L 3 AL 4814/99

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AL 3598/98
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 4814/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Gegenstandswert eines Grundlagenbescheids. Ist im maßgeblichen Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs gegen einen Grundlagenbescheid nach § 128 AFG seit dem Beginn der für die Erstattungspflicht relevanten Leistungsgewährung bereits ein wesentlicher Zeitraum verstrichen, ist im Falles einer (isolierten) Anfechtung dieses Bescheides die Zugrundelegung eines Gegenstandswertes in Höhe der Hälte (50%) der nach Lage des Falles maximalen Erstattungsforderung sachgerecht.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Oktober 1999 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin weitere 135,- DM zu zahlen. Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Beklagte erstattet der Klägerin ein Fünftel ihrer außergerichtlichen Kosten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der Kosten eines Widerspruchsverfahrens.

Die Klägerin, ein Unternehmen für Garten- und Landschaftsbau, beschäftigte vom 03.03.1990 bis 31.12.1996 den am 06.10.1937 geborenen Arbeitnehmer V. Das Beschäftigungsverhältnis endete durch Kündigung der Klägerin vom 19.12.1996 wegen Arbeitsmangels, allerdings verbunden mit einer Wiedereinstellungszusage zum 15.03.1997.

Die Beklagte gewährte V. antragsgemäß und unter Zugrundelegung der Angaben in der Arbeitsbescheinigung ab 01.01.1997 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von 282,00 DM wöchentlich bzw. 47,00 DM täglich (Bewilligungsbescheid vom 30.01.1997), ab 01.01.1998 in Höhe von 286,16 bzw. 40,88 DM (Änderungsbescheid vom 28.01.1998). Seit 1. September 1998 bezieht V. Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.

Nach vorheriger Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 24.07.1997 stellte die Beklagte mit (Grundlagen-)Bescheid vom 13.10.1997 fest, die Klägerin sei verpflichtet, das V. gewährte Alg sowie die hierauf entfallenden Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherungsbeiträge ab 01.01.1997 für "längstens 624 Tage" zu erstatten.

Dagegen legte die Klägerin am 18.11.1997 Widerspruch ein, den sie mit dem Vorliegen des Befreiungstatbestandes nach § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG begründete. Nach Vorlage entsprechender Belege und Unterlagen half die Beklagte dem Widerspruch ab und hob den angefochtenen Bescheid vom 13.10.1997 auf. Die Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens könnten auf Antrag erstattet werden, die Zuziehung des Bevollmächtigten werde als notwendig erachtet (Abhilfebescheid vom 04.05.1998).

Auf Anfrage der Bevollmächtigten der Klägerin teilte die Beklagte mit, die Erstattungspflicht hätte ca. 45.000,- bis 55.000,- DM betragen, dies seien jedoch grobe Werte, die nicht eindeutig bestimmt werden könnten. Daraufhin reichten die Bevollmächtigten der Klägerin eine Kostenrechnung vom 18.05.1998 ein, wobei eine 7,5/10 Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 50.000,- DM in Höhe von 1.068,80 DM, ferner eine Post- und Telekommunikationspauschale von 40,- DM und Schreibgebühren (für 19 Kopien) von 19,- DM geltend gemacht wurden und der Gesamtbetrag mit 1.127,80 DM beziffert wurde. Die Beklagte legte demgegenüber im Bescheid vom 17.06.1998 einen Gegenstandswert von 8.000,- DM zugrunde und errechnete daraus eine 7,5/10 Geschäftsgebühr von 363,75 DM, zuzüglich der geltend gemachten Post- und Fernmeldepauschale und Schreibgebühren, insgesamt eine Kostenabrechnung von 422,75 DM; dieser Betrag wurde überwiesen.

