L 8 RA 17/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 1 RA 2304/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 RA 17/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. März 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger beansprucht die Berücksichtigung höherer Entgeltpunkte für Zeiten der versicherungspflichtigen Beschäftigung in den Jahren 1991, 1993 und 1994 bei der Berechnung seiner Regelaltersrente sowie Bestandsschutz in Form einer Vergleichsberechnung gemäß § 4 Abs. 4 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG).

Der 1931 geborene Kläger hat sein Erwerbsleben überwiegend in der ehemaligen DDR zurückgelegt. Nach vorangegangener gewerblicher Ausbildung und Tätigkeit sowie weiterer Ausbildung absolvierte er schließlich ein Medizinstudium und erlangte mit Wirkung ab 6. Juli 1962 die Approbation als Arzt. In der Folgezeit war er an der H-Universität (C) beschäftigt. Mit Wirkung vom 1. Dezember 1963 wurde er in die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR einbezogen (Urkunde vom 15. Januar 1964); seit dem 1. April 1971 entrichtete er außerdem Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR). Mit Überführungsbescheid vom 12. Juni 1996 stellte die Beklagte in ihrer Funktion als Versorgungsträger die Daten gemäß §§ 5 bis 8 AAÜG fest.

Mit Bescheid vom 1. Juli 1996 gewährte die Beklagte dem Kläger antragsgemäß Regelaltersrente, beginnend am 1. Juni 1996. Dagegen wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch und machte geltend, ihm stünde als ordentlicher Professor nach DDR-Recht ein höherer Versorgungsanspruch zu und er erachte den Entzug eines wesentlichen Teils seiner Zusatzversorgung als verfassungswidrig. Eine Entscheidung über den Widerspruch wurde einvernehmlich zurückgestellt. Mit Rentenbescheid vom 21. Juli 2000 stellte die Beklagte die Rente des Klägers neu fest; es ergab sich eine geringe Nachzahlung. Der Kläger griff auch diesen Bescheid an und machte geltend, die für die Jahre 1991, 1993 und 1994 angewandten Umrechnungsfaktoren der Anlage 10 seien fehlerhaft. Ein in den neuen Bundesländern Beschäftigter könne nicht dieselben Entgeltpunkte wie ein in den alten Bundesländern Beschäftigter erreichen. Er sehe eine verfassungswidrige Benachteiligung und Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Nichtanerkennung seiner erworbenen Altersversorgung. Als Neurentner ab dem 1. Juni 1996 habe er die gleichen Ansprüche auf Versorgungsleistungen erworben wie Bestands- bzw. Zugangsrentner bis zum 30. Juni 1995, denen auf der Grundlage des Einigungsvertrages (EV) entsprechend den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28. April 1999 Besitzschutz bzw. Vertrauensschutz gewährt werde; diesen gegenüber stehe er bedeutend schlechter.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 2001 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Zu der so genannten Systementscheidung habe sich das BVerfG am 28. April 1999 umfassend geäußert und diese für verfassungsgemäß erachtet. Die Umrechnungsfaktoren seien vom Gesetzgeber vorgegeben.

