L 4 KR 2083/01

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 2857/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2083/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Mitgliedschaft bei neuer Kasse trotz Verspätung beim Wahlrecht. Der Kassenwechsel ist trotz verspäteter Ausübung des Wahlrechts wirksam, wenn die gewählte Kasse die Mitgliedschaft durch bindenden Bescheid bestädigt hat.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger ab 01. Juni 1999 bei der Beklagten oder der AOK Baden-Württemberg pflichtversichert ist.

Der am 1942 geborene verheiratete Kläger war bei der AOK Baden-Württemberg, Bezirksdirek-tion Rhein-Neckar (AOK), aufgrund von Beschäftigungsverhältnissen wie auch wegen des Be-zugs von Arbeitslosengeld (Alg), so zuletzt vom 03. Februar 1992 bis 13. April 1994 und an-schließend wegen Bezugs von Arbeitslosenhilfe (Alhi) vom 14. April bis 30. September 1994 und dann wieder vom 01. Januar 1997 bis 31. Mai 1999 aufgrund eines Beschäftigungsverhält-nisses krankenversichert. Er nahm am 01. August 1999, nach späteren Angaben am 01. Juni 1999, eine Beschäftigung als Trockenbaumonteur bei der Firma M. Trockenbautechnik in L. auf. Am 28. Oktober 1999 ging bei der Geschäftsstelle L. der Beklagten eine auf einem Formular der Beklagten abgegebene, zum Teil von Mitarbeitern der Beklagten ausgefüllte und vom Kläger undatiert unterschriebene Erklärung ein, wonach er die Mitgliedschaft bei der Beklagten ab 01. August 1999 aufgrund dieser Beschäftigung wähle. Dem waren Gespräche der Mitarbeiter dieser Geschäftsstelle der Beklagten mit dem Firmeninhaber M. vorangegangen, wobei der Ge-schäftsinhaber angegeben hatte, er habe vergessen, den Kläger anzumelden und wolle dies nach-holen. In der Erklärung war das monatliche Bruttoentgelt mit DM 3.100,-, und als letzte Versi-cherung die AOK in M. angegeben. Auf der Rückseite der Mitgliedschaftserklärung sind Bear-beitungsvermerke von Mitarbeitern der Beklagten mit Datum vom 28. Oktober 1999 angebracht, wonach die Aufnahme nach § 17 Abs. 1 und § 17 Abs. 2 Nrn. 2 und 6 der Satzung erfolgte. Auch der Bearbeitungsvorgang: "Bei Kassenwechsel nach § 150 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SGB V: Prüfung Bindungswirkung und ggf. Hinweise auf Kündigung bei Vorkasse erledigt" ist mit Da-tumsstempel 28. Oktober 1999 und Handzeichen als erledigt dargestellt. Es wurde die Versi-chertennummer 214842726 vergeben.

