L 9 AL 26/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 12 AL 158/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 AL 26/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 21. Januar 2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit ab 01.01.2002 bzw. 04.03.2002 wegen mangelnder Bedürftigkeit. Seit dem 28.07.2002 bezieht der Kläger erneut Alhi.

Der am 00.00.1941 geborene Kläger bezog zuletzt auf der Grundlage des Bescheides vom 11.01.2001 bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts am 31.12.2001 Alhi ohne Anrechnung von Vermögen. Zu seinem Antrag auf Fortzahlung der Alhi vom 26.11.2001 legte der Kläger hinsichtlich der Werte der auf seinen und den Namen seiner Ehefrau (geb. 00.00.1947) abgeschlossenen Kapitallebensversicherungen bei der I Leben, der C sowie der F folgende Aufstellung vor:

Kapitallebensversicherungen I C

I Leben:

Vers.-Nr.: 000
Auszahlungsbeitrag bei Rückkauf: 45204,10 DM
Bisher eingezahlt: 18044,00 DM
Vers.-Summe: 25141,00 DM
Vertragsbeginn: 01.02.1973
Fällig am: 01.02.2007

Vers.-Nr.: 000
Auszahlungsbeitrag bei Rückkauf: 9108,96 DM
Bisher eingezahlt: 4423,25 DM
Vers.-Summe: 5000,00 DM
Vertragsbeginn: 01.12.1974
Fällig am 01.12.2006

Vers.-Nr.: 000
Auszahlungsbeitrag bei Rückkauf: 16559,86 DM
Bisher eingezahlt: 10534,31 DM
Vers.-Summe: 12000,00 DM
Vertragsbeginn: 01.12.1978
Fällig am: 01.12.2006

C-Versicherung

Vers.-Nr.: 000
Auszahlungsbeitrag bei Rückkauf: 5538,28 DM
Bisher eingezahlt 01.03.88 - 30.11.01 4290,00 DM
Vers.-Summe: 4476,00 EURO
Vertragsbeginn: 01.03.1988
Fällig am: 28.02.2007

F Versicherungen

Vers.-Nr.: 000
Auszahlungsbeitrag bei Rückkauf: 4398,65 DM
Bisher eingezahlt: 4298,70 DM
Vers.-Summe: 10000,00 DM
Vertragsbeginn: 01.12.1995
Fällig am: 01.12.2009

Kapitallebensversicherungen I1 C

I Leben

Vers.-Nr.: 000
Auszahlungsbeitrag bei Rückkauf: 18627,89 DM
Bisher eingezahlt: 7513,32 DM
Vers.-Summe: 10000,00 DM
Vertragsbeginn: 01.01.1973
Fällig am: 01.01.2008

Vers-Nr.: 000
Auszahlungsbeitrag bei Rückkauf: 8682,32 DM
Bisher eingezahlt: 3503,50 DM
Vers.-Summe: 5000,- DM
Vertragsbeginn: 01.12.1974
Fällig am: 01.12.2007

F Versicherungen

Vers.-Nr.: 000
Auszahlungsbetrag bei Rückkauf: 2750,35 DM
Bisher eingezahlt: 2626,05 DM
Vers.-Summe: 10473,00 DM
Vertragsbeginn: 01.12.1994
Fällig am: 30.11.2019

Die Beklagte lehnte den Alhi-Antrag des Klägers mit Bescheid vom 27.02.2002 idF des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2002 mit der Begründung ab, der Kläger sei nicht bedürftig, da er gemeinsam mit seiner Ehefrau über ein Vermögen i.H.v. 64,303,27 Euro verfüge, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages für den Kläger i.H.v. 31.200 Euro und seiner Ehefrau i.H.v. 28.080 Euro verbleibe ein Betrag in Höhe von 5023,27 Euro, der bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen sei.