Dagegen hat sich der Kläger mit seiner zum Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage gewandt und sein bisheriges Begehren weiter verfolgt. Er hat dazu vorgetragen, die auf Grund der Anlage 10 zum Sechsten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VI) festgelegten Umrechnungsfaktoren verstießen gegen das Gleichheitsgebot, weil die in den neuen Bundesländern Beschäftigten nicht die gleichen Entgeltpunktwerte erreichen könnten wie die in den alten Bundesländern Beschäftigten. Zur Sicherung der Gleichbehandlung seien daher die Entgeltpunkte der Anlage 2b zum SGB VI zu berücksichtigen. Zum anderen würden Personen, deren Leistungen nicht nach dem AAÜG zu bestimmen seien, günstiger gestellt, weil bei diesen Personen eine Vergleichsberechnung nach Artikel 2 § 1 Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) bis zum 31. Dezember 1996 vorzunehmen sei, während für die nach dem AAÜG vorzunehmende Vergleichsberechnung ein Rentenbeginn bis zum 30. Juni 1995 gegeben sein müsse.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 7. März 2002 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Vornahme einer Vergleichsberechnung nach § 4 Abs. 4 AAÜG noch auf Berücksichtigung höherer Entgeltpunkte für die Jahre 1991, 1993 und 1994. Die Beklagte habe mit den angefochtenen Bescheiden die Altersrente des Klägers zutreffend berechnet. Hierbei habe sie die vom Kläger bezogenen Entgelte gemäß §§ 256a, 259b SGB VI u.a. auf der Grundlage des ihr übermittelten Entgelts aus dem Entgeltbescheid des Zusatzversorgungsträgers, soweit eine Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz vorgelegen habe, zu Grunde gelegt. Auch bezüglich der von dem Kläger nach der Vereinigung erzielten Entgelte ergäben sich keine Abweichungen. Hierbei sei das von ihm tatsächlich erzielte beitragspflichtige Entgelt auf Grund der in der Anlage 10 zum SGB VI aufgeführten Multiplikatoren hochgewertet worden. Demgemäß sei bei dem Kläger eine über seinen eigentlichen Verdienst hinausgehende Berücksichtigung von Entgelten erfolgt, für die er selbst keinerlei Beitragsleistungen erbracht habe. Die vom Kläger angeführte ungleiche Behandlung nach Artikel 3 Grundgesetz (GG) sei daher nicht erkennbar. Der Kläger erfahre nämlich eine Besserstellung gegenüber anderen Versicherten, deren beitragspflichtige Entgelte nicht nach den Werten der Anlage 10 des SGB VI hochmultipliziert würden. Denn für die in den alten Bundesländern Beschäftigten erfolge eine Berücksichtigung und Berechnung der Entgeltpunkte ausschließlich auf Grund ihrer Beitragsleistung, die sich nach den erzielten Entgelten richte. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die in § 275a SGB VI normierte Festlegung der Beitragsbemessungsgrenzen auf Grund der wirtschaftlichen Eckdaten, denen auch ein prognostisches Element inne wohne, erfolge. Eine nachträgliche Änderung auf Grund der dann bestehenden tatsächlichen Verhältnisse sei schon deshalb nicht möglich, weil auch im Nachhinein nicht unter Änderung der Beitragsbemessungsgrenze nachträglich Beiträge erhoben werden könnten. Eine Vergleichsberechnung im Rahmen des § 4 Abs. 4 AAÜG stehe dem Kläger nicht zu, weil die dem Kläger seit 1. Juni 1996 gezahlte Altersrente erst nach dem vom Gesetzgeber festgelegten Stichtag 30. Juni 1995 beginne. Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf Artikel 3 GG bestünden nicht. Denn insoweit sei festzustellen, dass sich der Personenkreis, der von Artikel 2 § 1 RÜG erfasst werde, von dem hier betroffenen Personenkreis der Zusatzversorgten unterscheide. Die in Artikel 2 § 1 RÜG vorgesehene Vergleichsberechnung bei einem Rentenbeginn bis zum 31. Dezember 1996 folge den Vorgaben von Artikel 20 Abs. 1 Satz 2 des 1. Staatsvertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion. Dem gegenüber habe das BVerfG in seiner Entscheidung vom 28. April 1999 (1 BvL 32/95 und 1 BvL 2105/95) festgestellt, dass die begünstigende Wirkung der Zahlbetragsgarantien bei Angehörigen von (Zusatz)Versorgungssystemen, die nach dem EV auf Bestandsrentner und Rentenzugänge bis zum 30. Juni 1995 begrenzt worden sei, mit Artikel 3 GG vereinbar sei (BVerfG a.a.O., S. 63 des Entscheidungsumdruckes). Die Regelung des § 4 Abs. 4 AAÜG sei damit in ihrer Fassung auf Grund des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes (AAÜG-ÄndG) verfassungsgemäß und dementsprechend anzuwenden.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung und macht weiterhin unter Hinweis auf die Werte der Anlage 2b zum SGB VI die Berücksichtigung entsprechender Entgeltpunkte für die Jahre 1991, 1993 und 1994 bei der Berechnung seiner Altersrente geltend. Außerdem müsse ihm Bestandsschutz in Form der Vergleichsberechnung gemäß § 4 Abs. 4 AAÜG gewährt werden und er verweist dazu auf die Übergangsregelung in Artikel 2 § 1 RÜG, die eine Vergleichsberechnung bei einem Rentenbeginn bis zum 31. Dezember 1996 vorsehe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. März 2002 aufzuheben sowie die Bescheide der Beklagten vom 1. Juli 1996 und 21. Juli 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2001 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm a) für die in den Jahren 1991, 1993 und 1994 erzielten Einkommen Entgeltpunkte in Höhe der Werte der Anlage 2b zum SGB VI gutzubringen, und b) den Gesamtanspruch aus Rente der Sozialversicherung und Altersversorgung der Intelligenz fiktiv für die Situation festzustellen, dass der Versorgungsfall in der Position als ordentlicher Professor zum 1. Juli 1990 eingetreten wäre, diesen Gesamtanspruch am 1. Januar 1992 um 6,84 % zu erhöhen, ab 1. Januar 1992 zu den Anpassungsterminen "Ost" mit den Anpassungsfaktoren "Ost" zu dynamisieren und diesen Betrag rückwirkend ab Rentenbeginn 1. Juni 1996 unter weiterer regelmäßiger Anpassung in Zukunft zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Das Begehren des Klägers entspreche nicht den gesetzlichen Bestimmungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten vorgelegte Rentenakte über den Kläger (Vers.-Nr. ), die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat ohne mündliche Verhandlung entschieden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung höherer Entgeltpunkte in seiner Rentenberechnung.