Die Klägerin legte gegen die Kostenabrechnung Widerspruch ein. Die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, es bestünden keine genügenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Wertermittlung. Es könne demgegenüber sehr wohl festgestellt werden, wie lange und mit welcher Leistungshöhe der Arbeitnehmer voraussichtlich im Leistungsbezug stehen würde. Mindestens bestünden genügend Anhaltspunkte für eine Schätzung. Die Beklagte selbst habe auf Anfrage mitgeteilt, es wäre unter Umständen ein Betrag von ca. 45.000,- bis 55.000,- DM zu erstatten gewesen. Dies sei zugrunde zu legen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.1998 mit der Begründung zurück, in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung des Gegenstandswertes sei bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen der Gegenstandswert auf 8.000,- DM festzulegen. Der Grundlagenbescheid vom 13.10.1997 habe lediglich die grundsätzliche Verpflichtung zur Erstattung von Alg und den hierauf entfallenden Beiträgen ab 01.01.1997 für längstens 624 Tage ausgesprochen. Eine tatsächliche konkrete Erstattungspflicht für einen bestimmten oder gar den gesamten Zeitraum sei nicht ausgesprochen worden. Bei Erlaß des Grundlagenbescheides habe auch noch nicht festgestanden, wie lange und in welcher Höhe der Arbeitnehmer Leistungen des Arbeitsamtes beziehen werde. Ein Erstattungsbescheid sei noch nicht erlassen worden und habe auch nicht unmittelbar und konkret bevorgestanden. Dementsprechend sei als Gegenstandswert ein Betrag von 8.000,- DM zugrunde zu legen.

Mit der dagegen am 01.09.1998 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin die Zahlung von 705,05 DM beantragt, nämlich die Differenz zu der Gebühr, die sich aus einem Gegenstandswert von 50.000,- DM ergibt. Sie hat sich dabei auf einen Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.01.1998 - S 4 AR 4964/97 - gestützt, in dem nicht von einem Gegenstandswert von 8.000,- DM ausgegangen, sondern als Gegenstandswert der bereits durch einen Erstattungsbescheid geltend gemachte Erstattungsbetrag zugrunde gelegt worden war. Die Beklagte hat sich demgegenüber auf einen Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG, vom 03.03.1998 - 11 RAr 103/96 -) berufen, wonach es sich beim Grundlagenbescheid um einen nichtvermögensrechtlichen Gegenstand handele, auf den in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine andere Schätzung der Regelgegenstandswert von 8.000,- DM anzuwenden sei. (Dieser Gegenstandswert ist allerdings vom BSG mit Erstattungssummen aus zwei angefochtenen Bescheiden addiert worden auf einen Gegenstandswert von 60.238,15 DM).

Das SG hat durch Urteil vom 22.10.1999 unter Abänderung des Bescheides vom 17.06.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.1998 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf 25.000,- DM festgesetzt und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, wenn man davon ausgehe, daß es der Klägerin letztendlich darum gehe, eine Erstattungsforderung von maximal etwa 50.000,- DM abzuwehren, dann sei dieser Betrag, weil die Erstattungsforderung nicht mit Sicherheit, sondern nur möglicherweise festgesetzt würde, nur zum Teil in Ansatz zu bringen. Hierbei sei das Gesamtbild des Rechtsstreites zu berücksichtigen. Einerseits sei die maximale Erstattungsforderung von etwa 50.000,- DM im Raum, andererseits sei zu berücksichtigen, dass es noch offen sei, ob es auch zu einem Erstattungsbescheid in dieser Höhe komme. Deshalb sei grundsätzlich der Wert des Streitgegenstandes zu halbieren. Dabei werde berücksichtigt, daß es möglich, wenn auch wenig wahrscheinlich sei, daß der ehemalige Arbeitnehmer der Klägerin wegen einer neuen Arbeitsaufnahme die Arbeitslosigkeit vorzeitig beendet hätte. Allerdings könne ein vorzeitiger Abbruch auch durch Ruhenstatbestände des § 118 AFG oder durch ein Ableben des ehemaligen Arbeitnehmers im Bezugszeitraum eintreten. In diesem Zusammenhang sei auch eine Leistungsminderung durch die Aufnahme einer Nebenerwerbsbeschäftigung denkbar. Dies berücksichtigend sei ein Wert festzustellen, der erheblich höher als der Regelwert von 8.000,- DM liege und mit 25.000,- DM, nämlich der Hälfte der Maximalerstattungsforderung, angemessen bemessen erscheine.

