L 7 U 4605/01

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 839/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 U 4605/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 52/02 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Wenn die für eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung erforderliche Mindestteilnehmerzahl nicht erreicht wird kommt für die Teilnehmer ggf.Versicherungsschutz aus Gründen des Vertrauensschutzes in Betracht. Die Revision wurde zugelassen.
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. Oktober 2001 und der Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2001 aufgehoben.Es wird festgestellt, dass der bei dem Kläger bestehende Zustand nach Tibiaquerfraktur rechts Folge des Arbeitsunfalls vom 27. Juni 1999 ist.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der vom Kläger am 27.6.1999 erlittene Unfall ein Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ist.

Der 1963 geborene Kläger war als Einrichtungsberater bei der Filiale in R. der "B. Möbel-Center GmbH und Co KG ", die noch weitere Möbelhaus-Filialen, u. a. in K. und S. hat, beschäftigt. Am 27.6.1999 fand ein "Familiensonntag" auf dem Sportplatz des Sportvereins in O. statt. Dabei wurde ein Fußballturnier um einen von der Firma gestifteten Pokal ausgetragen, an dem jeweils eine Mannschaft aus den Filialen in S., K. und R. teilnahm. Dieses Fest ging auf eine Initiative des Klägers zurück, der es zusammen mit einem weiteren Beschäftigten aus der Werbeabteilung der Filiale in R. organisierte. Hierzu wurde unter dessen Mitwirkung in der Werbeabteilung ein Plakat entworfen, das am Schwarzen Brett in der Filiale in R. ausgehängt wurde. Darin konnten alle Beschäftigten der Filiale in R. sich und ihre Familienangehörigen als Teilnehmer der angekündigten Veranstaltung eintragen. Die auf der Veranstaltung ausgegebenen Speisen und Getränke wurden von der Geschäftsleitung gestellt. Der Sportverein erhielt eine Spende vom damaligen Geschäftsführer T. B., der auch an der Veranstaltung teilgenommen hatte. Die Teilnehmer am Fußballspiel trugen eigene Trikots der Firma, die bereits früher zu Werbezwecken angeschafft worden waren.

Während eines Fußballspiels erlitt der Kläger durch einen Pressschlag gegen den rechten Unterschenkel eine Tibiaquerfraktur, die im Kreiskrankenhaus R. am gleichen Tag versorgt wurde (Durchgangsarztbericht -DAB - von Prof. Dr. G. vom 27.6.1999). Der Kläger befand sich vom 27.6. bis 7.7.1999 in stationärer Behandlung im Kreiskrankenhaus R. und musste danach noch weiter behandelt werden.

Die Beklagte holte nach Anzeige des Unfalls unter anderem eine Auskunft des Arbeitgebers des Klägers vom 15.7.1999 ein. Darin wurde mitgeteilt, Betriebssport finde im Unternehmen nicht statt. Die Veranstaltung am 27.6.1999 sei von einigen Mitarbeitern außerhalb des Betriebes initiiert worden und gehe auf ein Treffen mehrerer Beschäftigter auf freiwilliger Basis zurück. Es habe sich nicht um eine Betriebsveranstaltung gehandelt.

Mit Bescheid vom 27.12.2000 lehnte die Beklagte eine Entschädigung des Unfalls ab. Die Voraussetzungen eines versicherten Unfalls im Rahmen des Betriebssports seien nicht erfüllt. Bei dem Fußballturnier habe es sich um eine einmalige Veranstaltung mit Wettkampfcharakter gehandelt. Der erforderliche Ausgleichszweck, die unternehmensbezogene Organisation, die Regelmäßigkeit und der zeitliche Zusammenhang zur Betriebstätigkeit seien nicht gegeben.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Die Beklagte holte eine weitere Auskunft des Arbeitgebers vom 26.1.2001 ein, in der ausgeführt wurde, es habe sich um eine private, sportliche Veranstaltungen außerhalb des Betriebes, die nicht vom Betrieb organisiert worden sei, gehandelt. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.3.2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Der Kläger erhob am 28.3.2001 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage mit der Begründung, der "Familiensonntag" sei eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gewesen. Das Fußballspiel habe im Rahmen dieser Veranstaltung stattgefunden. Vergleichbare Feste, wie beispielsweise die Teilnahme an Hallenturnieren, seien in der Firma üblich gewesen. Auch diese seien vom Betrieb bezahlt worden. Man habe bereits früher eigene Trikots, die in Erwachsenengröße angeschafft worden seien, und eigene Koffer der Firma hierfür zur Verfügung gehabt. Die Idee zum Fest stamme von ihm.

