L 5 KA 2233/01

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KA 2555/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 2233/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 41/01 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bedarfsunabhängige Zulassung eines Psychologischen Psychotherapeuten; zur Voraussetzung der "Psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten" im Zeitfenster.

Probatorische Sitzungen zählen zur psychotherapeutischen Versorgung von Versicherten und sind bei der Ermittlung der Stundenzahl im zeitfenster mit zu berücksichtigen, mindestens bei Beurteilung des Merkmals "Teilnahme" unter Härtegesichtspunkten. (Weiterentwicklung der Urteile des BSG von 08.11.2000 -B 6 KA 52/00R- und -B 6 KA 46/00 R-)
Das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. April 2001 und der Bescheid des Beklagten vom 21. Juli 1999 werden aufgehoben und der Beklagte verurteilt, den Kläger als Psychologischen Psychotherapeuten und als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in F , R gasse , zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Instanzen. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die bedarfsunabhängige Zulassung als Psychologischer Psychotherapeut zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung.

Der am 27.08.1960 geborene Kläger schloss 1987 das 1980 aufgenommene Psychologie-Studium ab und war im Anschluss zunächst bis Ende 1994 an Kliniken in Bad D., D. sowie Bad D. beschäftigt und in V.-S. mit Berechtigung zur Teilnahme am Delegationsverfahren (Bescheid der Beigeladenen zu 1 vom 17.06.1993) als psychologischer Psychotherapeut niedergelassen. Am 01.05.1995 nahm er eine Beschäftigung an der Rehabilitationsstation für schizophrene Patienten der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik der Universität F. mit einem zeitlichen Umfang von 20 Stunden/Woche auf und begann zugleich mit Arbeiten an seiner Dissertation, die er im Dezember 1997 abschloss.

Am 01.04.1997 gründete der Kläger mit Berechtigung zur Durchführung der Verhaltenstherapie bei Erwachsenen sowie bei Kindern und Jugendlichen im Delegationsverfahren (Bescheid in der Beigeladenen zu 1 vom 01.04.1997) eine Praxis als Psychologischer Psychotherapeut in F ... Dazu mietete er mit Wirkung vom 01.04.1997 bei einer Kündigungsfrist von zunächst einem halben Jahr einen Praxisraum in Räumen einer Praxisgemeinschaft Psychologischer Psychotherapeuten zu Mietkosten von 725 DM (Mietvertrag vom 16.04.1997) und Nebenkosten von 120 DM monatlich (Abrechnung vom 03.09.1997), übernahm anteilige Umbau- und Einrichtungskosten in Höhe von 1.916,27 DM und tätigte überwiegend Anfang April Anschaffungen für 4.649 DM (gesamt: 6.565,27 DM). Die Praxistätigkeit nahm er ausweislich der von dem Beklagten vorgelegten Behandlungsscheine mit Sitzungen ab dem 09.04.1997 auf. Im zeitlichen Zusammenhang damit beendete er zum 30.04.1997 die halbtägige Beschäftigung an der Rehabilitationsstation. Nach einer Pause von einem Monat nahm er ab dem 01.06.1997 als zusätzliche berufliche Tätigkeit bis zum 31.01.1999 eine Beschäftigung an der Institutsambulanz der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik der Universität F. mit einem zeitlichen Umfang von 20 Stunden/Woche auf, um dort eigener Angabe zufolge zunächst seine Promotion (im November 1997) und danach seine Supervisionsausbildung abschließen zu können.

Im Umfang weisen die Behandlungsscheine in der Zeit vom 01.04. bis zum 24.06.1997 124 Sitzungen mit einer Dauer von mindestens 50 Minuten sowie weitere 26 sonstige Leistungen auf, die zum Teil als genehmigte Therapien (49 Sitzungen) und zum Teil als probatorische Sitzungen (77 Sitzungen) durchgeführt worden sind. Sie verteilen sich wie folgt:

-Tabellen können nicht ordnungsgemäß dargestellt werden-

April Mo 7 14 1 P 21 28 1 P DI 1 8 15 22 29 MI 2 9 1 T 16 1 P 23 2 P 30 2 P DO 3 10 2 P 17 24 FR 4 11 18 25

Mai Mo 5 1 P 12 4 P 19 26 1 P DI 6 3 P 13 3 P 20 3 P 27 3 T, 1 P MI 7 1 T, 3 P 14 2 T, 2 P, 2 S 21 2 T, 3 P 28 4 T DO 8 15 22 1 P 29 1 S FR 2 3 P 9 3 P 16 23 5 P, 2 S 30 1 T, 3 P, 3 S

Juni Mo 2 1 T, 1 P 9 2 T, 3 P 16 4 T, 2 S 23 3 T, 2 S DI 3 1 T, 1 P 10 1 P, 1 S 17 1 T, 2 P 24 1 T, 1 P, 1 S MI 4 4 T 11 4 T, 1 P 18 3 P DO 5 1 T, 2 P, 3 S 12 2 T, 1 P 19 2 P, 1 S FR 6 3 T, 1 P 13 2 T, 2 P, 2 S 20 2 P, 1 S

P = probatorische Sitzung von mindestens 50 Minuten Dauer, abgerechnet nach Gebührenziffer 8810 mit 1450 Punkten wie Geb.-Nr. 871 EBM T = genehmigte Therapien von mindestens 50 Minuten Dauer, abgerechnet nach Gebührenziffer 8810 mit 1450 Punkten wie Geb.-Nr. 871 EBM S = sonstige Leistungen, insbesondere Testverfahren

Aus den im 2. Quartal 1997 erbrachten Leistungen erzielte der Kläger einen Umsatz von 18.218,80 DM, der in den weiteren Quartalen auf 42.149,79 DM (3/97), 43.164,43 DM (4/97), 57.418,15 DM (1/98), 48,241,91 DM (2/98), 49.281,96 DM (3/98), 55.038,80 DM (4/98), 79.963,96 DM (1/99), 38.752,54 DM (2/99), 64.267,63 DM (3/99), 56.963,23 DM (4/99) 74.400,21 DM (1/00), 62.582,97 DM (2/00), 70.907,75 DM (3/00), 90.055,81 DM (4/00) sowie 62.695,26 DM (1/01) anstieg.

