L 8 AL 3134/01

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AL 6506/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 3134/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Verlangt das Arbeitsamt vom Arbeitslosen unter Androhung der Aufhebung der Bewilligungsentscheidung den Nachweis von Eigenbemühungen, so müssen diese von ihm verlangten Bemühungen eindeutig und klar formuliert sein.
Die verlangten Bemühungen müssen für den Arbeitslosen selbständig erfüllbar sein; er darf dabei nicht vom Verhalten Dritter abhängig sein (z.B. vom potentiellen Arbeitgeber).
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Juni 2001 sowie der Bescheid der Beklagten vom 14. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 2000 aufgehoben.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die am 54 geborene Klägerin wendet sich gegen die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe und die Rückforderung erbrachter Leistungen. Die Klägerin war bis 31.12.1997 als Montiererin bei der AG in Stuttgart berufstätig. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31.12.1997 durch Aufhebungsvertrag beendet. Am 02.03.1998 meldete sich die Klägerin beim Arbeitsamt (AA) arbeitslos. Auf ihren Antrag wurde ihr ab 08.04.1998 Arbeitslosengeld (Alg) gewährt. Ab 11.03.2000 war der Anspruch erschöpft. Nach zwischenzeitlichem Krankengeldbezug beantragte die Klägerin am 10.04.2000 die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi). Bei einer persönlichen Vorsprache der Klägerin beim AA am 17.04.2000 wurde sie - u.a. - auf Eigenbemühungen angesprochen. Da die Klägerin keine Eigenbemühungen nennen konnte, wurde sie am 17.04.2000 schriftlich aufgefordert, folgende Eigenbemühungen zu unternehmen: "10 SIS-Ausdrucke (Helferstellen, Versand, Verpackung, Kantine ...); 4 Vorsprachen bei Zeitarbeitsfirmen (Bestätigung, Ergebnis); 5 Absagen von Arbeitgebern." Weiter wurde die Klägerin aufgefordert, die entsprechenden Nachweise am 24.07.2000 vorzulegen bzw. überprüfbare Angaben zu machen. Sie wurde außerdem über die Rechtsfolgen belehrt, insbesondere wurde sie darauf hingewiesen, dass die Entscheidung über die bewilligte Leistung für den Zeitraum ab Zugang der Aufforderung bis zum genannten Nachweistermin zurückzunehmen oder aufzuheben ist, falls keine ausreichenden Eigenbemühungen unternommen werden. Außerdem wurden der Klägerin am 17.04.2000 vom AA schriftlich drei Stellen angeboten (Firma GmbH als Küchenhilfe mit sehr guten Deutschkenntnissen; Firma GmbH als Küchenhilfe; GmbH als Küchenhilfe mit Deutschkenntnissen). Die angebotenen Stellen lehnte die Klägerin jeweils mit der Begründung ab, sie sei dafür nicht geeignet, da sie an einer Allergie gegen Spülmittel leide. Mit Bescheid vom 05.05.2000 bewilligte das AA der Klägerin Arbeitslosenhilfe ab 08.04.2000 in Höhe von täglich DM 56,84 (Bemessungsentgelt DM 940,00, Leistungsgruppe C/1). Bei ihrer Vorsprache am 24.07.2000 legte die Klägerin insgesamt 15 SIS-Ausdrucke vor (Zimmermädchen: 10; Lager-Transporthelfer: 2; Versandhelferin, Buchbinderhelfer sowie Dresser / Ankleider: jeweils 1). Das AA händigte der Klägerin eine 2. Aufforderung zur Vorlage von Nachweisen über Eigenbemühungen bis zum 18.10.2000 aus. Mit Bescheid vom 14.08.2000 hob das AA die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 18.04.2000 bis 23.07.2000 ganz auf, da die Klägerin nur unzureichende Nachweise über Eigenbemühungen vorgelegt habe. Infolgedessen sei sie im Nachweiszeitraum nicht arbeitslos gewesen und habe keinen Leistungsanspruch. Gleichzeitig forderte das AA erbrachte Leistungen in Höhe von 5.513,48 sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 1.500,55 (insgesamt DM 7.014,03) von der Klägerin zurück. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 21.08.2000 Widerspruch. Sie trug vor, sie habe sich SIS-Ausdrucke ausgesucht. Eine Frau von der Information habe ihr dabei geholfen. Ihr sei gesagt worden, dass sie dort nur anzurufen brauche. Dies habe sie auch getan. Wie viel es waren und welche, wisse sie nicht mehr genau. Nur beim Hotel habe sie zu einem Bewerbungsgespräch kommen können. Sie habe sich um Stellen bemüht. Nach Anhörung der Klägerin wurde ihr Widerspruch durch die Widerspruchsstelle des AA mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2000 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, sie sei der Aufforderung des AA vom 17.04.2000 nicht nachgekommen. Deshalb liege Arbeitslosigkeit für die Zeit vom 18.04.2000 bis 23.07.2000 gemäß § 119 SGB III nicht vor. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X nicht berufen, da sie eine Belehrung über die möglichen Rechtsfolgen erhalten habe. Die Leistungsbewilligung habe daher zurückgenommen werden müssen. Den Überzahlungsbetrag habe die Klägerin gemäß § 50 Abs. 1 SGB X sowie die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge gemäß § 335 Abs. 1, Abs. 5 SGB III zu erstatten. Am 22.11.2000 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Stuttgart Klage. Sie trug zur Begründung vor, die Ansicht des AA sei unzutreffend. Sie habe im fraglichen Zeitraum 12 SIS-Ergebnisse vorgelegt. Außerdem habe sie Nachweise vorgelegt, dass sie sich bei mindestens vier Zeitarbeitsfirmen beworben habe. Es handele sich um die Firmen , GmbH Stuttgart, Stuttgart und Stuttgart. Sie habe zum Nachweis der Bewerbungen ihr ausgehändigte Visitenkarten dieser Firmen vorgelegt. Außerdem habe sie zahlreiche telefonische Bewerbungen und persönliche Bewerbungen bei verschiedenen Firmen vorgenommen. Sie sei von ihrem Sohn, der im Gegensatz zu ihr die deutsche Sprache beherrsche, unterstützt worden. Ihr sei von der zuständigen Sachbearbeiterin selbst gezeigt worden, wie sie wegen der SIS-Ausdrucke den Computer zu bedienen habe. Die Ausdrucke seien ihr von der Sachbearbeiterin ausgehändigt worden. Sie habe sämtliche Firmen aus den SIS-Drucken angerufen und sich um die dort ausgeschriebenen Stellen bemüht. Bedauerlicherweise habe sie keine Zusage erhalten. Arbeitslosigkeit im streitigen Zeitraum liege somit vor. Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie berief sich auf eine Stellungnahme der Vermittlerin Frau R vom 13.03.2001. Darin wurde ausgeführt, die Klägerin habe bei ihrer Vorsprache am 24.07.2000 zahlreiche SIS-Ausdrucke vorgelegt, wobei bei vielen Stellen als Voraussetzung gute Deutschkenntnisse verlangt worden seien. Dies treffe bei der Klägerin nach dem Vortrag ihres Anwaltes jedoch nicht zu. Weiter seien zahlreiche SIS-Ausdrucke aus dem Reinigungsbereich. Die Klägerin habe bei den Vermittlungsvorschlägen als Küchenhilfe jedoch angegeben, dass sie diese Tätigkeit aufgrund einer Allergie nicht ausüben könne. Zwischenzeitlich liege eine Bestätigung des behandelnden Arztes Dr. D vor, wonach die Klägerin keine Arbeiten mit Spülmittel ausführen könne. Bestätigungen bzw. Ergebnisse von Vorsprachen bei Zeitarbeitsfirmen sowie Absagen seien von der Klägerin nicht vorgelegt worden. Die SIS-Ausdrucke seien als Nachweis über Eigenbemühungen nicht genügend. Die daraus resultierenden Rechtsfolgen seien der Klägerin am 17.04.2000 und 24.07.2000 ausführlich dargelegt worden. Die Klägerin habe auf Nachfrage angegeben, alles verstanden zu haben. Dass die Klägerin Visitenkarten von Zeitarbeitsfirmen vorgelegt habe, sei nicht zutreffend. Unzutreffend sei auch, dass sie der Klägerin selbst gezeigt habe, wie die SIS-Geräte zu bedienen seien und dass sie der Klägerin Ausdrucke ausgehändigt habe. Es frage sich, wieso die Klägerin am 24.07.2000 keine Ergebnisse habe mitteilen können, wenn sie sich entsprechend ihrem Vortrag bei allen Arbeitgebern telefonisch um eine Stelle bemüht habe. Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 18.06.2001 die Klägerin angehört und den von ihr in die Sitzung gestellten Zeugen K vernommen. Auf die Niederschrift vom 18.06.2001 wird verwiesen. Das SG wies die Klage durch Urteil vom 18.06.2001 ab. Es stützte seine Entscheidung auf § 45 SGB X, §§ 190 Abs. 1 Nr. 1, 198 Satz 2 Nr. 1, 118 Abs. 1 Nr. 2, 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 2 SGB III. Zur Begründung führte aus, die an eine Aufforderung zum Nachweis von Eigenbemühungen zu stellenden Anforderungen seien erfüllt. Die Klägerin habe den geforderten Nachweis nicht erbracht. Das Gericht habe sich durch die glaubhafte und in sich stimmige Aussage des Zeugen K zwar davon überzeugen können, dass die Klägerin im Sommer 2000 schriftliche Bewerbungen mit Hilfe des Zeugen unternommen habe, die genaue Anzahl sei aber offen geblieben. Wie viele dieser Bewerbungen in den streitgegenständlichen Zeitraum gefallen seien, habe sich nicht weiter klären lassen. Auf die Art der in Aussicht genommenen Stellen käme es entscheidend an. Hinsichtlich der gesetzlichen Verpflichtung zu Eigenbemühungen könnten keine Bewerbungen als ausreichend angesehen werden, für die die Klägerin von vornherein nicht in Betracht komme und sie dies auch habe erkennen können. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Klägerin vorwiegend oder gar ausschließlich auf Stellen beworben habe, deren Ausübung ihr gesundheitlich nicht möglich gewesen sei, für die sie also von vornherein nicht in Betracht komme. Weitere überprüfbare Angaben habe die Klägerin nicht gemacht. Näheres habe die Klägerin lediglich zu einer Stelle als Zimmermädchen im Hotel vorgetragen. Hinsichtlich der genannten Firma und der und GmbH habe sie die in Aussicht genommene Tätigkeit nicht benannt oder andere Einzelheiten nicht mitgeteilt. Bei welchen Zeitarbeitsfirmen sie sich beworben habe, habe die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht zu sagen vermocht. Lediglich die Firma habe sie nach langem Nachdenken benennen können. Nähere Angaben, die eine Überprüfung ermöglichten, seien jedoch auch hier nicht gemacht worden. Dass die Klägerin dem AA Visitenkarten von Zeitarbeitsfirmen vorgelegt habe, sei nicht ersichtlich. Einen Nachweis für eine tatsächliche Bewerbung hätte dies ohnehin nicht erbracht. Nach den Angaben der Klägerin habe sie eine oder zwei schriftliche Absagen von Arbeitgebern erhalten. Gleichwohl habe die Klägerin diese Schreiben weder der Beklagten noch dem Gericht vorgelegt. Die Klägerin wäre zumindest zu substantiierten Angaben, die weitere Ermittlungen zur Klärung ermöglicht hätten, verpflichtet gewesen. Sie habe die Folgen eines mangelnden Nachweises zu tragen. Die Klägerin sei daher im streitigen Zeitraum nicht arbeitslos gewesen. Die Rücknahmevoraussetzungen seien erfüllt. Die Bewilligungsentscheidung sei daher zwingend aufzuheben. Die Verpflichtung zur Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge ergebe sich aus § 335 SGB III. Gegen das ihr am 10.07.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 01.08.2001 Berufung eingelegt. Sie hat ergänzend vorgetragen, sie habe sich bei einer ganzen Reihe von Firmen beworben, teilweise schriftlich, teilweise persönlich, wobei schriftliche Bewerbungen über den vernommenen Zeugen Kuhn erfolgt seien. Hinsichtlich ihrer Bewerbung als Zimmermädchen beim Hotel , Stuttgart-Vaihingen, sei ihr erklärt worden, man werde sicherlich demnächst Arbeit für sie haben. Tatsächlich sei sie einige Monate später angerufen und gefragt worden, ob sie arbeiten könne. Zu diesem Zeitpunkt habe sie jedoch bereits eine andere Arbeit gefunden gehabt. Außerdem habe sie sich bei der Firma in Stuttgart-Vaihingen und der Firma , Wallgraben, Vaihingen beworben. Von der Firma sei ihr jedoch lediglich ein Arbeitsplatz mit einer vierstündigen Tätigkeit angeboten worden. Ihr Bruder sei bei diesem Vorstellungsgespräch anwesend gewesen. Diese Arbeitsstelle habe sie nicht annehmen können, weil die Bezahlung so gering gewesen wäre, dass sie davon nicht hätte leben können. Sie sei außerdem bei einer weiteren Zeitarbeitsfirma in Stuttgart-Vaihingen gewesen. Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Juni 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 14. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 2000 aufzuheben. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen. Sie hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend. Sie sei weiterhin der Auffassung, dass die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum keine Eigenbemühungen nachgewiesen habe und dass damit die Aufhebung der Leistungsbewilligung zu Recht ergangen sei. Wegen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Senatsakten sowie der Akte des SG und auf 1 Band Akten des AA verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist insgesamt zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Berufung ist auch begründet. Die Rücknahme der Leistungsbewilligung und die Rückforderung erbrachter Leistungen sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Der Klägerin stand im streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Alhi zu, weshalb das Urteil des SG und die von der Klägerin angegriffene Entscheidung des AA aufzuheben sind. Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hat nur, wer arbeitslos ist (§ 190 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Arbeitslos ist gemäß §§ 198 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. 118 Abs. 1 Nr. 2 und 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III u.a. wer alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Zwischen den Beteiligten ist allein streitig, ob die Klägerin auch dieses Teilelement der Anspruchsvoraussetzung "Arbeitslosigkeit" erfüllt. Der Senat gelangt entgegen der Ansicht des AA und des SG zu der Überzeugung, dass dies bei der Klägerin der Fall ist. Dabei lässt der Senat dahinstehen, ob Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 05.05.2000 für die Zeit vom 18.04.2000 bis 23.07.2000 § 45 SGB X oder § 48 SBG X ist. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob das AA die Klägerin gemäß § 119 Abs. 5 Satz 1 SGB III ordnungsgemäß bei der - erneuten - Arbeitslosmeldung auf ihre Verpflichtung zu Eigenbemühungen "besonders" hingewiesen hat, und falls nicht, ob ein solches Unterlassen einer Aufforderung des Arbeitslosen nach § 119 Abs. 5 Satz 2 SGB III, auf Verlangen des Arbeitsamtes seine Eigenbemühungen nachzuweisen, wenn er rechtzeitig auf die Nachweispflicht hingewiesen worden ist, von vornherein einer Rücknahme bewilligter Leistungen entgegensteht oder aber ob der Hinweis bei der Aufforderung zu Eigenbemühungen vom Arbeitsamt heilend nachgeholt werden kann und ob dies vorliegend erfolgt ist. Denn die Berufung der Klägerin erweist sich unabhängig davon als begründet. Denn die Klägerin hat den von der Beklagten geforderten Nachweis der Eigenbemühungen - soweit die Beklagte die geforderten Eigenbemühungen hinreichend bestimmt hat- erbracht. Die Beschäftigungssuche als Teilelement der Anspruchsvoraussetzung "Arbeitslosigkeit" ist durch Inkrafttreten des SGB III ab 01.01.1998 in das Arbeitsförderungsrecht eingefügt worden. Durch diese Pflicht zu Eigenbemühungen will der Gesetzgeber stärker als im früheren Recht verdeutlichen, dass es in erster Linie Aufgabe des Arbeitslosen selbst ist, für seine berufliche Wiedereingliederung Sorge zu tragen. Der Gesetzgeber wollte dadurch der verbreiteten Auffassung entgegentreten, es sei alleine Sache der Arbeitsverwaltung, den Versicherungsfall zu beenden (vgl. BT-Dr 13/4941 S. 175, abgedruckt in Hauck/Noftz M 010, S. 75). Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers steht ein Arbeitsloser, der außer der Meldung beim Arbeitsamt keine Anstrengungen unternimmt, um einen neuen Arbeitsplatz zu finden, der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung (BT-Dr 13/4941, S. 145, abgedruckt in Hauck/Noftz M 0010 S. 15). Dabei wird durch § 119 Abs. 5 Satz 2 SGB III der Arbeitsverwaltung die Möglichkeit eingeräumt, die aktualisierten Eigenbemühungen des Arbeitslosen zu überprüfen. Von dieser Möglichkeit hat das AA bei der Klägerin Gebrauch gemacht. Die Klägerin wurde bei ihrer Vorsprache am 17.04.2000 schriftlich aufgefordert, Eigenbemühungen in Form von 10 SIS-Ausdrucken (Helferstellen, Versand, Verpackung, Kantine ...), 4 Vorsprachen bei Zeitarbeitsfirmen (Bestätigung Ergebnis) und 5 Absagen von Arbeitgebern zu unternehmen und bis 24.07.2000 entsprechende Nachweise vorzulegen bzw. überprüfbare Angaben zu machen. Diese Aufforderung ist jedoch nicht geeignet, die aktualisierten Eigenbemühungen der Klägerin zu überprüfen, weshalb sich die Beklagten nicht mit Erfolg darauf berufen kann, die Klägerin habe nur unzureichende Nachweise über die geforderten Eigenbemühungen vorgelegt. Das Gesetz lässt allerdings offen, auf welche Weise der Nachweis von ausreichenden Eigenbemühungen zu führen ist. Im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz ist aber zu fordern, dass dem Arbeitslosen vom Arbeitsamt klar und unmissverständlich vorgegeben wird, welche geeigneten Nachweise von Eigenbemühungen er zu erbringen hat, jedenfalls dann, wenn die Absicht besteht, den Leistungsanspruch ggf. rückwirkend zu entziehen und erbrachte Leistungen zurückzufordern, wie dies bei der Klägerin der Fall gewesen ist. Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, aufgrund der Masse der Verfahren ließen sich rechtliche Vorgaben nicht immer umsetzen, wie der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung eingewandt hat. Denn es kann nicht in der Risikosphäre des Arbeitslosen liegen, unternommene Eigenbemühungen allein wegen unzureichender Vorgaben des Arbeitsamtes nicht nachweisen zu können und dadurch den sonst bestehenden Leistungsanspruch zu verlieren. Für das Erfordernis klarer und unmissverständlicher Vorgaben des Arbeitsamtes spricht auch, dass die Bundesregierung im Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung den geforderten Nachweis für weitgehend unproblematisch gehalten hat, wofür aber geeignete, klare und unmissverständliche Vorgaben Grundvoraussetzung sind. In der Bundestags-Drucksache wird weiter davon ausgegangen, dass die Nachweispflicht unterhalb einer Beweislast, aber höher als eine bloße Behauptung liege. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Nachweispflicht nicht nur dann Genüge getan ist, wenn der Arbeitslose den vollen Beweis seiner Eigenbemühungen geführt hat. Es ist vielmehr ausreichend, wenn der Arbeitslose unter Angaben nachprüfbarer Tatsachen substantiiert darlegt, was er im Einzelnen unternommen hat, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Es obliegt dann der Beklagten, in eine Prüfung einzutreten oder nicht (vgl. zum Vorstehenden Steinmeyer in Gagel SGB III § 119 Rdn. 45/46; Brand in Niesel SGB III § 119 Rdn. 10). Hiervon ausgehend hat die Klägerin den vom AA geforderten Nachweis von 10 SIS-Ausdrucke bezüglich Helferstellen, Versand, Verpackung, Kantine usw. erbracht. Mehr war nach dem objektiven Erklärungswert der Aufforderung des AA nicht verlangt. Soweit der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, es werde üblicherweise nicht nur die Vorlage von SIS-Ausdrucken erwartet, sondern auch, dass sich der Arbeitslose auf diese Stellen bewirbt, fehlt es hierzu an einer bestimmten Aufforderung des AA, weshalb es der Beklagten verwehrt ist, sich - nachträglich - hierauf zu berufen. Die Beklagte kann der Klägerin auch nicht entgegenhalten, die vorgelegten SIS-Ausdrucke bezögen sich auf viele Stellen, bei denen als Voraussetzung gute Deutschkenntnisse verlangt worden seien, über die die Klägerin nicht verfüge. Denn das AA hat der Klägerin am 17.04.2000 selbst 2 Tätigkeiten bei der Firma bzw. der Firma GmbH angeboten, bei denen ebenfalls sehr gute Deutschkenntnisse bzw. Deutschkenntnisse Voraussetzung gewesen sind. Danach durfte die Klägerin davon ausgehen, dass Stellenangebote, die deutsche Sprachkenntnisse als Voraussetzung haben, für sie nicht von vornherein ausscheiden. Die vorgelegten SIS-Ausdrucke bezogen sich auch auf Tätigkeiten der vom AA geforderten Art. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin Stellenangebote des AA unter Hinweis auf eine Spülmittelallergie abgelehnt hat. Soweit in der Stellungnahme der Vermittlerin vom 13.03.2001 eingewandt wird, die Klägerin habe zahlreiche SIS-Ausdrucke aus dem Reinigungsbereich vorgelegt, gleichzeitig jedoch eine Tätigkeit als Küchenhilfe wegen einer Spülmittelallergie abgelehnt, lässt sich daraus nicht folgern, die Klägerin habe sich hinsichtlich der SIS-Ausdrucke hauptsächlich auf Tätigkeiten beschränkt, zu denen sie nicht in der Lage gewesen wäre. Keiner der vorgelegten SIS-Ausdrucke bezieht sich auf eine Tätigkeit als Küchenhilfe. Hinsichtlich der Tätigkeiten im Reinigungsbereich dürfte es sich um die Tätigkeit eines Zimmermädchens handeln, die jedoch mit der Tätigkeit einer Küchenhilfe nicht ohne weiteres verglichen werden kann. Unabhängig davon ist die Klägerin vom AA auch zum Nachweis von SIS-Ausdrucken bezüglich Tätigkeiten in einer Kantine aufgefordert worden, weshalb die Beklagte sich auch deshalb nicht darauf berufen kann, die Klägerin habe eine Spülmittelallergie geltend gemacht. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Klägerin die geforderten 5 Absagen von Arbeitgebern nicht beigebracht hat. Denn es liegt nicht in der Hand der Klägerin, sondern vielmehr im Verhalten der Arbeitgeber, ob auf erfolgte Bewerbungen hin schriftliche Absagen erteilt werden, die vorgelegt werden können. Damit wird der Klägerin durch das Verlangen eine bestimmte Anzahl von Absagen von Arbeitgebern vorzulegen, das Risiko dafür auferlegt, ob Absagen tatsächlich erfolgen. Dies kann zur Konsequenz haben, dass die Klägerin trotz einer ausreichenden Anzahl an Bewerbungen u.U. nicht in der Lage ist, die vom AA geforderten Absagen vorzulegen, weshalb sie nicht zum Nachweis geeignet sind. Unabhängig davon bleibt für die Klägerin ungewiss, wieviele Bewerbungen notwendig werden, um die geforderte Anzahl von Absagen vorlegen zu können, weshalb die Aufforderung des AA auch dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht genügt. Damit erweist sich die Forderung des AA, 5 Absagen von Arbeitgebern vorzulegen, als ungeeignet zum Nachweis ausreichender Eigenbemühungen, weshalb es der Beklagten verwehrt ist, ihre Entscheidung hierauf zu stützen. Entsprechendes gilt auch für den vom AA verlangten Nachweis von 4 Vorsprachen bei Zeitarbeitsfirmen. Die Beklagte kann der Klägerin ebenfalls nicht entgegenhalten, sie habe keine Bestätigung über das Ergebnis vorgelegt. Denn es liegt wiederum nicht in der Hand der Klägerin, eine Bestätigung über das Ergebnis einer Bewerbung zu erhalten. Damit wird die Klägerin aber im unklaren darüber gelassen, wie sie den geforderten Nachweis von 4 Vorsprachen bei Zeitarbeitsfirmen zu erbringen hat. Dies kann nach den dargestellten Grundsätzen nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Der Vortrag des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung, die Klägerin habe auch sonst keine hinreichenden Nachweise über Vorsprachen bei Zeitarbeitsfirmen erbracht, vermag daher den streitigen Rücknahmebescheid nicht zu rechtfertigen. Darauf, ob die Klägerin einen solchen Nachweis nicht erbracht hat, kommt es mithin nicht an und bedarf daher keiner weiteren Erörterung. Nach alledem waren das Urteil des SG und der Bescheid der Beklagten vom 14.08.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2000 aufzuheben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere kommt dem Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung zu. Streitentscheidend ist vielmehr alleine die Bewertung der im Einzelfall an die Klägerin ergangene Aufforderung des AA zum Nachweis von Eigenbemühungen.
Rechtskraft
Aus
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