Das SG hörte den früheren Geschäftsführer T. B. in der mündlichen Verhandlung als Zeugen. Hierbei gab er an, es habe sich seiner Meinung nach um eine private Veranstaltung einiger Mitarbeiter gehandelt. Er sei zuvor vom Kläger gefragt worden, ob er etwas gegen die Veranstaltung habe, was er verneint habe. Einer betrieblichen Veranstaltung hätte er wegen der Gefährlichkeit des geplanten Fußballspiels nicht zugestimmt. Die Frage des Klägers habe im wesentlichen die Frage dargestellt, ob die Veranstaltung von der Firma gesponsert werde. Die Firma habe dann auch Getränke und eventuell Essen zur Verfügung gestellt. Die Einladungen zu der Veranstaltung seien an die Mehrzahl der Mitarbeiter im Hause, vielleicht sogar an alle, möglicherweise durch Rundschreiben gegangen. Sie seien nicht von ihm unterzeichneten worden. Möglicherweise seien sie auf Briefpapier mit Briefkopf der Firma verfasst gewesen, jedenfalls hätte er dies nicht unterbunden. In der Filiale in R. bestehe keine Personalvertretung. Zur Zeit der Veranstaltung seien in R. 200 Personen beschäftigt gewesen. An der Veranstaltung hätten seiner Schätzung nach unter Berücksichtigung der ebenfalls anwesenden Familienmitglieder ca. 30 Personen aus R. teilgenommen, von den Filialen in S. und K. hätten mehr Personen teilgenommen. Einen betrieblichen Ausgleich habe es für die an einem Sonntag durchgeführte Veranstaltung nicht gegeben. Er meine, er habe sich vor der Veranstaltung mit dem Leiter der Filiale S. in Verbindung gesetzt, ob er auch an der Veranstaltung teilnehme. Denn er sei an einem Erfahrungsaustausch mit dem Leiter dort interessiert gewesen. Ob in S. oder K. Einladungen von offizieller Seite oder privat initiiert worden seien, wisse er nicht, möglicherweise sei von dort die Teilnahme als Betriebsausflug organisiert gewesen. Eine offizielle Spende an den Sportverein habe es nicht gegeben, möglicherweise habe er aber einen Barbetrag aus seiner eigenen Kasse gespendet. Es sei möglich, dass ein Aushang am Schwarzen Brett angebracht gewesen sei, dort würden aber auch private Angebote, z. B. Wohnungssuche oder Autokauf, ausgehängt.

Mit Urteil vom 18.10.2001 wies das SG die Klage ab. Bei der Veranstaltung habe es sich nicht um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt. Sie sei dem Bereich der Freizeitgestaltung und damit dem eigenwirtschaftlichen Handeln des Klägers zuzuordnen. Die Finanzierung von Freizeitaktivitäten durch den Arbeitgeber begründe noch keinen Versicherungsschutz, ein wesentlicher betrieblicher Zusammenhang sei daraus nicht herzuleiten. Außerdem sei fraglich, ob die Veranstaltung der Pflege der Verbundenheit und des Vertrauensverhältnisses zwischen Unternehmensleitung und Belegschaft gedient habe. Von wesentlicher Bedeutung sei jedoch, dass die Veranstaltung nicht von der Autorität der Unternehmensleitung getragen worden sei. Aus der Erklärung des Zeugen ergebe sich , dass die Veranstaltung zwar finanziell unterstützt und auch begrüßt worden sei, eine von der Autorität der Unternehmensleitung getragene Gemeinschaftsveranstaltung jedoch nicht vorgelegen habe.