Am 04.03.2003 beantragte der Kläger erneut die Bewilligung von Alhi. Der aktuelle Rückkaufswert der bezeichneten Lebensversicherungen des Klägers und seiner Ehefrau belief sich auf 68.779,26 Euro. Mit Bescheid vom 12.04.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2002 lehnte die Beklagte auch diesen Antrag unter Bezugnahme auf eine fehlende Bedürftigkeit des Klägers ab.

Gegen beide Widerspruchsbescheide hat der Kläger mit einem am 09.07.2002 bei dem Sozialgericht (SG) Duisburg eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben und ausgeführt, das Vermögen dürfe auch weiterhin nicht berücksichtigt werden, da es ausschließlich der Alterssicherung diene.

Das SG hat beide Klageverfahren verbunden und die Klagen mit Urteil vom 21.01.2003, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, abgewiesen.

Mit seiner am 14.02.2003 eingelegten Berufung macht der Kläger unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des SG Berlin vom 24.01.2003 (S 58 AL 2208/92) geltend, der Freibetragsgrenze des § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 könne weder eine Regelung über die Angemessenheit eines nachweislich der Alterssicherung dienenden Vermögenswertes entnommen werden, noch bedeute sie, dass grenzüberschreitendes Altersvorsorgevermögen außerhalb der Riester-Rente stets anzurechnen sei. Die Lebensversicherungen seien als Altersvorsorge gedacht, wobei bis zum Renteneintritt keine anderweitige Möglichkeit der Altersvorsorge bestehe. Die Umwandlung der Lebensversicherung in eine Riester-Police werde von der Versicherungsgesellschaft nicht angeboten und als unwirtschaftlich abgelehnt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 21.01.2003 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2002 und des Bescheides vom 12.04.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2002 zu verurteilen, den Kläger ab 01.01.2002 Alhi zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Leistungsakte und der Gerichtsakte Bezug genommen, die vorgelegen haben und ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht mit Urteil vom 21.01.2003 abgewiesen, da der Kläger für die Zeit ab 01.01.2002 bzw 04.03.2002 keinen Anspruch auf Alhi hat. Die angefochtenen Bescheide vom 27.02.2002 und 12.04.2002, beide in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17.06.2002, sind nicht zu beanstanden, da die Bewertung des Vermögens des Klägers und seiner Ehefrau bezogen auf die Zeitpunkte der jeweiligen Antragstellung und des jeweiligen Leistungsbeginns ergibt, dass der Kläger nicht bedürftig war.

Ob ein Anspruch auf Alhi besteht, bestimmt sich nach § 190 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs- Arbeitsförderung -(SGB III). Danach haben Anspruch auf Alhi Arbeitnehmer, die arbeitslos sind (Nr. 1), sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben (Nr. 2), einen Anspruch auf Alg nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben (Nr. 3), in der Vorfrist Alg bezogen haben, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts einer Sperrzeit mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist (Nr. 4) und bedürftig sind (Nr. 5). Die Anspruchsvoraussetzungen des § 190 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 SGB III lagen vor. Eine Bedürftigkeit des Klägers (Nr. 5) war jedoch nicht gegeben.

Insofern bestimmt § 193 Abs. 2 SGB III, dass nicht bedürftig ein Arbeitsloser ist, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. Nach § 206 Nr. 1 SGB III kann durch Rechtsverordnung bestimmt werden, inwieweit Vermögen zu berücksichtigen ist und unter welchen Voraussetzungen anzunehmen ist, dass der Arbeitslose seinen Lebensunterhalt auf andere Weise bestreitet oder bestreiten kann. Auf der Grundlage dieser Verordnungsermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung die am 01.01.2002 in Kraft getretene und damit für den hier streitigen Zeitraum anwendbare Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 13.12.2001 (BGBl I S 3734 - AlhiV 2002) erlassen. Die zuvor geltende AlhiV vom 07.08.1974 (BGBl I S 1929) trat gleichzeitig außer Kraft, § 5 AlhiV 2002. Sie findet auf den vorliegenden Sachverhalt auch nicht gemäß der Übergangsvorschrift in § 4 Abs. 1 AlhiV 2002 weiterhin Anwendung. Hiernach gelten mit Ausnahme des § 9 die Vorschriften der AlhiV vom 07.08.1974 in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung für die Dauer der laufenden Bewilligung fort, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Alhi nach § 190 Abs. 1 SGB III im Zeitraum vom 01.10.2001 bis zum 31.12.2001 vorgelegen haben. Da der Kläger Alhi aufgrund des Ablaufs des einjährigen Bewilligungsabschnittes bis zum 31.12.2001 bezogen hat, sind die Voraussetzungen der Übergangsregelung nicht gegeben.