Auf die Höchstwerte der Anlage 2b zum SGB VI kann der Kläger sein Begehren für die Jahre 1991, 1993 und 1994 nicht stützen, weil diese Werte nur für das Zusammentreffen von Entgeltpunkten für Zeiten der Kindererziehung mit zeitgleichen Beitragszeiten entsprechend der Regelung in § 70 Abs. 2 SGB VI gelten. Aber auch soweit der Kläger entsprechend seinem Vorbringen die Berücksichtigung anderer als der in Anlage 10 zum SGB VI angeführten Umrechnungswerte für die genannten Jahre begehrt, fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.

Der Kläger bemängelt, dass die für die Anhebung der "Ost-Entgelte" auf Westniveau maßgebenden Rechengrößen zu niedrig ausfallen und er deshalb nicht die Entgeltpunkte bis zu einem Entgelt der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) West erreichen kann. Die Beitragsbemessungsgrenze (§ 159 SGB VI) ist jedes Jahr zum 1. Januar durch Verordnung festzusetzen. Im Hinblick auf den für die Erhöhung maßgebenden Maßstab kann diese Festsetzung nur auf vorläufigen Zahlen beruhen, da die statistischen Daten für das ablaufende Jahr erst später feststehen. Demzufolge gibt es immer ein vorläufiges und schließlich ein später feststehendes endgültiges Durchschnittsentgelt (vgl. Anlage 1 zum SGB VI). Die BBG Ost (§ 275a SGB VI) wird unter Berücksichtigung des (vorläufigen) Wertes der Anlage 10 gebildet, der das Verhältnis der Durchschnittsentgelte West zu den Durchschnittsentgelten Ost wiedergibt. Endgültige statistische Angaben liegen insoweit ebenfalls noch nicht vor, so dass es auch in der Anlage 10 einen vorläufigen und einen endgültigen Wert gibt. Das Verfahren entspricht damit im Wesentlichen dem bisherigen nach §§ 112 Abs. 2, 33 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass nicht mehr auf bereits feststehende Daten eines schon abgelaufenen Jahres, sondern auf - zumindest teilweise noch zu schätzende - Daten des laufenden Jahres abgestellt wird. Hinzu kommt, dass für die erste Zeit nach der Wende verlässliche Grundlagen zur Angleichung des Rentenrechts des Beitrittsgebiets an das künftig maßgebende Rentenrecht der Bundesrepublik fehlten. Demgemäß enthält auch die anfängliche Festlegung der Beitragsbemessungsgrenze (ab 1. Juli 1990 2.700,00 DM: § 42 des [noch vom DDR-Gesetzgeber erlassenen] Gesetzes über die Sozialversicherung [SVG] vom 28. Juni 1990 - GBl. I S. 486; ab 1. Januar 1991 3.000,00 DM: Anlage II, Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 2 Buchst. b des EV; ab 1. Juli 1991 3.400,00 DM: § 2 der 2. Rentenanpassungsverordnung [2. RAV] vom 19. Juni 1991 - BGBl. I S. 1300) zwangsläufig ein hohes Unsicherheitsmoment.