Gegen dieses am 12.11.1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 03.12.1999 Berufung eingelegt. Sie sieht das Urteil des SG im Widerspruch zu der Entscheidung des BSG vom 03.03.1998. Das BSG habe festgestellt, dass der Grundlagenbescheid einen nichtvermögensrechtlichen Gegenstand betreffe und in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte der Regelwert von 8.000,- DM für den Gegenstandswert maßgebend sei. Dem sei zuzustimmen, denn mit der Feststellung der Erstattungspflicht dem Grunde nach könne noch überhaupt keine Aussage darüber getroffen werden, ob ein Erstattungsanspruch konkret geltend gemacht werde und in welcher Höhe. Unsicherheit bestehe bezüglich der Frage, wie lange und in welcher Höhe der ehemalige Arbeitnehmer Leistungen beziehen werde, aber auch im Hinblick darauf, daß die Klägerin hier durch geeignete Unterlagen darlegen könnte, daß die Erstattungspflicht entfalle. Deswegen könne ein Gegenstandswert auch nicht annähernd geschätzt werden.

Die Beklagte stellt den Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Oktober 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 05.11.1999 zugestellte Urteil am 31.03.2000 (unselbständige) Anschlußberufung eingelegt.

Sie beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Oktober 1999 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 1998 zu verurteilen, an die Klägerin weitere 705,05 DM zu bezahlen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte und die Klägerin beantragen außerdem,

die Berufung der jeweils anderen zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil zwar insoweit für zutreffend, als nicht von einem Regelwert von 8.000,- DM ausgegangen worden sei, sie bleibe jedoch dabei, daß die Beklagte selbst die Erstattungsforderung auf ca. 45.000,- bis 55.000,- DM beziffert habe. Damit habe aber bereits die Beklagte selbst aufgrund der vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte eine Schätzung vorgenommen. Sie habe für den Gegenstandswert daraus den "Mittelwert" entnommen, so daß kein weiterer Abschlag davon vorzunehmen sei. Die Beklagte selbst habe bereits berücksichtigt, daß die Höhe der Leistungen und die Beitragssätze noch nicht konkret festgestanden hätten. Deshalb verbiete sich eine neuerliche "Halbierung des Streitwertes", es sei weiterhin von einem Gegenstandswert von 50.000,- DM auszugehen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (auch die Leistungsakten des V.) und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und in der Sache teilweise begründet. Unbegründet ist dagegen die unselbständige Anschlußberufung der Klägerin.

Die Beklagte hat dem Widerspruch mit Schreiben vom 04.05.1998 abgeholfen und dabei entsprechend § 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 SGB X entschieden, daß die notwendigen Aufwendungen erstattet würden und daß die Zuziehung des Bevollmächtigten notwendig gewesen sei.

Das SG und die Beklagte haben auch zutreffend die für die Bemessung erstattungsfähiger Gebühren und Aufwendungen für Rechtsanwälte einschlägigen Vorschriften der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO), insbesondere § 116 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 BRAGO zugrundegelegt; diese Rechtsnormen sind im angefochtenen Widerspruchsbescheid zutreffend zitiert; der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen darauf Bezug. Allenfalls ist ergänzend anzuführen, daß bei der Bestimmung des Gegenstandswertes nach § 8 Abs. 1 und Abs. 2 BRAGO die Vorschrift des § 13 Gerichtskostengesetz (GKG) ergänzend heranzuziehen ist (z.B. BSG NZ5 1996, 400). Auch im sozialgerichtlichen Verfahren, also auch im -vorliegenden- Verwaltungsverfahren, ist der Gegenstandswert "nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen" (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die Bedeutung der Sache für den Kläger entspricht dabei seinem Interesse an der erstrebten Entscheidung. Maßgebend ist dabei nicht die subjektive Bedeutung für den Kläger, sondern der Wert, den die Sache bei objektiver Beurteilung für ihn hat (so unter Berufung auf Gesetzesmaterialien z.B. Hartmann, Kostengesetze, 30. Auflage, Anm. 9 zu § 13 GKG).

