L 5 AL 1291/01

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 2650/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 AL 1291/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Anspruch nach den genannten Richtlinien darf nicht deshalb versagt werden, weil der Arbeitnehmer untertariflich bezahlt wird Revision zugelassen.
Auf die Berufung der Klägerin wird die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Dezember 2000 und des Bescheides des Arbeitsamtes Ludwigsburg vom 11. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 1999 verurteilt, erneut über den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Beschäftigungshilfe für die Einstellung des H. K. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin drei Viertel der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine Beschäftigungshilfe nach den Richtlinien zur "Aktion Beschäftigungshilfen für Langzeitarbeitslose 1995 bis 1999" für die Einstellung des H. K. (K.) als Druckerhelfer.

K. war seit 18.10.1993 arbeitslos. Er und die Klägerin schlossen unter dem 4.6.1997 einen Arbeitsvertrag, wonach die Anstellung am 2.6.1997 begann (Nr. 1 des Arbeitsvertrages vom 4.6.1997), ein Arbeitsentgelt von brutto DM 16,00 pro Stunde zuzüglich Urlaubsgeld in Höhe von 25% des Bruttolohnes vereinbart wurde (Nr. 4 des Arbeitsvertrages vom 4.6.1997) und die Arbeitszeit (40 Wochenstunden) sich nach den betrieblichen Verhältnissen regelt und sich im Übrigen nach den gesetzlichen Arbeitsbestimmungen richtet (Nr. 6 des Arbeitsvertrages vom 4.6.1997).

Nachdem sich K. und die Klägerin im Mai 1997 nach Fördermöglichkeiten erkundigten hatten, übersandte das Arbeitsamt Ludwigsburg (AA) der Klägerin einen Antragsvordruck, der bei der Klägerin am 21.5.1997 einging. Die Klägerin beantragte unter dem 3.6.1997 eine Beschäftigungshilfe nach den Richtlinien zur "Aktion Beschäftigungshilfen für Langzeitarbeitslose 1995 bis 1999" für die Dauer von insgesamt 24 Monaten, und zwar als Zuschuss für die Einstellung des K ... Im Antrag gab die Klägerin an, das ortsübliche Arbeitsentgelt betrage DM 16,00 stündlich. Mit Bescheid vom 28.8.1997 lehnte das AA den Antrag ab, weil zu Beginn des Arbeitsverhältnisses nicht mindestens das tarifliche bzw. ortsübliche Arbeitsentgelt gezahlt werde.

Die Klägerin erhob Widerspruch. Die Stelle sei extra für K. geschaffen worden. K. sei auf Grund einer Zusage der Beschäftigungshilfe durch Herrn B. eingestellt worden. Die Stundenlöhne in ihrem Betrieb lägen zwischen DM 16,00 und DM 19,00, was ihrer Kenntnis nach ortsüblich sei. K. sei geistig und körperlich nicht in der Lage, eine Arbeitsstelle mit leichten Anforderungen auszufüllen.

Auf Anfrage der Widerspruchsstelle des AA gab Herr B. an, es seien keine Förderungszusagen gemacht worden. Der Tariflohn nach dem maßgeblichen Lohnabkommen für die Druckindustrie, gültig ab 1.4.1996, betrage bei der Eingangsstufe zu der Lohngruppe 1 DM 17,98 pro Stunde, zwischenzeitlich nach dem ab 1.4.1997 gültigen Lohnabkommen DM 18,25 pro Stunde.

Die Widerspruchsstelle des AA wies den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 30.10.1997), weil die von der Klägerin vorgenommene Bezahlung untertariflich sei. Das ortsübliche Entgelt sei nur dann zugrunde zu legen, wenn eine tarifliche Regelung nicht bestehe. Unabhängig davon sei festzustellen, dass andere (nicht organisierte) Druckbetriebe die Löhne in Anlehnung an den Tarifvertrag bezahlten und somit auch das ortsübliche Entgelt über dem durch die Klägerin gezahlten Stundenlohn von DM 16,00 liege.

