L 5 RA 16/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 38 RA 5396/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 RA 16/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Januar 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Beiträgen zur Rentenversicherung im Zeitraum Oktober 1988 bis Dezember 1989 in Höhe von 8.527,20 DM.

Der am 21. September 1948 geborene Kläger ist japanischer Staatsangehöriger und lebt in Tokio.

Vom 1. Oktober 1988 bis zum 23. Juni 1990 war er bei der M Deutschland GmbH in München beschäftigt. Im Beschäftigungszeitraum Oktober 1988 bis Dezember 1989 entrichtete die Arbeitgeberin für den Kläger keine Sozialversicherungsbeiträge; erst ab Januar 1990 wurden solche an die Einzugsstelle abgeführt.

Am 20. Oktober 1992 beantragte der Kläger, der nach der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses Deutschland verlassen hatte, bei der Beklagten die Erstattung der Beiträge zur Rentenversicherung. Er wies darauf hin, im Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis 23. Juni 1990 bei einem Gesamtentgelt von 36.330,- DM Arbeitnehmerbeiträge zur Rentenversicherung in Höhe von 3.396,86 DM geleistet zu haben. Er erklärte, seit dem 23. Juni 1990 keine neue versicherungspflichtige Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen oder Lohnersatzleistungen bezogen zu haben. Außerdem legte er einen "Abtretungsvertrag" vom 24. September 1992 vor, wonach er seinen Anspruch auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung an seine Arbeitgeberin abtrat, weil die Arbeitnehmeranteile zur Rentenversicherung von dieser zusätzlich zum vereinbarten Arbeitsentgelt übernommen worden seien und er verpflichtet sei, eventuelle Erstattungsansprüche an die Arbeitgeberin abzutreten. Die nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I mögliche Abtretung erstrecke sich auf den gesamten Beitragserstattungsanspruch für die Zeit seines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses vom 1. Oktober 1988 bis zum 23. Juni 1990. In einer darüber hinaus zu den Akten der Beklagten eingereichten undatierten "Vereinbarung" zwischen ihm und der Arbeitgeberin heißt es, dass die Arbeitgeberin von ihrem Abzugsrecht nach § 28 g SGB IV keinen Gebrauch mache, sondern zusätzlich zu den jeweils zu gewährenden Bar- und Sachbezügen nebst den Lohn- bzw. Einkommenssteuerbeträgen als weiteren Gehaltsbestandteil auch die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Sozialversicherung übernehme. Dies geschehe bezüglich der Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung mit der Maßgabe, dass der Arbeitnehmer diese Gehaltsteile nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses an den Arbeitgeber in Höhe des Anspruchs auf Beitragserstattung gemäß § 210 SGB VI zurückzuzahlen habe. Die Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers könne dadurch erfüllt werden, dass er den Beitragserstattungsanspruch zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses an den Arbeitgeber abtrete.

Auf dieser Grundlage beschied die Beklagte den Kläger zunächst dahin, dass das wohlverstandene Interesse des Berechtigten an der Abtretung seines Anspruchs auf Beitragserstattung nach § 210 SGB VI im Sinne von § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I anerkannt werde. Mit Bescheid vom 22. Dezember 1992 entsprach die Beklagte dem Antrag auf Beitragserstattung nach § 210 SGB VI hinsichtlich des Zeitraumes 1. Januar 1990 bis 23. Juni 1990 in Höhe eines Betrages von 3.396,86 DM. Der Bescheid enthielt den Zusatz, dass für den Zeitraum vom 1. Oktober 1988 bis zum 31. Dezember 1989 keine Entgeltmeldungen vorlägen und auch keine Beitragsentrichtung behauptet sei; er wurde bestandskräftig.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 1992 verfügte die AOK München gegenüber der M Deutschland GmbH, dass für sieben im Zeitraum 1. Oktober 1988 bis 31. Dezember 1989 beschäftigte Japaner - darunter der Kläger - keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien, obwohl abhängige Beschäftigungsverhältnisse vorgelegen hätten, die eine Beitragspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung begründet hätten. Ein im Wege der Nachberechnung ermittelter Betrag in Höhe von 114.701,- DM sei bis zum 28. Dezember 1992 zu bezahlen. Aus einer Anlage zu diesem Bescheid ergibt sich im Hinblick auf den Kläger, dass die Arbeitgeberin insoweit Rentenversicherungsbeiträge (Arbeitgeber- sowie Arbeitnehmeranteile) in Höhe von insgesamt 17.054,40 DM schuldete. Die Arbeitgeberin des Klägers behauptet, diesen Betrag am 23. Dezember 1992 entrichtet zu haben, wofür die Durchschrift eines Überweisungsträgers zu den Akten der Beklagten gereicht wurde.

