L 1 AL 88/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 21 AL 121/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 AL 88/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.07.2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit sowie die Rückforderung von Leistungen.

Der am 00.00.1972 geborene, seinerzeit bei der KKH pflichtversicherte, ledige Kläger ist gelernter Einzelhandelskaufmann und arbeitete bis zum 30.09.1997 in einem Fahrradgeschäft. Vom 01.10.1997 bis zum 29.09.1998 bezog er Arbeitslosengeld, anschließend Alhi.

Am 20.04.1999 bot die Beklagte dem Kläger eine Trainingsmaßnahme an, die dieser ablehnte. Daraufhin stellte sie den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen fest (Bescheid vom 23.04.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.1999). Im Klageverfahren (S 7 AL 168/99 SG Düsseldorf) schlossen die Beteiligten einen Vergleich, demzufolge die Sperrzeit bestehen blieb, wegen fehlender Aufhebung der Bewilligung die Alhi für den betreffenden Zeitraum jedoch nachgezahlt wurde. Die im Bescheid vom 23.04.1999 fehlende schriftliche Belehrung über die Rechtsfolgen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt mindestens 24 Wochen holte die Beklagte am 21.02.2001 nach, indem sie dem Kläger einen entsprechenden schriftlichen Vermerk über eine zuvor durchgeführte mündliche Beratung aushändigte.

In der Folgezeit bezog der Kläger weiter Alhi nach einem täglichen Leistungssatz von 31,38 DM. Mit Schreiben vom 19.03.2001, dem Kläger zugegangen am 22.03.2001, unterbreitete die Beklagte ihm ein Stellenangebot als Hilfsarbeiter in der Fahrradstation des Sozialdienstes Katholischer Frauen (SKF) in S. Es handelte sich um eine bis zum 31.03.2002 befristete Vollzeitstelle, die mit 80 % des Gehalts nach Tarifgruppe XII der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR Anlage 3) entlohnt werden sollte. Das Angebot war mit der Rechtsfolgenbelehrung R 2 verbunden, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 67 der Gerichtsakten Bezug genommen wird.

Am Montag, dem 26.03.2001, stellte sich der Kläger ohne vorherige Anmeldung bei dem beim SKF zuständigen Koordinator, dem Zeugen X, vor. Dieser erklärte, er wolle das Gespräch mit dem Kläger nur in Gegenwart der Arbeitsvermittlerin, Frau L, führen. Hiermit erklärte sich der Kläger einverstanden. Bewerbungsunterlagen ließ er beim Zeugen X nicht zurück. Die übrigen Einzelheiten, insbesondere die Frage, wer den Termin mit Frau L vereinbaren wollte, sind zwischen den Beteiligten streitig. Zu einem weiteren Kontakt zwischen dem Kläger und dem SKF kam es nicht. Vom 29.03.2001 bis zum 16.04.2001 war der Kläger arbeitsunfähig krank.

Nachdem der Zeuge X der Beklagten mitgeteilt hatte, der Kläger habe bei dem Gespräch das Angebot abgelehnt, umgehend telefonischen Kontakt mit Frau L aufzunehmen, und stattdessen angekündigt, er wolle selbst mit ihr telefonieren, stellte die Beklagte den Eintritt einer zweiten Sperrzeit von 12 Wochen und das Erlöschen des Anspruchs auf Alhi fest, hob die Bewilligung der Alhi ab dem 29.03.2001 auf und forderte die eingetretene Überzahlung für die Zeit vom 29.03. bis 31.03.2001 in Höhe von 94,14 DM zurück (Bescheid vom 23.04.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2001).

Mit der Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat der Kläger vorgetragen, der Zeuge X habe es übernommen, einen Termin mit der Arbeitsvermittlerin zu vereinbaren. Im Übrigen habe er dem Zeugen X am 26.03.2001 angeboten, ihm seine Bewerbungsunterlagen zu überlassen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 23.04.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2001 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den angefochtenen Bescheid verteidigt.

Das SG hat den Zeugen X vernommen und gestützt auf dessen Aussage die Klage abgewiesen (Urteil vom 25.07.2003).