Die Klägerin erhob am 28.11.1997 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage (S 7 AL 2895/97). Sie berief sich erneut auf eine Zusage des Herrn B. und machte geltend, eine Förderung sei nicht an die Zahlung des Tariflohns gebunden. Für völlige ungelernte Hilfskräfte sei ein Stundensatz von DM 16,00 in dem von ihr ausgeübten Gewerbe ortsüblich.

Mit Urteil vom 27.11.1998, gegen das keiner der Beteiligten ein Rechtsmittel einlegte, hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 28.8.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.1997 auf und verurteilte die Beklagte, den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung führte es aus, die Ablehnung des Antrages sei ermessensfehlerhaft. Die Beklagte habe bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt, dass auf Seiten der Klägerin ein offensichtlicher Beratungsbedarf bestanden habe, der vor einer Entscheidung zunächst zu erfüllen gewesen wäre. Der Verfahrensablauf entspreche nicht den Erfordernissen des § 14 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I). Die Beklagte hätte die Klägerin spätestens nach Eingang des Antrages darauf hinweisen müssen, dass eine Beschäftigungshilfe an eine bestimmte Entgelthöhe gekoppelt sei. Wie in der mündlichen Verhandlung deutlich geworden sei, wäre es für die Klägerin immer noch günstiger gewesen, dem K. ein höheres Entgelt zu gewähren, um damit in den Genuss der Beschäftigungshilfe zu kommen, als nunmehr ein geringeres Entgelt ohne Beschäftigungshilfe zu bezahlen.

Mit Schreiben vom 9.2.1999 sicherte das AA der Klägerin die Förderung für die Dauer von zwölf Monaten in Höhe von 80 v.H. (2.6.1997 bis 1.12.1997) beziehungsweise 60 v.H. (2.12.1997 bis 1.6.1998) des Arbeitsentgelts von DM 18,25 pro Stunde unter der Bedingung zu, dass die Klägerin an K. rückwirkend ab 2.6.1997 das tarifliche/ortsübliche Entgelt von DM 18,25 pro Stunde zahlt. Sie kündigte weiter an, wenn diese Bedingung nicht erfüllt werde, werde eine Ermessensentscheidung zu Ungunsten der Klägerin erfolgen. Die Klägerin antwortete hierauf, dass das SG zum Ausdruck gebracht habe, dass sie vor Antragstellung auf die Zahlung des tariflichen Entgelts hätte hingewiesen werden müssen und diese Hinweispflicht nicht mehr nachgeholt werden könne (Schreiben vom 19.3.1999). Ergänzend wies das AA in einem Schreiben vom 9.4.1999 die Klägerin darauf hin, dass es auf Grund innerdienstlicher Weisungen gehalten sei, Arbeitsverhältnisse nicht zu fördern, bei denen nicht zumindest das tarifliche bzw. ortsübliche Entgelt gezahlt werde. Der Besonderheit, dass die Klägerin erst durch den Ablehnungsbescheid vom 28.8.1997 davon in Kenntnis gesetzt worden sei, dass eine Förderung nicht möglich sei, weil nicht zumindest das tarifliche bzw. das ortsübliche Arbeitsentgelt gezahlt werde, sei bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen. Man sei im Rahmen der Ermessensausübung ausnahmsweise bereit, eine Förderung vorzunehmen, wenn die Klägerin rückwirkend ab Beschäftigungsbeginn die Differenz zum Tariflohn nachzahle und die Klägerin entsprechende Nachweise vorlege. Die Klägerin blieb bei ihrer Auffassung, die Beratung könne nicht mehr nachgeholt werden (Schreiben vom 26.4.1999).