Nachdem er den Beitragserstattungsbescheid der Beklagten vom 22. Dezember 1992 unbeanstandet gelassen hatte, beantragte der Kläger am 26. November 1998 erneut die Erstattung von Rentenbeiträgen. Sein Begehren bezog er nun auf den Zeitraum 1. Oktober 1988 bis 31. Dezember 1989 und bezifferte die Arbeitnehmerbeiträge zur Rentenversicherung auf 8.527,20 DM, entsprechend der Hälfte des im Bescheid der AOK München vom 9. Dezember 1992 für ihn errechneten Rentenbeitrages. Nach einem Hinweis der Beklagten, dass für den betreffenden Zeitraum keine Entgeltmeldungen vorlägen, wies der Kläger auf den Nachberechnungsbescheid der AOK München vom 9. Dezember 1992 sowie darauf hin, dass der entsprechende Betrag im Dezember 1992 an die AOK München überwiesen worden sei. Diese teilte der Beklagten auf Anfrage wiederholt mit, dass für den Kläger Mitgliedszeiten nicht festgestellt werden könnten. Die Beklagte führte dies offenbar darauf zurück, dass die Beitragsentrichtung für den Kläger aufgrund der Gesamtzahlung für sieben Arbeitnehmer im Dezember 1992 nicht zugeordnet werden könne. Für die Entrichtung der Beiträge spreche wohl, dass auch im Jahre 1990 Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien. Die Beklagte unterstellte daraufhin 15 Beitragsmonate im Zeitraum Oktober 1988 bis 31. Dezember 1989.

Mit Bescheid vom 11. Juni 1999 lehnte die Beklagte die Erstattung weiterer Beiträge ab, weil der Kläger an der Beitragszahlung nicht beteiligt gewesen sei. Nach § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI könnten nämlich nur Beiträge in der Höhe erstattet werden, in der der Versicherte sie getragen habe. Für den fraglichen Zeitraum seien die Versicherungsbeiträge nachträglich festgestellt worden und in voller Höhe vom Arbeitgeber beglichen worden. Sein Abzugsrecht vom Arbeitsentgelt des Versicherten habe dieser gemäß § 28 g Satz 3 SGB IV nicht mehr nachholen können, denn eine solche Nachholung sei nur innerhalb der nächsten drei Lohn- und Gehaltszahlungen möglich, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben sei.

In seinem hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Kläger darauf hin, dass - was sich aus seiner undatierten Vereinbarung mit seiner Arbeitgeberin ergebe - eine Nettolohnvereinbarung bestanden habe, in deren Rahmen die Arbeitgeberin auf die Geltendmachung ihrer Erstattungsansprüche nach § 28 g SGB IV verzichtet habe, so dass sich der Anspruch auf Beitragserstattung hinsichtlich der Rentenversicherungsbeiträge aus § 210 Abs. 3 Satz 2 SGB VI ergebe.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 2. Dezember 1999 zurück. Eine Beitragserstattung komme aus den im Ausgangsbescheid genannten Gründen nicht in Betracht. Eine Nettolohnvereinbarung liege überdies nicht vor, denn offensichtlich seien hier Arbeitgeberin und Arbeitnehmer bei Beschäftigungsaufnahme von einer versicherungsfreien Entsendung ausgegangen, weshalb sich eine Vereinbarung über die Beitragsleistung erübrigt habe. Eine Nettolohnvereinbarung könne nur vorliegen, wenn der Arbeitgeber die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile regelmäßig und zeitgerecht, also nicht nachträglich abgeführt habe.