Gegen das ihm am 5.11.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.11.2001 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Unternehmensleitung habe die Veranstaltung nicht nur unterstützt, sondern sie in jeglicher Hinsicht auch finanziert. Dies bestärke und belege den Eindruck einer vom Unternehmen getragenen Veranstaltung. Auf die Wertung der Geschäftsleitung bzw. des Zeugen komme es nicht an, sondern auf die juristische Beurteilung des Sachverhalts. Die Tatsache, dass die Veranstaltung für die anderen Filialen ein Betriebsausflug gewesen sei, unterstreiche den Charakter einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung. Es sei schwer vorstellbar, dass eine gemeinsame Veranstaltung eines Unternehmens für einen Teil der Teilnehmer privaten für den anderen Teil betrieblichen Charakter haben solle.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18.10.2001 und den Bescheid der Beklagten vom 27.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 22.3.2001 aufzuheben und festzustellen, dass der bei ihm bestehende Zustand nach Tibiaquerfraktur rechts Folge des Arbeitsunfalls vom 27. Juni 1999 ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen und auf die für überzeugend erachteten Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogenen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe gem. § 144 SGG liegen nicht vor. Der zuletzt gestellte Feststellungsantrag ist zulässig nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG.

Die Berufung des Klägers ist auch begründet. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII handelt es sich bei Unfällen von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2,3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit um Arbeitsunfälle. Neben der Voraussetzung, dass es sich bei dem Ereignis um einen Unfall i. S. v. § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII handelt, bedarf es noch eines inneren Zusammenhangs des zum Unfall führenden Verhaltens mit der versicherten Tätigkeit. Nach der ständigen Rechtsprechung ist die Teilnahme von Beschäftigten an Betriebsfesten, Betriebsausflügen oder betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen in der Regel dem Unternehmen zuzurechnen und der versicherten Tätigkeit gleichzusetzen. Voraussetzung dafür ist, dass die Zusammenkunft der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und der Belegschaft sowie der Betriebsangehörigen untereinander durch die Teilnahmemöglichkeit möglichst aller Betriebsangehörigen dient und deshalb grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offen stehen soll und dass die Zusammenkunft von der Unternehmensleitung selbst veranstaltet oder zumindest gebilligt oder gefördert wird und von ihrer Autorität als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung getragen wird (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteil vom 25.8.1994, SozR 3-2200 § 548 Nr. 21). Ausnahmsweise kann auch die Veranstaltung einzelner Abteilungen oder Gruppen eines Unternehmens eine in diesem Sinne betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung sein, wenn die Größe des Unternehmens oder dessen besondere Gegebenheiten es verlangen oder jedenfalls es zweckmäßig erscheinen lassen, nicht für die gesamte Belegschaft eine einzige betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung vorzusehen. Bei der Teilnahme von Betriebsangehörigen an Freizeit- und Erholungsveranstaltung fehlt es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang, wenn Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund stehen, auch wenn die Veranstaltung vom Unternehmen organisiert oder finanziert wurde (vgl. BSG a. a. O. mit weiteren Hinweisen).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze begegnet es keinen Bedenken, dass an der Veranstaltung nicht alle Filialen des Unternehmens beteiligt waren. Ebenso wenig spricht die offensichtlich jeweils getrennte Organisation innerhalb der beteiligten drei Filialen des Unternehmens gegen den für die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung erforderlichen Zweck der Pflege der Verbundenheit der Gesamtbelegschaft untereinander und mit der Unternehmensleitung. Dies ist durch die räumliche und arbeitsorganisatorische Trennung der Filialen gerechtfertigt. Die Förderung des Gemeinschaftsgefühls allein der ca. 200 Betriebsangehörigen der Filiale in R. als maßgeblicher Zweck der Veranstaltung reicht für die Begründung einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen für diesen Betriebsteil aus. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der glaubhaften Einlassung des Klägers waren auch alle Betriebsangehörigen der Filiale in R. zur Veranstaltung eingeladen worden. Dass letztlich nur ein geringer Teil der Belegschaft an der Veranstaltung teilnahm, steht dem Charakter einer allen Betriebsangehörigen offen stehenden Veranstaltung nicht entgegen.

