L 5 KA 115/02 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KA 82/02 ER-B
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 115/02 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur aufschiebenden Wirkung einer Klage eines über 68 Jahre alten Psychologischen Psychotherapeuten gegen die Entziehung seiner unbefristet erteilten bedarfsunabhängigen Zulassung, wenn die Ausschöpfung des 20-Jahres-Zeitraums umstritten ist.
Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 6. März 2002 gegen den Beschluss des Berufungsausschusses vom 27. Februar 2002/ Bescheid vom 15. März 2002 wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren, längstens bis zum 30. Juni 2007 angeordnet.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Beendigung der Zulassung des Antragstellers zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung mit Wirkung zum 31. Dezember 2001 streitig.

Der am 3. Oktober 1929 geborene Antragsteller war nach erfolgreicher Ablegung der Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie am 29. Oktober 1974 vom 15. November 1974 bis 30 Juni 1981 als Klinischer Psychologe im W. Landeskrankenhaus M. beschäftigt. Anschließend war er bis 30. Juni 1987 in der Fachklinik W. in O. als Leitender Psychologe tätig. Neben seiner Vollzeitbeschäftigung begann er ab dem 15. Juli 1983 gelegentlich ambulante Psychotherapien bei zwei Patienten der Techniker-Krankenkasse im Kostenerstattungsverfahren durchzuführen und erzielte mit dieser Tätigkeit Einnahmen im Jahr 1984 in Höhe von DM 2.110,- und im Jahr 1985 in Höhe von DM 4.639,- (vgl. Steuererklärungen der Jahre 1984, 1985 und 1986, Bl. 31 ff. der SG-Akte).

Mit Bescheid vom 23. Mai 1985 erteilte ihm die Stadt B. die Erlaubnis, die Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz als Diplompsychologe ausschließlich auf dem Gebiet der Psychotherapie auszuüben (Bl. 29 der SG-Akte).

Nach Beendigung seiner Berufstätigkeit als Leitender Psychologe zum 30. Juni 1987 gründete der Antragsteller am 1. Juni 1987 in angemieteten Räumen seine eigene psychotherapeutische PRAXIS. In der Folgezeit erbrachte er im Kostenerstattungsverfahren bis zum 21. Dezember 1998 mehr als 4.000 Stunden ambulanter Psychotherapien zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen in eigener PRAXIS.

Auf seinen Antrag vom 6. November 1998 hin wurde der Antragsteller, der am 4. Januar 1999 die Approbation als Psychologischer Psychotherapeut erhielt, vom Zulassungsausschuss für Ärzte im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Nord-Württemberg (ZA) mit Beschluss/Bescheid vom 29. März 1999 (bedarfsunabhängig) als Psychologischer Psychotherapeut für den Vertragspsychotherapeutensitz O. (A. ), Planungsbereich Landkreis R. -M. -Kreis, zur Ausübung vertragspsychotherapeutischer Tätigkeit mit Wirkung zum 1. April 1999 zugelassen.

Aufgrund der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 8. November 2000 (Az.: B 6 KA 55/00 R, BSGE 87, 184 = SozR 3 - 2500 § 95 Nr. 26 = MedR 2001, 328) zur Altersgrenze von 68 Jahren auch für Psychologische Psychotherapeuten teilte die Beigeladene Ziffer 1 (Kassenärztliche Vereinigung Nord-Württemberg) dem Antragsteller mit Schreiben vom 27. August 2001 mit, es müsse nunmehr förmlich durch den Zulassungsausschuss der Zeitpunkt der Beendigung der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit festgestellt werden. Dabei solle das Ende der Zulassung nicht zum 30. September 2001 in direkter Anlehnung an § 95 Abs. 7 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), sondern abweichend hiervon zum 31. Dezember 2001 festgestellt werden. Gleichzeitig wurde der Antragsteller auf die Möglichkeit der Einleitung des Ausschreibungsverfahrens zum Zwecke der Wiederbesetzung der VertragspsychotherapeutenPRAXIS bis spätestens 15. September 2001 hingewiesen.