Mit der Berufung trägt der Kläger vor, der Zeuge X habe in seinem Beisein erfolglos versucht, die Mitarbeiterin L des Arbeitsamtes in S telefonisch zu erreichen. Daraufhin habe der Zeuge das Vorstellungsgespräch abgebrochen. Damit habe er, der Kläger, sich einverstanden erklärt und den Zeugen gebeten, seine Bewerbungsunterlagen da zu behalten. Der Zeuge habe ihm einen großen Stapel Bewerbungsunterlagen gezeigt und erklärt, er wolle die Unterlagen des Klägers nicht behalten. Er werde sich aber mit Frau L in Verbindung setzen und einen neuen Termin vereinbaren. Anschließend sei er, der Kläger, zum Arbeitsamt gegangen und habe versucht, Frau L zu erreichen und ihr das Ergebnis des Gesprächs mit dem Zeugen X mitzuteilen. Mit wem er gesprochen habe, wisse er nicht mehr. Man habe ihm aber versichert, seine Nachricht an Frau L weiterzuleiten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.07.2003 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 23.04.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2001 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

Der Senat hat die Leistungsakte der Beklagten, die in der Zeit vom 01.08.2000 bis zum 31.08.2001 geltende AVR Anlage 3 und die Verfahrensakte S 7 AL 168/99 SG Düsseldorf beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Wie das SG zutreffend entschieden hat, ist die Klage unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 23.04.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2001 ist nicht rechtswidrig und beschwert den Kläger daher nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Zu Recht hat die Beklagte die Bewilligung der Alhi mit Wirkung ab dem 29.03.2001 aufgehoben.

Rechtsgrundlage dieser Entscheidung ist § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eintritt, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung dieser Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene wusste, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes weggefallen ist, oder dies nur deshalb nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Die wesentliche Änderung liegt hier darin, dass der Anspruch auf Alhi wegen Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist (§ 196 Satz 1 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]).

Dass nach dem Entstehen des Anspruchs auf Alhi eine (erste) Sperrzeit von zwölf Wochen eingetreten ist, über die der Kläger einen schriftlichen Bescheid erhalten hat, steht zwischen den Beteiligten aufgrund des Bescheides vom 23.04.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.1999 im Sinne von § 77 SGG bindend fest. Denn insoweit ist der Bescheid aufgrund des vor dem SG im Verfahren S 7 AL 168/99 SG Düsseldorf geschlossenen Vergleichs bestandskräftig geworden. Dass gleichwohl für den von der Sperrzeit umfassten Zeitraum Alhi gezahlt worden ist, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Vielmehr kann der Eintritt der Sperrzeit im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs sogar dann für die Beteiligten bindend festgestellt werden, wenn der zu Grunde liegende Bescheid aus formalen Gründen aufgehoben wird (BSG, Urteil v. 03.06.2004 - B 11 AL 71/03 R - SGb 2004, 479 f.). Nichts Anderes gilt im Ergebnis für den vorliegenden Fall, in dem sich die Beklagte zur Zahlung von Alhi trotz Eintritts der Sperrzeit nur deshalb bereit gefunden hat, weil sie deren Bewilligung im angefochtenen Bescheid nicht wirksam aufgehoben hatte.

Für die Zeit ab dem 29.03.2001 ist eine zweite Sperrzeit von zwölf Wochen wegen Arbeitsablehnung gemäß § 196 Abs. 1 Satz 2 SGB III i.V.m. § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGB III in der bis zum 30.06.2001 geltenden Fassung des Arbeitsförderungsreformgesetzes eingetreten. Danach tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht angenommen hat.

Mit dem Schreiben vom 19.03.2001, das dem Kläger am 22.03.2001 zugegangen ist, hat die Beklagte ihm eine Beschäftigung angeboten und dabei den Arbeitgeber sowie die Art der Tätigkeit mit hinreichender Genauigkeit benannt.

