L 5 KA 3769/02

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KA 411/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3769/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 105/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.) Ärztliche Psychotherapeuten können zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung nur ermächtigt werden, wenn sie über besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden verfügen. Dies ist nicht der Fall, wenn der Psychotherapeut in einem Richtlinienverfahren behandelt, er aber meint, auf Grund seiner ärztlichen Kenntnisse im Bereich der Humangenetik psychische Erkrankungen als Folge einer genetisch bedingten Erkrankung besser behandeln zu können. 2.) Ein Krankenhausarzt kann grundsätzlich nur für das Fachgebiet ermächtigt werden, das er im Hauptberuf ausübt. NZB anhängig unter B 6 KA 105/03 B
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. August 2002 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat der Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten war die Ermächtigung des Klägers zur Erbringung psychotherapeutischer Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung streitig.

Der Kläger ist Facharzt für Humangenetik mit der Zusatzbezeichnung Psychotherapie und leitet das Institut für Humangenetik und Anthropologie der Universität F ... Seit dem 1. Januar 1991 war er zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung für psychotherapeutische Leistungen in Einzel- und Gruppentherapie ermächtigt, die auf seine entsprechenden Anträge von 1992 und 1994 bis 30. Juni 1996 verlängert wurde. Eine Ermächtigung über diesen Zeitraum hinaus lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 27. September 1996 ab, weil der Kläger kein Krankenhausarzt sei und außerdem eine Unterversorgung nicht vorliege.

Am 26. November 1999 beantragte er die Ermächtigung zur Erbringung von Leistungen nach den Gebührennummern (GNRn) 860, 861, 868, 870, 871, 872, 873 und 874 EBM. Zur Begründung brachte er vor, die Indikationsstellung und Durchführung psychotherapeutischer Behandlungen erfordere spezifische genetische Kenntnisse des medizinisch-genetischen Hintergrundes sowie der speziellen Dynamik und Verarbeitungsweise der Ergebnisse genetischer Beratung und Diagnostik. Die Besonderheit der integrierten psychotherapeutischen Behandlung im Fachgebiet Humangenetik bestehe darin, dass die jeweilige reale genetische Situationen bzw. das in der Regel komplexe, zugrundeliegende Krankheitsbild berücksichtigt und der Therapie nutzbar gemacht werden könne. Sein besonderes Leistungsangebot bestehe in der Therapie psychischer Störungen beim Klinefelter Syndrom, der Therapie psychischer Störungen im Kontext der Huntingtonkrankheit sowie der Therapie psychischer Störungen im Kontext genetischer Pränataldiagnostik. Hierdurch werde die Versorgungssituation eines hochspezifischen Segments seltener genetischer Störungen einer zweckmäßigen wie ausreichenden Lösung zugeführt, wobei den Versicherten zugute komme, dass die Arbeitsgruppe Klinische Genetik und Genetische Beratung am Institut für Humangenetik und Anthropologie der Universität F. bei der Entwicklung und Fortschreibung einer "psychosomatischen Humangenetik" eine führende Stellung in Deutschland einnehme. Der Umfang seiner psychotherapeutischen Tätigkeit sei durch die auf maximal acht Wochenstunden begrenzte Nebentätigkeitsgenehmigung - einschließlich aller vorbereitenden und nachgehenden Arbeiten - begrenzt (vgl. hierzu das Schreiben der A.-Universität F. vom 1. Februar 1999 (Blatt 63 der Verwaltungsakten)).

Mit Schreiben vom 26. Januar 2000 wandte sich die Beigeladene Ziff. 1. mit der Begründung gegen die beantragte Ermächtigung, der Versorgungsgrad in F.-Stadt liege für die Fachgruppe der Psychotherapeuten bei 421,4%. Eine Unterversorgung für die psychotherapeutische Behandlung von Klinefelderpatienten, wie auch die Therapie psychischer Störungen im Kontext der Huntingtonkrankheit oder genetischer Pränataldiagnostik sei nicht bekannt. Zudem habe der Berufungsausschuss bereits im Jahr 1996 wegen der hohen Versorgungsdichte die Ermächtigung des Klägers nicht mehr verlängert.