Im Hinblick hierauf stellte der Antragsteller am 11. September 2001 bei der Beigeladenen Ziffer 1 einen Antrag auf Ausschreibung seines Psychotherapeutensitzes und beantragte ferner mit Schreiben vom 15. September 2001 die Verlängerung seiner bedarfsunabhängigen Zulassung als Psychologischer Psychotherapeut bis zum 15. Juli 2003, danach mit weiterem Schreiben vom 22. Oktober 2001 bis zum 30. September 2007 im Hinblick auf den nebenberuflich unerheblichen Umfang seiner Tätigkeit im Kostenerstattungsverfahren ab 15. Juli 1983 (Bl. 67 der SG-Akte), da er erst zum 1. Juli 1987 eine eigene psychotherapeutische PRAXIS gegründet habe (Bl. 68 ff. der SG-Akte).

In seiner Sitzung vom 14. November 2001 verhandelte der ZA über den gestellten Antrag und fasste den Beschluss, festzustellen, dass die bedarfsunabhängige Zulassung des Antragstellers für den Vertragspsychotherapeutensitz O. , Planungsbereich R. -M. -Kreis, zum 31. Dezember 2001 ende, welches dem Antragsteller zunächst nur telefonisch mitgeteilt wurde.

Noch vor Zustellung des schriftlichen Bescheides beantragte der Antragsteller mit Schreiben vom 23. November 2001, ihn nach § 31 Abs. 1 b Ärzte-ZV zur Behandlung seiner im einzelnen benannten Patienten - derzeit 28 - bis zum Abschluss der Psychotherapie zu ermächtigen, nachdem das abrupte Aufkündigen des therapeutischen Arbeitsbündnisses von Seiten des Therapeuten beim Patienten schwere Traumata auslösen könne und zu befürchten sei, dass diese Patienten bei Therapieabbruch zum 31. Dezember 2001 nicht ausreichend versorgt würden.

Des weiteren beantragte er am 28. November 2001 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart den Erlass einer Einstweiligen Anordnung mit dem Begehren, ihn bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seinen Verlängerungsantrag zur psychotherapeutischen Versorgung zuzulassen, da er ohne die begehrte vorläufige Verlängerung seiner Zulassung seine gesamte gesetzlich krankenversicherte Patientenklientel und damit die Grundlage seiner PRAXIStätigkeit verlieren würde, welches faktisch der Entziehung einer Zulassung gleichstünde. Seiner Auffassung nach folge aus dem Urteil des BSG vom 8. November 2000 nicht, dass einem Psychologischen Psychotherapeuten, der bereits am 1. Januar 1999 das 68. Lebensjahr vollendet habe, seine Zulassung nicht mehr verlängert werden könne, wenn er den 20-Jahres-Zeitraum zum Aufbau einer ausreichenden Altersversorgung nicht ausgeschöpft habe. Dieser Zeitraum errechne sich bei ihm nicht ab der bereits gelegentlichen psychotherapeutischen Nebentätigkeit ab 1983, sondern erst ab dem Aufbau der eigenen PRAXIS ab 1987.

Mit Bescheid vom 12. Dezember 2001 begründete der ZA den Beschluss vom 14. November 2001 dahingehend, dass die Altersgrenze in § 95 Abs. 7 SGB V absolut ohne Härtefallausgleich sei, so dass dem Verlängerungsantrag schon deswegen nicht stattgegeben werden könne, da der Antragsteller zum Zeitpunkt seiner Zulassung am 29. März 1999 bereits das 68. Lebensjahr vollendet habe. Somit sei ihm die Zulassung rechtswidrig erteilt worden und müsse ihm entzogen werden. Auch könne sich der Antragsteller nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen, nachdem er bereits die Ausschreibung zur Wiederbesetzung seines Vertragspsychotherapeutensitzes beantragt habe und nach Information des Beigeladenen Ziffer 1 bereits eine Bewerbung vorliege.