Der Senat hat auch keine Zweifel, dass die Veranstaltung neben dem erkennbaren Zweck der Freizeitgestaltung in zumindest gleichem Ausmaße auch der Vertiefung und Bestätigung des Zusammengehörigkeitsgefühl der Belegschaft und der Unternehmensleitung diente. Dies ergibt sich schon aus dem Umstand, dass anders als in dem im Urteil des BSG vom 25.8.1994 (a. a. O.) entschiedenen Fall sämtliche Betriebsangehörige der Filiale in R. eingeladen waren und der Geschäftsführer B. anwesend war. Außer den Familienangehörigen der Beschäftigten nahmen nach der glaubhaften Angabe des Klägers betriebsfremde Personen nicht teil, jedenfalls nicht in nennenswerter Zahl. Eine besondere äußere Bestärkung der Betriebsgemeinschaft, die sie auch gegenüber den anderen Filialen hierdurch abgrenzte, war das Auftreten der Fußballmannschaft in den Trikots mit dem firmeneigenen Logo, wie dies auch vom Zeugen B. bestätigt worden ist. Demgegenüber fällt die Mitwirkung von Familienangehörigen, auch der Kinder, an dem auch ein Freizeitbedürfnis befriedigenden Fußballturnier als einen betriebsfremden Zweck betonender Umstand nicht entscheidend ins Gewicht. Auch die Tatsache, dass die Veranstaltung an dem arbeitsfreien Sonntag stattfand und seitens des Unternehmens deshalb auch kein Arbeitszeitausgleich gewährt wurde, macht die Veranstaltung nicht zu einer überwiegenden Freizeitveranstaltung.