Mit Bescheid vom 25. Februar 2000 (Beschluss vom 16. Februar 2000) ermächtigte der Zulassungsausschuss im Regierungsbezirk F. den Kläger als ärztlichen Psychotherapeuten für die Zeit vom 1. April 2000 bis 31. März 2002 auf Überweisung durch Fachärzte für Leistungen nach den GNRn 860, 861, 866, 868 und 870 bis 874 EBM. Zur Begründung wurde ausgeführt, in F. bzw. im gesamten Regierungsbezirk S. werde diese spezifische Form von keinem Arzt angeboten und sichergestellt. Der Kläger sei der einzige Arzt, der dieses hochspezialisierte Wissen mit Psychotherapie verbinde. Auch sei die Tätigkeit des Klägers durch die Nebentätigkeitserlaubnis begrenzt und bislang habe sich sein Abrechnungsvolumen von weniger als 6.000,00 DM pro Quartal durch seine Selbstbeschränkung ergeben.

Hiergegen legte der Beigeladene Ziff. 1. am 24. März 2000 Widerspruch mit der Begründung ein, der Beschluss sei nicht bedarfsgerecht ergangen. Die behauptete Unterversorgung mit psychotherapeutischen Leistungen sei angesichts eines Überversorgungsgrades von 423,3% (Stand 7. Mai 2000) nicht vorhanden. Unter den bereits zugelassenen Psychotherapeuten befänden sich eine Vielzahl gerade auch ärztlicher Psychotherapeuten, die ihr psychotherapeutisches Wissen schon aufgrund ihrer Ausbildung besonders gut mit ihren somatischen Kenntnissen in Verbindung bringen könnten, wenn dies notwendig sei. Demgegenüber sei der Kläger als Facharzt für Humangenetik ausgewiesen und verfüge über die Zusatzbezeichnung Psychotherapie. Außerdem gälten die Gründe, die zur Ablehnung eines Ermächtigungsbedarfes mit Beschluss vom 27. September 1996 (vgl. Blatt 122 der Verwaltungsakten) geführt hätten, fort. Damals hätte jedoch noch keine Bedarfsplanung geschweige denn Zulassungssperre für Psychotherapeuten bestanden. Außerdem sei es medizinisch richtig, die genetische Diagnostik von der anschließenden psychotherapeutischen Therapie zu trennen, deren Teil auch die durchgeführte psychotherapeutische Anamnese sei. Hier müsse ein Behandlerwechsel erfolgen, wenn vor allem psychisch labile Patienten die Neutralität des Therapeuten kritisch beurteilten. Die Fähigkeit, eine umfangreiche Dokumentation über bestimmte genetische Krankheitsbilder und ihre psychischen Auswirkungen zu fertigen, sei auch allen anderen hoch spezialisierten Fachärzten eigen, die Patienten mit schweren somatischen Erkrankungen zu behandeln hätten, welche wiederum mittelbare psychische Beeinträchtigungen bei Patienten nach sich zögen. Es sei nicht erkennbar, inwiefern die mittelbare psychische Beeinträchtigung aufgrund genetischer Beeinträchtigungen therapierelevant anders ausfallen könne als z.B. bei urologischen Diagnosen. Auch z.B. Patienten mit HIV-Infektionen könnten aufgrund der Diagnose mittelbar psychisch beeinträchtigt sein. Für all diese Patientengruppen stellten aber die niedergelassenen Fachkollegen geeignete Behandler da, die aufgrund einer validen Dokumentation zu einer effektiven Behandlung der Patienten befähigt seien, sofern dies überhaupt menschlich möglich sei.