Am 23.12.1998 beantragte der Kläger die bedarfsunabhängige Zulassung als Psychologischer Psychotherapeut und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in F. (Praxisanschrift zunächst K.straße, seit 01.03.1999 R.gasse) unter Verweis auf 126 Behandlungsstunden während des Quartals 2/97 in seiner F. Praxis sowie weitere 132 Psychotherapiestunden im Rahmen der Tätigkeit an der Institutsambulanz der Psychiatrischen Universitätsklinik F ... Ergänzend legte er am 26.02.1999 die vom Regierungspräsidium S. am 04.01.1999 erteilte Approbation als Psychologischer Psychotherapeut und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut vor.

Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag auf bedarfsunabhängige Zulassung ab und führte zur Begründung aus, der Kläger habe in der Zeit vom 25.06.1994 bis zum 24.06.1997 nicht die erforderlichen zumindest 250 Behandlungsstunden ambulanter psychotherapeutischer Behandlungstätigkeit ausgeübt. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Delegations-Psychotherapeut in V.-S. habe er keine Abrechnungen mitgeteilt. Daher sei der Behandlungsumfang insoweit sehr nieder anzusetzen (Beschluss vom 30.03.1999/Bescheid vom 20.04.1999).

Bereits vor Zustellung des Bescheides erhob der Kläger mit Schreiben vom 08.04.1999 Widerspruch gegen die Ablehnung der bedarfsunabhängigen Zulassung. Zur Begründung machte er geltend, zugelassene Verhaltenstherapeuten, die eine freiberufliche Praxis betrieben, könnten den verfassungsrechtlichen Schutz der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes beanspruchen. Die entschädigungslose Entziehung einer Zulassung und die damit verbundene Zerstörung der wirtschaftlichen Grundlage einer freiberuflichen Praxis stellten einen verfassungsrechtlich unzulässigen entschädigungslosen Eingriff in das Eigentum dar. Gerade in seinem Fall sei die verfassungswidrige Handhabung des neuen Zulassungsrechts besonders auffallend. Er habe nachgewiesen, dass von ihm in der Zeit vom 01.05.1995 bis zum 24.06.1997 erkrankte Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung in eigener Verantwortung behandelt worden seien. Es seien für diesen Zeitraum von ihm insgesamt 132 Behandlungsstunden über die Ermächtigungsambulanz der Psychiatrischen Universitätsklinik in F. abgerechnet worden. Nach erfolgter Zulassung am 01.04.1997 habe er für die anschließenden drei Monate bis zum 24.06.1997 weitere Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung verhaltenstherapeutisch behandelt und für diesen Zeitraum insgesamt 126 Stunden abgerechnet. Zudem komme die in der Zeit vom 01.05.1995 bis 31.01.1999 erworbene Berufserfahrung aufgrund seiner Tätigkeit in Höhe von 50 % seiner Arbeitskraft den Patienten zugute.

Der beklagte Ausschuss hat den Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung zunächst dargelegt, weshalb er die Vorgaben von 250 Behandlungsstunden innerhalb eines halben bis eines Jahres, die Erzielung von Erwerbseinkommen und die Tätigkeit in eigener Praxis als klare, berechenbare und den Anforderungen der Art. 14 und 20 des Grundgesetzes (GG) entsprechende Voraussetzungen für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten im Sinne des § 95 Abs. 10 Nr. 3 SGB V ansieht. Des Weiteren hat er ausgeführt, der Kläger habe die geforderten 250 Behandlungsstunden in dem entsprechenden Zeitraum nicht erbracht. Auf der Grundlage der ihm seit 1993 eingeräumten Delegationsberechtigung habe er in seiner Praxis in F. bei Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung im Quartal 2/97 lediglich 126 Behandlungsstunden durchgeführt und abgerechnet. Die weiter geltend gemachten 132 Psychotherapiestunden, die er über die verhaltenstherapeutische Ermächtigungsambulanz der Universität F. als angestellter Psychologe abgerechnet habe, seien nicht in eigener Praxis erbracht worden (Beschluss vom 16.06.1999/Bescheid vom 21.07.1999).

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 10.08.1999 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 25.08.1999 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 08.11.2000, vgl. etwa BSGE 87, 158 = SozR 3-2500 § 95 Nr 25) geltend gemacht, ausreichend an der Versorgung gesetzlich Krankenversicherter beteiligt gewesen zu sein. Schon im Juni seien bei 57 Behandlungsstunden in der Zeit vom 01.06.bis zum 24.06.1997 durchschnittlich mehr als 15 Wochenstunden erreicht worden (57 Behandlungsstunden./. 3,4 Wochen = 16,76 Stunden pro Woche). Im Mai sei die Richtzahl von 15 Wochenstunden nahezu erreicht. (Nur) im ersten Monat der freiberuflichen Tätigkeit nach erfolgter Niederlassung sei die Zahl der durchschnittlichen Wochenstunden naturgemäß geringer gewesen.