Nachdem nach telefonischer Auskunft des Bevollmächtigten des Antragstellers diesem am 17. Dezember 2001 der Bescheid vom 12. Dezember 2001 zugestellt wurde, wies das SG mit Beschluss vom 19. Dezember 2001 den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung mit der Begründung ab, nach summarischer Prüfung hätte weder ein gegen den Bescheid vom 12. Dezember 2001 eingelegter Widerspruch noch eine hiergegen gerichtete Klage Aussicht auf Erfolg, nachdem der Antragsteller im Zeitpunkt seiner Zulassung zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung bereits sein 69. Lebensjahr vollendet habe und ihm daher die Zulassung nach § 95 Abs. 6 SGB V entzogen werden müsse, wobei Vertrauensschutzgesichtspunkte insoweit keine Rolle spielten. Ein Herausschieben der 68-Jahres-Altersgrenze zur Erfüllung des 20-Jahres-Zeitraumes käme daher bei dem Antragsteller nicht in Betracht.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller am 28. Dezember 2001 Beschwerde beim SG erhoben, der das SG mit Beschluss vom 3. Januar 2002 nicht abgeholfen (S 10 KA 82/02 ER-B) und sie dem Landessozialgericht (LSG) zur Entscheidung vorgelegt hat.

Zur Begründung der Beschwerde trägt der Antragsteller vor, weder dem Gesetz noch der höchstrichterlichen Rechtsprechung lasse sich entnehmen, dass die 68-Jahres-Altersgrenze eine absolute Altersgrenze darstelle, die einer Neuzulassung ausnahmslos entgegen stehe. Auch die Entscheidung vom 8. November 2000 zeige seiner Auffassung nach, dass eine bedarfsunabhängige Zulassung auch nach Vollendung des 68. Lebensjahres möglich wäre, sofern die Voraussetzungen des § 95 Abs. 7 S. 3 und 4 SGB V vorlägen. Es bestehe auch ein Rechtsschutzbedürfnis am Erlass einer Einstweiligen Anordnung, nachdem der ZA in seinem Bescheid vom 12. Dezember 2001 ausdrücklich hervorgehoben habe, dass der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung habe. Dies sei auch in einem weiteren Schreiben vom 11. Februar 2002 bestätigt worden. Außerdem bestehe ein Anordnungsanspruch, nachdem der Antragsteller mittlerweile 34 Patienten behandle.

Er hat hierzu seinen Rentenbescheid vom 10. April 2002, die Einnahme-Überschuss-Rechnung der P. -T. , Steuerberatungs-Gesellschaft mbH vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2001, die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 sowie den Honorarbescheid IV/2001 vorgelegt.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage vom 6. März 2002 gegen den Beschluss des Antragsgegners vom 27. Februar 2002/ Bescheid vom 15. März 2002 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass es auf die zutreffende Berechnung der 20-Jahres-Frist schon deshalb nicht ankomme, da der Antragsteller wenigstens seit seinem 46. Lebensjahr als Angestellter in der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte versichert gewesen sei und somit eine ausreichende Altersversorgung aufgebaut habe.

Die Beigeladene Ziffer 1 beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass sich aus der Entscheidung des BSG vom 8. November 2000 ergebe, dass es sich bei der Regelung des § 95 Abs. 7 SGB V um eine absolute Altersgrenze handle, die zur Folge habe, dass ein Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeut, der das 68. Lebensjahr vollendet habe, nicht im Wege einer Härtefallfeststellung eine Zulassung erhalten könne.

Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert.

Mit Beschluss vom 27. Februar 2002/Bescheid vom 15. März 2002 hat der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers vom 19. Dezember 2001 gegen den Beschluss des ZA vom 14. November 2001 zurückgewiesen und den sofortigen Vollzug dieses Beschlusses mit der Begründung angeordnet, der Antragsteller beziehe Altersrente und sei daher für den Aufbau einer Altersversorgung nicht auf Verlängerung seiner Zulassung angewiesen. Auch lägen die Voraussetzungen für eine Zulassungsentziehung vor, nachdem er zum Zeitpunkt seiner Zulassung bereits das 68. Lebensjahr vollendet habe. Schließlich überwiege das öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug dieses Beschlusses im Hinblick auf die Bedarfsplanung und die Berechnung der Über- oder Unterversorgung im Planungsbereich R. -M. -Kreis, zum anderen wegen der Berechtigung zur Abrechnung von vertragspsychotherapeutischen Leistungen mit der Beigeladenen Ziffer 1, zumal der Antragsteller bereits am 10. September 2001 Antrag auf Ausschreibung seines Vertragspsychotherapeutensitzes gestellt habe und Bezieher einer Sozialversicherungsaltersrente sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die Akte des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Die zunächst zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des SG Stuttgart vom 19. Dezember 2001 hat sich erledigt, weil der Widerspruch vom 19. Dezember 2001 gegen den Bescheid des ZA vom 12. Dezember 2001 sowohl nach § 96 Abs. 4 SGB V als auch nach § 86 a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtgesetz (SGG), der mit Wirkung vom 2. Januar 2002 durch Art. 1 Nr. 35 des Sechsten Buches zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 17. August 2001, BGBl. I S. 2144 in das SGG eingeführt worden ist, grundsätzlich aufschiebende Wirkung hat. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt diese Vorschrift auch für Fälle zur Anwendung, die bereits vor ihrem In-Kraft-Treten anhängig geworden sind (vgl. Beschluss vom 7. März 2002 - L 5 KA 2191/01 ER-B). Denn es entspricht einem allgemeinen Grundsatz des Verfahrensrechts, dass neue Bestimmungen auch für schwebende Verfahren gelten, soweit - wie hier - nichts anderes vorgeschrieben ist (BSG, Urteil vom 23. April 1997 - 7 RAr 66/96 m.w.N., SozR 3-4100 § 152 Nr. 8).