Mit Bescheid vom 15. Dezember 2000 (Beschluss vom 27. September 2000) hob der Berufungsausschuss den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 25. Februar 2000 auf und lehnte den Antrag auf Ermächtigung ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei dem Kläger fehle es bereits an der Voraussetzung eines Krankenhausarztes, denn er sei Angestellter der Universität F. und das Institut für Humangenetik an der Universität F. stehe verwaltungsmäßig mit den Universitätskliniken nicht in Verbindung. Denn es handle sich nicht um ein Krankenhaus, woran die verwaltungsmäßige Einbindung des Instituts in das Universitätsklinikum F. nichts ändere. Auch sei keine Unterversorgung an ärztlichen psychologischen Psychotherapeuten ersichtlich. Schließlich fehle es am Einvernehmen zwischen der KV S. (der Beigeladenen Ziff. 1) und den Landesverbänden der Primär- und der Ersatzkassen, so dass auch eine Ermächtigung nach § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV nicht in Betracht käme. Schließlich biete der Kläger auch kein besonderes und eigenständiges Leistungsspektrum im Vergleich zu anderen ärztlichen/psychologischenen Psychotherapeuten, sondern mache allenfalls geltend, dass er vor dem Hintergrund seiner - anerkannten - Erfahrungen und seiner besonderen Kenntnisse als Facharzt für Humangenetik auch bei dem entsprechenden Patientenkreis psychotherapeutisch erfolgreich behandeln könne. Die genetische Diagnostik sei jedoch von der anschließenden Psychotherapie zu trennen. Die Feststellung bestehender Krankheiten sei stets Teil der ärztlichen Diagnose und Anamnese. Psychotherapeuten müssten sich stets auf die fachspezifische ärztliche Diagnose und Dokumentation bestimmter Krankheitsbilder stützen und danach generell ihre Psychotherapie ausrichten. Sie müssten jedoch nicht, um erfolgreich Psychotherapie durchführen zu können, über die jeweiligen Kenntnisse eines Fachgebiets verfügen. Eine solche Forderung sei dem Psychotherapeutengesetz fremd.

Gegen den am 29. Januar 2001 zugestellten Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 6. Februar 2001 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG), zu deren Begründung er ergänzend geltend machte, er erfülle als ärztlicher Leiter der zur Erbringung humangenetischer Leistungen ermächtigten humangenetischen Ambulanz der medizinischen Fakultät der A.-Universität die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1a Ärzte-ZV und § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV, denn die Zulassung sei keinesfalls nur auf Krankenhausärzte beschränkt. Das Institut sei auch deswegen als Krankenhaus zu werten, weil es von der Universitätsklinik mitverwaltet werde. Im Übrigen habe der Beklagte bei seiner Entscheidung nicht beachtet, dass er tatsächlich einen spezifischen Sonderbedarf abdecke, welcher sich an den bis heute von den Krankenkassen erteilten Kostenerstattungsgenehmigungen zeige.

Mit Urteil vom 28. August 2002 wies das SG die Klage mit der Begründung ab, ein Anspruch auf die begehrte Ermächtigung bestehe schon deswegen nicht, weil der Kläger kein Krankenhausarzt sei. Der Begriff knüpfe an die Definition des Krankenhauses an. Auch könne dem Kläger keine Ermächtigung für einen Arzt in ärztlich geleiteten Einrichtungen erteilt werden, denn dies setze eine bestehende oder unmittelbar drohende Unterversorgung voraus, welche aber nach den Maßstäben der Bedarfsplanungsrichtlinien vom Kläger selbst nicht geltend gemacht worden sei.

