L 5 KR 42/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 8 KR 86/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 42/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 03.01.2001 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten in beiden Rechtszügen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Bezahlung einer stationären Behandlung des verstorbenen Versicherten M ... K ... in der Zeit vom 01.12.1997 bis 01.03.1998 in der Klinik des Klägers.

Der Kläger ist Inhaber der Klinik W ..., M ... Zwischen dem Kläger und dem AOK-Landesverband Westfalen-Lippe besteht ein Versorgungsvertrag nach § 109 i.V.m. § 108 Nr. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), wonach die Klinik W ... zur stationären Behandlung psychosomatisch/psychovegetativer Erkrankungen zugelassen ist.

Der bei der Beklagten krankenversicherte M ... K ... wurde am 01.12.1997 in die Klinik des Klägers aufgenommen. Der Internist Dr. R ..., W ..., verordnete unter dem 04.12.1997 wegen der Diagnosen "Depressionen, psychosomatische Persönlichkeitsstörungen" die stationäre Aufnahme in eine Fachklinik für psychosomatische Medizin. Zuvor hatte sich der Versicherte vom 13.11. bis zum 27.11.1997 in der Nervenklinik T ... in R ... aufgehalten. Dr. R ... hatte hierzu unter dem 11.11.1997 eine Verordnung ausgestellt mit den Diagnosen "Alkoholkrankheit und Entgiftungsbehandlung".

Nach Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme des Dr. P ..., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) Nordrhein, K ..., vom 01.07.1998 und einem umfangreichen Schriftwechsel mit dem Kläger verweigerte die Beklagte die Kostenübernahme.

Der Kläger hat am 22.03.1999 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben.

Zur Begründung hat er vorgetragen: Die stationäre Behandlung des Versicherten in der Klinik W ... sei erforderlich gewesen. Insoweit komme es entscheidend auf die Einschätzung des aufnehmenden Arztes an. Es könne nicht sein, dass die Beklagte nach umfangreicher Prüfung die Kostenübernahme erst Monate später ablehne.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Untersuchung und Behandlung des Herrn M ... K ... ihm gegenüber für den Zeitraum vom 01.12.1997 bis 01.03.1998 zuzüglich Zinsen nach Maßgabe von § 15 Abs. 1 Satz 4 des Vertrages im Sinne von § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V seit dem 25.03.1998 zu übernehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat entgegnet: Die Erforderlichkeit einer Einweisung in eine psychosomatische Klinik nur drei Tage nach der Entlassung aus einer Nervenklinik ohne vorherige fachärztliche Behandlung sei nicht begründbar. Bereits am 12.12.1997 habe sie gegenüber dem Kläger eine Kostenübernahme abgelehnt.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens des Dr. A ...- ..., Chefarzt der Neurologisch-Psychiatrischen Abteilung des Knappschafts-Krankenhauses ... Der Sachverständige hat im Gutachten vom 17.01.2000 ausgeführt, dass der Versicherte in der Klinik W ... wegen eines Alkoholabusus behandelt worden sei; es habe sich nicht um eine Erkrankung aus dem psychosomatischen oder psychovegetativen Formenkreis gehandelt. Ärztliche Maßnahmen seien lediglich während der ersten zehn Tage notwendig gewesen. Eine ständige ärztliche Präsenz und jederzeitige Rufbereitschaft sei nicht notwendig gewesen. Aus den Behandlungsberichten der Klinik W ... ergäben sich keine ausreichenden Hinweise auf eine neurotische Grundstruktur des Versicherten über die Suchterkrankung hinaus.

Durch Urteil vom 30.01.2001 hat das Sozialgericht Dortmund die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen das ihm am 16.02.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.03.2001 Berufung eingelegt.

Zur Begründung bringt er vor: Er sei befugt gewesen, den Versicherten wegen der bei diesem vorliegenden Erkrankungen in der Klinik W ... zu behandeln. Die bei dem Versicherten vorliegenden Erkrankungen seien psychosomatisch/psychovegetative Erkrankungen im Sinne des Versorgungsvertrages mit dem AOK-Landesverband Westfalen-Lippe. Da die Behandlung des Versicherten auch erforderlich im Sinne des § 39 SGB V gewesen sei, habe er Anspruch auf die Begleichung der Kosten für den stationären Aufenthalt des Versicherten in Höhe von 28.078,13 DM nebst 5,5 % Zinsen seit dem 25.03.1998.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 30.01.2001 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 28.078,13 DM nebst 5,5 % Zinsen seit dem 25.03.1998 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Der Senat hat den Kläger darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beabsichtigt sei, weil der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält.