Die Änderung der Anträge der Beteiligten ist angesichts der Erledigung des Beschlusses vom 19. Dezember 2001 daher sachdienlich im Sinne des § 99 SGG. Denn bei der Neuregelung des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung haben (§ 86 a Abs. 1 S. 1 SGG). Zu entscheiden ist im Beschwerdeverfahren daher über der Beschluss vom 27. Februar 2002/Bescheid vom 15. März 2002, der Gegenstand des anhängigen Eilverfahrens geworden ist , soweit darin der Sofortvollzug angeordnet wurde.

Rechtsgrundlage für die begehrte Entscheidung auf Aufhebung des angeordneten Sofortvollzuges ist § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG, nachdem die eingangs beschriebene aufschiebende Wirkung in den Fällen entfällt, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung angeordnet worden ist (vgl. § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG und damit inhaltlich übereinstimmend § 97 Abs. 4 SGB V). Für Fälle, in den - wie hier - die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat, kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich dabei nicht darauf, ob die Anordnung des Sofortvollzuges und insbesondere seine Begründung den Voraussetzungen des § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG entspricht. Die Befugnis des Gerichtes ist nicht auf die Kassation der behördlichen Vollzugsanordnung beschränkt. Es hat vielmehr eigenständig und losgelöst von der vorangegangenen behördlichen Vollzugsanordnung die Frage zu beurteilen, ob die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wieder herzustellen ist (vgl. zu § 80 Abs. 5 VwGO Finkelburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl. Rdnr. 855 m.w.N.).

Welche Kriterien für diese Entscheidung heranzuziehen sind, ist in § 86 b SGG nicht geregelt worden. Da die Regelungen des einstweiligen Rechtsschutzes in §§ 86 a und 86 b SGG den Regelungen der §§ 80 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 5 VwGO nachgebildet sind, besteht kein Anlass die bisherige Rechtsprechung des Senats zu ändern, die sich an den von den Verwaltungsgerichten zu §§ 80 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 5 VwGO ausgearbeiteten Grundsätzen orientiert hat. Danach kommt es für die Rechtmäßigkeit der sofortigen Vollziehung darauf an, ob das Interesse an der Vollziehung schwerer wiegt als das gegenläufige Interesse am Erhalt der aufschiebenden Wirkung. Dabei kann entsprechend der Eigenart des vorläufigen Rechtschutzverfahrens die Rechtmäßigkeit des zugrundeliegenden Verwaltungsaktes nur summarisch geprüft werden. Die Interessenabwägung fällt grundsätzlich von vornherein zugunsten der Vollziehung aus, wenn die gegenläufigen Interessen nicht schutzwürdig sind, weil die Klage gegen den Verwaltungsakt aufgrund summarischer Prüfung erkennbar aussichtslos ist; und sie fällt von vornherein gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit aus, wenn das Interesse daran deshalb nicht schutzwürdig ist, weil der Verwaltungsakt nach summarischer Prüfung erkennbar rechtswidrig ist (BSGE 4, 151, 155). Ist keiner dieser Fälle der erkennbaren Aussichtlosigkeit der Klage oder der erkennbaren Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes gegeben, so sind die beteiligten Interessen anhand sonstiger Umstände im Einzelfall zu ermitteln und gegeneinander abzuwägen.