Dem ist der Beklagte entgegengetreten und hat geltendgemacht, der Kläger habe im Zeitfenster lediglich 48 ambulante psychotherapeutische Behandlungsstunden nachgewiesen. Die übrigen von ihm erbrachten Leistungen seien probatorische Sitzungen gewesen. Diese könnten jedoch nicht als psychotherapeutische Behandlungen angesehen werden. Der Kläger habe im 2. Quartal 1997 gegenüber den Primärkassen 8 Scheine und gegenüber den Ersatzkassen 9 Scheine kurativ abgerechnet und daraus einen Umsatz in Höhe von 10.490,80 DM erzielt. Daneben habe er Leistungen im Rahmen des Gutachterverfahrens mit 7 beziehungsweise 4 Scheinen abgerechnet und dafür Gutschriften in Höhe von zusammen 7.728 DM erhalten. Diese Gutachterleistungen seien keine Behandlungen im Sinne einer Teilnahme an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten. Es handle sich vielmehr um probatorische Sitzungen. Sie seien Teil der Indikationsstellung des Arztes, wie sich aus § 7 Abs. 1 der Psychotherapie-Vereinbarung ergebe. Nach deren Abs. 12 dienten probatorische Sitzungen ausschließlich dem Zweck festzustellen, ob ein Antrag auf Psychotherapie und gegebenenfalls welcher gestellt werden solle. Diese probatorischen Sitzungen würden nicht auf die für die Therapie genehmigten Behandlungsstunden angerechnet. Danach erwiesen sich diese Sitzungen als Teil der dem Arzt obliegenden Diagnose und Indikation. Schließlich handle es sich auch nicht um eigenverantwortliche und selbstständige psychotherapeutische Maßnahmen.

Dem ist der Kläger entgegengetreten und hat zunächst in tatsächlicher Hinsicht eingewandt, es sei vollkommen klar, dass nach erfolgter Niederlassung zunächst die Zahl der probatorischen Sitzungen überdurchschnittlich groß sei, weil zunächst immer probatorische Sitzungen abgerechnet würden. Deren hohe Zahl sei Beweis dafür, dass für die Praxis bereits kurz nach Niederlassung ein festes Fundament vorhanden gewesen sei. Auch sei es rechtlich unzutreffend, probatorische Sitzungen nicht als Teil der Therapie anzusehen. Sie dienten nicht nur der Diagnostik, sondern müssten sogar als Psychotherapie-Sitzungen durchgeführt werden, um die Ansprechbarkeit des Patienten auf die Therapie zu prüfen. Die Gleichstellung probatorischer Sitzungen mit Therapiesitzungen werde im Übrigen auch daraus deutlich, dass zum einen die gleiche Abrechnungsziffer und zum anderen die gleiche Vergütung verwendet worden sei. Nichts anderes ergebe sich aus der Psychotherapievereinbarung.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 18.04.2001 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für die bedarfsunabhängige Zulassung nach § 95 Abs. 10 Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) lägen nicht vor. Teilgenommen im Sinne der Vorschrift hätten nur diejenigen Leistungserbringer, die in der Vergangenheit in niedergelassener Praxis an der psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten teilgenommen und unter anderem daraus ihr Erwerbseinkommen erzielt hätten, und für die es deshalb eine unbillige Härte darstellen würde, wenn sie nach Inkrafttreten des Gesetzes nur noch bedarfsabhängig an der Versorgung der Versicherten teilnehmen, das heißt sich nur in nicht gesperrten Gebieten niederlassen dürften.

Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt. Dabei könne dahinstehen, ob die von den 126 Behandlungsstunden des Klägers umfassten probatorischen Sitzungen zu berücksichtigen seien. Denn auch diese Stundenzahl reiche nicht aus. Nach der Rechtsprechung des BSG könne zwar eine rechtlich relevante Teilnahme bei einer erst im Frühjahr des Jahres 1997 neu gegründeten Praxis gegeben sein. Dazu müssten alle Umstände auf eine berufliche Orientierung zu einer psychotherapeutischen Tätigkeit in niedergelassener Praxis hindeuten und im letzten Vierteljahr des Zeitfensters durchschnittlich 15 Behandlungsstunden pro Woche nachgewiesen sein. Der Zwang zur Aufgabe der Praxis bei Versagung der Zulassung am Praxisort stelle nur dann eine vom Gesetz ausgeschlossene Härte dar, wenn Versicherte der Krankenkassen im letzten Vierteljahr in einem einer zur Hälfte ausgelasteten Praxis zumindest nahe kommenden Umfang behandelt worden seien.