Die Beklagte sandte dem Kläger anschließend die Krankenversichertenkarte (KVK) mit Begleit-schreiben zu. Am 15. November 1999 stellte der Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychothera-pie, Naturheilverfahren Dr. P. beim Kläger Arbeitsunfähigkeit (AU) fest und gab als Diagnose Parästhesie rechte Hand und beide Füße, Z. n. TIA, Hochdruckkrise, depressive Anpassungsstö-rung an. Handschriftlich ist auf der Folgebescheinigung vom 10. Dezember 1999 vermerkt: "Suizidgefährdet - in psychiatrischer Behandlung". Es gingen auch Folgebescheinigungen, eine weitere AU - Feststellung durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. am 18. Januar 2000 mit der Diagnose paranoid-halluzinatorische Psychose und weitere AU - Bescheinigungen jeweils bei der Geschäftsstelle L. der Beklagten ein. Im Rahmen der Prüfung des Anspruches auf Krankengeld (Krg) nach Auslaufen der Lohnfortzahlung beantwortete Dr. P. am 28. Dezember 1999 auf dem Formular der Beklagten die Fragen zur Diagnose und der Gefährdung der Er-werbsfähigkeit, das am 30. Dezember 1999 bei der Geschäftsstelle L. einging. In gleicher Weise beantwortete der Kläger die formularmäßige Anfrage der Beklagten zur AU hinsichtlich Beruf, Beschwerden und ärztliche Behandlung am 05. Januar 2000; er gab als Krankenkasse bis 31. Juli 1999 entsprechend dieser Vorgabe die AOK an. Hierauf bat der Mitarbeiter H. von der Ge-schäftsstelle L. der Beklagten den Kläger mit Schreiben vom 19. Januar 2000 zwecks Klärung des Versicherungsverhältnisses zu einem Gesprächstermin am 24. Januar 2000 mit der Aufforde-rung, Gehaltsstreifen ab 01. August 1999 mitzubringen. Der Kläger legte eine Verdienstabrech-nung der Firma M. Trockenbautechnik für den Zeitraum 01. bis 31. Mai 1999 vor, wobei hand-schriftlich als Eintritt der 01. Juni 1999 vermerkt war. Er erklärte nun, er sei ab 01. Juni 1999 bei der Firma beschäftigt. Er habe seinen Lohn jedoch bis zum heutigen Tage, ausgenommen einige wenige Zahlungen von DM 500,-, DM 300,-, DM 200,- und DM 280,-, nicht erhalten. Sein Beschäftigungsverhältnis bestehe noch. Weiter legte er einen Inkassoauftrag gegen die Firma M. mit einer Hauptforderung von DM 14.000,- vor.

Mit Schreiben vom 19. Januar 2000 bat die Beklagte die AOK um Angaben zur Festsetzung der 3-Jahres-Frist nach § 48 Abs. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V), was diese am 21. Januar 2000 unter Angabe einer Versicherungszeit vom 01. Januar 1997 bis 31. Mai 1999 beantwortete. Mit Schreiben vom 10. Februar 2000 an die Firma M. Trockenbautechnik be-stätigte die Geschäftsstelle L. der Beklagten durch die Mitarbeiterin W. die Mitgliedschaft des Klägers nach § 175 SGB V; dieser habe die Beklagte als Krankenkasse gewählt, und die Mit-gliedschaft beginne aufgrund der Beschäftigung bei der Firma M. am 01. Juni 1999. Die auf-grund eines Schreibens der Mitarbeiterin W. der Geschäftsstelle L. eingeschaltete Hauptverwal-tung der Beklagten teilte mit am 02. März 2000 bei der Geschäftsstelle eingegangenem Schrei-ben vom 28. Februar 2000 mit, dass das Wahlrecht nach § 175 Abs. 3 SGB V bezogen auf eine Mitgliedschaft ab 01. August 1999 mit Antragseingang am 28. Oktober 1999 nicht innerhalb von zwei Wochen ausgeübt worden sei, weshalb die zur Meldung verpflichtete Stelle den Versiche-rungspflichtigen ab Eintritt der Versicherungspflicht bei derjenigen Krankenkasse anzumelden habe, bei der zuletzt eine Versicherung bestanden habe (hier die AOK in M.). Die Firma M. Trockenbautechnik entrichtete am 16. Dezember 1999 und 19. Januar 2000 Ge-samtsozialversicherungsbeiträge (GSVB) für den Kläger an die Beklagte. Entsprechend den Weisungen im Schreiben vom 28. Februar 2000 informierte der Mitarbeiter D. von der Ge-schäftsstelle L. der Beklagten die Firma M. Trockenbautechnik über die Annullierung der Mit-gliedschaft sowie die Zuständigkeit der AOK und den Kläger auch darüber, dass zur Durchfüh-rung der Krankenversicherung ab 01. Juni 1999 die AOK in M. zuständig sei.; um Rücksendung der KVK wurde gebeten. Am 08. März 2000 wurde die Geschäftsstelle M. - S. der Beklagten beauftragt, diese KVK einzuziehen. Ebenfalls mit Schreiben vom 02. März 2000 wurde die AOK auf ihre Zuständigkeit hingewiesen. Einen wegen eines vom Kläger bei der Beklagten einge-reichten Heil- und Kostenplanes für eine prothetische Versorgung mit geschätzten Gesamtkosten von DM 7.550,- erteilter Gutachtensauftrag an die Kassenzahnärztliche Vereinigung zog die Beklagte zurück und übersandte schließlich mit Schreiben vom 22. März 2000 die angefallenen Unterlagen an die AOK, nachdem sie zuvor die behandelnden Ärzte Dr. P. und Dr. K. um Ko-stenaufstellung für beim Kläger erbrachte Leistungen gebeten hatte. Die AOK verwies gegen-über der Beklagten darauf, dass auf dem Original der Mitgliedserklärung auf der Rückseite qua-lifizierte Entscheidungen der Sachbearbeiter getroffen worden seien, wobei die Mitgliedschaft nach § 17 der Satzung der Beklagten begründet worden sei. Handle es sich hierbei um einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt, könne er nur im Rahmen des § 45 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) zurückgenommen werden, wobei nach dessen Abs. 2 eine Rücknahme nicht möglich sei, soweit der Begünstigte auf den Bestand vertraut habe und sein Vertrauen unter Abwägung mit den öffentlichen Interessen an der Rücknahme schutzwürdig sei.