Der vorläufige Umrechnungswert der Anlage 10 für 1991 von 1,8644 macht deutlich, dass die Schätzungen von einer deutlich geringeren Gehaltssteigerung im Beitrittsgebiet ausgingen, als sich schließlich später auf Grund der tatsächlichen Zahlen herausstellte und damit nur einen endgültigen Umrechnungswert von 1,7235 rechtfertigte. Ähnliches gilt für die weiteren hier streitigen Jahre 1993 und 1994, wenn auch mit merklich geringeren Differenzen. Berücksichtigt man dies und des Weiteren die auch durch die Rundung (§ 275a Satz 2 SGB VI) möglich werdenden Differenzen, so ist das vom Kläger bemängelte Zahlenwerk damit erklärt. Eine Rechtswidrigkeit lässt sich darin nicht erkennen, insbesondere liegt kein Verstoß gegen Verfassungsrecht vor. Der Kläger hat für 1991 Beiträge für insgesamt 38.400,00 DM (= BBG Ost) entrichtet, während ihm unter Berücksichtigung des Umrechnungsfaktors 1,7235 Entgeltpunkte nach einem Verdienst von 66.182,40 DM und damit zugegebenermaßen weniger als nach der BBG West von 78.000,00 DM zu Grunde gelegt worden sind. Damit ist er im Ergebnis nur begünstigt, weil ihm Entgeltpunkte für ein Entgelt angerechnet werden, für das er nur teilweise Beiträge entrichtet hat. Für die berücksichtigten Zeiten in den Jahren 1993 und 1994 ergeben sich auf Grund des Zusammenspiels der Zahlen der Anlagen 2, 2a und 10 zum SGB VI ebenfalls, wenn auch deutlich geringere Differenzen zur BBG West und zu den für einen Versicherten aus den alten Bundesländern erreichbaren Entgeltpunkten, für die diese dann allerdings auch im Gegensatz zu den Versicherten des Beitrittsgebietes entsprechende Beiträge entrichtet haben müssen.

Damit zeigt sich, dass die vom Kläger gerügte Benachteiligung Folge der Umsetzung der für die Versicherten des Beitrittsgebiets geltenden Vergünstigung ist und diese Vergünstigung im geringen Umfang schmälert. Dass ein verfassungsrechtlicher Anspruch bestünde, diese aus einem ordnungsgemäßem Verwaltungsablauf resultierende Einschränkung der Vergünstigung zu beseitigen, ist nicht ersichtlich. Diese vom Kläger gerügte "Benachteiligung" war eine nur kurze und im Wesentlichen geringfügige Folge der Umbruchsituation, wie sich aus den verschiedenen Werten der Anlage 10 zum SGB VI ergibt.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte auch kein Rentenanspruch unter Berücksichtigung eines Zahlbetragsschutzes zu, wie er in § 4 Abs. 4 des AAÜG für rentennahe Jahrgänge auf Grund der entsprechenden Festlegungen im Einigungsvertrag formuliert worden ist. Die darin geforderten Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht, weil er weder "Bestandsrentner" ist, noch zum Personenkreis der rentennahen Jahrgänge, deren nach dem SGB VI berechnete Rente in der Zeit bis zum 30. Juni 1995 beginnt, zählt. Andere gesetzliche Bestimmungen, die das diesbezügliche klägerische Begehren stützen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die vom Kläger beanspruchte erweiterte Anwendung des § 4 Abs. 4 AAÜG auch auf Personenkreise, deren Rente erst nach dem 30.Juni 1995 beginnt, ist daher nach der insoweit nicht auslegungsfähigen Regelung nicht möglich. Eine durch die Rechtsprechung auszufüllende Regelungslücke ist nicht erkennbar. Die vom Kläger vorgetragene Argumentation würde deshalb nicht dazu führen, ihm die begehrte höhere Leistung zuzusprechen, sondern könnte nur über den Weg einer verfassungsgerichtlichen Prüfung ein Tätigwerden des Gesetzgebers erzwingen.