Als zusätzliche Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit ist zu beachten, dass diese ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit erfordert. Allein die Feststellung, dass die Klage gegen den Verwaltungsakt aufgrund summarischer Prüfung erkennbar aussichtslos ist, kann zur Rechtfertigung der sofortigen Vollziehbarkeit nicht ausreichen; es muss auch immer ein öffentliches Interesse gerade daran bestehen, dass der Betroffene schon in der Zeit bis zum Abschluss des Rechtschutzverfahrens in der Hauptsache von der fraglichen Rechtsposition Gebrauch machen kann (sogenanntes besonderes öffentliches Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung, vgl. die BVerfG-Nachweise in LSG Baden-Württemberg MedR 1994, 418 = Breithaupt 1994, 966).

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann nach summarischer Prüfung derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass die Klage vom 6. März 2002 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 15. März 2002 Erfolgsaussicht hat.

Das BSG hat in dem von beiden Beteiligten zitierten Urteil vom 8. November 2000 zwar ausgeführt, dass die Anwendung der Regelung des § 95 Abs. 7 S. 3 Nr. 2 auch für Psychotherapeuten mit der Maßgabe, dass diese vor dem 1. Januar 1999 an der ambulanten Versorgung der Versicherten mitgewirkt haben, keine starre Anordnung einer Beendigung der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit bei Vollendung des 68. Lebensjahres darstelle. Dieses bedeute, dass solche Psychotherapeuten, die noch keine 20 Jahre an der ambulanten Versorgung der Versicherten mitwirkten, auch bei Vollendung ihres 68. Lebensjahres eine Verlängerung ihrer Zulassung bis zu einer Gesamttätigkeitsdauer vom insgesamt 20 Jahren erhalten könnten.

Ob hingegen aus der vom BSG gewählten Formulierung "die im Zeitpunkt der Vollendung ihres 68. Lebensjahres nach dem 1. Januar 1999" mit dem Antragsgegner zu folgern ist, dass dem Antragsteller, der im Zeitpunkt seiner Zulassung zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung am 29. März 1999 bereits sein 69. Lebensjahr vollendet hatte, deswegen die Zulassung über den entsprechend anwendbaren § 95 Abs. 6 SGB V zu entziehen ist, ist hingegen nach Auffassung des Senats eine noch nicht entschiedene Rechtsfrage, die der Klärung im Hauptsacheverfahren überlassen bleiben muss.

Für die Vertragsärzte wurde insoweit eine Überleitungsvorschrift in Art. 33 § 1 GSG getroffen, wonach auch solche Vertragsärzte, die bereits am 1.1.1999 das 68. Lebensjahr vollendet haben, die Möglichkeit der Ausschöpfung des 20-Jahres-Zeitraumes zum Aufbau einer ausreichenden Altersversicherung haben müssen (vgl. hierzu u.a. Funk, Handbuch des Sozialversicherungsrechts Band 1 Krankenversicherung , § 32 Rdnr. 77, S. 883). Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten - Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Grundgesetz (GG) - könnte insoweit die Anwendung des § 95 Abs. 7 S. 3 SGB V auf solche Psychotherapeuten, die bereits zum Stichtag vom 1. Januar 1999 das 68. Lebensjahr vollendet hatten, aber noch nicht 20 Jahre im Delegations- oder Kostenerstattungsverfahren tätig waren, auch eine entsprechende Anwendung des Art. 33 § 1 geboten sein. Zu dieser Rechtsfrage musste sich das BSG in dem zitierten Urteil nicht äußern, da die dortige Klägerin bereits 20 Jahre an der Versorgung im Rahmen der GKV mitgewirkt hatte. In diesem Zusammenhang dürfte auch nicht unbeachtet bleiben, dass dem Antragsteller bereits die Zulassung zur vertragstherapeutischen Versorgung erteilt wurde und er im Hinblick darauf eine PRAXIS in nicht unbeträchtlicher Größenordnung aufgebaut hat, so dass der Eingriff - Entzug der Zulassung mit sofortiger Wirkung - auch und gerade unter Vertrauensgesichtspunkten, aber auch unter dem Blickwinkel des Art 12 GG noch einen erheblich stärkeren Charakter hat.

