L 4 KR 4475/00

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 2380/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4475/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 7201 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Disposition über Antragsfiktion des § 116 Nr 2 SGB 6 durch Rechtsnachfolger? Die Rücknahme des nach § 116 Abs 2 SGB 6 fingierten Rentenantrags ist ohne Zustimmung der Krankenkasse nur dann zulässig, wenn diese bei rechtmäßiger Ermessensausübung die Stellung eines Antrags auf Rehabilitationsleistungen nicht verlangen konnte. Das Festhalten an der Aufforderung nach Abschluss des erfolglosen Reha-Verfahrens könnte zwar ermessensfehlerhaft sein, wenn durch das Hinausschieben des Versicherungsfalls eine erhebliche Verbesserung des Rentenanspruchs erreicht werden könnte (BSG E 52, 26, 31). Die Aussicht auf ein tarifliches Überbrückungsgeld begründet aber kein gleichkommendes berechtigtes Interesse des Versicherten.Das gilt auch für den Rechtsnachfolger der Versicherten.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob das Gestaltungsrecht der U. W. (U.W.), dass der von ihr gestellte Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation nicht als Antrag auf Rente gelten sollte, beschränkt war.

Der am 1973 geborene Kläger ist Alleinerbe der am 04. November 1941 geborenen und am 1998 verstorbenen U.W. Diese war seit 1957 im Fernsprechwesen in der ehemaligen DDR tätig, wobei sie von 1969 bis 1974 ein Fernstudium als Diplom-Wirtschaftsingenieurin absolvierte. Zuletzt arbeitete sie als Ressortleiterin im Privatkundenvertrieb bei der Firma D ... Sie war bei der Beklagten krankenversichert. Bei U.W. bestand ein metastasiertes Mammacarzinom rechts, das im Mai 1996 operativ entfernt wurde. Deswegen war sie seit 08. Mai 1996 arbeitsunfähig (au) krank. Seit 19. Juni 1996 bezog sie Krankengeld (Krg). Sie ließ ihre Krankschreibung am 01. April 1997 beenden und nahm vom 02. April bis 21. Mai 1997 Erholungsurlaub, so dass sie Arbeitsentgelt erhielt. Aufgrund eines mit der Firma D. abgeschlossenen Aufhebungsvertrags vom 11. April 1997 schied U.W. am 21. Mai 1997 dort aus, um das aufgrund tarifvertraglicher Regelungen für Mitarbeiter der Firma D., die vor Vollendung des 55. Lebensjahres auf Veranlassung des Arbeitgebers ausschieden, bis zur Altersrente vorgesehene Überbrückungsgeld in Anspruch zu nehmen. Insoweit bestand Anspruch auf Zahlung von 75 vom Hundert (v.H.) des letzten Bruttomonatsentgelts unter Anrechnung von Arbeitslosengeld (Alg) bzw. Arbeitslosenhilfe (Alhi), Krg, Verletztengeld, gesetzlichem Übergangsgeld und Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU). Vom 22. Mai 1997 bis 19. Februar 1998 gewährte die Firma D. U.W. Überbrückungsgeld in Höhe von insgesamt DM 38.867,53. Ferner bezog U.W. vom 14. August 1997 bis 09. Februar 1998 vom Arbeitsamt (AA) R. Alg. Vom 10. bis 19. Februar 1998 bezog U.W. von der Beklagten nochmals Krg.

Mit Schreiben vom 25. Oktober 1996 forderte die Beklagte U.W. im Hinblick auf das Gutachten des Dr. N. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) M. vom 14. Oktober 1996 nach § 51 Abs. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) auf, einen Antrag auf Rehabilitationsmaßnahmen zu stellen. Das mit Rechtsbehelfsbelehrung versehene Schreiben enthielt den Hinweis, dass der Antrag auf Rehabilitationsmaßnahmen als Rentenantrag gelte, wenn Berufsunfähigkeit (BU) oder Erwerbsunfähigkeit (EU) vorliege und Rehabilitationsmaßnahmen nicht angezeigt seien. Aufgrund des daraufhin am 25. November 1996 bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gestellten Antrags auf Rehabilitationsleistungen bewilligte die BfA U.W. mit Bescheid vom 17. Dezember 1996 ein medizinisches Heilverfahren in der Strandklinik B., das sie vom 18. Februar bis 18. März 1997 durchführte. Chefarzt Dr. S. gelangte im Entlassungsbericht vom 15. Mai 1997 zu dem Ergebnis, dass U.W. wegen des progredienten Tumorleidens im Beruf als Wirtschaftsingenieurin nicht mehr arbeiten könne. Im Hinblick darauf und wegen des § 116 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) bewilligte die BfA dem Kläger für U.W. mit Bescheid vom 12. Mai 1998 Rente wegen EU vom 19. März 1997 bis 28. Februar 1998 (Rentenzahlbetrag DM 19.243,56). Gegenüber der BfA machten insoweit das AA R., die Beklagte und die Firma D. Erstattungsansprüche geltend, weshalb eine Auszahlung an den Kläger nicht erfolgte. Die BfA erstattete der Firma D. DM 5.219,41.