Die Notwendigkeit eines solchen Vorgehens sieht der Senat nicht; die vom Kläger angeführten verfassungsrechtlichen Bedenken greifen nicht. Die der Rentengewährung nach dem SGB VI zu Grunde liegende so genannte Systementscheidung, die verschiedenen Leistungen der Altersversorgung der DDR in eine einheitliche nach dem SGB VI berechnete Rente zu überführen, ist nach dem vom Kläger angeführten Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/98 und 1 BvR 2105/95 - nicht zu beanstanden. Denn auch wenn die in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften durch den Einigungsvertrag in den Schutzbereich des Grundgesetzes gelangten, so waren sie nur nach dessen Maßgaben geschützt; dieser grundgesetzliche Schutz schließt jedoch Änderungen und Umgestaltungen durch den Gesetzgeber nicht aus. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang auch richtig darauf verwiesen, dass dem im Schutzbereich des Artikel 14 des Grundgesetzes zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Zahlbetragsgarantie für Rentner und rentennahe Jahrgänge genügt wird. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass die Schutzfunktion der Zahlbetragsgarantie den von ihr nach ihrem Wortlauf nicht erfassten Rentnern und damit zeitlich unbefristet zu gewähren ist, wenn sich im Einzelfall auf Grund der Versicherungsbiografie eine niedrigere Rente nach dem SGB VI ergibt. Eine solche Auffassung würde eine Überdehnung der verfassungsrechtlich gebotenen Übergangsregelung bedeuten, denn der betreffende Personenkreis wäre damit - anders als die anderen Versicherten - von künftigen (und verfassungsrechtlich zulässigen) Änderungen, die die Wertigkeit der Altersversorgung verringern, ausgenommen. Dass die Zahlbetragsgarantie auch auf Rentenzugänge nach dem 30. Juni 1995 anzuwenden sei, deutet deshalb auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil nicht einmal an, obwohl ihm bei seiner Entscheidung sicherlich bekannt gewesen ist, dass auch der Personenkreis der Angehörigen der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme von dem Wegfall von Arbeitsplätzen und der relativ hohen Arbeitslosigkeit im Beitrittsgebiet betroffen ist und sich insofern die der zeitlichen Begrenzung zu Grunde liegende Annahme, die betreffenden späteren Rentenzugänge würden im Verlaufe ihres weiteren Erwerbslebens ihre Altersvorsorge verbessern können, in vielen Fällen nicht bzw. nicht im erwarteten Umfang bestätigt hat.

Soweit der Kläger auf die höheren Rentenleistungen älterer und damit "rentennaher" Versicherter verweist, ist ein Gleichheitsverstoß nicht erkennbar. Ein solcher liegt vor, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten anders behandelt als eine andere, obwohl zwischen beiden keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung als maßgeblich anzusehen sind, entscheidet dabei grundsätzlich der Gesetzgeber. Dass der Gesetzgeber vorliegend darauf abgestellt hat, ob nach Schließung der Zusatzversorgungssysteme für Personen im erwerbsfähigen Alter noch in einem beachtlichen Zeitraum Gelegenheit bestand, Zugang zu ergänzenden Alterssicherungssystemen zu finden, ist deshalb nicht zu beanstanden. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht es auch mit Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz für vereinbar gehalten, dass die begünstigende Wirkung der Zahlbetragsgarantie nach dem Einigungsvertrag auf Bestandsrentner und Rentenzugänge bis zum 30. Juni 1995 begrenzt wurde (Bundesverfassungsgericht, a.a.O. S. 63 des Umdrucks).

Soweit der Kläger damit argumentiert, die Stichtagsregelung sei insoweit sachlich nicht vertretbar, als Artikel 2 RÜG einen zeitlich weitergehenden Schutz zubillige, verkennt er, dass Artikel 2 RÜG i.V.m. § 319b SGB VI eine der Regelung des § 4 Abs. 4 AAÜG im Übrigen gleichwertige Rechtsposition gerade nicht begründet. Bei Rentnern, für die über Jahre Beiträge bis zur BBG als gezahlt gelten, kommen § 319b SGB VI i.V.m. den Regelungen des Artikel 2 RÜG typischerweise nicht zur Anwendung, da die Regelungen des SGB VI wegen der Berücksichtigung sämtlicher tatsächlich erzielten, als versichert geltenden Arbeitsverdienste sehr viel günstiger sind. Bei der Vertrauensschutzregelung des § 319b SGB VI i.V.m. Artikel 2 RÜG geht es nur um einen begrenzten Schutz durch Zahlung eines Zuschlages für den Fall, dass ausnahmsweise die Rentenhöchstwertfestsetzung nach dem SGB VI den Wert nach Artikel 2 RÜG (und damit in der Sache nach den zuletzt in der DDR geltenden Rechtsvorschriften für nicht zusatzversichert gewesene Berechtigte) nicht erreicht. Anders als im Falle des Anwendungsbereiches des § 4 Abs. 4 AAÜG geht es dagegen nicht um die dauerhafte Begründung von Rentenansprüchen, wie sie nach dem SGB VI überhaupt nicht begründet werden könnten. Das zeigt sich darin, dass der Schutz durch § 319b SGB VI nur statisch gewährt wird. Diese Unterschiede in der Struktur der Vertrauensschutzregelungen rechtfertigen es, den viel schwächeren Schutz durch das RÜG langfristiger zu gewähren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; Kosten sind nicht zu erstatten, weil der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.

Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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