Dieses Beschäftigungsangebot hat der Kläger nicht angenommen:

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch derjenige Arbeitslose ein Arbeitsangebot im Rechtssinne nicht annimmt, der sich mit einem ihm vom Arbeitsamt (bzw. der Agentur für Arbeit) nachgewiesenen Arbeitgeber nicht zur Vereinbarung eines Vorstellungsgesprächs in Verbindung setzt (vgl. aus neuester Zeit BSG, Urteil v. 14.07.2004 - B 11 AL 67/03 R - Pressemitteilung Nr. 38/04 zu 3). Dies gilt auch für den hier maßgebenden Zeitraum bis zum 31.12.2001, in dem der Fall, dass der Arbeitslose das Zustandekommen eines Vorstellungsgesprächs durch sein Verhalten verhindert, anders als seit dem 01.01.2002 noch nicht ausdrücklich im Gesetz verankert war. Denn der nunmehr geltenden Regelung kommt lediglich klar stellende Bedeutung zu (vgl. BT-Drucks. 14/6944, S. 36). Ebenfalls geklärt ist, dass dem Arbeitslosen, der sich mit dem ihm nachgewiesenen Arbeitgeber nicht in Verbindung setzt, derjenige gleich steht, der sich nicht mehr rechtzeitig beim Arbeitgeber meldet, mit dem er sich bereits in Verbindung gesetzt hatte (vgl. BSG, Urteil v. 20.03.1980 - 7 RAr 4/79 - DBlR 2530, AFG/§ 119). Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitslose das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses vorsätzlich vereitelt. Wohl aber muss sein Unterlassen im Sinne mindestens leichter Fahrlässigkeit vorwerfbar sein (BSG, Urteil v. 14.07.2004, a.a.O.). Diesen Grundsätzen schließt sich der erkennende Senat an.

Der Kläger hat sich beim zuständigen Mitarbeiter des SKF, dem Zeugen X, nicht mehr gemeldet, obwohl es bei seinem ersten Erscheinen nicht zu einem Vorstellungsgespräch gekommen ist. An diesem Unterlassen des Klägers ist das Zustandekommen eines Vorstellungsgesprächs gescheitert. Es bestehen keine Zweifel, dass der Zeuge X - im Hinblick auf seine zeitliche Inanspruchnahme allerdings nur nach vorheriger Terminabsprache - bereit war, ein Vorstellungsgespräch mit dem Kläger zu führen. Das ergibt sich schon aus dem zwischen den Beteiligten im Berufungsverfahren unstreitig gewordenen Umstand, dass er noch in Anwesenheit des Klägers die Vermittlerin anrufen wollte, um einen neuen Termin mit ihr zu vereinbaren.

Der Kläger ist im Sinne mindestens leichter Fahrlässigkeit dafür verantwortlich, dass es nicht zu dem beabsichtigten Vorstellungsgespräch gekommen ist.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für den Senat fest, dass der Kläger sich gegenüber dem Zeugen X bereit erklärt hat, von sich aus eine Terminabsprache mit der Arbeitsvermittlerin L zu treffen. Der Zeuge hat dies vor dem SG ausdrücklich bekundet. Mit dem SG hält der Senat die Aussage des Zeugen glaubhaft. Es ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass er sich gerade an die Umstände der Terminsvereinbarung genau erinnern konnte, nachdem das Arbeitsamt ihm gegenüber den eher unüblichen Wunsch geäußert hatte, dass ein Mitarbeiter, an dem Vorstellungsgespräch teilnimmt. Der Zeuge hat sich im Übrigen gegenüber seinem eigenen Erinnerungsvermögen durchaus kritisch gezeigt, indem er eingeräumt hat, nicht mehr genau zu wissen, ob der Kläger Bewerbungsunterlagen dabei gehabt hat. Das stützt die Beweiskraft derjenigen Bekundungen, derer er sich gewiss gezeigt hat. Diese Bekundungen stehen überdies in Einklang mit den Angaben, die er aus frischer Erinnerung heraus im Verwaltungsverfahren gegenüber der Beklagten gemacht hat.