Nachdem er weder von der Beklagten noch von der AOK Krg erhalten hatte, schaltete der Klä-ger seinen Prozessbevollmächtigten ein, der sich am 05. Juli 2000 mit der Forderung auf Zah-lung von Krg und unter Hinweis auf die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 15. Juni 2000 infolge ordentlicher Kündigung an die Beklagte ebenso wandte wie an die AOK. Nach Schriftwechsel, wobei die AOK darauf hinwies, die Beklagte betreibe mit dieser Verfah-rensweise Risikoselektion, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 11. Oktober 2000 fest, dass ein Versicherungsverhältnis des Klägers bei ihr ab 01. Juni 1999 nicht bestehe und verwies darauf, dass das der Krankenversichertenkarte beigefügte Begrüßungsschreiben der Kasse kein Verwal-tungsakt sei, was das Bundessozialgericht (BSG) festgestellt habe. Mit Bescheid vom 11. Dezember 2000 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss II den Wider-spruch zurück, da der Kläger sein Wahlrecht nach § 175 Abs. 3 Satz 1 SGB V verspätet ausgeübt habe und infolge dessen die AOK für die Durchführung der Mitgliedschaft zuständig sei.

Hiergegen erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Mannheim mit der Begründung, die Beklagte habe auf der Rückseite der Mitgliedserklärung eine qualifizierte Entscheidung über seine Aufnahme getroffen. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten entgegen. Das SG lud mit Beschluss vom 22. Januar 2001 die AOK Baden-Württemberg zum Rechtsstreit bei. Diese beantragte unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten festzustellen, dass der Kläger seit 01. Juni 1999 bei der Beklagten krankenversichert sei. Das SG gab mit Urteil vom 23. April 2001, das der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 08. Mai 2001 zugestellt wurde, der Klage statt und stellte fest, dass der Kläger bei der Beklagten seit 01. Juni 1999 krankenversichert sei. In den Entscheidungsgründen, auf die zur weiteren Dar-stellung Bezug genommen wird, führt das SG im Wesentlichen aus, es komme nicht darauf an, ob der Kläger sein Wahlrecht nach § 175 Abs. 3 Satz 1 SGB V rechtzeitig oder später ausgeübt habe. Maßgeblich sei allein, dass die Beklagte dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 10. Februar 2000 einen Verwaltungsakt dahingehend erlassen habe, dass dieser bei ihr seit 01. Juni 1999, auch nicht erst seit 01. August 1999, Mitglied sei. Dieser Bescheid sei von der Beklagten auch nicht aufgehoben worden, wobei unschädlich sei, dass dieser Verwaltungsakt den Kläger über seinen Arbeitgeber erreicht habe. Die Beklagte habe genau denselben Weg ge-wählt wie der Kläger mit seiner Antragstellung. Weil es sich hierbei um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handle, dessen Rücknahme, Widerruf oder Aufhebung sich allein nach § 44 ff SGB X richte, fehle bisher eine Entscheidung der Beklagten hierüber.