Gemessen daran seien hier die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllt. Der Kläger sei im April und Juni mit 50 % seiner Arbeitskraft an der Universitätsklinik beschäftigt gewesen. Für Einrichtung und Aufbau der Praxis habe er sich lediglich im Mai 1997 freistellen lassen. Daher habe er sich nicht einmal 2 volle Monate intensiv seiner freiberuflichen Tätigkeit gewidmet. Dies sei aber ein zu kurzer Zeitraum für das Tatbestandsmerkmal der Teilnahme. Selbst wenn man aber für das gesamte Quartal 126 Behandlungsstunden zu Grunde lege, reiche dies für eine durchschnittliche Halbtagestätigkeit nicht aus. Zwar sei dem Kläger zuzubilligen, dass es einer gewissen Zeit bedürfe, bis eine Praxis den erforderlichen Zulauf habe. Deswegen habe das BSG auch nur einen Durchschnitt von 15 Wochenstunden zugrundegelegt. Wenn der Kläger aber dazu auf Grund der festgelegten Arbeitsverpflichtung gegenüber der Universitätsklinik nicht in der Lage gewesen sei, so beweise dies, dass in der hier maßgebenden Zeit die Tätigkeit als angestellter Psychologischer Psychotherapeut gegenüber der Tätigkeit in freier Praxis im Vordergrund gestanden habe. Damit stelle die Versagung der Zulassung keine unzumutbare Härte dar.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 10.05.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.05.2001 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er im Wesentlichen das Vorbringen aus dem Widerspruchs- und Klageverfahren wiederholt und vertieft. In rechtlicher Hinsicht bringt er ergänzend vor, die vom BSG genannte Zahl von Behandlungsstunden dürfe nicht exakt verstanden werden. Vielmehr habe sich die Auslegung daran zu "orientieren". Entscheidend komme es darauf an, ob die berufliche Lebensplanung des Zulassungsbewerbers in der letzten Zeitspanne vor dem maßgeblichen Stichtag erkennbar auf die Tätigkeit als niedergelassener Psychotherapeut hin orientiert gewesen sei. Auch komme es nach der Rechtsprechung des BSG weiter darauf an, ob eine vorher innegehabte Beschäftigung gekündigt oder der Beschäftigungsumfang reduziert worden sei und ob weiter Praxisräume für einen längeren Zeitraum angemietet worden seien. Weiter sei der verfassungsrechtliche Bestandsschutz für die von ihm aufgebaute Praxis zu berücksichtigen.

In tatsächlicher Hinsicht sei er durch das fortbestehende Beschäftigungsverhältnis am Aufbau seiner Praxis nicht behindert worden. Die wöchentliche Arbeitszeit in der Universitätsklinik habe unter 20 Stunden gelegen. Ihm habe deshalb schon im April 1997 ein ausreichender zeitlicher Spielraum für die freiberufliche Praxis zur Verfügung gestanden. Im Mai habe er sich vollständig freistellen lassen. In dieser Zeit habe er seine gesamte Arbeitskraft dem Aufbau der Praxis gewidmet, indem er insbesondere Kontakte zur Ärzten und Institutionen aufgebaut habe, um Patienten vermittelt zu bekommen. Auch habe er natürlich in den ersten drei Monaten besonderes Gewicht darauf gelegt, möglichst viele neue Patienten zu gewinnen. Daher sei die Zahl der probatorischen Sitzungen in den ersten drei Monaten deutlich höher gewesen als die Zahl der Behandlungsstunden nach Genehmigung der Therapie. Wäre ihm damals schon bekannt gewesen, dass später der Umfang genehmigter Therapien von Bedeutung sein könnte, so er hätte er durch Erhöhung der Sitzungsfrequenzen die Zahl von 60 Behandlungsstunden im Monatsdurchschnitt erreichen können. Dies hätte aber den sachgerechten Aufbau seiner Praxis keineswegs erleichtert.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. April 2001 und den Bescheid des Beklagten vom 21. Juli 1999 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihn als psychologischen Psychotherapeuten und als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in Freiburg, R.gasse, zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen.