Schon mit Schreiben vom 23. Juni 1997 hatte die BfA U.W. auf § 116 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI sowie darauf hingewiesen, dem betroffenen Versicherten stehe ein Gestaltungsrecht im Hinblick auf seinen Rentenanspruch zu; er könne beispielsweise bestimmen, dass sein Antrag auf Maßnahmen zur Rehabilitation nicht als Rentenantrag gelten solle. In der Ausübung dieses Gestaltungsrechts sei jedoch derjenige Versicherte eingeschränkt, der als Bezieher von Krg von seiner Krankenkasse aufgefordert worden sei, einen Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation zu stellen. Dann sei es erforderlich, dass die Krankenkasse ihr Einverständnis mit der Ausübung des Gestaltungsrechts erkläre. Die Krankenkasse habe unter Berücksichtigung der rechtlichen Interessen der Kasse eine Ermessensentscheidung dahin zu treffen, ob sie vom Versicherten verlangen könne, auf die Ausübung des Gestaltungsrechts zu verzichten. Mit Schreiben vom 29. Juni 1997 stellte U.W. bei der Beklagten einen Antrag, die Zustimmung zur Ausübung ihres Gestaltungsrechts, dass der Antrag auf Rehabilitationsleistungen nicht als Rentenantrag gelten solle, zu erklären. Sie machte geltend, den Antrag auf Rehabilitationsmaßnahmen zwar gestellt zu haben; sie habe jedoch darauf vermerkt, dass er nur als ein solcher Antrag angesehen werden solle. Der Grund dafür sei nämlich gewesen, dass sie am 14. März 1996, als sie noch gesund gewesen sei, bei ihrer Arbeitgeberin einen Antrag auf Zahlung von Überbrückungsgeld gestellt habe; dieses habe sie in Anspruch nehmen wollen, was auch nach der Kur geschehen sei. Am 01. April 1997 habe sie ihre Krankschreibung beendet und anschließend bis zum 21. Mai 1997 Urlaub gemacht; Überbrückungsgeld sei ihr ab 22. Mai 1997 gezahlt worden. Sie könne nicht begreifen, dass ihr Gestaltungsrecht jetzt eingeschränkt sein solle. Die von ihr getroffenen und durchgeführten Entscheidungen würden nämlich in Frage gestellt. Es könne nicht angehen, dass die Beklagte das Gestaltungsrecht nur deswegen einschränke, um von der BfA das gezahlte Krg erstattet zu bekommen. Bei der Ermessensentscheidung der Beklagten hinsichtlich des Gestaltungsrechts seien folgende Umstände zu berücksichtigen: Zum einen sei ihr Gesundheitszustand stabiler geworden; ihr sei auch nicht klar gewesen, dass sie nicht mehr darüber habe entscheiden können, keinen Rentenantrag stellen zu wollen. Im übrigen sei sie 39 Jahre lang bei der Firma D. beschäftigt gewesen und habe die Leistungen der Krankenkasse bis zur Erkrankung am 08. Mai 1996 nur geringfügig in Anspruch genommen. Das monatliche Überbrückungsgeld, was sie finanziell unabhängig mache, übersteige die Rente. Da sie schließlich ab 02. April 1997 kein Krg mehr bezogen habe, seien von ihr im Falle der Rentengewährung erhebliche Rückzahlungen an die Arbeitgeberin zu leisten. Mit Bescheid vom 19. September 1997, von dem die BfA unterrichtet wurde, teilte die Beklagte U.W. mit, dass der von ihr gewünschten Gestaltungsverfügung, wonach der Antrag auf Rehabilitationsleistungen nicht als Rentenantrag gelten solle, nicht zugestimmt werde. Gleichzeitig wurde sie aufgefordert, die ausgefüllten und unterschriebenen Rentenantragsvordrucke umgehend an die BfA zu senden. Gegen diesen Bescheid legte U.W. Widerspruch ein, mit dem sie geltend machte, bei der Entscheidung über die Zustimmung durch die Beklagte seien auch die berechtigten Interessen des Versicherten zu wahren. Ein Interesse am Hinausschieben des Rentenbeginns liege bereits dann vor, wenn eine erhebliche Verbesserung des Rentenanspruchs dadurch erreicht werden könne. Die Beklagte habe eine Ermessensentscheidung zu treffen. U.W. hatte zunächst auch der BfA gegenüber erklärt, dass ihr Antrag auf Rehabilitationsleistungen nicht als Rentenantrag gelten solle, hatte jedoch dann unter dem 08. Dezember 1997 der BfA den Rentenantragsvordruck ausgefüllt und unterschrieben zurückgesandt. Der Widerspruch der U.W. blieb erfolglos (gegenüber dem Kläger ergangener Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 22. Oktober 1998). Über den vom Kläger eingelegten Widerspruch gegen den Rentenbescheid der BfA vom 12. Mai 1998, mit dem er gleichfalls geltend gemacht hatte, dass der Antrag der U.W. auf Maßnahmen zur Rehabilitation nicht als Rentenantrag gelten solle, ist bisher nicht entschieden worden.