Entgegen der vom SG vertretenen Auffassung ist der Senat auch davon überzeugt, dass die von der Unternehmensleitung gebilligte und geförderte Veranstaltung auch von ihrer Autorität getragen war. Für die Beurteilung dieser Rechtsfrage kommt dem erklärten Willen der Unternehmensleitung eine wesentliche, aber nicht die alleinige Bedeutung zu. Maßgebend ist die Würdigung des Gesamtverhaltens der Unternehmensleitung, in dem die Übernahme der Verantwortung für die dann als betriebliche Veranstaltung zu wertende Zusammenkunft zum Ausdruck kommen muss. Vorliegend ist bei wertender Betrachtung das Verhalten der Geschäftsleitung über eine bloße Duldung einer im Unternehmensinteresse für förderungswürdig erachteten Veranstaltung hinausgegangen. Dem Verhalten der Geschäftsleitung ist nämlich die Identifikation mit der Veranstaltung als Firmenveranstaltung, jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Veranstaltung, zu entnehmen. Von betrieblicher Seite wurden die Getränke und das Essen gestellt - letzteres schloss der Zeuge bei seiner Vernehmung vor dem SG nicht aus, sondern hielt dies sogar für möglich, was für die Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Klägers spricht -, der Pokal für das Turnier gestiftet und dem Sportverein ein Geldbetrag gespendet in Anerkennung für die Überlassung des Sportplatzes. Die Einladungen an die Betriebsangehörigen der Filiale in R. wurden im Betrieb entweder als Rundschreiben oder auf andere Weise verschickt, es mag dahinstehen, ob mit ausdrücklicher Billigung oder zutreffend vermutetem Einverständnis des Geschäftsführers auf Kopfbögen der Firma, wenn auch nicht von der Firmenleitung selbst unterschrieben. Das die Veranstaltung ankündigende Plakat, auf dem zur Planung für die Beschaffung von Getränken und Essen die Beschäftigten ihre Teilnahme und die der Angehörigen eintragen konnten, wurde in der Werbeabteilung der Firma mit Wissen der Geschäftsleitung oder deren vermutetem Einverständnis entworfen und hergestellt. Verwendet wurden außerdem die für solche Zwecke angeschafften firmeneigenen Trikots. Der Zeuge B. bestätigte diesen Verwendungszweck bei seiner Vernehmung, denn das von ihm erwähnte "Verleihen" der Trikots zu Werbezwecken bedeutet, dass die Trikots nicht bei einem einmaligen Anlass zu Werbebezwecken verschenkte werden, sondern bei entsprechenden Veranstaltungen ausgegebenen werden, die Firma aber Besitz und Eigentum an ihnen behält. Der Zeuge hat auch eingeräumt, dass Pokale in einer Betriebsabteilung ausgestellt sind und vergleichbare - nach seiner Einschätzung private -Veranstaltungen - auch Fußballspiele hielt er für möglich - früher schon stattgefunden hatten. Die Veranstaltung, soweit die Filiale in R. betroffen ist, war daher fast ausschließlich aus Ressourcen des Unternehmens zustande gekommen, nur die rein organisatorische Vorbereitung und Abwicklung lag beim Kläger. Dies entspricht einer allgemein üblichen Verfahrensweise in Unternehmen, in denen die Personalvertretung in der Regel Betriebsausflüge und ähnliche Veranstaltungen mit Zustimmung der Unternehmensleitung und dem Mandat der Belegschaft als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung organisiert. Mangels einer installierten Mitarbeitervertretung der Filiale in R. sind die Aktivitäten des Klägers nicht einer durch die Belegschaft legitimierten Mitarbeitervertretung zuzurechnen. Doch ist dieses Handlungsmuster - die Initiative einzelner Beschäftigter führt mit Unterstützung der Firmenleitung zu einer das Gemeinschaftsgefühl pflegenden Veranstaltung - vorliegend insoweit übertragbar, denn insbesondere in der Verwendung der gerade für solche Zwecke von der Firma vorgehaltenen Trikots wird die Unterstützung der Firma für die Veranstaltung und deren Identifizierung mit dem Veranstaltungszweck auch nach außen deutlich. Dies ist mehr als nur das bloße Entgegenkommen der Firmenleitung und das bloße Bereitstellen relativ geringfügiger materieller Hilfsmittel, was für die Qualifizierung einer Veranstaltung als betriebliche nicht ausreicht (vgl. BSG Urteil vom 19.1.1995 – 2 RU 7/94). Es handelte sich dabei nicht um eine nur die Kosten übernehmende, aber ansonsten distanziert und passiv bleibende Beteiligung des Unternehmens an einem Freizeitvergnügen, was ebenfalls in der Regel für die Qualifizierung als betriebliche und unter der Autorität der Firmenleitung stehende Gemeinschaftsveranstaltungen nicht ausreicht (vgl. BSG, Urt. 27.5.1997–2 RU 29/96, worauf bereits das SG hingewiesen hat).

Der Zeuge war als Geschäftsführer auch selbst auf der Veranstaltung am 27.6.1999 anwesend, da er an einem Erfahrungsaustausch mit dem Geschäftsführer der Filiale im S. interessiert war. Gerade aber die persönlichen Teilnahme eines Vertreters der Unternehmensleitung an der Veranstaltung ist ein entscheidender Umstand, auf den die Einstufung einer Veranstaltung als von der Autorität der Geschäftsleitung getragen überwiegend gestützt wird (vgl. BSG Urteil vom 19.1.1995, a. a. O.). Hinweise dafür, dass der Zeuge B. allenfalls als Gast wie die anderen Betriebsangehörigen oder deren Angehörige teilgenommen hat (vgl. BSG a. a. O.), sind seiner eigenen Aussage, das Gespräch mit anderen Filialleitern, also auf der Ebene der Firmenleitung, gesucht zu haben, nicht zu entnehmen. Dem stehen auch die oben genannten, nach außen wirkenden Unterstützungsleistungen des Unternehmens entgegen. Ob der Zeuge als damaliger Geschäftsführer in den Programmablauf Einfluss genommen hat oder hätte nehmen können, kann bei dieser Ausgangslage dahinstehen.