Hiergegen hat der Kläger am 29. Dezember 1999 Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgebracht: Wie bei Tochtergesellschaften japanischer Konzerne üblich, sei zwischen ihm und der deutschen Arbeitgeberin zunächst kein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen worden. Es sei allerdings zwischen ihm und seiner Arbeitgeberin schriftlich vereinbart worden, dass die Arbeitgeberin von ihrem Abzugsrecht nach § 28 g SGB IV keinen Gebrauch mache, sondern zusätzlich zu den jeweils zu gewährenden Bar- und Sachbezügen als weiteren Gehaltsbestandteil auch die gegebenenfalls anfallenden Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Sozialversicherung übernehme; hierfür beruft der Kläger sich auf die undatierte, schon im Jahre 1992 bei der Beklagten eingereichte "Vereinbarung". Damit habe unzweifelhaft eine Nettolohnvereinbarung vorgelegen, und zwar schon bei Aufnahme der Beschäftigung. Dass die Arbeitgeberin zunächst von Versicherungsfreiheit ausgegangen sei, lasse keinen Rückschluss auf das Nichtbestehen einer Nettolohnvereinbarung zu.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat im Wesentlichen ausgeführt: Dass von der Arbeitgeberin für sämtliche bei ihr beschäftigten japanischen Staatsangehörige im Zeitraum Oktober 1988 bis Dezember 1989 keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien, lasse darauf schließen, dass diese davon ausgegangen sei, für die Beschäftigten bestehe keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Dies werde durch die vorliegenden Gehaltsabrechnungen belegt, die offensichtlich vom Nichtbestehen einer Sozialversicherungspflicht ausgingen. Eine Nettolohnvereinbarung könne aus den im Widerspruchsbescheid genannten Gründen nicht vorliegen. Augenfällig sei überdies, dass die so genannte "Vereinbarung" mit keinem Datum versehen sei. Damit sei nicht ersichtlich, ob sie bereits vor Beginn des Beschäftigungsverhältnisses getroffen worden sei oder erst später. Aus den Gesamtumständen und dem Erscheinungsbild der schon im Jahre 1992 vom Kläger bei der Beklagten eingereichten Unterlagen müsse geschlossen werden, dass auch die "Vereinbarung" erst im September 1992 unterschrieben worden sei. Letztlich sei diese Frage jedoch nicht relevant, weil der Arbeitgeber vor dem 1. Januar 1990 keine Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt habe. Weder habe der Kläger die Beiträge bis Dezember 1989 zur Hälfte mitgetragen, noch habe die Arbeitgeberin die Beitragsentrichtung unter Beachtung einer Nettolohnvereinbarung für jeden Monat des Beschäftigungsverhältnisses vorgenommen. Die Beiträge seien lediglich im Nachhinein aufgrund der Überprüfung der AOK München blockweise entrichtet worden.

Mit Urteil vom 11. Januar 2001 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Zur Begründung, wegen deren Einzelheiten auf die Gerichtsakte Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt: Ein Anspruch auf Beitragserstattung ergebe sich nicht aus § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI, denn der Kläger habe keine Beitragslast getragen. Während seiner Beschäftigung im fraglichen Zeitraum seien keine Arbeitnehmeranteile vom Lohn abgezogen und an den Rentenversicherungsträger weitergeleitet worden. Ein Anspruch auf Beitragserstattung ergebe sich auch nicht aus § 210 Abs. 3 Satz 2 SGB VI wegen des Vorliegens einer Nettolohnvereinbarung. Es liege nämlich keine solche Vereinbarung vor, die dem Kläger einen bestimmten Nettolohn zusichere und gleichzeitig der Arbeitgeberin die Gesamtlast für die Sozialversicherungsbeiträge aufbürde. Dies ergebe sich wiederum daraus, dass die Arbeitgeberin im fraglichen Zeitraum davon ausgegangen sei, dass keine Sozialversicherungspflicht bestehe. Im Übrigen sei das Gericht der Auffassung, dass die vom Kläger vorgelegte undatierte Vereinbarung erst nachträglich im September 1992 geschlossen worden sei. Dafür spreche zum einen, dass die Arbeitgeberin des Klägers bis zum Ende des Jahres 1989 vom Nichtbestehen einer Sozialversicherungspflicht ausgegangen sei. Hauptsächlich ergebe sich der Verdacht der Kammer jedoch aus der Tatsache, dass die vom Kläger vorgelegten Dokumente unten links auf der jeweiligen Seite eine interne Seitenfolge aufwiesen, in die sich die "Vereinbarung" nahtlos einreihe, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass alle vorgelegten Urkunden am 24. September 1992 in Tokio - mit demselben Kugelschreiber - unterzeichnet worden seien. Insgesamt sei kein Nachweis für das Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung geführt.