Der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren gibt dem Senat keinen Anlass, die Aussage des Zeugen X in Zweifel zu ziehen. Im Wesentlichen wiederholt der Kläger seine Darstellung im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren erster Instanz, die durch die Bekundungen des Zeugen X widerlegt worden ist. Im Übrigen spricht gegen die Richtigkeit der Behauptungen des Klägers, dass er seinen Vortrag den jeweiligen Verfahrensgegebenheiten in nahezu beliebiger Weise anpasst. So ist in seiner detaillierten Stellungnahme vom 17.04.2001 im Verwaltungsverfahren ebenso wie vor dem SG keine Rede davon gewesen, dass der Zeuge X bereits am 26.03.2001 versucht hat, telefonischen Kontakt mit dem Arbeitsamt aufzunehmen. Dies hat er vielmehr erst im Berufungsverfahren und damit im Anschluss an die entsprechenden Bekundungen des Zeugen eingeräumt. Erst auf ausdrückliches Befragen durch den Senat in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger zudem behauptet, er habe im Anschluss an das Gespräch mit dem Zeugen X vergeblich versucht, die Arbeitsvermittlerin L im Arbeitsamt zu erreichen, obwohl es ohne Weiteres nahe gelegen hätte, diesen für ihn möglicherweise günstigen Umstand umgehend, d.h. schon im Verwaltungsverfahren, vorzutragen.

Da der Kläger die weitere Terminabsprache übernommen hatte, musste er alles in seinen Kräften Stehende tun, um ein Vorstellungsgespräch mit dem Zeugen X zustande kommen zu lassen. Hierfür reichte es keinesfalls aus, einen einzigen Versuch der Kontaktaufnahme mit der Arbeitsvermittlerin L im unmittelbaren Anschluss an das Gespräch mit dem Zeugen X zu unternehmen, zumal der Kläger aus dem von ihm inzwischen eingeräumten Telefonat des Zeugen wusste, dass sie an dem fraglichen Tag nicht erreichbar war. Vielmehr gehört es zu den Obliegenheiten eines Arbeitslosen, jede zumutbare Maßnahme zu ergreifen, um seine Arbeitslosigkeit so schnell wie möglich zu beenden (vgl. zuletzt BSG, Urteil v. 09.12.2003 - B 7 AL 106/02 R - SozR 4-4100 § 119 Nr. 3 m.w.N.). Dementsprechend hätte der Kläger entweder noch am 26.03.2001 selbst, zumindest jedoch an den Folgetagen, nötigenfalls mehrere Anstrengungen unternehmen müssen, einen gemeinsamen Termin mit dem Zeugen X und der Arbeitsvermittlerin L zu vereinbaren. Das gilt umso mehr, als die Arbeitsvermittlerin L auch nach dem Vortrag des Klägers von dem Gespräch am 26.03.2001 keine Kenntnis hatte und der Zeuge X - ebenfalls unstreitig - nicht über die Bewerbungsunterlagen des Klägers und damit über keine erkennbare Möglichkeit verfügte, ihn zu erreichen. Für entsprechende Bemühungen des Klägers ist jedoch nichts ersichtlich geschweige denn vorgetragen.

Auf die Frage, ob der Kläger am 26.03.2001 Bewerbungsunterlagen dabei hatte und ob er angeboten hat, diese dem Zeugen X zu überlassen, kommt es danach nicht mehr an. Jedenfalls steht fest, dass etwaige Unterlagen nicht beim Zeugen X verblieben sind. Der Kläger hatte danach keinen Anlass zu der Annahme, der Zeuge selbst oder das Arbeitsamt würden von sich aus wegen eines Vorstellungsgesprächs an ihn herantreten.

Der Kläger ist mit der Rechtsfolgenbelehrung R 2 auf die Rechtsfolge des Eintritts einer Sperrzeit von zwölf Wochen für den Fall der Arbeitsablehnung hingewiesen worden.

Er hatte keinen wichtigen Grund, das Beschäftigungsangebot der Beklagten abzulehnen:

Bei Zugang des Beschäftigungsangebots und an den folgenden drei Werktagen war der Kläger nicht arbeitsunfähig und daher in der Lage, ein Vorstellungsgespräch beim SKF zu vereinbaren und wahrzunehmen. Eine Arbeitsunfähigkeit ist erst ab dem 29.03.2001 bescheinigt.

