umlagenregelung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), da keine Differenzierung danach erfolge, ob in den betroffenen Wirtschaftszweigen die Anzahl der Insolvenzen höher sei als in an- deren. Des Weiteren sei die Höhe des Beitragsfußes nicht in allen Berufsgenossenschaften gleich, sonderen differiere je nach Berufsgenossenschaft. Dies obwohl in anderen Berufsgenossenschaften unter Umständen Wirtschaftszweige vertreten seien, die in höherem Ausmaß von Insolvenzen betroffen seien. Eine Rechtfertigung des Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG ergebe sich auch nicht aufgrund der Europäischen Richtlinie 80/987 EG-Vertrag vom 20.10.1980. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes habe diese zum Ziel, den Arbeitnehmern im Falle der Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers einen Mindestschutz zu gewährleisten, nicht aber, dass ausschließlich die Arbeitgeber die erforderlichen Mittel aufbringen müssten. Die geltende Umlageregelung stehe ferner im Widerspruch zu dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Überlegung, dass die Arbeitnehmer eines besonderen Schutzes bedürften, da sie in der Regel vorleistungspflichtig seien und somit ein hohes Risiko eingingen, mit ihrem Anspruch auf Arbeitsentgelt auszufallen, könne keinesfalls rechtfertigen, dass eine Umlage für die Lohnfortzahlung für die Dauer von drei Monaten getragen werden müsse. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die jeweiligen Unternehmen für diese Dauer für 100% des Nettogehalts des Arbeitnehmers eines Konkurrenten aufkommen müssten, mit dem sie in keinerlei Vertragsverhältnis stünden. Zudem sei ein Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 des EG-Vertrages neue Fassung (n.F.) gegeben. Die Zahlung des Insolvenzgeldes werde regelmäßig in das Sanierungskonzept für wirtschaftlich gefährdete Unternehmen einbezogen und sei daher als verbotene Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG-Vertrag n.F. anzusehen. Des Weiteren sei ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG und die hiermit gewährleistete wirtschaftliche Betätigungsfreiheit gegeben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.08.2003 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde zunächst darauf verwiesen, dass der Berufsgenossenschaft gemäß den §§ 359 Abs. 1, 360 Abs. 2 SGB III die Mittel für das von der Bundesanstalt für Arbeit gezahlte Insolvenzgeld (§§ 183 ff SGB III) einschließlich der Verwaltungskosten und der sonstigen Kosten, die mit der Gewährung des Insolvenzgeldes zusammenhängen aufzubringen hätten. Grundlage für diese Umlage sei das Gesetz über das Konkursausfallgeld von 1974. Von der Zahlung des Anteils an der Insolvenzgeldumlage seien nur Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des Öffentlichen Rechts, über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren nicht zulässig sei und solche juristischen Personen des öffentlichen Rechts befreit, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde Kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichere (§ 359 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Hierunter falle die Klägerin nicht. Die Höhe der Insolvenzgeldumlage könne von den Unfallversicherungsträgern nicht beeinflusst werden, weil weder eine Einflussnahme auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung noch auf das Insolvenzaufkommen und die Insolvenzgeldzahlung möglich sei. Bei der Umlage für das Insolvenzgeld sei die konjunkturelle Entwicklung und die damit gesetzlich verankerten Pflichten der Bundesanstalt für Arbeit ausschlaggebend. Die Insolvenzen seien im Vergleich zum Vorjahr um über 71% gestiegen. Für die durch diesen Umstand und der damit einhergehend gestiegenen Anzahl von Insolvenzgeldzahlungen habe sich der Beitragssatz gravierend gegenüber dem Vorjahr erhöht. Bei der Beklagten sei zudem die Erhöhung deswegen höher ausgefallen als in anderen Berufsgenossenschaf- ten, da sie ihren Beitrag nur einmal jährlich nachträglich erhebe und entgegen den prognostizierten Erwartungen eine konjunkturelle Verbesserung nicht eingetreten sei. Dadurch habe es zum 31.12.2002 eine Finanzierungslücke gegeben. Dieser Betrag habe nun nachträglich gedeckt werden müssen. Zudem sei auch die Vorsorge für die erste Abschlagszahlung im ersten Quartal des Folgejahres zu treffen. Daraus ergebe sich die Erhöhung des Beitragssatzes für das Insolvenzgeld. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht ersichtlich. Der Gleichheitsgrundsatz fordere nicht, dass die Einzelnen und ihre relevanten gesellschaftlichen Gruppen unbedingt gleichmäßig behandelt werden müssten. Er lasse Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt seien. Aber auch die Art der Differenzierung dürfe nicht sachfremd sein, d.h. es müssen sich auch aus dem Sachverhalt, den die differenzierende Regelung zum Gegenstand hat, gerade für sie ein sachlich vertretbarer Gesichtspunkt anführen lassen (BVerfGE 17, 131; 19,8). Dem Gesetzgeber stehe es grundsätzlich frei, die Merkma- le der Vergleichpaare zu bestimmen, die für die Gleichheit oder Ungleichheit der gesetzlichen Regelung maßgeblich sein sollen (vgl. BVerfGE 23, 240).