Am 10. Dezember 1998 erhob der Kläger beim Sozialgericht (SG) R. Klage, die mit Beschluss vom 30. August 1999 zuständigkeitshalber an das SG Mannheim verwiesen wurde. Der Kläger wandte sich gegen die Einschränkung des Gestaltungsrechts der U.W. Die Entscheidung der Beklagten sei ermessensfehlerhaft. Ein berechtigtes Interesse des Versicherten an einem Hinausschieben des Anspruchs auf Rente wegen EU liege beispielsweise vor, wenn eine erhebliche Verbesserung des Rentenanspruchs erreicht werden könne. Bei der Ermessensentscheidung seien die berechtigten Interessen des Versicherten gegen die eigenen Interessen der Krankenkasse abzuwägen. Eine Zustimmung zur Antragsrücknahme dürfe beispielsweise auch dann nicht verweigert werden, wenn dem Versicherten durch den Verlust von Versorgungsansprüchen im öffentlichen Dienst finanzielle Nachteile entstehen würden. Hier sei zu berücksichtigen, dass beispielsweise dem Rentenanspruch, wobei der Rentenbescheid noch nicht rechtskräftig geworden sei. Ansprüche auf die Erstattung von Krg, Überbrückungsgeld sowie Alg in Höhe von DM 51.644,76 gegenüberstünden. Der Kläger legte u.a. ein weiteres Schreiben der Beklagten vom 24. November 1997 sowie ein Schreiben der Firma D. vom 09. Oktober 1998 vor, wonach gegen ihn als Erben der U.W. ein Zahlungsanspruch von DM 33.648,12 geltend gemacht worden sei.

Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten sowie weiterer Unterlagen entgegen. Sie machte geltend, die Behauptung des Klägers, dass die gegenüber U.W. durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme erfolgreich gewesen sei, sei unzutreffend. U.W. sei nicht mehr in der Lage und bereit gewesen, ihre Tätigkeit nach dem 01. April 1997 wieder aufzunehmen, um dadurch ihren Rentenanspruch erheblich zu verbessern. U.W. sei vielmehr vorrangig bestrebt gewesen, an der sie begünstigenden Regelung über den Erhalt von Überbrückungsgeld teilzuhaben, das wesentlich höher gewesen sei als die Rente. Dies komme im Schreiben der U.W. vom 29. Juni 1997 zum Ausdruck. Es handle sich dabei um eine tarifliche Regelung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zugunsten des Arbeitnehmers, die sich jedoch durch das Verzögern des Rentenbezugs zu Lasten der Sozialversicherung auswirke.