Nach § 1 Abs. 1 AlhiV 2002 ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen (Nr. 1) und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten (Nr. 2) zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt. Freibetrag ist ein Betrag von 520 Euro je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners; dieser darf für den Arbeitslosen und seinen Partner jeweils 33.800 Euro nicht übersteigen (§ 1 Abs. 2 S. 1 AlhiV 2002). Danach hat die Beklagte für den Kläger (60 Lebensjahre mal 520 Euro) und für seine Ehefrau (54 Lebensjahre mal 520 Euro) zutreffend einen Freibetrag in Höhe von insgesamt 59.280 Euro ermittelt. Das hier bei der jeweiligen Antragstellung und in der Zeit ab 01.01.2002 bzw 04.03.2002 (§ 1 Abs. 4 S. 2 AlhiV) maßgebliche Vermögen des Klägers und seiner Ehefrau aus den Kapitallebensversicherungen überstieg diesen Freibetrag um 5.023,27 Euro (Antragstellung vom 26.11.2001) bzw um 9.499,26 Euro (Antragstellung vom 04.03.2002).

Es handelt sich bei den Kapitallebensversicherungen um verwertbares Vermögen, dessen Berücksichtigung nicht durch die abschließende Regelung in § 1 Abs. 3 AlhiV 2002 ausgeschlossen wird. Als Vermögen sind danach insbesondere nicht zu berücksichtigen das nach § 10a oder dem XI. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes geförderte Altersvorsorgevermögen einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeträge (sog. Riester-Anlagen, § 3 Abs. 3 Nr. 3 AlhiV 2002) oder nachweislich für die Alterssicherung bestimmte Sachen und Rechte des Arbeitslosen oder seines Partners, wenn diese nach § 231 SGB VI von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit sind (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 AlhiV 2002). Der Kläger und seine Ehefrau erfüllen nicht die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschriften. Sie gehören nicht zu dem von der Rentenversicherungspflicht befreiten Personenkreis. Bei den Kapitallebensversicherungen handelt es sich nicht um ein den Vorgaben des § 1 Abs. 3 Nr. 3 AlhiV 2002 entsprechendes Altersvorsorgevermögen, da hierunter nur die nach § 5 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz vom 26.06.2001 (AltZertG - BGBl 2001 S 1310, 1322ff) durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zertifizierten Altersvorsorgeverträge fallen. Hierzu können die Lebensversicherungen (ohne Vertragsumstellung) schon deshalb nicht gehören, weil sie kein Alterseinkommen in Form einer lebenslangen, gleichbleibenden oder steigenden monatlichen Leibrente sicherstellen, wie dies § 1 Abs. 1 Nr. 4 AltZertG verlangt. Vielmehr werden Kapitallebensversicherungen regelmäßig mit ihrer Fälligkeit in einem Betrag ausgezahlt (Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Auflage 2004, Vor § 159 Rdnr 10f, 34f). Der Ertrag aus der Versicherung kann somit nach Belieben des Versicherten zur Alterssicherung, aber auch für jeden anderen Zweck verwendet werden.