Die Beklagte wendet sich hiergegen mit der am 14. Mai 2001 schriftlich beim Landessozialge-richt (LSG) eingegangenen Berufung, die sie unter Wiederholung ihres Vorbringens beim SG und im Verwaltungsverfahren bezüglich nicht fristgerechter Wahl als Kasse weiter damit be-gründet, das Schreiben vom 10. Februar 2000 sei kein Verwaltungsakt. Es fehle am Regelung-scharakter im Sinne des § 31 SGB X, da lediglich etwas bescheinigt worden, aber nicht ein Rechtsverhältnis festgestellt oder verändert worden sei. Eine Mitgliedsbescheinigung sei jedoch kein rechtsbegründender Verwaltungsakt. Darüber hinaus könne auch der Argumentation hin-sichtlich der Adressierung des Schreibens vom 10. Februar 2000 an den Arbeitgeber nicht ge-folgt werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. April 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des SG für richtig.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG ebenfalls für richtig.

Der Berichterstatter hat am 05. Juli 2001 den Sachverhalt mit den Beteiligten erörtert und am 18. Juni 2002 die Mitarbeiter der Beklagten H. und D. als Zeugen vernommen. Auf die Ver-nehmungsniederschrift wird Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündli-che Verhandlung einverstanden erklärt

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Beigeladenen Be-zug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Bescheid der Beklagten vom 11. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2000 den Kläger in seinen Rechten verletzt. Der Kläger ist ab 01. Juni 1999 pflichtversichertes Mitglied der Be-klagten geworden. Das SG hat deshalb die o.g. Bescheide zu Recht aufgehoben und die Mit-gliedschaft des Klägers ab 01. Juni 1999 bei der Beklagten festgestellt.

Zunächst ist zu bemerken, dass der Arbeitgeber des Klägers hier nicht beizuladen war, da sich die für ihn aus der hier zu treffenden Entscheidung ergebenden Verpflichtungen als reiner Rechtsreflex ergeben, da die grundsätzlich bestehende Versicherungspflicht des Klägers jeden-falls jetzt nicht mehr in Zweifel gezogen wird, mag sich die Beklagte auch gelegentlich in dieser Hinsicht geäußert haben.

Der Entscheidung ist § 175 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2001 gültig gewesenen Fassung (a.F.) zugrunde zu legen. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift ist die Ausübung des Wahlrechts gegen-über der gewählten Krankenkasse zu erklären. Diese darf die Mitgliedschaft nicht ablehnen. Gemäß § 175 Abs. 2 SGB V hat die gewählte Krankenkasse nach Ausübung des Wahlrechts unverzüglich eine Mitgliedsbescheinigung auszustellen. Die Mitgliedsbescheinigung ist der zur Meldung verpflichteten Stelle unverzüglich vorzulegen Gemäß § 175 Abs. 3 Satz 1 SGB V ist das Wahlrecht Versicherungspflichtiger spätestens zwei Wochen nach Eintritt der Versiche-rungspflicht auszuüben. Satz 2 Abs. 3 der Vorschrift wurde erst mit Gesetz vom 22. Dezember 1999 (BGBl. 1 S. 2626) angefügt. Darin ist bestimmt: Wird das Wahlrecht nicht ausgeübt, hat die zur Meldung verpflichtete Stelle den Versicherungspflichtigen ab Eintritt der Versicherungs-pflicht bei der Krankenkasse anzumelden, bei der zuletzt eine Versicherung bestand; bestand vor Eintritt der Versicherungspflicht keine Versicherung, hat die zur Meldung verpflichtete Stelle den Versicherungspflichtigen ab Eintritt der Versicherungspflicht bei einer nach § 173 SGB V wählbaren Krankenkasse anzumelden und den Versicherungspflichtigen unverzüglich über die gewählte Krankenkasse zu unterrichten.