Gegen das am 2. September 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. September 2002 Berufung eingelegt und den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 10. November 2000 vorgelegt, wonach das Institut für Humangenetik und Anthropologie der A.-Universität F. zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt wird. Der Kläger meint, es sei nicht nachvollziehbar, warum die ärztliche Leitung eines Instituts zur vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden könne, der ärztliche Leiter selbst hingegen die Voraussetzungen für eine Ermächtigung nicht erfüllen solle. Im Übrigen habe er im Hinblick auf die unveränderte Versorgungssituation zwischenzeitlich erneut am 31. Juli 2003 einen weiteren Antrag auf Ermächtigung gestellt, so dass eine Wiederholungsgefahr bestünde. Denn nach wie vor irrten Patienten mit tiefgreifenden genetisch bedingten Persönlichkeitsänderungen zwischen den einzelnen klinischen, psychiatrischen und psychosomatischen Abteilungen der Universitätsklinik hin und her, von wo aus sie jeweils an ihn verwiesen würden. Das Institut für Humangenetik müsse zwar nicht nach seiner verwaltungstechnischen Organisationen, wohl aber nach seinem Versorgungsauftrag dem Klinikum der A.-Universität zugerechnet werden, welches ohne Zweifel ein Krankenhaus darstelle. Denn es sei historisch zufällig, ob Leistungen humangenetischer Diagnostik und Beratung organisatorisch in selbstständigen Einrichtungen erbracht würden. Viele Universitäten organisierten die Humangenetik im Rahmen des Universitätsklinikums, so z.B. die Universität Gießen, Greifswald und Frankfurt. Auch ginge die Einschätzung fehl, dass die Unterversorgungstatbestände nur an den Bedarfsrichtlinien sich zu messen hätten, sondern es komme auch auf einen qualitativen Aspekt an.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. August 2002 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 15. Dezember 2000 rechtswidrig war, hilfsweise die Revision zuzulassen, hilfsweise Beweis zu erheben, dass bei psychotherapeutischer Diagnostik, Indikationsstellung und Therapie humangenetisch begründeter Erkrankungen und im Kontext ihrer Diagnose spezifische Kenntnisse und Erfahrung bedürfen, die nicht Gegenstand allgemeiner ärztlicher und/oder psychotherapeutischer Weiterbildungsanforderungen waren oder sind, durch Einholen eines Sachverständigengutachtens.

Der Beklagte und der Beigeladene Ziff. 1 haben schriftsätzlich beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie sind der Auffassung, dass der Bescheid rechtmäßig war. Maßgebend sei allein die Frage, dass im Institut keine Krankenbehandlungen im eigentlichen Sinne durchgeführt, sondern humangenetische Beratungen betrieben würden. Dass diese im klinischen Bereich ausgewertet und verwendet werden könnten, mache die Institute selbst nicht zu Krankenhäusern. Für eine Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV fehle es an dem Merkmal der Unterversorgung im Sinne der Vorschrift.

Die übrigen Beteiligten haben keine Anträge gestellt und sich in der Sache nicht geäußert.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat eine Auskunft der Verwaltung des Universitätsklinikums F. eingeholt. Mit Schreiben vom 26. Juni 2003 und 10. Juli 2003 hat der kaufmännische Direktor Dr. v. P. mitgeteilt, das Humangenetische Institut gehöre zur medizinischen Fakultät der Universität F., nicht jedoch zum Universitätsklinikum. Patienten würden dort nicht stationär behandelt und es bestünde auch keine Teilnahme am stationären Versorgungsauftrag des Universitätsklinikums. Das Humangenetische Institut erbringe jedoch Konsiliarleistungen für Patienten des Universitätsklinikums. Auch lasse das Universitätsklinikum sämtliche humangenetischen Fragestellungen im Bereich ambulanter oder stationärer Patientenversorgung durch das Humangenetische Institut erbringen und bediene sich hierbei keinerlei Dritter, so dass eine mittelbare Teilnahme am stationären Versorgungsauftrag gegeben sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakten, die Akten des SG sowie die von dem Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach den §§ 151 Abs. 2, 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und insbesondere nach § 144 Abs. 1 SGG statthaft. Denn der Rechtsstreit betrifft weder eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt noch eine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden.