Die Berücksichtigung der Lebensversicherungen entfällt auch nicht deshalb, weil es sich um Sachen und Rechte handelt, deren Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich iSd § 1 Abs. 3 Nr. 6 AlhiV 2002 ist. Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit ist zu berücksichtigen, dass es sich bei diesem Fall der Vermögensprivilegierung um einen Auffangtatbestand handelt, der vorrangig auf Gesichtspunkte der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der jeweiligen Sache bzw des jeweiligen Rechts abstellt (Krauß in: Wissing, PK-SGB III, 2. Aufl. 2004, § 193 Rdnr 72). Offensichtlich unwirtschaftlich ist eine Verwertung daher nur dann, wenn der dadurch erlangte bzw zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des verwerteten bzw zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht oder stehen würde. Umgekehrt ist eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht (BSG, Urteil vom 25.04.2002 - B 11 AL 69/01 R - info also 2002, 228; BSG, Urteil vom 17.10. 1996 - 7 RAr 2/96 - SozR 3-4100 § 137 Nr 7; BSG, Urteil vom 17.10.1990 - 11 RAr 133/88 -). Da die Rückkaufswerte der Lebensversicherungen des Klägers und seiner Ehefrau jeweils (zT erheblich) über der Summe der eingezahlten Beiträge liegen, sieht der Senat schon aus diesem Grund keine Unwirtschaftlichkeit der Verwertung der Lebensversicherungen, zumal der Kläger diese zur Vermeidung des (teilweisen) Verlustes des Rückkaufswertes auch beleihen kann. Da das "Verschleuderungsverbot" nur die Substanz des Vermögens, nicht jedoch die Erwartung zukünftiger Vermögenszuwächse schützt, kann die offensichtliche Unwirtschaftlichkeit nicht mit den in Zukunft zu erwartenden Erträgen aus Lebensversicherungen begründet werden (sa LSG Berlin, Urteil vom 02.09.2003 - L 6 AL 16/03 - ). Der Senat sieht daher keine Möglichkeit, unter Berücksichtigung des Lebensalters des Klägers oder den zT relativ nahen Fälligkeitsterminen der Lebensversicherungen sowie der Gewinnerwartung von einer Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung auszugehen.