Zunächst ist festzustellen, dass auf der Basis der am 28. Oktober 1999 bei der Geschäftsstelle L. der Beklagten eingegangenen Erklärung des Klägers über die Wahl der Krankenkasse für die Mitarbeiter der Beklagten klar erkennbar die Frist des § 175 Abs. 3 Satz 1 SGB V schon verstri-chen war, da in dieser Erklärung als Beginn des Beschäftigungsverhältnisses der 01. August 1999 angegeben war. Die Beklagte hat weiterhin auch noch eine längere Überschreitung der Er-klärungsfrist insofern akzeptiert, als sie nach entsprechenden Erklärungen der Firma M. Trok-kenbautechnik auch eine Korrektur des Zeitpunktes der Arbeitsaufnahme um zwei Monate und damit nachträglich den Versicherungsbeginn am 01. Juni 1999 akzeptiert hat. Dies ergibt sich aus dem, wie darzulegen sein wird, als Bescheid zu wertenden Schreiben der Geschäftsstelle L. der Beklagten vom 10. Februar 2000 an den Arbeitgeber, in dem festgestellt wurde, dass der Kläger seit 01. Juni 1999 und nicht etwa erst seit 01. August 1999 Mitglied der Beklagten ist; das kann nur zutreffend gewürdigt werden, wenn man den gesamten Zusammenhang beachtet, der dadurch geprägt ist, dass der Arbeitgeber, was gerade bei Kleinbetrieben gehäuft vorkommt, zunächst die Anmeldung des Klägers vergessen hatte und sie nachholen wollte. Der Senat lässt dahingestellt, ob die internen Bearbeitungsvermerke des Mitarbeiters D. der Be-klagten vom 28. Oktober 1999 Verwaltungsakte darstellen. Inwieweit in der Übersendung der KVK an den Kläger am Tage der Überprüfung seiner Erklärung durch die Mitarbeiter der Be-klagten in L. ein Verwaltungsakt dahingehend gesehen werden könnte, dass damit der Kläger Mitglied der Beklagten geworden ist, kann ebenso unentschieden bleiben. Nach der Rechtspre-chung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 19. Juni 2001 -B 12 KR 37/00 R- SozR 3-2500 § 9 Nr. 3) stellt die Ausstellung einer Mitgliedsbescheinigung zu Zwecken der Vorlage bei der privaten Krankenversicherung keinen Verwaltungsakt dar. Ebenso wenig ist das Begleit-schreiben, mit dem die KVK übersandt wird, teilweise Begrüßungsschreiben genannt, als Ver-waltungsakt anzusehen, der den Beginn der Mitgliedschaft geregelt hätte (BSG aaO unter Be-zugnahme auf BSG SozR 3-2200 § 306 Nr. 2). Vorliegend hatte die Beklagte jedoch lange Zeit, die Richtigkeit der Erklärung des Klägers zu überprüfen. Ihr war die verspätete Anmeldung, wie sich aus den Angaben ihres Mitarbeiters H. bei seiner Vernehmung durch den Berichterstatter ergibt, ebenso bekannt wie dem Arbeitgeber. Es liegt auf der Hand, dass in einem solchen Fall mit dem Schreiben an den Arbeitgeber des Klägers, die Firma M. Trockenbautechnik, vom 10. Februar 2000, das ausdrücklich als Mitgliedsbescheinigung bezeichnet und in dem ausge-führt wird, dass die Mitgliedschaft des Klägers aufgrund der Beschäftigung bei dem Arbeitgeber am 01. Juni 1999 beginne sowie das Mitglied, sofern noch nicht geschehen, bei der Beklagten anzumelden und diese Mitgliedsbescheinigung zu den Unterlagen des Arbeitgebers zu nehmen sei, eine auch gegenüber dem Kläger bindende Regelung getroffen wurde und getroffen werden sollte; dabei war auch der Arbeitgeber daran interessiert, dass die so lange offen gewesene An-gelegenheit endgültig mit Bindungswirkung geregelt werde. Es sollte mit diesem Schreiben end-gültig Klarheit geschaffen werden, wobei weder beim Kläger noch bei seinem Arbeitgeber so eingehende Rechtskenntnisse unterstellt werden können, wie sie bei den Bediensteten der Be-klagten vorhanden sind. Diese Mitgliedsbescheinigung war das Ergebnis einer Prüfung, die nach Einleitung mit dem Schreiben vom 19. Januar 2000 an den Kläger durch den Mitarbeiter der Beklagten D. durchgeführt wurde. Wie dieser bei seiner Vernehmung bekundet hat, hat er den Aufnahmeantrag am 28. Oktober 1998 abgezeichnet und dem Kläger die KVK mit dem Begrü-ßungsschreiben zugesandt. Er hat dann im Januar 2000 ein Gespräch mit dem Kläger geführt, bei dem dieser eine eidesstattliche Versicherung unterschrieben und sein Einkommen bei der Firma M. Trockenbautechnik mit DM 2.500,- bzw. DM 3.000,- o.ä. angegeben hat. Der Kläger hat auch eine Verdienstabrechnung, bei der als Zeitraum der 01. Mai bis 31. Mai 1999 angege-ben ist, vorgelegt. Handschriftlich ist jedoch der Eintritt vom 01. Mai 1999 auf 01. Juni 1999 verbessert. Der Kläger hat zudem handschriftlich unter dem Datum 31. Januar 2000 erklärt, dass er ab 01. Juni 1999 bei der Firma M. Trockenbautechnik beschäftigt sei und erst jetzt erfahren habe, dass gegen Herrn M. seit längerer Zeit eine Gewerbeuntersagung bestehe. Er habe seinen Lohn bis zum Erklärungszeitpunkt nur mit geringfügigen Teilbeträgen von DM 500,-, 300,-, 200,- und 280,- erhalten. Diese Erklärungen und Abrechnungen tragen zwar in den Verwal-tungsakten der Beklagten einen Eingangsstempel vom 02. März 2000, was jedoch auf die Über-sendung der Akten an die Hauptverwaltung zurückzuführen sein dürfte, nachdem in dem Com-puterausdruck der Leistungssachbearbeitung unter dem 31. Januar 2000 bezüglich des Klägers "Klärung durch Herrn D." aufgeführt ist. Als weitere Daten sind dann der 21. Februar 2000 und schließlich der 28. Februar 2000 mit dem Ergebnisvermerk aufgeführt: "Laut Herrn D. ( tel. m. HV.) wird Mitgl. annulliert". Somit ist ersichtlich, dass der Geschäftsstelle L. der Beklagten nach dem Gespräch mit dem Kläger im Januar 2000 die o.g. Verdienstabrechnung für Mai 1999 handschriftlich korrigiert auf 01. Juni 1999 vorlag und die Beklagte in Kenntnis dieser Umstände am 10. Februar 2000 noch einmal die Mitgliedschaft nunmehr mit Beginn 01. Juni 1999 ver-bindlich bestätigt hat.