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe in seinem Urteil in der Sache INAIL (EuZW 2002, 146 ff) erstmals zur Einstufung einer Unfallversicherung Stellung genommen und dabei das italienische Unternehmen für Unfallversicherung INAIL nicht als Unternehmen eingestuft. Für die Verneinung der Unternehmenseigenschaft war Voraussetzung, dass wegen der solidarischen Ausgestaltung, wel- che gesetzlich vorgegeben sein muss, die Aufgaben der öffentlich-rechtlichen nicht in gleicher Weise durch privatwirtschaftliche Unternehmen wahrgenommen werden könnten. Für das System der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung werde man nach diesem Urteil wie auch für die anderen Sozialversicherungszweige davon ausgehen können, dass sie keine Unternehmen im Sinne des europäischen Wettbewerbs darstellen.

Die Insolvenzgeldumlage oder die Geltendmachung des Anteils zur Insolvenzgeldumlage könnten nicht verfassungswidrig sein. Vielmehr könne die Verfassungsmäßigkeit der Regelung der Umlagepflicht zur Insolvenzgeldumlage Prüfgegenstand sein. Prüfgegenstand sei also die umlagepflichtbegründende Vorschrift des § 359 Abs. 1, 2 SGB III i.V.m. der die Umlageverteilung regelnden Norm § 360 Abs. 1 SGB III. Diese Regelungen seien mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Gesetzgeber habe mit diesen Regelungen seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Der Ge- setzgeber sei in seinem Handeln nicht völlig frei. Beschränkungen seien nur zulässig, wenn und soweit das öffentliche Interesse sie unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit rechtfertigt. Dabei gebe die in Art. 14 Abs. 2 GG statuierte Sozialbindung des Eigentums dem Gesetzgeber einen verhältnismäßig weiten Beurteilungsspielraum (vgl. BVerfGE 8, 80; 10, 59; 18, 131). Das Willkürverbot sei verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung oder Gleichbe- handlung nicht finden lasse. Willkür könne nicht schon dann bejaht werden, wenn unter mehreren möglichen Lösungen nicht die zweckmäßigste oder vernünftigste gewählt würde (BVerfGE 81, 156), vielmehr nur dann, wenn sich ein sachgerechter Grund nicht finden lasse. Was hierbei sachlich vertretbar oder sachfremd sei, lasse sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sonderen stets nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachverhalts, der geregelt werden solle (vgl. BVerfGE 17, 122; 75, 108). Ein Verstoß gegen das Willkürverbot könne nur festgestellt werden, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident sei (vgl. BVerfGE 55, 72).

Der Anteil an der Insolvenzgeldumlage sei somit rechtmäßig erhoben worden.

Mit der am 25.09.2003 beim Sozialgericht Würzburg erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiterhin die Aufhebung des Beitragsbescheides bezüglich der Insolvenzgeldumlage. Die Klage lässt sie mit der gleichen Begründung wie im Widerspruch begründen.

Das Gericht hat die die Klägerin betreffende Beitragsakte der Beklagten beigezogen.

Die Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23.04.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2003 zu verpflichten, die Insolvenzgeldumlage in Höhe von 6.613,57 Euro zurückzuerstatten.

Schriftsätzlich hat die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Gegenstand des Streitverfahrens war die Gerichtsakte auch im Übrigen sowie die die Klägerin betreffende Beitragsakte der Beklagten.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht zum zuständigen Sozialgericht Würzburg erhobene Klage ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 23.04.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2003 erweist sich als rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides bezüglich der Erhebung des Anteils an der Insolvenzgeldumlage.