Mit Bescheid vom 11.5.1999 lehnte das AA den Antrag der Klägerin auf Zahlung einer Beschäftigungshilfe nach den Richtlinien zur "Aktion Beschäftigungshilfen für Langzeitarbeitslose 1995 bis 1999" erneut ab. Der Neubescheidung lägen folgende Ermessenserwägungen zugrunde: Da die Richtlinien nach dem Gesamtzusammenhang, insbesondere auch im Hinblick auf die arbeitsmarktpolitische Zielsetzung (u.a. Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen zu Ungunsten anderer gleichartiger Betriebe) eine Förderung nur dann vorsähen, wenn zumindest das tarifliche bzw. ortsübliche Arbeitsentgelt gezahlt werde, werde das eingeräumte Ermessen generell dahingehend ausgeübt, dass bei untertariflicher Bezahlung eine Förderung nicht erfolgt. Der besondere Tatbestand, dass die Klägerin erst durch den Ablehnungsbescheid vom 28.8.1997 in Kenntnis gesetzt worden sei, dass eine Förderung nicht möglich sei, sei ergänzend zu berücksichtigen. Der Klägerin sei hinreichend Gelegenheit gegeben worden, durch nachträgliche Gehaltszahlungen Förderungsvoraussetzungen auch noch nachträglich zu schaffen. Hierzu sei sie allerdings nicht bereit, so dass die im Rahmen der Ermessensentscheidung von jedem Arbeitgeber geförderten Mindestvoraussetzungen nicht vorlägen. Ob und inwieweit bei gleichzeitiger Beratung überhaupt eine Einstellung vorgenommen worden wäre, sei für die zu treffende Ermessensentscheidung unerheblich. Den Widerspruch der Klägerin wies die Widerspruchsstelle des AA zurück (Widerspruchsbescheid vom 28.9.1999). Sie verwies zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid und führte weiter aus, das Widerspruchsverfahren habe gezeigt, dass die Klägerin selbst bei richtiger und vollständiger Beratung nicht bereit gewesen wäre, die Mindestanforderungen (tarifliches bzw. ortsübliches Entgelt) für die Gewährung der Beschäftigungshilfe zu erfüllen. Spätestens nach Zugang des Ablehnungsbescheides habe davon ausgegangen werden können, dass die zunächst unterlassene Beratung nachgeholt worden sei. Eine weitergehende Beratung zu den Voraussetzungen für die Gewährung der Beschäftigungshilfe hätte die Klägerin nämlich auch vor Einstellung des K. nicht erhalten. Das Vorbringen, bei rechtzeitiger Beratung hätte die Einstellung erst gar nicht stattgefunden, weshalb ihr ein Schaden entstanden sei, habe die Klägerin letztlich durch ihr eigenes Verhalten widerlegt.

Die Klägerin hat am 29.10.1999 Klage beim SG erhoben (S 7 AL 2650/99). Sie hat geltend gemacht, der (erneute) ablehnende Bescheid wiederhole im Ergebnis den früheren Bescheid vom 28.8.1997, der durch das Urteil des SG vom 27.11.1998 aufgehoben worden sei und widerspreche diesem Urteil. Der (neue) Bescheid sei ermessensfehlerhaft. Es komme nicht darauf an, welche Belehrungen und Anhörungen die Beklagte vor Erlass des zweiten Bescheides gemacht habe, sondern auf ihr Verhalten vor Erlass des ersten Bescheides.

Mit Urteil vom 12.12.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Der von der Klägerin gezahlte Stundenlohn von DM 16,00 liege unter dem tariflichen Lohn und erfülle damit nicht die Voraussetzungen für einen Lohnkostenzuschuss nach § 3 Abs. 2 der Richtlinien. Rechtsfolge eines Beratungsfehlers der Beklagten könne nicht die Reduzierung des Ermessens der Beklagten soweit sein, dass antragsgemäß der Lohnkostenzuschuss abweichend von den Richtlinien des Bundesministeriums für Arbeit zu bewilligen wäre.