Maßgebender Zeitpunkt für die Bewertung des Gegenstands, für die Schätzung des Interesses, ist der Zeitpunkt der Entstehung der Gebühr. Entscheidend ist der Zeitpunkt, in dem der Gebührentatbestand erfüllt wird (Riedel/Sußbauer, BRAGO, 8. Auflage, § 1 Rdnr. 63 und § 7 Rdnr. 10). Hier also der Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 13.10.1997.

Dies berücksichtigend hat das SG im angefochtenen Urteil zutreffend begründet, daß nicht von dem Regel-Gegenstandswert von 8.000,- DM auszugehen ist. Das SG hat dabei zu Recht auf das "Gesamtbild" des Rechtsstreits Rücksicht genommen, ist allerdings zu Unrecht davon ausgegangen, dass die im Hintergrund stehende eventuelle Erstattungsforderung maximal ca. 50.000,- DM betrüge. Richtig ist, daß die Obergrenze sicherlich die maximale Erstattungsforderung bildet. Diese Forderung abzuwehren ist das eigentliche Interesse der Klägerin. Nun entscheidet allerdings der Grundlagenbescheid gerade nicht über diese Erstattungsforderung. Darüber entscheidet erst der konkrete Erstattungsbescheid. Ein Bescheid, der lediglich die rechtlichen Grundlagen einer Zahlungspflicht regelt, hat einen wesentlich geringeren Regelungsgehalt als ein Bescheid, der die Zahlungspflicht selbst regelt. Dementsprechend ist auch die "Bedeutung der Sache" iSv § 13 Abs.1 GKG für die Klägerin wesentlich geringer. Das SG hat dem dadurch Rechnung getragen, daß es als Gegenstandswert die Hälfte der Maximalforderung zugrundegelegt hat. Das ist aus der Sicht des Senats nicht zu beanstanden. Zu beanstanden ist allerdings, daß das SG dabei von dem von der Beklagten genannten Höchstbetrag von durchschnittlich 50.000,- DM ausgegangen und zu einem (hälftigen) Gegenstandswert von 25.000,- DM gelangt ist. Es kann nicht einfach die Schätzung der Beklagten übernommen werden, vielmehr ist das Interesse der Klägerin an der Beseitigung des Grundlagenbescheides anhand konkreter und objektiver Umstände zu schätzen. Hier konnte von Anfang an nicht von einem zwei Jahre umfassenden (" ...längstens 624 Tage") Erstattungszeitraum ausgegangen werden. Konkret und objektiv ging es hier maximal um einen Erstattungszeitraum von einem Jahr. Dies war auch für die Beteiligten von vornherein leicht erkennbar, denn ab Januar 1998 erfüllte V. die Voraussetzungen für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 38 SGB VI, eine alternative Sozialleistung nach § 128 Abs. 1 Satz 3 AFG.

Der 11. und der 7. Senat des BSG haben in Entscheidungen vom 22.03.2001 - B 11 AL 91/00 R und vom 04.09.2001 - B 7 AL 6/01 R im Ergebnis die Beschlüsse vom 03.03.1998 - 11 RAr 103/96 und 107/96 bestätigt. Beide Senate haben daran festgehalten, daß "Anhaltspunkte für eine Schätzung des Gegenstandswertes" nicht vorlägen; sie haben keinen Anlaß gesehen, von dem in § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO vorgesehenen Wert von 8.000,- DM abzuweichen. Der Senat folgt dem BSG insoweit, als hier nicht § 8 Abs. 1 Satz 2, sondern Abs. 2 Satz 1 und 2 BRAGO anzuwenden ist. Der 7. Senat des BSG hat in der oben letztgenannten Entscheidung klargestellt, dass es sich beim Grundlagenbescheid entgegen der Rechtsprechung des 11. Senats nicht um einen "nicht vermögensrechtlichen Gegenstand" i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 2, 2. HS BRAGO handelt. Auch dem folgt der Senat. Der Grundlagenbescheid betrifft das Vermögen der Klägerin, was angesichts des Verfügungssatzes schon rein sprachlich nahe liegt und was sich aus den Konsequenzen ergibt, die bei einer - gedachten - Bindungswirkung des Grundlagenbescheids eingetreten wären. Die Beklagte hätte ohne weitere Begründung die einzelnen Erstattungsforderungen auf den Grundlagenbescheid gestützt. Im übrigen sind nicht vermögensrechtliche Gegenstände nach ihrem Erscheinungsbild andere (s. dazu Riedel/Sußbauer aaO § 8 Rdnr. 51). Aber selbst wenn ein solcher hier anzunehmen wäre, dann wäre der Gegenstandswert gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 2. HS BRAGO "nach Lage des Falles niedriger oder höher" zu schätzen, was hier auch dazu führen müsste, von 8.000,- DM abzuweichen.