Mit Urteil vom 16. Oktober 2000, der damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 23. Oktober 2000 zugestellt, wies das SG die Klage ab. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Dagegen hat der Kläger am 16. November 2000 mit Fernkopie Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Der Kläger macht geltend, er sei berechtigt, das Gestaltungsrecht der U.W. als Rechtsnachfolger so auszuüben, wie es der Rechtsvorgängerin zugestanden habe. Die Rentennachzahlung habe er bisher nicht erhalten. Gegenstand des Verfahrens sei lediglich die Ausübung des Gestaltungsrechts, nicht jedoch die Frage, ob ihm die Rentennachzahlung zustehe oder ob er als Erbe einem Rückzahlungsanspruch der Firma D. ausgesetzt sei. Bei der Ausübung des Gestaltungsrechts sei nicht nur der Gesichtspunkt der Verbesserung des Rentenanspruchs im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu berücksichtigen. U.W. habe ein erhebliches Interesse an einer Veränderung des Rentenanspruchs gehabt. Die Beklagte habe einseitig ihre eigenen Interessen berücksichtigt. Bei U.W. sei entscheidend gewesen, dass sie bis zu ihrem Tod ein Interesse an der Inanspruchnahme einer Vergütung ihrer Arbeitgeberin aufgrund des abgeschlossenen Aufhebungsvertrags gehabt habe. Dieser Aufhebungsvertrag mit den entsprechenden zusätzlichen Leistungen der Arbeitgeberin habe die Lebensverhältnisse der U.W. regeln sollen. Im übrigen sei U.W. nicht ausreichend über die Folgen der Stellung des Antrags auf Rehabilitation belehrt worden, auch nicht darüber, welche Folgen das Unterbleiben des Antrags auf Rehabilitation gehabt hätte. Insbesondere sei U.W. nicht klar gewesen, dass ihre Dispositionsbefugnis bezüglich des umzudeutenden Antrags in dem Augenblick eingeschränkt gewesen sei, als sie einen Antrag auf Rehabilitation gestellt habe. Solche Informationen habe sie aufgrund des Schreibens vom 25. Oktober 1996 nicht erhalten, vielmehr erst aufgrund des Schreibens der BfA vom 23. Juni 1997. Im übrigen sei fraglich, ob die frühere Rechtsprechung zur Einschränkung des Dispositionsrechts heute überhaupt noch anzuwenden sei, weil im SGB VI keine Regelung enthalten sei, die die Rücknahme des Rentenantrags ohne Zustimmung der Krankenkasse versage. Die Sanktionen einer ohne Zustimmung erklärten Rücknahme des Antrags ergäben sich für den Bereich der Krankenversicherung aus § 51 Abs. 3 SGB V. Im übrigen sei jedoch eine Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Versicherten grundsätzlich nach § 31 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB I) nur aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zulässig.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 16. Oktober 2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19. September 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Oktober 1998 zu verurteilen, über den Antrag der U. W. auf Rücknahme des fingierten Rentenantrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Bundessozialgericht (BSG) habe seine frühere Rechtsprechung bestätigt, wonach der Versicherte, der entsprechend der Aufforderung der Krankenkasse einen Renten- oder Rehabilitationsantrag gestellt habe, diesen nur noch mit Zustimmung der Kasse wirksam zurücknehmen oder beschränken könne. Ihre Ermessensentscheidung sei nicht fehlerhaft, da bei U.W., die auch ausreichend belehrt gewesen sei, kein berechtigtes Interesse bestanden habe, den Rentenbeginn zu verschieben; es sei ihr nur um den Bezug von Überbrückungsgeld gegangen. Insoweit trete jedoch ihr Interesse hinter dem Solidaritätsinteresse zurück. Die mit Beschluss des Berichterstatters des Senats vom 06. Juni 2001 beigeladene BfA hat sich zur Sache nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt. Sie hat ihre Verwaltungsakten vorgelegt.

Die durch Beschluss des Berichterstatters des Senats vom 06. Juni 2001 beigeladene BfA hat keinen Antrag gestellt.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen sowie auf die Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Zustimmung der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 19. September 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Oktober 1998 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat darin nicht ermessensfehlerhaft bejaht, dass U.W. über die Antragsfiktion des § 116 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI nicht mehr frei disponieren konnte, dass sie also im Hinblick auf die Aufforderung der Beklagten vom 25. Oktober 1996 und die Antragstellung vom 25. November 1996 nachträglich nicht mehr erklären konnte, der Antrag auf Rehabilitationsleistungen solle nicht als Antrag auf Rente gelten. Da U.W. kein berechtigtes Interesse an der freien Disposition hatte, konnte sie von der Beklagten auch nicht die Zustimmung zur Rücknahme des fingierten Rentenantrags begehren. Dies konnte daher auch der Kläger als Rechtsnachfolger der U.W. nicht beanspruchen. Dabei unterstellt der Senat, dass die sich aus der Antragstellung der U.W. ergebende Position auch von deren Rechtsnachfolger als nicht nur höchstpersönliches Recht weiterverfolgt werden kann, zumal der von der Beigeladenen aufgrund der Antragsfiktion erteilte Rentenbescheid vom 12. Mai 1998 nicht bestandskräftig geworden ist (vgl. dazu BSG SozR 3-1300 § 86 Nr. 3; Hauck-Wilde, SGB VI, K § 116 Rdnr. 9). Ein Rechtsschutzinteresse des Klägers an der Fortführung des Verfahrens wegen des Gestaltungsrechts der U.W. kann auch nicht deswegen verneint werden, weil der Kläger mit diesem Verfahren offensichtlich nur den (wirtschaftlichen) Zweck verfolgt, als Rechtsnachfolger der U.W. vor allem nicht dem Anspruch auf Rückzahlung von Überbrückungsgeld in Höhe von noch DM 33.648,12 durch die Firma D. ausgesetzt zu sein.