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 7.3.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.3.2001 Berufung eingelegt. Eine rechtzeitige Information hätte sie dazu veranlasst, die Einstellung eines Langzeitarbeitslosen abzulehnen, da es ihr nicht möglich sei, für eine Hilfskraft ein tarifliches Arbeitsentgelt zu bezahlen. Durch die Nichtinformation sei sie gegenüber den übrigen Arbeitgebern, die rechtzeitig und ausreichend informiert worden seien und die die Möglichkeit gehabt hätten, eine freie Entscheidung bezüglich einer Einstellung oder Nichteinstellung eines Langzeitarbeitslosen treffen zu können, benachteiligt. Der Beratungsfehler sei nicht bereits im (ersten) Widerspruchsverfahren behoben worden. Nach Ablauf des Gerichtsverfahrens sei eine mögliche Kündigung des Langzeitarbeitslosen nicht mehr in Betracht gekommen. Nach dem ersten Urteil des SG hätte die Beklagte einen positiven Bescheid erlassen müssen, da auf Grund ihrer Ungleichbehandlung gegenüber anderen Arbeitgebern sie bereits ein Schaden erlitten habe, der nicht habe wieder behoben werden können. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung erneut eine nachträgliche Erhöhung des Entgelts von K. für den beantragten Förderungszeitraum abgelehnt. Sie habe den früher drogenabhängigen K. aus sozialen Beweggründen eingestellt. Wegen seiner geringen Leistungsfähigkeit habe K. ein höheres Arbeitsentgelt als das gezahlte in keinem Falle verdient. Sie fürchte um den Betriebsfrieden bzw. das betriebliche Vergütungsgefüge, wenn sie K. rückwirkend einen höheren Lohn zahle, da dann die anderen, ebenfalls untertariflich bezahlten Mitarbeiter für sich auch einen höheren Lohn beanspruchen würden. Sie sei außerdem nicht tarifgebunden. Der Tarifvertrag für die Druckindustrie sei nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden und werde von ihr auch nicht auf Grund betrieblicher Übung angewendet.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Dezember 2000 und den Bescheid des Arbeitsamtes Ludwigsburg vom 11. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, für die Einstellung des H. K. eine Beschäftigungshilfe nach den Richtlinien zur "Aktion Beschäftigungshilfen für Langzeitarbeitslose 1995 bis 1999" für 12 Monate zu zahlen, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, erneut über ihren Antrag auf Gewährung einer Beschäftigungshilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und nimmt Bezug auf das Urteil des BSG vom 26.3.1998 - B 11 AL 37/96 R - (SozR 3-4100 § 3 Nr. 2; NZS 1998, 533 ff), wonach sich die Bemessung der Leistung nur nach tariflichem Arbeitsentgelt richte.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG (S 7 AL 2895/97 und S 7 AL 2650/99) sowie den von der Beklagten vorgelegten Bhi-Vorgang Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) liegt nicht vor. Der Zuschuss den die Klägerin begehrt, beträgt nach der zutreffenden Festsetzung des Gegenstandswerts durch das SG (Beschluss des SG vom 19.1.2000) DM 21.504 und damit mehr als der bei Berufungseinlegung maßgebliche Beschwerdewert von DM 1.000,00.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist im Sinne eines Bescheidungsurteils begründet. Die Klägerin erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen für eine Beschäftigungshilfe in Form eines Lohnkostenzuschusses nach den Richtlinien des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung zur Durchführung der "Aktion Beschäftigungshilfe für Langzeitarbeitslose 1995 bis 1999" der Bundesregierung vom 16.2.1995 (Bundesanzeiger Nr. 36, S. 1686 vom 21.2.1995) i. d. F. der Zweiten Änderung vom 12.12.1996 (im folgenden Richtlinien).