Der Beklagte sowie die Beigeladenen Nr. 1 beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die übrigen Beteiligten, auch die in der mündlichen Verhandlung vertreten waren, haben keine Anträge gestellt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten des Senats, des SG sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Anders als das SG entschieden hat, ist der Bescheid des Beklagten vom 21.07.1999 zur Überzeugung des Senats rechtswidrig. Der Kläger hat Anspruch auf bedarfsunabhängige Zulassung als Psychologischer Psychotherapeut in Freiburg. Eine Zulassung als Psychologischer Psychotherapeut in F. kann der Kläger nur erhalten, wenn die Voraussetzungen für eine bedarfsunabhängige Zulassung nach § 95 Abs. 10 Satz l SGB V in der Fassung des Art. 2 Nr. llc des Gesetzes über die Berufe der Psychologischen Psychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (PsychTG-EG) vom 16.6.1998 (BGBl.I, S. 1311 ff) erfüllt sind. Denn für den Planungsbereich Stadt Freiburg hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für Baden-Württemberg von Anfang an eine Überversorgung festgestellt und mit verbindlicher Wirkung Zulassungsbeschränkungen für Psychotherapeuten angeordnet (Beschluss vom 27.10.1999, Ärzteblatt Baden-Württemberg 11/1999, S. 448). Diese Zulassungsbeschränkungen bestehen seitdem unverändert fort (zuletzt Beschluss des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen für Baden-Württemberg vom 18.7.2001, Ärzteblatt Baden-Württemberg 8/2001, S. 304). Nach § 95 Abs. 10 Satz l SGB V in der Fassung des Art. 2 Nr. 1Ic PsychTG-EG werden Psychotherapeuten zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, wenn sie bis zum 31.12.1998 die Voraussetzungen der Approbation nach § 12 des Psychotherapeutengesetzes (PsychTG) und des Fachkundenachweises nach § 95c Satz 2 Nr. 3 SGB V erfüllt und den Antrag auf Erteilung der Zulassung gestellt haben (Nr. 1), bis zum 31.03.1999 die Approbationsurkunde vorlegen (Nr. 2) und in der Zeit vom 25.6.1994 bis zum 24.6.1997 an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung teilgenommen haben (Nr. 3). Insoweit sind zunächst auch nach Auffassung des Beklagten die Zulassungsvoraussetzungen der Nrn. 1 und 2 gegeben: Der Kläger hat die Zulassung am 23.12.1998, und damit vor dem 01.01.1999, beantragt, und die Approbationsurkunde im Februar 1999 dem Zulassungsausschuss (Eingang beim Zulassungsausschuss am 26.02.1999) vorgelegt. Entgegen der Wertung des Beklagten und des SG sind im Weiteren auch die Zulassungsvoraussetzungen der Nr. 3 erfüllt. Teilgenommen an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne des § 95 Abs. 10 Satz 1 Nr. 3 SGB V haben diejenigen Psychologischen Psychotherapeuten, die in dem in § 95 Abs. 10 Satz l Nr. 3 SGB V genannten Zeitfenster eigenverantwortlich Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung in eigener Praxis in anerkannten Behandlungsverfahren in einem gewissen Mindestumfang behandelt haben. Das Gesetz enthält allerdings keine Hinweise darauf, dass allein entscheidendes Kriterium für die "Teilnahme" an der ambulanten Versorgung die Ableistung einer exakt bestimmten Mindestzahl von Behandlungsstunden ist und § 95 Abs. 10 Satz 1 Nr. 3 SGB V die Ableistung einer genau festgeschriebenen Zahl von Behandlungsstunden voraussetzt. Maßgeblich ist, dass eine annähernd halbtägige Tätigkeit in eigener niedergelassener Praxis, die nicht gegenüber anderen beruflichen Tätigkeiten nachrangig gewesen ist, erfolgt ist. An der Versorgung gesetzlich Krankenversicherter hat danach im Regelfall der Psychologische Psychotherapeut teilgenommen, der in einem Zeitraum von einem halben bis maximal einem ganzen Jahr während des Zeitfensters in einem in den Psychotherapierichtlinien zugelassenen Behandlungsverfahren Versicherte der Krankenkassen in einem zeitlichen Umfang von 250 Stunden behandelt hat; der Nachweis von 250 über die gesamte Dauer des Zeitfensters verteilten Behandlungsstunden reicht dagegen nicht aus, weil sich dann nicht einmal zwei Behandlungsstunden pro Woche ergeben. Berücksichtigt werden können nur Behandlungen, die im Rahmen des Delegationsverfahrens oder des Kostenerstattungsverfahrens in eigener Praxis erbracht worden sind, nicht aber Behandlungen, die bei Privatversicherten, bei Selbstzahlern oder bei über andere Kostenträger als die gesetzliche Krankenversicherung gegen Krankheit versicherten Personen (z.B. Sozialhilfeträger) erbracht worden sind, weil ein Psychologischer Psychotherapeut für die Weiterbehandlung dieser Personenkreise nicht auf eine Zulassung angewiesen ist. Ebensowenig sind patientenbezogene Tätigkeiten in Anstellungs- oder Ausbildungsverhältnissen zu berücksichtigen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteile vom 8.11.2000 - B 6 KA 52/00 R a.a.O. – und - B 6 KA 46/00 R -). Allerdings ist es zur Erfüllung des Teilnahmemerkmals weder notwendig, während der gesamten Dauer des Zeitfensters Versicherte in eigener Praxis behandelt zu haben, noch müssen in jedem Fall 250 Behandlungsstunden erreicht sein. Vielmehr ergibt die Auslegung des § 95 Abs. 10 SGB V nach Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte im Gegenteil, dass er den Zulassungsgremien eine flexible, den Besonderheiten jedes Einzelfalls Rechnung tragende Handhabe bietet, bei der alle Umstände in eine Gesamtbetrachtung einzubeziehen sind, die für das Vorliegen eines Härtefalls bedeutsam sind. Für dessen Bewertung ist zunächst maßgebend, dass nach dem Gesetzeswortlaut und den Gesetzesmaterialien auch eine erst im Laufe des Zeitfensters gegründete Praxis schutzwürdig sein kann und der Regelung eine exakte Vorgabe über die dafür erforderliche Dauer nicht zu entnehmen ist. Daher erachtet das BSG es als zulässig, bei erst gegen Ende des Jahres 1996 oder zu Beginn des Jahres 1997 gegründeten Praxen einen Zeitraum von weniger als sechs Monaten ausreichen zu lassen, soweit in dieser Zeit eine relevante Behandlungstätigkeit entfaltet worden ist. Weiter ist zu berücksichtigen, dass nach den der Regelung zu Grunde liegenden Vorstellungen des Gesetzgebers die ambulante Behandlungstätigkeit nicht die einzige einkommensrelevante berufliche Betätigung des Zulassungsbewerbers gewesen sein