Gegen das ihm am 17. Februar 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. März 2001 Berufung eingelegt. Zur ihrer Begründung trägt er unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens im Wesentlichen vor: Zwischen ihm und seiner Arbeitgeberin habe eine Nettolohnvereinbarung bestanden. Aus den vorgelegten Gehaltsabrechnungen ergebe sich, dass ihm lediglich ein bestimmter Nettobetrag zugestanden habe und dass das Bruttogehalt entsprechend habe hochgerechnet werden müssen. So habe die Arbeitgeberin etwa auch Schulkosten und Sprachkursgebühren übernommen, ohne dass dies eine Auswirkung auf den ausgezahlten Nettobetrag gehabt hätte. Auch im Falle einer Nettolohnvereinbarung gelte der Arbeitnehmer aber als mit der Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge belastet. Dass hier lediglich eine Nachversicherung erfolgt sei, sei unerheblich. Zu Unrecht berufe die Beklagte sich auf das Verstreichen der Dreimonatsfrist aus § 28 g Satz 3 SGB IV. Diese Frist gelte nämlich nur dann, wenn der Arbeitgeber - anders als hier - die Beiträge schuldhaft nicht abgeführt habe. Im vorliegenden Fall sei die Nichtabführung schuldlos erfolgt, weil erst das Bundessozialgericht in einer Streitigkeit zwischen der Beklagten und den Einzugsstellen geklärt habe, dass die fraglichen japanischen Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen seien. Deshalb habe ein unbeschränktes Abzugsrecht bestanden, auf das die Arbeitgeberin durch einfache Zahlung verzichtet habe. Halte die Beklagte an ihrem Standpunkt zur fehlenden Nettolohnvereinbarung fest, hätte auch für den Zeitraum 1. Januar bis 23. Juni 1990 keine Beitragsrückerstattung erfolgen dürfen. Denn auch zu diesem Zeitpunkt habe es keine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und seinem damaligen Arbeitgeber gegeben. Auch für diesen späteren Zeitraum habe allein die Arbeitgeberin die Sozialversicherungsbeiträge getragen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Januar 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 1999 in der Fassung des Wider- spruchsbescheides vom 2. Dezember 1999 aufzuheben und die Beklag- te zu verurteilen, ihm Rentenbeiträge für die Zeit vom 1. Oktober 1988 bis zum 31. Dezember 1989 in Höhe von 8.527,20 DM zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor: Es stehe fest, dass die für den Zeitraum vom 1. Oktober 1988 bis 31. Dezember 1989 fälligen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erst im Dezember 1992 entrichtet worden seien. Diese nachgeforderten Pflichtbeiträge seien in voller Höhe von der Arbeitgeberin getragen worden. Diese habe ihr Abzugsrecht von dem Arbeitsentgelt gemäß § 28 g Satz 3 SGB IV nicht mehr nachgeholt. Der Kläger sei damit an der Beitragstragung nicht beteiligt gewesen, so dass eine Beitragserstattung nicht in Betracht komme. Hier sei nicht mit der notwendigen Klarheit erkennbar, dass die Beteiligten des Arbeitsvertrages eine Nettolohnvereinbarung im Hinblick auf die Sozialversicherungsbeiträge geschlossen hätten.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Rentenakte der Beklagten Bezug genommen, der - soweit wesentlich - Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung war.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht durfte über die Sache ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr ausdrückliches Einverständnis erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Januar 2001 beurteilt die Sach- und Rechtslage im Ergebnis zutreffend.