Da der Anspruch der Klägerin auf den Lohnkostenzuschuss das Jahr 1997 betrifft, ist die zuvor genannte Richtlinie maßgebend. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinien kann einem Arbeitgeber ein Lohnkostenzuschuss gewährt werden, wenn er mit einem Arbeitnehmer, der unmittelbar vor der Einstellung ein Jahr oder länger beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet war, ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 18 Stunden begründet und der Lohnkostenzuschuss für die berufliche Eingliederung des Langzeitarbeitslosen erforderlich ist. Diese Voraussetzungen sind gegeben. Die Klägerin ist Arbeitgeberin. Sie hat mit K. ein unbefristetes, sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis geschlossen. Die wöchentliche Arbeitszeit hat nach Nr. 6 des Arbeitsvertrages 40 Wochenstunden, und damit mehr als 18 Stunden betragen. K. ist seit Oktober 1993 arbeitslos gewesen, zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages am 4.6.1997 somit mehr als drei Jahre.

Nach § 5 der Richtlinien werden gefördert Beschäftigungsverhältnisse, die bis zum 31.12.1998 begonnen werden. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt. Denn das Beschäftigungsverhältnis hat am 2.6.1997 begonnen (vgl. Nr. 1 des Arbeitsvertrages vom 4.6.1997). Schließlich hat die Klägerin den nach § 8 der Richtlinien erforderlichen Antrag vor Abschluss des Arbeitsvertrages gestellt.

Weitere Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung des Lohnkostenzuschusses dem Grunde nach sehen die Richtlinien nicht vor. Insbesondere ergibt sich aus dem Wortlaut der Richtlinien nicht, dass eine tarifliche Bezahlung Anspruchsvoraussetzung für den Lohnkostenzuschuss ist. Dies folgt nicht aus § 3 der Richtlinien.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinien kann der Lohnkostenzuschuss für längsten zwölf Monate gewährt werden. Er beträgt nach § 3 Abs. 2 der Richtlinien - bei Beschäftigung eines Arbeitnehmers, der drei Jahre oder länger arbeitslos war, in den ersten Monaten bis zu 80% und in den zweiten sechs Monaten bis zu 60%, - bei Beschäftigung eines Arbeitnehmers, der zwei Jahre bis unter drei Jahre arbeitslos war, in den ersten sechs Monaten bis zu 70% und in den zweiten sechs Monaten bis zu 50%, - bei Beschäftigung eines Arbeitnehmers, der ein Jahr bis unter zwei Jahre arbeitslos war, in den ersten sechs Monaten bis zu 60% und in den zweiten sechs Monaten bis zu 40%, des tariflichen oder, soweit eine tarifliche Regelung nicht besteht, für die ausgeübte Tätigkeit ortsüblichen Arbeitsentgelts zu Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zur Höhe von 75% der Bemessungsgrenze für die Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit.

§ 3 der Richtlinien regelt nur Dauer und Höhe des Anspruchs, nicht aber dessen Voraussetzungen. Dies ergibt sich schon aus der Überschrift "Dauer und Höhe der Forderung". Die Anspruchsvoraussetzungen für die Förderung ergeben sich aus § 2 der Richtlinien. § 3 der Richtlinien enthält eine Obergrenze für den zu zahlenden Lohnkostenzuschuss. Angesichts des klaren Wortlautes wie auch der Systematik der Richtlinien lässt sich aus § 3 der Richtlinien nicht ableiten, dass Anspruchsvoraussetzung für eine Förderung eine tarifliche Bezahlung des Langzeitarbeitslosen durch den antragstellenden Arbeitgeber ist. Dies zeigt auch der Vergleich mit der gesetzlichen Regelung über die Gewährung von Zuschüssen zu den Lohnkosten des - 1997 noch geltenden - § 97 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG), der vorliegend nicht zur Anwendung kommt, weil K. zum Zeitpunkt seiner Einstellung bei der Klägerin nicht 55 Jahre alt war (§ 97 Abs. 1 Nr. 1 AFG). § 3 Abs. 2 und 3 der Richtlinien sind u.a. dieser Regelung nachgebildet (vgl. BSG SozR 3-4100 § 3 Nr. 2). Auch die Regelung des § 97 AFG sieht als Anspruchsvoraussetzung nicht vor, dass eine tarifliche Bezahlung erfolgen muss. Sie enthält in Abs. 1 die Anspruchsvoraussetzungen und in Abs. 2 die Regelung zu der Höhe der Zuschüsse. Die Regelung des § 97 Abs. 2 AFG ist einerseits eine Obergrenze, andererseits bezieht sie alle Entgeltbestandteile in die Bemessung ein, auf die ein tariflicher Anspruch besteht (vgl. BSG SozR 4100 § 97 Nr. 3).