Im Übrigen kann sich die Beklagte auf die Überschreitung der Frist des § 175 Abs. 3 Satz 1 SGB V deshalb nicht berufen, weil sie diese am 28. Oktober 1999 schon akzeptiert und auch im Schreiben vom 10. Februar 2000 in Kenntnis einer viel längeren Fristüberschreitung wiederholt hat. Sie verhielte sich sonst treuwidrig, was nicht akzeptiert werden kann.

Soweit der hier anwendbare § 45 SGB X bezüglich der Rücknahme des Bescheids vom 10. Februar 2000 in Betracht kommt, fehlt es an den Voraussetzungen einer Rücknahme gemäß § 45 Abs. 2 SGB X, ganz abgesehen davon, dass ein entsprechender Rücknahmebescheid bisher nicht ergangen ist und wegen Fristablaufs wohl auch nicht mehr ergehen kann. Die bloße "An-nullierung" der Mitgliedschaft stellt keinen derartigen Bescheid dar.

Die Berufung des Klägers erwies sich somit als unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass. Weder hat die Rechtssache, die nur diesen Einzelfall mit besonderer Konstellation betrifft, grundsätzliche Bedeutung, noch ist der Senat, soweit ersichtlich, vom Urteil eines der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abgewi-chen.
Rechtskraft
Aus
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