II.

Der Senat konnte über die Berufung des Klägers durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, weil die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten haben. Die erforderliche Anhörung der Beteiligten vor der Entscheidung hat stattgefunden.

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 28.078,13 DM wegen der stationären Behandlung des Versicherten K ... in dem Zeitraum vom 01.12.1997 bis 01.03.1998 nicht zu.

Rechtsgrundlage des Zahlungsanspruches eines Krankenhauses gegen die Krankenkasse ist der Sicherstellungsvertrag nach § 112 Abs. 2 SGB V i.V.m. dem Versorgungsvertrag nach den §§ 108, 109 SGB V (vgl. BSG SozR 3-2500 § 39 Nr. 4). Ein Vergütungsanspruch des Klägers besteht jedoch nur, wenn eine im Sinne des § 39 SGB V erforderliche und im Vertragsrahmen zugelassene stationäre Behandlung erfolgt ist.

Der Vergütungsanspruch des Klägers scheitert hier schon daran, dass bei dem Versicherten kein Krankheitsbild vorlag, welches in dem Zeitraum vom 01.12.1997 bis 01.03.1998 in der Klinik W ... hätte behandelt werden dürfen (vgl. auch Urteil des Senats vom 20.03.2001 - L 5 KR 54/00 -).

Die Zulassung der Klinik W ... erstreckt sich gemäß § 1 des Versorgungsvertrages nach § 109 SGB V nur auf die Behandlung psychosomatisch/psychovegetativer Erkrankungen. Eine solche liegt nicht schon dann vor, wenn die zu behandelnde Erkrankung auch psychosomatische oder psychovegetative Begleiterscheinungen aufweist oder (auch) durch in der Psychosomatik angewandte Behandlungsmethoden angegangen werden kann. Vielmehr ist für die Abgrenzung von der Hauptdiagnose auszugehen, die die stationäre Behandlung erforderlich macht. Danach lag bei dem Versicherten kein psychosomatisch/psychovegetatives Krankheitbild, sondern eine Alkoholerkrankung vor. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Dr. A ...- ... Der Sachverständige hat in dem Gutachten vom 17.01.2000 dargelegt, dass bei dem Versicherten zum Aufnahmezeitpunkt am 01.12.1997 und auch in dem gesamten Zeitraum bis 01.03.1998 ein Alkoholabusus vorgelegen hat. Ausdrücklich hat der Sachverständige ausgeschlossen, dass es sich hierbei um eine Erkrankung aus dem psychosomatischen oder psychovegetativen Formenkreis gehandelt hat. Der Senat folgt der Beurteilung des Dr. A ...- ... Dieser hat sich mit den Berichten der Klinik W ... vom 17.12.1997, 09.02.1998 und 25.03.1998 eingehend und ausführlich auseinandergesetzt. Er vermochte in diesen Berichten keine Hinweise auf eine neurotische Grundstruktur des Versicherten über die Suchterkrankung hinaus zu finden. Die vom Kläger mit der Berufung vorgetragenen Einwände vermögen dagegen nicht durchzugreifen. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass letztlich jede Krankheit das ganze System "Mensch" erfasse und somit auch den psychosomatischen bzw. psychovegetativen Krankheiten zugerechnet werden müsse. Eine derartige Auslegung ist unzutreffend, wie sich auch aus dem Gutachten des Dr. A ...- ... ergibt. Es ist aber auch offensichtlich, dass das vom Kläger vertretene Verständnis der psychosomatischen/psychovegetativen Erkrankungen dem Versorgungsvertrag vom 12.10.1990 nicht zugrunde gelegen hat. Wäre der Begriff der psychosomatisch/psychovegetativen Erkrankungen tatsächlich so umfassend von den Vertragsbeteiligten verstanden worden, so hätte eine Einschränkung der Zulassung in § 1 des Vertrages keinen Sinn gemacht.

Mangels eines Zahlungsanspruchs entfällt auch der Zinsanspruch.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Rechtskraft
Aus
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