muss. Andererseits ist eine Teilnahme im Sinne des Gesetzes auszuschließen, wenn im Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Psychotherapeuten andere Tätigkeiten gestanden haben und die ambulanten Behandlungen allenfalls den Charakter einer Nebentätigkeit von untergeordneter Bedeutung hatten. Die Zielsetzung der Vorschrift, den Betroffenen die Fortsetzung der hauptberuflich ausgeübten Behandlungstätigkeit am Ort der Niederlassung zu ermöglichen, sowie der Gesichtspunkt der Praktikabilität für die Zulassungsgremien lassen eine Grenzziehung in der Weise geboten erscheinen, dass der Behandlungsumfang gegenüber Versicherten der Krankenkassen annähernd einer halbtägigen Tätigkeit entsprochen haben muss und die Behandlungen in der eigenen Praxis nicht gegenüber anderen beruflichen Tätigkeiten, sei es in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, sei es gegenüber anderen Kostenträgern, von nachrangiger Bedeutung gewesen sind. Dieses objektive Kriterium eines annähernd halbtägigen Beschäftigungsumfangs ermöglicht denjenigen Psychotherapeuten die bedarfsunabhängige Zulassung, für die in einem Abschnitt des Zeitfensters die ambulante Behandlungstätigkeit den Schwerpunkt oder zumindest einen von zwei gleich zu gewichtenden Schwerpunkten der beruflichen Tätigkeit gebildet hat (zum ganzen BSG a.a.O.). Daraus hat das BSG geschlossen, dass das Merkmal "Teilnahme" unter Härtegesichtspunkten auch erfüllt sein kann, wenn für mindestens sechs Monate während des Zeitfensters keine annähernd halbtägige Behandlungstätigkeit von Versicherten der Krankenkassen in eigener Praxis nachgewiesen ist, weil diese erst zu Beginn oder im Frühjahr des Jahres 1997 neu gegründet worden ist. Soweit alle Umstände auf eine berufliche Orientierung zu einer psychotherapeutischen Tätigkeit in niedergelassener Praxis hindeuten, kann vielmehr eine rechtlich relevante Teilnahme auch dann gegeben sein, wenn im letzten Vierteljahr des Zeitfensters (April bis Juni 1997) durchschnittlich 15 Behandlungsstunden pro Woche nachgewiesen sind. Zu den maßgeblichen Umständen in diesem Sinne rechnen vor allem die Anmietung von Praxisräumen für einen längeren Zeitraum und die Beendigung der bisherigen hauptberuflich ausgeübten Beschäftigung bzw. die Reduzierung des Beschäftigungsumfangs zumindest auf die Hälfte der für Vollzeitbeschäftigte geltenden Arbeitszeit. Dies sind typische Indizien für eine Entscheidung zur schwerpunktmäßigen beruflichen Tätigkeit in freier Praxis. Wenn diese Entscheidung schon in der Weise umgesetzt worden ist, dass - wenn auch für sehr kurze Zeit - in einem Umfang Versicherte der Krankenkassen behandelt worden sind, der einer zur Hälfte ausgelasteten Praxis (35 bis 36 Behandlungsstunden pro Woche; vgl. BSGE 84, 240) zumindest nahe kommt, würde die Aufgabe der Praxis bei Versagung der Zulassung am Praxisort eine vom Gesetz gerade auszuschließende Härte darstellen (vgl. BSG Urteile vom 8.11.2000 - B 6 KA 52/00 R - a.a.O. B 6 KA 46/00). Ausgehend davon würde die Versagung der Zulassung am Ort der Praxisgründung trotz der kurzen Zeit der Niederlassung vor Beendigung des Zeitfensters zur Überzeugung des Senats hier bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls eine unbillige Härte bedeuten, die nach der Übergangsregelung des § 95 Abs. 10 SGB V gerade zu vermeiden ist. Insoweit teilt der Senat zunächst nicht die Rechtsauffassung des Beklagten, dass in die Beurteilung nur die als kurative Leistungen erbrachten Behandlungsstunden einzugehen hätten, dagegen die probatorischen Sitzungen außer Betracht blieben. Diese Betrachtungsweise ist mit dem Schutzzweck des § 95 Abs. 10 SGB V unvereinbar. Die Vorschrift ist eine Bestandsschutz- und Härtefallregelung für diejenigen Psychotherapeuten, die sich unter Einsatz ihrer Arbeitskraft und finanzieller Mittel eine berufliche Existenz geschaffen haben, die für sie in persönlicher wie materieller Hinsicht das für eine Berufstätigkeit typische Ausmaß erreicht hat und für die deshalb die grundsätzlich zumutbare Verweisung auf eine bedarfsabhängige Zulassung eine unbillige Härte darstellen würde. Dies ist bei Auslegung und Anwendung der Vorschrift zu berücksichtigen (vgl. BSG a.a.O. m.w.N.). Ausgangspunkt der Zuordnung einer Leistung zum Teilnahmebegriff ist daher nicht ihre Funktion im Rahmen der Versorgung der Versicherten, wie der Beklagte mit der Unterscheidung zwischen diagnostischen und therapeutischen Leistungen offenbar meint. Maßgeblich ist alleine, ob Psychologische Psychotherapeuten die Leistung nach den maßgeblichen rechtlichen und vertraglichen Rechtsgrundlagen zulässig zum Inhalt ihrer beruflichen Betätigung machen und daher auch abrechnen durften und dem gemäß auch diese Leistung zum materiellen Praxisertrag beigetragen hat. Das kann bei den hier im Streit stehenden probatorischen Leistungen nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden. Wäre es anders, hätte die beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KV) sie bereits nicht vergüten dürfen. Das war indes der Fall. Ausweislich der zu den Akten des Beklagten gegebenen Honorarkarte hat die KV an den Kläger unter seiner Abrechungsnummer (5769206) im 2. Quartal 1997 insgesamt ein Honorar in Höhe von 18.218,80 DM ausbezahlt (vgl. Veraltungsakten Bl. 67), das sich nach dem ebenfalls einheitlich unter der Abrechnungsnummer des Klägers zusammengefassten Quartalskonto 2/97 zusammensetzt aus Honorargutschriften für probatorische Sitzungen (zusammengefasst unter der Bezeichnung "Honorargutschrift P-Kassen" bzw. "Honorargutschrift Ersatzkassen") und für kurative Sitzungen (zusammengefasst unter der Bezeichnung "Honorargutschrift Verh.-Th./Gutachter-Verfahren EK" bzw. "Honorargutschrift Verh.-Th./Gutachter-Verfahren P-KA") (vgl. Veraltungsakten Bl. 254). Insoweit sind auch, wie die von der KV zu den Akten des Beklagten gegebenen Behandlungsscheine zeigen, hinsichtlich der Höhe der Vergütung keine Unterschiede zwischen kurativen und probatorischen Sitzungen gemacht worden. Vielmehr sind sie jeweils einheitlich nach der mit 1.450 Punkten bewerteten Geb.-Nr. 8810 abgerechnet und auch der Honorarabrechnung des Klägers zu Grunde gelegt worden (vgl. Veraltungsakten Bl. 255 ff.).