Aus dem Urteil des BSG vom 26.3.1998 (SozR 3-4100 § 3 Nr. 2) ergibt sich nichts anderes. Der Sachverhalt, der der Entscheidung des BSG zugrundegelegen hat, unterscheidet sich von dem vorliegenden Sachverhalt. Die Klägerin des vom BSG entschiedenen Verfahrens hat dem von ihr eingestellten Arbeitnehmer zu Beginn der Tätigkeit einen Arbeitslohn gezahlt, der über dem gelegen hat, den der maßgebliche Tarifvertrag vorgesehen hat. Das BSG hat es als rechtmäßig angesehen, dass die Beklagte der Beschäftigungshilfe ein tarifliches und kein anderes (höheres) Arbeitsentgelt zugrundegelegt hat. Aus den Ausführungen des BSG unter 3b) wird vielmehr wieder deutlich, dass es sich bei dem tariflichen Arbeitsentgelt um die Obergrenze des Lohnkostenzuschusses handelt.

Dass eine Förderung ausgeschlossen ist, wenn der Arbeitgeber zu Beginn des Arbeitsverhältnisses nicht mindestens das tarifliche bzw. das ortsübliche Arbeitsentgelt bezahlt, ist nur in Nr. 1.3.21 zu § 3 der Durchführungsanweisung zu den Richtlinien (Dienstblatt der Beklagten 25/95 vom 25.3.1997) ausgeführt. Die Durchführungsanweisungen können aber den maßgeblichen Text der Richtlinien, aus dem sich - wie dargelegt - dieses nicht ergibt, nicht abändern und zusätzliche Anspruchsvoraussetzungen für den Lohnkostenzuschuss bestimmen.

Der in dem vom 1.7.1969 bis 31.12.1997 gültig gewesenen § 16 AFG enthaltene Grundsatz der Tariflichkeit rechtfertigt eine tarifliche Bezahlung als eine im Ermessenswege angeordnete weitere Förderungsvoraussetzung nicht. Nach dieser Vorschrift soll die Bundesanstalt an dem Zustandekommen von Arbeitsverhältnissen zu tarifwidrigen Bedingungen nicht mitwirken, wenn ihr die Tarifwidrigkeit der Bedingungen und die Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers bekannt sind. Ihrem Wortlaut nach betrifft diese Vorschrift nur die Fälle, in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer tarifgebunden sind. In diesen Fällen sind die Arbeitsvertragsparteien an die Tarifverträge gebunden (§ 3 Abs. 1 TVG). § 16 AFG entspricht damit dem Grundsatz, dass die Beklagte nicht in gesetzwidrige Arbeitsverhältnisse vermitteln darf, wie dies inzwischen in § 36 Abs. 1 SGB III auch ausdrücklich geregelt ist. Aber auch für den geregelten Fall der Tarifgebundenheit enthält § 16 AFG nur eine Soll-Vorschrift. Die Formulierung "soll" bestimmt den Regelfall, lässt aber für atypische Verhältnisse eine abweichende Ermessensentscheidung zu. Gerade diese von § 16 AFG erlaubte abweichende Ermessensausübung im Einzelfall, die bei einer Einstellung eines - wie hier - nicht ausreichend leistungsfähigen Arbeitnehmers angezeigt sein könnte, wird von Nr. 1.3.21 zu § 3 der Durchführungsanweisung zu den Richtlinien verhindert.