Der Senat hält diese Entscheidungen des BSG jedoch wegen unterschiedlicher Fallgestaltung hier nicht für einschlägig. Der entscheidende Unterschied liegt darin, daß in beiden vom BSG entschiedenen Fällen im Zeitpunkt des Erlasses des Grundlagenbescheides der Beginn des Erstattungszeitraumes noch etwa ein Jahr bzw. deutlich mehr als ein Jahr in der Zukunft lag. Insoweit ist in der Tat einzuräumen, daß der Grundlagenbescheid nicht die konkreten Grundlagen einer konkreten Erstattungspflicht regeln konnte. Der vorliegende Fall liegt jedoch anders. Im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchs gegen den Grundlagenbescheid vom 13.07.1997 war seit dem Beginn der für die Erstattungspflicht relevanten Leistungsgewährung fast ein dreiviertel Jahr vergangen. Im Zeitpunkt der Abhilfe des Widerspruchs (Schreiben vom 04.05.1998) war sogar der gesamte Erstattungszeitraum bereits verstrichen. Im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt war also sehr wohl eine aus der Sicht der Beteiligten nach Beginn und Höhe abschätzbare Erstattungsforderung im Raum. Diese Erstattungsforderung bestimmte selbstverständlich das Interesse der Klägerin, gegen den Grundlagenbescheid anzugehen. Gerade in einem Fall wie dem vorliegenden hält deshalb auch der Senat die Zugrundelegung eines Gegenstandsertes von der Hälfte der maximalen Erstattungsforderung für den Grundlagenbescheid für sachgerecht. Dies trägt generell der hier zu berücksichtigenden "Risikoverteilung" Rechnung und entspricht der geringeren Bedeutung des Grundlagenbescheids gegenüber der bereits entstandenen, aber noch nicht rechtlich und tatsächlich ausermittelten und abgewogenen Erstattungsforderung. Selbst wenn auch im vorliegenden Fall davon ausgegangen würde, daß es sich bei dem Grundlagenbescheid lediglich um eine Elementenfeststellung handele, ist doch zu berücksichtigen, dass der (mögliche) Erstattungsanspruch mindestens zu einem erheblichen Teil bereits entstanden war. Deshalb kann im vorliegenden Fall nicht davon gesprochen werden, daß es keine Anhaltspunkte für eine vom Regel-Gegenstandswert von 8.000,- DM abweichende Schätzung gebe. Vielmehr läßt sich der bereits entstandene und nach Zeitraum und Höhe absehbare Erstattungsanspruch durchaus konkret schätzen. Dabei liegt es natürlich im Wesen der Schätzung, daß tatsächliche und rechtliche Risiken bewertet werden, die sich einer präzisen betragsmäßigen Erfassung entziehen. Es genügt eine überschlägige Berechnung. Ausgehend von einem Erstattungsanspruch für ein Jahr (52 Wochen, siehe § 38 SGB VI) Alg (14.700,- DM) zuzüglich der Beiträge zur Renten- (6.000,- DM), Kranken- (2.400,- DM) und sozialen Pflegeversicherung (300,- DM) ist ein überschlägiger Gesamtbetrag von 23.400,- DM zu errechnen. Davon der hälftige Ansatz wegen des geringeren Regelungsgehalts des Grundlagenbescheids führt zu einem Gegenstandswert von 11.700,- DM.