Die angebotene Beschäftigung war dem Kläger auch zumutbar im Sinne von § 198 Satz 4 i.V.m. § 121 Abs. 3 Satz 3 SGB III. Da er länger als sechs Monate arbeitslos war, wäre sie nur dann unzumutbar gewesen, wenn das aus ihr erzielbare Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger als die Alhi gewesen wäre. Aus der AVR Anlage 3 ergibt sich jedoch, dass im fraglichen Zeitraum dem 28jährigen und damit in Stufe 4 der Vergütungsgruppe XII einzugruppierenden Kläger eine Grundvergütung von monatlich 1.241,17 DM (80 % von 1.551,46 DM) zugestanden hätte. Bei einem jährlichen Bruttoeinkommen von 14.894,02 DM wäre dabei nach der Einkommensteuer-Grundtabelle 2001 eine Einkommensteuer von 169,- DM fällig geworden. Zudem wäre ein Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag im Umfang von 20,6 % des Bruttoeinkommens (die Hälfte der Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 13,9 % zur Krankenversicherung [allgemeiner Beitragssatz der KKH im Jahr 2001], 19,1 % zur Rentenversicherung, 6,5 % zur Arbeitslosenversicherung [§ 341 Abs. 2 SGB III] sowie 1,7 % zur Pflegeversicherung [§ 55 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch]) und damit in Höhe von 3.068,17 DM jährlich angefallen. Weitergehende mit der Beschäftigung zusammenhängende Aufwendungen sind nicht ersichtlich, zumal der Kläger von seiner Wohnung in der Ratinger Innenstadt die ebenfalls in S-Mitte gelegene Fahrradstation des SKF problemlos zu Fuß hätte erreichen können. Ihm wäre mithin ein Nettoeinkommen von jährlich 11.656,85 DM bzw. monatlich 971,40 DM verblieben. Dieses hätte die Höhe der Arbeitslosenhilfe von monatlich 941,40 DM überstiegen.

Anderweitige Gründe, die dem Kläger die Beschäftigungsaufnahme beim SKF als unzumutbar hätten erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich. Er sollte als Hilfsarbeiter in der Fahrradstation arbeiten und damit eine Tätigkeit ausüben, für die er aufgrund seiner vorherigen Beschäftigung als Verkäufer in einem Fahrradgeschäft sogar bereits Vorkenntnisse und eine erkennbare Neigung mitbrachte.

Der Kläger ist schließlich, wie von § 196 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III gefordert, mit der Rechtsfolgenbelehrung R 2 auf die Rechtsfolgen des Eintritts von Sperrzeiten von insgesamt 24 Wochen hingewiesen worden. Zuvor war ihm bereits am 21.02.2001 ein entsprechender Hinweis erteilt worden.

Im Hinblick auf diese Rechtsfolgenbelehrung war dem Kläger auch im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X bekannt, dass mit dem Eintritt der zweiten Sperrzeit der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe erlischt und damit kraft Gesetzes wegfällt.

Ohne Rechtsfehler hat die Beklagte den Beginn der Sperrzeit mit dem 29.03.2001 angenommen. Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag des sie auslösenden Verhaltens. Dieses liegt hier im Unterlassen einer weiteren Kontaktaufnahme mit dem Zeugen X und dem Arbeitsamt. Es bestehen keine Bedenken anzunehmen, dass der Klägers jedenfalls bis zum 28.03.2001 hätte versuchen müssen, ein Vorstellungsgespräch anzubahnen.

Bei der Entscheidung über die Aufhebung der Alhi-Bewilligung stand der Beklagten kein Ermessen zu (§ 330 Abs. 3 SGB III).

Da dem Kläger bis zum 31.03.2001 Alhi gewährt worden ist, war der überzahlte Betrag für die Zeit vom 29.03. bis zum 31.03.2001 in Höhe von 94,14 DM zurückzufordern (§ 50 Abs. 1 SGB X).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich, nachdem alle entscheidungserheblichen Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt sind.
Rechtskraft
Aus
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