Der Bescheid vom 15. Dezember 2000 hat durch den Ablauf der für den Kläger bindend gewordenen Befristung zum 31. März 2002 im Bescheid des Zulassungsausschusses vom 25. Februar 2000 im Sinne des § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) keine Wirksamkeit mehr. Dies führt nach der Rechtsprechung dazu, dass bei Fristablauf während eines anhängigen Rechtsstreits sich die Klage auf die Ermächtigung sowohl dem Grunde nach als auch hinsichtlich ihres Umfangs im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG "anders" erledigt (BSG, Urteile vom 22. Juni 1994 SozR 3-5540 § 5 Nr. 1; 22. Juni 1994 SozR 3-2500 § 116 Nrn. 6 und 7). Die Berufung kann aber als sogenannte Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG fortgeführt werden, wenn ein "berechtigtes Interesse" des Klägers gegeben ist (BSG aaO). Dieses besteht vorliegend in einer bestehenden Wiederholungsgefahr. Darunter ist die hinreichend bestimmte Gefahr für einen Kläger zu verstehen, dass der beklagte Berufungsausschuss unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen einen gleichartigen Verwaltungsakt wie den erledigten erlassen wird (BSG Urteile vom 22. Juni 1994 SozR 3-5540 § 5 Nr. 1; 22. Juni 1994 SozR 3-2500 § 116 Nrn. 7 und 10). Eine Wiederholungsgefahr ist dann zu bejahen, wenn - wie vorliegend - der Kläger für die Zeit nach Fristablauf wieder die Ermächtigung zur Durchführung der zuvor schon streitig gewesenen Leistungen begehrt und das entsprechende Verwaltungsverfahren bereits anhängig ist. Der Kläger hat am 31. Juli 2003 einen neuen Antrag auf Ermächtigung gestellt, so dass die Berufung als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig ist. Die Klageänderung ist schließlich nach § 99 Abs. 1 SGG sachdienlich.

II.

Die Berufung des Klägers ist aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid des Beklagten war rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat zu Recht eine Ermächtigung des Klägers für die ambulante Behandlung von psychischen Erkrankungen mit genetischer Ursache abgelehnt.

1.) Für die beantragte Ermächtigung gibt § 116 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 31a Abs. 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) keine Rechtsgrundlage. Danach können Krankenhausärzte mit abgeschlossener Weiterbildung mit Zustimmung des Krankenhausträgers zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt werden. Daran fehlt es bereits vorliegend, weil - worauf sowohl der Beklagte wie auch das SG zutreffend hingewiesen haben - es sich bei dem Institut für Humangenetik, dessen Leitender Arzt der Kläger ist, nicht um ein Krankenhaus im Sinne des § 107 SGB V handelt. Krankenhäuser sind danach Einrichtungen, in denen u.a. mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen erbracht werden und in denen Patienten untergebracht und verpflegt werden können (§ 107 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB V). Ein Krankenhaus setzt mithin die Behandlung von akut kranken Patienten und deren stationäre Unterbringungsmöglichkeit voraus. Hieran fehlt es nach der vom Senat eingeholten Auskunft des Universitätsklinikums F., wonach Patienten in dem Humangenetischen Institut nicht stationär behandelt werden. Wegen vom Kläger zu beantwortenden humangenetischen Fragestellungen werden Patienten nicht stationär behandelt. Er wird vielmehr rein konsiliarärztlich tätig. Soweit das Humangenetische Institut an dem Versorgungsauftrag des Universitätsklinikums, welches seinerseits ein Krankenhaus in diesem Sinne darstellt, indirekt teilnimmt, indem es die dortigen Ärzte bei auftretenden humangenetischen Fragestellungen berät, genügt dies zur Bejahung der Eigenschaft eines Krankenhausarztes nicht. § 107 Abs. 1 Nr. 3 SGB V zeigt, dass die Aufgaben der Krankenhäuser in der Behandlung von akut Kranken besteht. Daran nimmt der Kläger - anders als Röntgen- oder Laborärzte - nicht teil. Damit scheidet eine Ermächtigung des Klägers bereits aus diesem Grunde aus.