Insolvenzgeld erhalten Arbeitnehmer, die bei Eröffnung des In- solvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben (§ 183 Abs. 1 SGB III). Das Insolvenzgeld ersetzt den Nettolohn (§ 185 Abs. 1 SGB III). Träger der Versicherung ist die Bundesanstalt für Arbeit (§ 186 ff SGB III). Rechtsgrundlage für die Erhebung der Umlage für das Insolvenz- geld sind die §§ 358 ff SGB III. Nach § 358 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB III erstatten die Unfallversicherungsträger der Bundesan- stalt für Arbeit die Aufwendungen für das Insolvenzgeld jeweils bis zum 30. Juni des nachfolgenden Jahres. Die dafür benötigten Mittel werden nach § 359 Abs. 1 SGB III durch eine Umlage der Unternehmer aufgebracht. Der eingezogene Betrag wird an die Bundesanstalt für Arbeit überwiesen (§ 358 SGB III). Die Bundesanstalt für Arbeit teilt dem Hauptverband der gewerb- lichen Berufsgenossenschaften (HVBG) jeweils mit, wie hoch die Gesamtsumme der gezahlten Insolvenzgelder im abgelaufenen Jahr war. Der HVBG teilt diese Summe auf die gewerblichen Berufsge- nossenschaften auf. Als Verteilungsmaßstab ist das bei den Berufsgenossenschaften nachgewiesene Jahresarbeitsentgelt anzusetzen. Dabei fallen sowohl bei der Verteilung als auch bei der Umlage die Arbeitsentgelte des Bundes, der Länder, der Gemein- den sowie der Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts weg, da bei ihnen die Insolvenz nicht zulässig ist. Nicht berücksichtigt werden ferner solche juristischen Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert (§ 349 Abs. 2 SGB III). Ebenso entfallen Unternehmen, die für Rechnungen der Insolvenzmasse geführt werden, da ein bereits in der Insolvenz befindliches Unternehmen nicht erneut in die In- solvenz gehen kann (BSGE 79, 103). Aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13.12.1983 sind Kirchen und ihre Organisationen, soweit sie Körperschaften, Stiftungen oder Anstalten des öffentlichen Rechts sind, von der Insolvenzgeldumlage ausgenommen.

Vorab ist festzustellen, dass die Vorschriften über die Erhebung der Insolvenzgeldumlage nach dem SGB III inhaltlich den alten Vorschriften über das Konkursausfallgeld nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) entsprechen. Das Gericht sieht daher keine Veranlassung, von der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesverfassungsgerichtes zu § 186 b und § 186 c AFG abzuweichen. Bereits mit Urteil vom 01.03.1978 (SozR § 186 b AFG Nr. 1) hat das BSG darauf hingewiesen, dass die Entscheidung des Gesetzgebers, dass die Kon- kursausfallgeldumlage allein von den Unternehmern zu finanzieren ist, die Arbeitskräfte beschäftigen, durch sachlich vertretbare Gründe gestützt wird und somit nicht gegen Art. 3 Grundgesetz verstößt. Es weist insoweit auf die Begründungen der Bundesregierung zum Gesetzentwurf hin, wonach wegen der Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers ohne Sicherheitsleistung durch den Arbeitgeber mit der Konkursausfallversicherung die fehlende Sicherung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt geschaffen wird und es daher angemessen ist, die Kosten für diese Siche- rung von der Gesamtheit der Arbeitgeber tragen zu lassen. Soweit besteht eine Fürsorgepflicht der Arbeitgeber. Das BSG weist auch darauf hin, dass die gleichmäßige Verteilung der Lasten auf alle Unternehmer nach dem Verhältnis der Lohnsumme sachgerecht und mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes zu vereinbaren ist, da die Lastenverteilung dem die gesamte Sozialversi- cherung beherrschenden Solidaritätsprinzip entspricht, gegen das verfassungsrechtliche Bedenken nicht zu erheben sind. Das BSG bezieht sich insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesver- fassungsgerichtes (BVerfGE 4, 155 m.w.N.), wonach Willkür nur dann vorliegt, wenn sich für die Gleich- oder Ungleichbehandlung aus dem Differenzierungsziel kein sachlich einleuchtender Grund herleiten lässt. Da alle deutschen Unternehmen, die Versicherte beschäftigen, von den Regelungen der §§ 358 ff SGB III erfasst werden, ergibt sich auch keine Ungleichbehandlung der Klägerin mit anderen Unternehmen. Soweit die Klägerin eine mangelnde Differenzierung nach der Zahl der Insolvenzen der jeweiligen Wirtschaftszweige als Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz rügt, ist festzustellen, dass das BSG in seinem Urteil vom 21.10.1999 (SozR 3 - 4100, § 186 b AFG Nr. 1) ausgeführt hat, dass eine nach Wirt- schaftszweigen gesonderte Feststellung des Finanzbedarfs nicht praktikabel ist und daher kein Verstoß gegen die Rechtsetzungsgleichheit vorliegt. Somit kann dahingestellt bleiben, ob sich im Wirtschaftsbereich der Klägerin weniger Insolvenzfälle ereignen würden als in anderen Wirtschaftszweigen. Soweit die Klägerin vorträgt, dass der Beitragsfuß für die Insolvenzgeldumlage bei den verschiedenen Berufsgenossenschaften unterschiedlich hoch sei, ist ein wesentlicher Unterschied der Beitragsfüße für die Insolvenzgeldumlage bei den verschiedenen Berufsgenossenschaften nicht ersichtlich. Auch die bei der Beklagten gebildete Betriebsmittelstockbildung hat keinen Einfluß auf die Insolvenzgeldumlage bei anderen Berufsgenossenschaften.