Auch der Wortlaut des § 95 Abs. 10 Nr.3 SGB V spricht für eine Berücksichtigung der probatorischen Sitzungen. Die Vorschrift verlangt eine Teilnahme an der Versorgung von Versicherten. Der Begriff der Versorgung ist sehr viel weiter als der Begriff der Behandlung. § 73 Abs. 2 SGB V führt die Behandlung als nur einen Teilbereich der ärztlichen Versorgung an, § 92 Abs. 6a SGB derzeitiger Fassung erwähnt die probatorischen Sitzungen als Teil der psychotherapeutischen Versorgung. In probatorischen Sitzungen ist nach geltendem Recht die von Abschnitt A Nr. 6 der Psychotherapie-Richtlinien vom 11.12.1998 verlangte ätiologisch orientierte Diagnostik vorzunehmen; sie dienen der Indikationsstellung im Sinne von § 11 Abs. 1 der Psychotherapievereinbarung vom 7.12.1998. Für die Vergütung probatorischer Sitzungen sieht der EBM mit Geb.-Nr. 870 EBM eine eigene Abrechnungsziffer vor. Probatorische Sitzungen entsprechen somit diagnostischen Untersuchungen im ärztlichen Bereich. Dass diese aber zur ärztlichen Versorgung rechnen, unterliegt keinen Zweifeln. Nichts anderes galt vor In -Kraft-Treten des Psychotherapeutengesetzes. Hiervon ist auch das BSG in dem Urteil vom 25.08.1999 - B 6 KA 17/98 ausgegangen, als es die probatorischen Sitzungen bei der Arbeitszeit der Psychotherapeuten mitberücksichtigt hat Insbesondere war die Durchführung einer probatorischen Sitzung durch einen Delegationspsychotherapeuten eine Leistung des Psychotherapeuten und nicht eine Leistung des Arztes. Zu Recht hat die Beigeladene Nr. 1 dem Kläger die von ihm erbrachten probatorischen Sitzungen direkt vergütet (ebenso BSG Urteil vom 3.3.1999 - B 6 KA 10/98 R). Diese Behandlung stand im Einklang mit den im hier streitigen Zeitpunkt maßgebend gewesenen Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Durchführung der Psychotherapie in der kassenärztlichen Versorgung (Psychotherapie-Richtlinien) in der geänderten Fassung vom 17.12.1996, gültig ab dem 13.03.1997 und den Vereinbarungen über die Anwendung von Psychotherapie in der kassen-/vertragsärztlichen Versorgung (Psychotherapie-Vereinbarungen) vom 20. September 1990 (Anlage 1 zum Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) bzw zum Arzt-/Ersatzkassenvertrag (EKV-Ä)), Stand 01.04.1997. Nach den Psychotherapie-Richtlinien sind in Verfahren unter anderem der Verhaltenstherapie vor Durchführung genehmigter Kurzeit- oder Langzeittherapien vor der ersten Antragstellung bis zu 5 probatorische Sitzungen möglich (Abschnitt E, Ziffer 1.1.1.). Sie dienen nach § 7 Abs. 12 der Psychotherapie-Vereinbarungen zwar "ausschließlich dem Zweck festzustellen, ob ein Antrag und ggf. welcher auf Psychotherapie gestellt werden soll" und "werden nicht auf die für die Therapie genehmigten Behandlungsstunden angerechnet". Gleichwohl sind sie auch im Fall der Durchführung einer Therapie durch einen Delegationstherapeuten vor Antragstellung nicht alleine dem die Indikation stellenden Arzt vorbehalten gewesen. In § 10 der Psychotherapie-Vereinbarungen, der die Abrechnung von Leistungen der Psychotherapie regelte, war in Abs. 3 vielmehr ausdrücklich ein Abrechnungsverfahren für den Fall vorgesehen, in dem probatorische Sitzungen von dem hinzugezogenen Psychologischen Psychotherapeuten erbracht worden sind; er konnte danach im Bereich unter anderem der Verhaltenstherapie "maximal 4 von höchstens 5" probatorischen Sitzungen erbringen und mit dem Arzt vereinbaren, "diese Leistungen selbst ggf. einschließlich erforderlicher Testverfahren auf dem Abrechnungsschein (Formblatt PTV 9) zu berechnen". Unter Einbeziehung der danach voll zu berücksichtigenden probatorischen Sitzungen würde es für den Kläger bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls eine von § 95 Abs. 10 SGB V ausgeschlossene Härte bedeuten, die Existenzgrundlage aufgeben zu müssen, wie sie sich trotz der seit der Praxisgründung nur kurz verstrichenen Zeit bis zum 24.06.1997 bereits entwickelt hatte. Zunächst ist dafür maßgebend, dass der Kläger zur Überzeugung des Senats nach allen objektiv greifbaren Anhaltspunkten entschlossen war, ab dem 01.04.1997 eine auf Dauer angelegte psychotherapeutische Tätigkeit in eigener Praxis mit einem zeitlichen Umfang von einer mindestens halbtägigen Praxistätigkeit aufzunehmen. Dafür spricht zum einen die Begründung einer Praxisniederlassung