Als fraglich könnte man zwar schon ansehen, ob die Klage überhaupt zulässig ist, weil der Kläger mit dem Erstattungsbegehren wegen der gegenüber seinem Arbeitgeber erfolgten Abtretung kein eigenes Recht geltend macht und es insoweit an einer Beschwer fehlen könnte (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 SGG). Ob die Klage gleichwohl im Rahmen einer gewillkürten Prozessstandschaft zulässig ist, kann auf sich beruhen, denn jedenfalls hat der Kläger unabhängig von der Wirkung der Abtretung keinen Anspruch auf Erstattung von Rentenbeiträgen für den Zeitraum 1. Oktober 1988 bis 31. Dezember 1989.

Die in Betracht kommende Anspruchsgrundlage ergibt sich aus dem am 1. Januar 1992 in Kraft getretenen § 210 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 und Abs. 3 SGB VI i.d.F. des Gesetzes vom 25. September 1996 (BGBl. I S. 1461). Der Kläger hat den hiernach erforderlichen Antrag am 26. November 1998 wirksam gestellt. Dieser Antrag, der an keine Frist gebunden und eine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung ist, lässt den Anspruch entstehen, sobald er wirksam gestellt ist und sofern zu diesem Zeitpunkt die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Maßgeblich hierfür ist die im Zeitpunkt der Antragstellung bestehende Sach- und Rechtslage (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 2000, B 4 RA 57/98 R, SozR 3-2600 § 210 Nr. 2, S. 5).

Nach § 210 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 5 SGB VI sind den Versicherten auf Antrag die für die Zeit nach dem 20. Juni 1948 (nach der Währungsreform) im Bundesgebiet gezahlten Beiträge unter den Voraussetzungen zu erstatten, dass sie nicht versicherungspflichtig sind und das Recht zur freiwilligen Versicherung nicht haben. Nach § 210 Abs. 2 Satz 1 SGB VI erfolgt die Erstattung nur, wenn seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht 24 Kalendermonate abgelaufen sind und nicht erneut Versicherungspflicht eingetreten ist. Diese Voraussetzungen lagen am 26. November 1998 vor. Der Kläger unterlag seit dem 24. Juni 1990 nicht mehr der Versicherungspflicht, denn seitdem hielt er sich wieder in Japan auf und es bestand kein der deutschen Sozialversicherung unterfallendes Beschäftigungsverhältnis mehr. Gleichzeitig bestand kein Recht zur freiwilligen Versicherung. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI besteht dieses Recht nur, wenn die allgemeine Wartezeit erfüllt ist. Der Kläger jedoch wies bei Antragstellung nur Beitragszeiten von 15 Kalendermonaten auf und erfüllte damit nicht die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI. Die Aufschubfrist von 24 Kalendermonaten seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht war bei Antragstellung abgelaufen, da der Kläger zuletzt am 23. Juni 1990 versicherungspflichtig beschäftigt war. Ferner ist seitdem nicht erneut Versicherungspflicht eingetreten.

Ein Erstattungsanspruch ist jedoch nicht entstanden, weil der Kläger entgegen § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI die Beiträge nicht - auch nicht teilweise - "getragen" hat. Nach § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI werden Beiträge nur in der Höhe erstattet, in welcher der Versicherte sie getragen hat; nach dem unmissverständlichen Wortlaut des Gesetzes kommt es darauf an, ob bzw. in welcher Höhe der Versicherte Beiträge tatsächlich getragen hat, unerheblich ist hingegen, ob bzw. in welcher Höhe er sie zu tragen hatte. Das "Tragen" von Beiträgen setzt voraus, dass das Vermögen des einzelnen Versicherten oder seine vermögenswerten Rechte konkret in ihrem wirtschaftlichen Wert vermindert wurden, weil er selbst Beiträge an den Rentenversicherungsträger gezahlt hat oder weil ein Dritter - hier: die M Deutschland GmbH - zwar die Beiträge gezahlt hat, aber die wirtschaftliche Last rechtmäßig auf ihn (anteilig) abwälzt (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 2000, B 4 RA 57/98 R, a.a.O., S. 6).