Dieser Berechnungsweise steht auch der Beschluss des BSG vom 03.03.1998 - 11 RAr 103/96 nicht entgegen. Dort hat zwar das BSG den Gegenstandswert mangels genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine andere Schätzung mit dem Regelgegenstandswert von 8.000,- DM angesetzt. Diesen hat es allerdings zu ebenfalls streitigen Erstattungsbescheiden über 52.238.15 DM hinzuaddiert zu einem Gegenstandswert von 60.238,15DM. Dies ist hier nicht möglich, zeigt aber, dass das BSG dem Grundlagenbescheid einen eigenständigen Gegenstandswert beimisst, selbst wenn (auch) zumindest Teile der Erstattungsforderung streitig sind. Dann muss es aber nach Ansicht des Senats möglich sein, den Gegenstandswert für einen Grundlagenbescheid mit der Hälfte der Erstattungsforderung anzusetzen, wenn nur der Grundlagenbescheid zu "schätzen" ist.

Aus dem Gesagten ergibt sich allerdings auch, daß eine volle Zugrundelegung der maximalen Erstattungsforderung, wie sie von der Klägerin mit der Anschlussberufung geltend gemacht wird, nicht möglich ist. Es ist hier in der Tat zu berücksichtigen, daß der Grundlagenbescheid einen sehr viel geringeren Regelungsgehalt als ein Erstattungsbescheid hat und daß gegen die einzelnen Erstattungsforderungen, die vierteljährlich nachträglich geltend gemacht werden (sollen), noch rechtshindernde und rechtsvernichtende Einwendungsmöglichkeiten nach § 128 AFG bestehen. Dieses ist mit in die Bewertung des Gegenstandswertes einzubeziehen. Deswegen hält der Senat wie auch das SG (und wie auch der 12. Senat des LSG Baden-Württemberg im Beschluss vom 14.12.1998 - L 12 AL 2237/98 W-B -) einen Gegenstandswert in Höhe der Hälfte der maximalen Erstattungsforderung für sachgerecht. Letztere ist allerdings nicht abstrakt zu schätzen, sondern anhand des konkreten und objektiven Leistungsablaufs mindestens überschlägig zu ermitteln.

Weil die Klägerin im Klage- und Berufungsverfahren eine Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) erhoben und einen konkreten Geldbetrag beantragt hat, hätte sich das SG im angefochtenen Urteil nicht auf eine Feststellung des Gegenstandswertes beschränken dürfen und kann auch der Senat nicht lediglich ein Grundurteil sprechen; vielmehr ist auf die Leistungsklage der Kläger der (restliche) Kostenerstattungsbetrag zu ermitteln und zu beziffern. Ausgehend von einem Gegenstandswert von 11.700,- DM ergibt sich folgende Rechnung: Der Ansatz einer 7,5/10 Gebühr ist nach § 118 BRAGO berechtigt und erscheint angemessen, dies sind 498,75 DM. Der Ansatz der Post- und Fernmeldepauschale mit 40,- DM und der Schreibgebühren (Fotokopiekosten) mit 19,- DM entspricht §§ 26, 27 BRAGO, wobei keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die Klägerin nicht 19 Fotokopien gefertigt hat. Zu zahlen sind also 557,75 DM. Daraus ergibt sich abzüglich der bereits von der Beklagten gezahlten 422,75 DM ein noch zu zahlender Betrag von 135,- DM. Hierzu ist die Beklagte zu verurteilen.

Aus diesen Gründen und insoweit erweist sich die Berufung der Beklagten als teilweise begründet; die Anschlussberufung der Klägerin ist zurückzuweisen, weil der ihr nach dem Urteil des Senats zustehende Erstattungsbetrag noch hinter dem zurück bleibt, was ihr das SG - im Ergebnis - zugesprochen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat läßt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zu, weil die hier zu beurteilende Rechtsfrage angesichts der oben beschriebenen Abweichungen im Sachverhalt bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist.
Rechtskraft
Aus
Saved