Aber selbst wenn der Kläger in seiner Eigenschaft als Leiter des Humangenetischen Instituts Krankenhausarzt im Sinne des § 116 SGB V wäre, könnte er nicht für die beantragten psychotherapeutischen Leistungen ermächtigt werden, weil er bisher als Psychotherapeut nur im Rahmen einer Nebentätigkeit ärztliche Behandlungen erbracht hat. Nach dem Sinn der Vorschrift können Krankenhausärzte nur für das Fachgebiet ermächtigt werden, für das sie im Krankenhaus tätig sind. Als Psychotherapeut ist der Kläger hauptberuflich nicht tätig.

2.) Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV auf eine Ermächtigung. Nach dieser Vorschrift können über den Kreis der zugelassenen Ärzte hinaus weitere Ärzte an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden, sofern dies notwendig ist, um a) eine bestehende oder unmittelbar drohende Unterversorgung abzuwenden oder b) einen begrenzten Personenkreis zu versorgen. Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Was unter Unterversorgung zu verstehen ist, ergibt sich aus §§ 15 und 16 der Ärzte-ZV. Bei einem Versorgungsgrad von 423 % liegt Unterversorgung ersichtlich nicht vor. Der Kläger begehrt auch nicht eine Ermächtigung beschränkt auf einen beschränkten Personenkreis in einer bestimmten Einrichtung oder an einem bestimmten Ort (vgl. dazu Urteil des Senats vom 30. April 2003 - L 5 KA 2805/01 -), er erstrebt nach seinem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag vielmehr die generelle Ermächtigung zur psychotherapeutischen Behandlung von Patienten mit psychischen Störungen, die im Kontext mit genetischen Erkrankungen stehen.

3) Der Kläger beruft sich auch zu Unrecht auf § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV i. V. m. § 5 BMV-Ä. Danach können über die obengenannten Ermächtigungstatbestände hinaus weitere geeignete Ärzte ermächtigt werden, wenn dies zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich ist. Die Vorschrift verlangt zwar nicht zwingend, dass der zu ermächtigende Arzt ein Krankenhausarzt ist, sie erlaubt die Ermächtigung aber nur dann, wenn dies zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich ist. Letzteres ist nicht der Fall. Mit dieser Voraussetzung verlangt § 5 BMV-Ä nichts anderes als § 116 Abs. 1 Satz 2 SGB V ohnedies vorschreibt. Danach ist die Ermächtigung zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird.

Hierzu hat das BSG entschieden, dass die ambulante Behandlung der Versicherten in erster Linie den niedergelassenen Ärzten vorbehalten (BSG SozR 2200 § 368a Nr. 7; SozR 3-2500 § 116 Nrn. 2 und 6) ist, so dass eine Ermächtigung von Krankenhausärzten zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung daher nur dann in Betracht kommt, wenn im Angebot der niedergelassenen Ärzte eine Versorgungslücke besteht. Dies ist dann der Fall, wenn das wegen zu geringer Arztzahl nicht ausreichende allgemeine Leistungsangebot quantitativ erhöht werden muss (Beteiligung aus quantitativ-allgemeinen Gründen) oder wenn der Krankenhausarzt besondere Untersuchungs- bzw. Behandlungsmethoden anbietet, die für die Versorgung notwendig sind, von niedergelassenen Ärzten aber nicht oder nicht in ausreichendem Maße angeboten werden (Beteiligung aus qualitativ-speziellen Gründen) (BSGE 56, 295, 297).