Auch das Vorbringen des Klägers, er benötige das Vermögen aus seinen Lebensversicherungen zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung, führt nicht zu einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nach § 1 Abs. 3 Nr. 6 AlhiV 2002. Da der Verordnungsgeber mit der Neufassung der AlhiV 2002 die allgemeine Billigkeitsklausel des § 6 Abs. 3 S. 1 AlhiV nicht übernommen hat, können - entgegen der Ansicht des SG Berlin in dem vom Kläger herangezogenen Urteil - weitere Lebensumstände des Arbeitslosen wie etwa die Dauer der Arbeitslosigkeit, sein Alter, die Zahl seiner zu versorgenden Angehörigen und der Grad ihrer Alterssicherung (vgl z.B BSG, Urteil vom 29.01.1997 - 11 RAr 21/96 - SozR 3- 4220 § 6 Nr 4) auch nicht über den unbestimmten Rechtsbegriff der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit iSd § 1 Abs. 3 Nr. 6 AlhiV berücksichtigt werden (LSG Berlin, Urteil vom 26.07.2004 - L 6 AL 25/04 - anhängig BSG B 11 AL 51/04 R). Eine Vermögensverwertung kann nicht deshalb als unwirtschaftlich angesehen werden, weil das Vermögen von dem Arbeitslosen mit der Zweckbestimmung der Altersvorsorge angelegt worden ist und durch dessen Verbrauch die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung erheblich erschwert wird. Insofern ist zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber mit der AlhiV 2002 einen einheitlichen Freibetrag für alle Vermögensarten unabhängig von ihrer Zweckbindung eingeführt hat. Ein Altersvorsorgevermögen soll auf der Grundlage des negativen Regelbeispiels in § 1 Abs. 3 Nr. 3 AlhiV 2002 nur (noch) dann ergänzend von der Anrechnung ausgenommen werden, wenn durch vertragliche Versorgungsvereinbarung in Form der sog. Riester-Anlagen die Verwendung für die Alterssicherung sichergestellt wird. In Fortführung dieses Gedankens enthält § 12 Abs. 2 Nr. 3 des Sozialgesetzbuchs- Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) vom 24.12.2003 (BGBl I S 2954) neben dem altersabhängigen Grundbetrag in Höhe von 200 Euro pro Lebensjahr für den Arbeitslosen und dessen Partner sowie den als Altersvorsorgevermögen geförderten Riester-Anlageformen einen weiteren Freibetrag für der Altersvorsorge dienende geldwerte Ansprüche (in Höhe von 200 Euro pro Lebensjahr des Hilfebedürftigen und seines Partners), die aufgrund vertraglicher Vereinbarung nicht vor dem Eintritt in den Ruhestand verwertbar sind. Mit diesen Regelungen wird bezweckt, Altersvorsorgevermögen nur noch dann von der Verwertung auszunehmen, wenn durch vertragliche Vereinbarungen die Zweckbestimmung der Altersvorsorge und die Vermeidung von Bedürftigkeit im Alter sichergestellt und objektiviert wird (so ausdrücklich BT-Drucks 15/1749 S 31 zu § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II: "Die Typisierung soll den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung tragen und durch den Ausschluss der Verwertbarkeit vor Erreichen des Ruhestandes Missbrauch möglichst vermeiden"). Mit diesem Sinn und Zweck sowie der neuen Systematik der AlhiV 2002 wäre es nicht vereinbar, die Lebensversicherungen des Klägers und seiner Ehefrau als Vermögen, das jederzeit verwertet werden kann, von der Anrechenbarkeit auszunehmen.

Die AlhiV 2002 hält sich im Rahmen der gültigen Ermächtigung des § 206 Nr. 1 SGB III. Nach § 206 Nr. 1 SGB III kann durch Rechtsverordnung u.a. bestimmt werden, inwieweit Vermögen zu berücksichtigen ist. Eine Eingrenzung der weit gefassten Verordnungsermächtigung, die den Verordnungsgeber nach ihrem Wortlaut nicht nur befugt, die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Annahme eines Schonvermögens zu regeln, sondern auch den Betrag zu bestimmen, bis zu dem eine Berücksichtigung möglich ist, ist aus der Systematik dieser Leistung abzuleiten. Insofern stützt sich der Senat auf die Entscheidung des BSG vom 27.05.2003 (B 7 AL 104/02 R - SozR 4-4220 § 6 Nr. 1) zu der Vorgängerregelung in § 6 Abs. 4 der AlhiV (idF der Sechsten Verordnung zur Änderung der AlhiV vom 18.07.1999 -BGBl I 1999, 1433, in Kraft ab 29.06.1999), nach deren Inhalt für eine Alterssicherung im Sinne des § 6 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 AlhiV Vermögen angemessen war, soweit es 1.000 DM je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten nicht überstieg. Hinsichtlich dieser Norm hat das BSG aus den Regelungen des SGB III, insbesondere derjenigen des § 193 Abs. 2 SGB III, im Sinne des Art 80 Abs. 1 S. 2 GG mit hinreichender Bestimmtheit abgeleitet, dass der Arbeitslose grundsätzlich auch die Substanz seines Vermögens für seinen Lebensunterhalt zu verwerten hat, bevor er Leistungen der Alhi in Anspruch nimmt. Allerdings werde der Anspruchsteller nach dem Alhi-Recht nicht darauf verwiesen, vorhandenes Vermögen gänzlich zu verbrauchen, bevor die Alhi einsetze. Eine insoweit zu beachtende Untergrenze (Mindeststandard) hat das BSG aus dem System der Sozialleistungen abgeleitet. Da die Alhi eine gegenüber der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) vorrangige Sozialleistung sei, sei auch bei der Alhi zumindest das jeweilige Vermögen von der Anrechnung freizustellen, das nach den Vermögensanrechnungsvorschriften des BSHG (§ 88 BSHG) nicht einzusetzen sei. Der nach § 6 Abs. 4 AlhiV eingeräumte Freibetrag von 1.000 DM je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen lag erheblich über dem sozialhilferechtlich geschützten Schonvermögen, da sonstiges Altersvorsorgevermögen lediglich im Rahmen des allgemeinen Freibetrages für die Vermögensanrechnung nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG iVm § 1 Abs. 1 Nr. 1a) der VO zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG vom 11.02.1988 (BGBl I 1988 S 150, zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.06.2001 - BGBl I S. 1310) in Höhe von 1.279 Euro (bzw 2301 Euro bei Hilfesuchenden, die das 60.Lebensjahr vollendet haben) zzgl 614 Euro für den Ehegatten von der Pflicht vor vorrangigen Verwertung ausgenommen ist. Nach der Härteklausel des § 88 Abs. 3 BSHG kommt die Nichtberücksichtigung von weiterem Altersvorsorgevermögen ausdrücklich nur für Empfänger von Hilfe in besonderen Lebenslagen in Betracht. Vor diesem Hintergrund hat das BSG die Höhe der Freibeträge des § 6 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 Alhi-VO auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines "Abstandsgebots" zwischen den Leistungen Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe beanstandet.