§ 16 AFG verbietet zudem die Vermittlung in nicht tarifgebundene Arbeitsverhältnisse von seinem Wortlaut her nicht. Auf solche nicht tarifgebundenen Arbeitsverhältnisse hat das AFG im Übrigen mit dem Abstellen auf das ortsübliche Entgelt in zahlreichen Bestimmungen Bezug genommen. Daraus folgt, dass jedenfalls aus § 16 AFG nicht die Verpflichtung abgeleitet werden kann, dass Beschäftigungshilfe ausnahmslos nur für tarifgebundene Arbeitsverhältnisse gewährt werden kann. Ob Nr. 1.3.21 zu § 3 der Durchführungsanweisung zu den Richtlinien rechtmäßig wäre, wenn eine Ausnahmeklausel für bestimmte Sonderfälle enthalten würde, kann dahingestellt bleiben, da irgendeine Ausnahme für atypische Fälle in Nr. 1.3.21 zu § 3 der Durchführungsanweisung zu den Richtlinien nicht vorgesehen ist. Der Umstand, dass ein Arbeitsangebot für eine untertariflich bezahlte Arbeitsstelle für den Arbeitslosen einen wichtigen Grund für dessen Ablehnung darstellt (vgl Niesel/Brand, Arbeitsförderungsgesetz, 2. Aufl. § 16 RdNr 3 und jetzt ausdrücklich § 121 Abs. 2 SGB III) ist für die hier zu beantwortende Rechtsfrage unerheblich. Denn K. hat freiwillig den Arbeitsvertrag mit der Klägerin zu untertariflichen Bedingungen abgeschlossen.

Bei dem Lohnkostenzuschuss nach den Richtlinien handelt es sich um eine Ermessensleistung der Beklagten, auf die der Arbeitgeber keinen Rechtsanspruch hat (vgl. BSG SozR 3-4100 § 3 Nr. 2). Auch wenn die Anspruchsvoraussetzungen wie im vorliegenden Fall dem Grunde nach vorliegen, steht es im Ermessen der Beklagten, die Leistung zu gewähren, weshalb nur ein Bescheidungsurteil in Betracht kommt, nicht aber die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der Beschäftigungshilfe dem Grunde nach.

Der Entscheidung des Senats steht nicht das rechtskräftige Urteil des SG vom 27.11.1998 entgegen. Das SG war der Auffassung, dass die Beklagten bei ihrer Ermessensentscheidung die unterbliebene Beratung vor Entscheidung über den Antrag nicht berücksichtigt hat. Aus keiner Stelle der Entscheidungsgründe des SG ergibt sich, dass die Beklagte die unterbliebene Beratung hätte nachholen sollen. Die unterbliebene Beratung hat die Beklagte zwar in dem Bescheid vom 11.5.1999 und dem Widerspruchsbescheid vom 28.9.1999 im Rahmen der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung gewürdigt. Allerdings ist die Beklagte wie dargelegt von falschen Anspruchsvoraussetzung ausgegangen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. Bei der Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit dem von ihr gestellten Antrag auf Zahlung der Beschäftigungshilfe nicht durchgedrungen ist, sondern lediglich mit ihrem Hilfsantrag auf erneute Bescheidung. Kosten der Beklagten sind nicht erstattungsfähig. § 197a SGG in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) ist im vorliegenden Fall noch nicht anwendbar, das Verfahren vor dem In-Kraft-Treten des 6. SGGÄndG rechtshängig waren (Art. 17 Abs. 1 Satz 2 6. SGGÄndG).

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der Frage, ob die Beklagte eine tarifliche Bezahlung als Voraussetzung einer Förderung verlangen darf, grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat.
Rechtskraft
Aus
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