Das Gericht vermag auch keinen Verstoß gegen das Rechtsstaatprinzip nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz zu erkennen, weil die Erstattung von Lohn im Rahmen der Insolvenzgeldumlage für die Dauer von drei Monaten nach dem § 358 ff SGB III erfolgt. Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 80/987 EG-Vertrag gibt einen In- solvenzgeldzeitraum von grundsätzlich mindestens drei Monaten vor. Wegen dieser EG-rechtlichen Vorgaben ist eine verfassungsrechtliche Prüfung ausgeschlossen. Soweit die Klägerin geltend macht, dass nach Art. 5 dieser Richtlinie lediglich zur Vorgabe gemacht wird, dass Arbeitgeber neben der öffentlichen Hand zusätzlich zur Mittelaufbringung herangezogen werden können, ist festzustellen, dass der Staat bereits für juristische Personen des öffentlichen Rechts die Zahlungsfähigkeit sichert und daher nur die gewerblichen Unternehmer zur Umlage herangezogen werden. Es entbehrt jedenfalls nicht einer gewissen Pikanterie, dass gerade die Klägerin, deren Tätigkeit darin besteht, dem Staat so wenig Steuern wie möglich zukommen zu lassen, hier die öffentliche Hand zur Mittelaufbringung heranziehen will.

Auch ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz ist nicht ersichtlich. Die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit wird im Rah- men des Art. 2 Abs. 1 GG geschützt. Verfassungrechtlich gewähr- leistet ist sie nur, soweit sie nicht Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. Fragen der Verhältnismäßigkeit öffentlicher Abgaben wie der Insolvenzgeldumlage unterliegen auch auf dieser Grundlage verfassungsrechtlicher Prüfung (BVerfGE 75, 108, 155). Dies hat das Bundesverfassungsgericht jedoch bereits im Verhältnis der Konkursausfallgeldumlage und Lohnsumme im Rahmen der Prüfung des Artikel 14 GG geprüft (BVerfG SozR 4100 § 186 EuGHE Nr. 2). Nach dem BSG vom 21.10.1999 (a.a.O.) ist der Ver- zicht auf Ausführung zu Artikel 2 GG in diesem Zusammenhang als beredtes Schweigen zu deuten.

Soweit die Klägerin rügt, dass die Erhebung der Insolvenzgeldumlage eine mit dem Gemeinschaftsrecht nicht zu vereinbarende unzulässige Beihilfemaßnahme darstellt (Verstoß gegen Artikel 87 EGV), ist festzustellen, dass eine solche Prüfung ausschließlich in die Zuständigkeit der Kommission fällt (Artikel 88 EGV). Wegen dieser ausschließlichen Zuständigkeit der Kommission können mitgliedsstaatliche Gerichte nicht über die Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahmen mit dem gemeinsamen Markt entscheiden (BSG vom 21.10.1999 a.a.O. unter Hinweis auf EuGHE 1991
I - 5505 ff). Eine Vorlage an den EuGH gemäß Artikel 234 EGV scheidet somit aus.

Im Übrigen schließt sich das Gericht in vollem Umfang der Begründung im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 22.08.2003 (§ 136 Abs. 3 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VWGO).

Der Streitwert wird gemäß § 20 Abs. 3 Gerichtskostengesetz i.V.m. § 13 Abs. 1 GKG auf 6613,57 Euro festgesetzt.
Rechtskraft
Aus
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