Gleichfalls spricht einiges für eine Verlängerung der Zulassung des Antragstellers bis zum 30. Juni 2007, auch wenn er schon am 15. Juli 1983 die Behandlung von 2 Patienten im Kostenerstattungsverfahren begann. Diese Behandlung war aber sowohl zeitlich wie auch von der Prägung der Berufstätigkeit des Antragstellers von deutlich untergeordneter Bedeutung gegenüber seinem Hauptberuf als angestellter Klinikleiter. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zum sogenannten Zeitfenster (ebenfalls vom 8. November 2000 - B 6 KA 52/00 R - SozR 3-2500 § 95 Nr 25 - und B 6 Kr 46/00 R - SGb. 2001, 70) dürfte einiges dafür sprechen, auch im Rahmen des § 95 Abs. 7 SGB V von einer prägenden, der Altersversorgung dienenden Teilnahme an der psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten durch Delegationspsychotherapeuten oder im Rahmen der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V erst dann zu sprechen, wenn diese in eigener PRAXIS durchgeführt wurde. Von diesen Voraussetzungen dürfte bei dem Antragsteller erst ab dem 1. Juli 1987 ausgegangen werden können. Nach alledem dürfte jedenfalls nicht von einer völligen Erfolglosigkeit der Klage auszugehen sein, so dass die Interessenabwägung nicht von vornherein zugunsten der Vollziehung ausfällt. Es sind daher die Beteiligteninteressen gegeneinander abzuwägen.

Insofern dürften die Interessen des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner nicht aussichtslosen Klage überwiegen, nachdem die Zulassungsentziehung zu der Vernichtung seiner PRAXISexistenz führen würde und insbesondere bei Anordnung des Sofortvollzuges die laufenden Behandlungsfälle nicht mehr abgeschlossen werden könnten. Dies ist gerade bei Psychotherapeuten problematisch, nachdem diese zu ihren Patienten ein besonderes Therapieverhältnis aufbauen, so dass der Therapieerfolg durch den abrupten Abbruch der Therapiebeziehung erheblich gefährdet werden kann. Dieser letztere Gesichtspunkt spricht auch nach Auffassung des Senates dagegen, dass ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit besteht. Der Antragsgegner hat dies lediglich damit begründet, dass zum einen eine Planungssicherheit im Hinblick auf die Bedarfsplanung bestehen müsse, zum anderen eine unberechtigte Abrechnung von vertragspsychotherapeutischen Leistungen verhindert werden müsse. Diese Gründe können schon deswegen nicht maßgebend für eine sofortige Vollziehbarkeit des Beschlusses sein, weil dieser Sachverhalt dem Antragsteller seitens des Beigeladenen Ziffer 1 bereits mit Schreiben vom 27. August 2001 zur Kenntnis gebracht, dann über den Antrag auf Verlängerung der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit erst am 14. November 2001 entschieden und schließlich erst im Rahmen des Widerspruchs des Antragstellers durch Beschluss vom 27. Februar 2002 der Sofortvollzug angeordnet wurde, der erst durch Bekanntgabe des Bescheides vom 15. März 2002 wirksam wurde. Bereits diese Vorgehensweise seitens des Antragsgegners spricht gegen eine Eilbedürftigkeit. In diesem Zusammenhang dürfte dem Antragsteller auch nicht entgegengehalten werden können, dass er bereits zum 10. September 2001 einen Antrag auf Ausschreibung seines Vertragspsychotherapeutensitzes gestellt hat, nachdem er durch Schreiben vom 27. August 2001 ausdrücklich zur Einleitung des Ausschreibungsverfahrens bis spätestens 15. September 2001 aufgefordert wurde. Hieraus negative Schlüsse zu ziehen dürfte gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen. Insoweit dürfte vielmehr das Interesse der von dem Antragsteller betreuten Patienten auf Weiterbehandlung überwiegen, zumal der Antragsteller angesichts seiner glaubhaft gemachten finanziellen Verhältnisse den überwiegenden Teil seiner monatlichen Einkünfte (2.969,71 Euro Gewinn aus der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit gegenüber den Renteneinkünften in Höhe von 1.455,69 Euro) hat.

Es daher nach Auffassung des Senats angemessen, die angeordnete sofortige Vollziehung des Bescheides vom 15. März 2002 mit der ausgesprochenen Maßgabe auszusetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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