Bei der Beantwortung der Frage, inwieweit eine Versorgungslücke bei der ambulanten Versorgung der Versicherten vorhanden ist, steht den Zulassungsgremien ein gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu, so dass sich die Kontrolle durch die Gerichte darauf beschränkt, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtiger und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Zulassungsinstanzen die durch die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "ausreichende Versorgung" ermittelten Grenzen eingehalten haben oder ob sie ihre Erwägungen so verdeutlicht und begründet haben, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (BSG SozR 5520 § 29 Nr. 5).

Ein quantitativ-allgemeiner Bedarf für eine Ermächtigung des Klägers besteht nicht. Bei der Ermittlung dieses Bedarfs, also der Prüfung, ob im jeweiligen Planungsbereich eine ausreichende Anzahl von Ärzten einer bestimmten Arztgruppe für die ambulante Versorgung zur Verfügung steht, sind die Angaben des Bedarfsplanes zugrunde zu legen. Zu Recht hat der Beklagte die Auffassung vertreten, dass im Planungsbereich F. genügend Psychotherapeuten zugelassen seien, die die Versorgung der Versicherten übernehmen können, denn dort besteht eine Überversorgung von 423,3%.

Auch aus qualitativ-speziellen Gründen hat der Beklagte zu Recht eine Ermächtigung des Klägers abgelehnt. Aus qualitativ-speziellen Gründen kann nach den obengenannten Vorschriften eine Ermächtigung ausgesprochen werden, wenn der Arzt eine besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethode beherrscht. Die Besonderheit bei Psychotherapeuten besteht darin, dass sie im Kern nur wenige Leistungen, nämlich die Leistungen nach den Gebührenziffern 860 bis 884 EBM anbieten. Hinzukommt, dass unter den vielen psychotherapeutischen Verfahren nur die sogenannten Richtlinienverfahren, das sind die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die analytische Psychotherapie und die Verhaltenstherapie als Behandlungsmethode für die Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen sind (vgl. Abschnitt B 1.1. und B 1.2. der Psychotherapie-Richtlinien). Die beim Senat anhängig gewordenen Verfahren um Ermächtigungen von Psychotherapeuten sind durchweg nicht mit besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden begründet worden, sondern mit besonderen Vorkenntnissen bezüglich speziellen Personenkreisen oder speziellen somatischen Krankheitsbildern (vgl Beschluss des Senats vom 6. Dezember 2001 - L 5 KA 1601/01 - sowie Urteile des Senats vom 30. April 2003 - L 5 KA 2805/01 und L 5 KA 3769/02 -), die die antragstellenden Krankenhauspsychotherapeuten ihrer Meinung nach wegen größerer Erfahrung im Umgang mit dem jeweiligen Personenkreis besser erkennen und behandeln können. Differenzierungen, wie sie das ärztliche Weiterbildungsrecht kennt, die diese besonderen Erfahrungen berücksichtigen oder nur Psychotherapeuten mit speziellen Kenntnissen die Erlaubnis gibt, bestimmte Krankheitsbilder zu behandeln, bestehen bisher im Bereich der Psychotherapeuten nicht. Die Psychotherapie-Richtlinien gehen ganz im Gegenteil davon aus, dass jeder Psychotherapeut die Krankheitsbilder behandeln kann, die mit dem von ihm beherrschten Richtlinien-Verfahren behandelbar sind. Dies schließt eine Ermächtigung auf Grund der Beherrschung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bei Psychotherapeuten aus.

Dies zeigt auch der Fall des Klägers, der Patienten mit psychischen Erkrankung, die ihre Ursache in genetischen Erkrankung haben oder die vor dem Hintergrund einer genetischen Erkrankung zu sehen sind, in dem von vielen von anderen Psychotherapeuten praktizierten Verfahren der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie behandeln will. Angesichts der großen Zahl an niedergelassenen Psychotherapeuten ist der Beklagte daher zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass aufgrund der vorhandenen niedergelassenen Psychotherapeuten die Behandlung dieser Patienten in Richtlinienverfahren ausreichend gesichert ist. Aus qualitativ-speziellen Gründen besteht somit kein besonderer Versorgungsbedarf.