Nach der Rechtsprechung des BSG war schon vor dem Inkrafttreten des SGB VI ab 01. Januar 1992 zu § 183 Abs. 7 und 8 der Reichsversicherungsordnung (RVO) anerkannt, dass der fiktive Rentenantrag, damals geregelt in § 1241d Abs. 3 RVO (ab 01. Januar 1992 § 116 Abs. 2 SGB VI) im Grundsatz bis zum Eintritt der Bestandskraft des Rentenbescheids zurücknehmbar war, d.h. der Versicherte erklären konnte, dass der Antrag auf Rehabilitationsleistungen nicht als Rentenantrag gelten solle (vgl. BSG SozR 2200 § 1241d Nr. 2). Allerdings war die Dispositionsbefugnis eingeschränkt, wenn der Versicherte - wie hier U.W. - von der Krankenkasse aufgefordert worden war, einen Antrag auf Rehabilitationsleistungen zu stellen. Die Antragsrücknahme bzw. Antragseinschränkung war dann von der Zustimmung der Krankenkasse abhängig. Diese Rechtsprechung gilt auch für die Zeit seit dem Inkrafttreten des SGB VI (vgl. BSGE 76, 218, 223). Denn die Sanktion der ohne Zustimmung der Krankenkasse erklärten nachträglichen Antragsrücknahme kann nicht allein aus § 51 Abs. 3 SGB V hergeleitet werden, beispielsweise mit der Folge, dass nachträglich nur der Anspruch auf Krg entfiele. Damit ist die Rücknahme des fingierten Rentenantrags ohne Zustimmung der Krankenkasse dann zulässig, wenn diese bei rechtmäßiger Ermessensausübung die Stellung eines Antrags auf Rehabilitationsleistungen nicht verlangen konnte. Im Hinblick auf das Gutachten des Dr. N. vom 14. Oktober 1996 war die Aufforderung der Beklagten zur Stellung eines Rehabilitationsantrags jedoch nicht ermessensfehlerhaft. Entgegen der Ansicht des Klägers erweist sich auch das Festhalten der Beklagten an der Aufforderung im weiteren Verfahren, d.h. insbesondere nach Abschluss des erfolglosen Rehabilitationsverfahrens im Rentenverfahren, nicht als ermessensfehlerhaft. Ein berechtigtes Interesse an einem Hinausschieben des Versicherungsfalls durch den Versicherten kommt vor allem in Betracht, wenn damit eine erhebliche Verbesserung des Rentenanspruchs erreicht werden kann (vgl. BSGE 52, 26, 31). Um eine wesentliche Verbesserung des Rentenanspruchs ging es U.W. bei der Ausübung des Dispositionsrechts jedoch nicht. Vielmehr erstrebte sie damit, wie bereits vor Auftreten der Erkrankung im Mai 1996 beabsichtigt, ab 22. Mai 1997 das tarifvertraglich vereinbarte Überbrückungsgeld auch nach dem Auftreten der Erkrankung in Anspruch zu nehmen, welches ihr auch vom 22. Mai 1997 bis 19. Februar 1998 tatsächlich gezahlt worden ist. Die Aussicht auf die Inanspruchnahme von tarifvertraglich zugesichertem Überbrückungsgeld begründet jedoch kein einer wesentlichen Verbesserung des Rentenanspruchs gleichkommendes berechtigtes Interesse des Versicherten, das eine Verschiebung des Versicherungsfalls der EU begründen könnte. Dabei kann es auch nicht darauf ankommen, dass der Anspruch auf monatliches Überbrückungsgeld höher als der Anspruch auf Rente wegen EU war. Zugunsten der U.W. und damit auch des Klägers lässt sich ebenfalls nicht anführen, dass es im Hinblick auf die Verweigerung der Zustimmung durch die Beklagte vordinglich allein um deren Erstattungsanspruch in Höhe von insgesamt gezahlten Krg von DM 1.560,58 für die Zeit vom 17. März bis 01. April 1997 sowie vom 10. bis 19. Februar 1998 ging. Vielmehr durfte die Beklagte auch den Erstattungsanspruch des AA R. in Höhe von DM 11.216,75 bei der Verweigerung der Zustimmung zur Rücknahme des Rentenantrags berücksichtigen. Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass bei U.W. auf das Überbrückungsgeld offensichtlich das gewährte Alg schon hätte angerechnet werden müssen.

Danach war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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