Hieran gemessen hat das Sozialgericht in seinem mit der Berufung angefochtenen Urteil unter Anwendung von § 28 g SGB IV und unter Beachtung der einschlägigen (oben zitierten) höchstrichterlichen Rechtsprechung nachvollziehbar und sorgfältig dargelegt, dass der Kläger für den fraglichen Zeitraum 1. Oktober 1988 bis 31. Dezember 1999 keine Rentenversicherungsbeiträge getragen hat. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug auf die Ausführungen des Sozialgerichts und macht sie sich zu eigen. Während der Beschäftigung des Klägers wurden von der Arbeitgeberin keine Rentenversicherungsbeiträge abgeführt. Die im Dezember 1992 schließlich von der Arbeitgeberin geleistete nachträgliche Zahlung der Beiträge an die AOK München als Einzugsstelle, die im Übrigen nach Aktenlage nicht bewiesen ist, denn es liegt nur die Kopie einer nicht unterschriebenen oder gestempelten Durchschrift eines Überweisungsträgers vor, hatte keinerlei wirtschaftliche Auswirkungen auf das Vermögen oder die Rechtsstellung des Klägers und konnte auch nicht mehr (teilweise) auf ihn abgewälzt werden. Die Beitragslast auch für den Arbeitnehmeranteil ist somit endgültig bei der Arbeitgeberin verblieben. Die Erstattung der allein von der Arbeitgeberin getragenen Beiträge ist aber gesetzlich nicht vorgesehen. Eine Beitragserstattung unter Zugrundelegung von § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI scheidet danach aus und wird letztlich auch vom Kläger nicht in Anspruch genommen.

Ein Anspruch auf Beitragserstattung besteht aber auch nicht unter Berücksichtigung von § 210 Abs. 3 Satz 2 SGB VI. Danach wird, wenn mit dem Versicherten ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart war, der vom Arbeitgeber getragene Beitragsanteil des Arbeitnehmers erstattet. Diese Vorschrift ist in Zusammenhang mit § 14 SGB IV zu begreifen. Während § 14 Abs. 1 SGB IV das Arbeitsentgelt für das übliche "Bruttomodell" definiert, gelten nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV, sofern ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart ist, als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Für die Zwecke der Sozialversicherung muss also auch im Fall der Nettolohnvereinbarung das entsprechende Bruttoarbeitsentgelt errechnet werden, damit die Sozialversicherungsbeiträge individuell und konkret abgeführt werden können (vgl. Klattenhoff in Hauck/Haines, SGB IV, Stand Juli 2003, Rdnr. 40 zu § 14; Gürtner in Kasseler Kommentar, Stand Dezember 2002, Rdnr. 17 zu § 210; BSG, Urteil vom 29. Juni 2000, B 4 RA 57/98 R, a.a.O., S. 22 bis 24). Hiermit korrespondiert das Recht des jeweiligen Arbeitnehmers auf Beitragserstattung nach § 210 Abs. 3 Satz 2 SGB VI. Diese Vorschrift hat insoweit nur klarstellende Funktion und statuiert einen Erstattungsanspruch auch für den Fall, dass der Arbeitgeber den Beitragsanteil des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung getragen hat. Insoweit steht der nach einer Nettolohnvereinbarung beschäftigte Arbeitnehmer nicht anders als der nach dem üblichen "Bruttomodell" Beschäftigte, denn auch er hat (wenn auch nur fiktive) Bruttobezüge.