Der Kläger verkennt, dass es zu den Grundfähigkeiten eines Psychotherapeuten gehört, die von ärztlicher Seite vorgegebene Beschreibung eines Krankheitsbildes nach Diagnose, Schweregrad und Folgestörungen zu verstehen und sich darauf bei der psychotherapeutischen Behandlung einzustellen. Dass dies jedenfalls Ärztlichen Psychotherapeuten grundsätzlich möglich ist, bedarf keiner weiteren Vertiefung, weswegen dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag auch nicht zu entsprechen war. Denn andernfalls müsste für jede Erkrankung der Arzt zur psychotherapeutischen Behandlung ermächtigt werden, der über große Erfahrung auf dem Gebiet der jeweiligen somatischen Grundkrankheit verfügt und zusätzliche psychische Folgestörungen psychotherapeutisch behandeln kann und darf. Eine Vielzahl von Ermächtigungen für praktisch jede schwere Krankheit wäre die Folge, was mit dem vom Gesetzgeber normierten Vorrang der niedergelassenen Ärzte bei der ambulanten Versorgung nicht vereinbar ist.

Der Kläger kann einen besonderen Bedarf auch nicht dadurch begründen, dass er als Leiter der Humangenetischen Abteilung über spezielle Kenntnisse verfügt, die nur in langjähriger stationärer Praxis mit diesem Patientengut erworben werden können. Jedenfalls bei der Ermächtigung von Krankenhausärzten, die ebenfalls eine Versorgungslücke im Bereich der ambulanten Versorgung der Versicherten voraussetzt, begründet ein besonders hohes wissenschaftliches Niveau eines Krankenhausarztes für sich allein keinen Grund, ihn zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung zu ermächtigen (BSG SozR 5520 § 29 Nr. 3). Auch werden Krankenhausärzte grundsätzlich bei einem Begehren auf Ermächtigung nicht damit gehört, sie seien besser qualifiziert als die in freier Praxis tätigen Vertragsärzte. Die besonderen Kenntnisse müssen sich vielmehr in einem besonderen Leistungsangebot niederschlagen, was bei dem Kläger nicht der Fall ist. Wenn das BSG in der Entscheidung SozR 3-2500 § 116 Nr. 1 im Falle eines Onkologen, der auf Grund seiner besonderen Kenntnisse (dokumentiert durch eine Tätigkeit in einer fachärztlichen Gesellschaft) davon ausging, er könne die Krebsnachsorge qualifizierter erbringen als seine niedergelassenen Kollegen, die Ermächtigung versagt hat, so kann für den Kläger nichts anderes gelten.

Soweit das Gesetz im Übrigen die Kenntnisse eines Krankenhausarztes als Ermächtigungsgrund erwähnt, wird damit lediglich die Ermächtigung von Krankenhausärzten zur konsiliarischen Beratung ermöglicht. Das heißt, niedergelassene Ärzte können die Krankenhausärzte um Rat fragen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 1 S. 6). Um eine solche nur beratende Tätigkeit geht es dem Kläger seiner ganzen Begründung nach aber nicht. Im Übrigen geht das BSG davon aus, dass die niedergelassenen Ärzte eine ausreichende Versorgung der Versicherten gewährleisten (BSG SozR 3-5520 § 29 Nr. 5 S. 23). Nichts anderes kann für Psychotherapeuten gelten.

Die Berufung des Klägers ist daher zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und des zum 2. Januar 2002 außer kraft getretenen Abs. 4 Satz 2 SGG, wobei letztere Vorschrift nach der Rechtsprechung des Senats auch auf vor dem 2. Januar 2002 anhängig gewesene Verfahren weiterhin anzuwenden ist (vgl. Urteil des Senats vom 30. Januar 2002).

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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