in fest angemieteten Räumen. Das dazu mit schriftlichem Vertrag abgeschlossene Mietverhältnis war zwar mit einer Frist von einem halben Jahr kündbar und somit nicht bereits nach dem Maßstab der Mietvertragsdauer von vorneherein auf einen Zeitraum von längerer Dauer ausgerichtet. Jedoch sprechen sowohl die Höhe der Miete nebst Nebenkosten in Höhe von 845 DM/Monat (Miete 725 DM, Nebenkosten von 120 DM monatlich) als auch die zusätzliche Beteiligung an Umbau- und Einrichtungskosten in Höhe von 1.916,27 DM gegen die Annahme, die Praxisgründung sei nicht ernsthaft betrieben oder nur auf kürzere Zeitdauer angelegt gewesen. Im Gegenteil spricht bereits die monatliche Belastung mit den Mietkosten bei den sonstigen Einkünften des Klägers aus dem halbtägigen Beschäftigungsverhältnis dafür, dass der Kläger seine Aktivitäten ab April 1997 darauf ausgerichtet hatte, in einem relevanten Umfang Einkünfte aus der Tätigkeit als in eigener Praxis niedergelassener Psychotherapeut erzielen zu können. Dieses mit der Praxisgründung verfolgte Ziel ist in der kurzen, bis zum Ende des Zeitfensters zur Verfügung stehenden Zeit in einem beachtlichen Umfang erreicht worden. Zwar hat der Kläger nicht über die gesamte Dauer der Niederlassungszeit bis zum 24.06.1997 Behandlungsstunden in einem Umfang von durchschnittlich 15 Stunden pro Woche erreicht. Das kann bei einer erst zu diesem Zeitpunkt gegründeten Praxis indes auch nicht erwartet werden. Die Entwicklung bereits in der kurzen Zeit bis zum 24.06.1997 zeigt aber, dass die Praxis schon kurz nach Gründung einen zeitlichen Umfang von annähernd 15 Stunden bzw. etwas über 15 Stunden wöchentlich erreicht hat. So waren im April zunächst nur 10 Sitzungen von mindestens 50 Minuten Dauer angefallen, im Mai bereits 52 und in den nur gut 3 Wochen im Juni bis zum 24.06.1997 51 Sitzungen. Dazu kamen noch weitere, teils in eigenen Sitzungen erbrachte Behandlungsleistungen insbesondere mit Testverfahren. Rechnet man zu diesen Sitzungen weiter die notwendigen begleitenden Tätigkeiten hinzu, ergibt sich, dass im Mai bereits annähernd ein halbtägiger Behandlungsumfang erreicht war, der sich im Juni weiter fort entwickelte. Das ließ angesichts der kurzen Zeit seit Praxisgründung bereits zum Stichtag des 24.06.1997 die Annahme zu, dass der Kläger sich eine Praxisgrundlage von erheblicher wirtschaftlicher Grundlage geschaffen hatte, die mutmaßlich in dem weiteren Verlauf eine entsprechende Entwicklung nehmen würde. Dies bestätigen die seither aufgelaufenen Quartalsumsätze mit Beträgen zwischen 40.000 DM und 60.000 DM bis hin zu 90.000 DM deutlich. Dieser Bewertung steht schließlich auch die für vorübergehende Zeit aufgenommene weitere Beschäftigung an der Institutsambulanz der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik der Universität F. nicht entgegen. Nach der dargelegten Rechsprechung des BSG ist jedenfalls im Allgemeinen die Beschäftigung mit einem zeitlichen Umfang von nicht mehr als der Hälfte der üblichen Wochenarbeitszeit für die Anwendung der Übergansregelung des § 95 Abs. 10 SGB V unschädlich. Hier ergibt sich nichts anderes. Zwar könnte gegen den Kläger sprechen, dass er diese Beschäftigung nach Gründung der Praxis neu aufgenommen hat. Jedoch kann ihm zum einen zu Gute gehalten werden, dass sie im Zusammenhang mit der Supervisorenausbildung im weiteren Sinne der Praxistätigkeit dienlich war. Jedenfalls hat sie weder in zeitlicher Hinsicht noch nach den erzielten Einkünften ein Übergewicht über der Tätigkeit in der Praxis. Vielmehr überwiegt diese nach Zeit und materiellem Erfolg die Tätigkeit in der Institutsambulanz. Dies alles zusammengenommen spricht zur Überzeugung des Senats dafür, dass bereits zum Ende des Zeitfensters ein Praxissubstrat geschaffen war, das – anders als das SG es bewertet hat – bei Versagung der Zulassung zu einer besonderen Härte führen würde und die Privilegierung des Klägers gegenüber anderen Psychologischen Psychotherapeuten, die auf die bedarfsabhängige Zulassung verwiesen sind, rechtfertigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. l und Abs. 4 Satz 2 SGG.Die Revision war zuzulassen. Der Frage, ob probatorische Sitzungen im Rahmen des Zeitfensters mitzählen, kommt grundsätzliche Bedeutung zu.
Rechtskraft
Aus
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