Angewendet auf den Fall des Klägers folgt hieraus, dass ein Anspruch auf Beitragserstattung nach § 210 Abs. 3 Satz 2 SGB VI bestünde, wenn die Arbeitgeberin im Wege einer Nettolohnvereinbarung während des Beschäftigungsverhältnisses Sozialversicherungsbeiträge einschließlich des Arbeitnehmeranteils getragen hätte, das fiktive Bruttoeinkommen des Klägers also auch seine Arbeitnehmeranteile umfasst hätte. Von Oktober 1988 bis Dezember 1989 bezog der Kläger aber ein fiktives Bruttoeinkommen, das keine Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung umfasste, denn die Arbeitgeberin ging offensichtlich von fehlender Sozialversicherungspflicht aus und änderte diese Meinung bzw. Praxis erst ab Januar 1990; ab diesem Zeitpunkt wurden für den Kläger Beiträge getragen, welche die Beklagte im Übrigen schon aufgrund Bescheides vom 22. Dezember 1992 erstattet hat. Für den Senat liegt auf der Hand, dass es keinen Unterschied machen kann, ob ein Arbeitgeber für einen nach dem "Brutto-" oder nach dem "Nettomodell" beschäftigten Arbeitnehmer fälschlich keine Sozialversicherungsbeiträge abführt; in beiden Fällen besteht für den Arbeitnehmer kein Erstattungsanspruch nach § 210 SGB VI, denn es fehlt an einer Vermögensverschiebung zu seinen Lasten. Dass der Arbeitgeber – wie hier die M Deutschland GmbH – nachträglich von der Einzugsstelle dazu angehalten wird, für den Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten, stellt seinerseits keinen wirtschaftlichen Nachteil für den Arbeitnehmer dar, sondern betrifft ausschließlich die Sphäre des Arbeitgebers, was gesetzlich auch so vorgesehen ist: Denn nach § 28 e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen; den vom Beschäftigten zu tragenden Teil darf er nach § 28 g Satz 2 SGB IV zwar auf diesen abwälzen; nachgeholt werden darf dieser Abzug vom Arbeitsentgelt aber nur bei den nächsten drei Lohn- und Gehaltszahlungen, § 28 g Satz 3 SGB IV. Im Falle des Klägers bleibt es bei der Schuld der Arbeitgeberin nach § 28 e Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Es ist nicht erkennbar, dass sie die wohl im Dezember 1992 erfolgte Entrichtung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages auf den Kläger abgewälzt hätte, wenn auch nur in Gestalt nachträglicher Gehaltsabrechnungen, die wie jene ab Januar 1990 die abgeführten Sozialversicherungsbeiträge gesondert auswiesen (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 2000, B 4 RA 57/98 R, a.a.O., S. 24).

Unabhängig davon zeigt die tatsächliche Entwicklung der Sachlage, dass bis Dezember 1989 gar keine Nettolohnvereinbarung im Hinblick auf die Tragung der Sozialversicherungsbeiträge vorgelegen haben kann, denn offensichtlich gingen die Vertragsparteien von Sozialversicherungsfreiheit aus. Insofern bedurfte es keiner Vereinbarung darüber, ob die Arbeitgeberin auch den Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu tragen hatte. Eine Nettolohnvereinbarung kann im Übrigen nur vorliegen, wenn der Entgeltanspruch von vornherein bereits im Umfang der gesamten Lohnabzüge vereinbart wird (BSG, a.a.O., S. 24) und wenn der Arbeitgeber die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile regelmäßig und zeitgerecht, d. h. nicht nachträglich abführt. Aus der vom Kläger vorgelegten "Vereinbarung" ergibt sich nichts anderes. Sie muss schon deshalb jedenfalls nach Dezember 1989 gefertigt worden sein, weil sie vom Bestehen einer Sozialversicherungspflicht ausgeht. Daneben sprechen die vom Sozialgericht angeführten Gründe für eine Fertigung der "Vereinbarung" im September 1992. Es ist allerdings ausgeschlossen, einem Arbeitsverhältnis nachträglich einen bestimmten Charakter zu geben, denn rechtlich maßgeblich ist allein die tatsächliche Gestaltung des Arbeitsverhältnisses während seines Bestehens.

Damit bleibt es bei einer Erstattung der Arbeitnehmeranteile zur Rentenversicherung für die Zeit von Januar bis Juni 1990, mit welcher der Kläger sich anfänglich auch – über Jahre – zu Recht zufrieden gegeben hatte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt im Ergebnis der Hauptsache. Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht gegeben sind.
Rechtskraft
Aus
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