Unter diesen Voraussetzungen war die Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung versichert, auch wenn der Senat nicht feststellen konnte, dass die für eine betriebliche Veranstaltung erforderliche Mindestteilnehmerzahl der Beschäftigten, d. h. ohne Familienangehörigen, erreicht wurde (vgl. BSGE 7,249,252 ; BSG SozR Nr. 24 zu § 548 RVO und Nr. 25 zu § 542 RVO ; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 21, Nr. 22). Nach Einschätzung des Zeugen B. waren aus R. ca. 30 Personen (einschließlich Angehöriger) beteiligt bei einer damaligen Beschäftigtenzahl in R. von 200. Dem hat der Kläger nicht widersprochen. Andererseits war bei der getrennten Organisation durch die verschiedenen Filialen und der Teilnahme unbekannter, auswärtiger Kollegen und deren Angehörigen nicht mehr aufzuklären, ob die Gesamtteilnehmerzahl der Beschäftigten gemessen an der Gesamtzahl der Beschäftigten der drei Filialen trotz der geringen Beteiligung aus der Filiale R. den Mindestumfang in obengenannten Sinne erreichte. Insoweit konnte der Zeuge unwidersprochen nur angeben, dass die angereisten Gruppen aus S. und K. größer waren als die Gruppe aus R. Der Senat hält aber jedenfalls aus Gründen des Vertrauensschutzes den Unfall des Klägers für versichert. Einem in der Regel rechtsunkundigen Beschäftigten ist nach Auffassung des Senats das Risiko einer unversicherten Teilnahme an einer solchen Veranstaltung nicht zumutbar, wenn sich ihm der fehlende gemeinschaftsfördernde Zweck der Veranstaltung wegen zu geringer Beteiligung nicht aufdrängen oder er der Veranstaltung bei Erkennen des fehlenden betrieblichen Zusammenhanges nicht mehr ohne weiteres fernbleiben kann (vgl. Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzlichen Unfallversicherung, § 8 Rdnr. 121 ; Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII, Rdnr. 78 ; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 Anm. 7.20.4 ; Hauck/Keller, SGB VII, § 8 Rdnr. 106). Vorliegend war es dem Kläger bereits unmöglich, wegen des unüberschaubaren Personenkreises aus drei Filialen und der Unkenntnis darüber, in welcher Form - als Betriebsausflug oder private Freizeitveranstaltung - die anderen Filialen die Teilnahme organisiert hatten, eine zu geringe Beteiligung von Beschäftigten an einer betrieblichen Veranstaltung zu erkennen. Hinzu kommt, dass die Unternehmensleitung sich nicht von der bisher als betrieblich mitgetragenen Veranstaltung distanziert hat, sondern durch die persönliche Teilnahme des Zeugen B. - und anderer Filialleiter - die fortbestehende Billigung und Unterstützung der Veranstaltung durch die Firma nach außen dokumentierte. Bei dieser Ausgangslage konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass die als betrieblich geplante Veranstaltung eine unversicherte private Veranstaltung war, wenn durch die unterstellte zu geringe Teilnehmerzahl der betriebliche Zweck verfehlt worden sein sollte.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger sich die Verletzung außerhalb der offiziellen Veranstaltung zugezogen hat. Unstreitig verletzte sich der Kläger bei dem offiziellen Programmpunkt eines Ausscheidungsspiels der an dem Fußballturnier teilnehmenden Firmenmannschaften, sodass sich die Frage nicht stellt, ob die betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung zu diesem Zeitpunkt durch die Firmenleitung bereits beendet worden war.

Auf die Berufung des Klägers war daher das angefochtene Urteil aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gemäß § 160 Abs. 2 SGG hat der Senat im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG zur Mindestteilnehmerzahl (vgl. die o.g. Entscheidungen, insbes. SozR Nr. 25 zu § 542 RVO) die Revision zugelassen.
Rechtskraft
Aus
Saved