Dementsprechend ist auch die AlhiVO 2002, mit welcher der Verordnungsgeber die Alters-Schonvermögensregelung wieder aufgehoben und einen einheitlichen Freibetrag für alle Vermögen mit einem Höchstsatz von 520 Euro je vollendetem Lebensjahr bis zur Obergrenze von 33.800 Euro eingeführt hat, ermächtigungskonform. Hinsichtlich der Höhe des von dem Zwang zur Verwertung freigestellten Altersvorsorgevermögen verblieb es für den hier streitigen Leistungszeitraum bei einem ausreichenden, die Freibeträge nach dem BSHG wesentlich übersteigenden Vermögensfreibetrag in "derselben Größenordnung" wie bisher (sa LSG Berlin, Urteil vom 02.09.2003 - L 6 AL 16/03 -). Mit der Regelung des § 206 Nr. 1 SGB III iVm § 193 Abs. 2 SGB III ist dem Verordnungsgeber nicht im Sinne einer gesetzgeberischen Grundsatzentscheidung verbindlich vorgegeben, Altersvorsorgevermögen ausdrücklich, in einer bestimmen Form oder in einem bestimmten Umfang von der Anrechenbarkeit bei der Alhi als steuerfinanzierter Sozialleistung auszunehmen. Unabhängig von der Frage nach der sozialpolitischen Rechtfertigung einer erweiterten Heranziehung von (Altersvorsorge-)Vermögen bei der Bedürftigkeitsprüfung im Rahmen der Alhi hat der Verordnungsgeber seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten, wenn er - in Abweichung von der ihn nicht bindenden Rechtsprechung des BSG (vgl BSG, Urteil vom 22.10.1998 - B 7 AL 118/97 R- SozR 3-4220 § 6 Nr 6) - zur Konkretisierung des Begriffs der "angemessenen Alterssicherung" zum Zwecke der Verringerung der aktuellen Ausgaben für die Alhi ein möglicherweise erhöhtes Risiko der Bedürftigkeit von Arbeitslosen im Alter schafft.

Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten begegnet die Regelung des § 1 AlhiV 2002 keinen Bedenken. Da es sich bei der Alhi um eine aus Steuermitteln und nicht aus Sozialversicherungsbeiträgen finanzierte und durch das Merkmal der Bedürftigkeit geprägte Leistung handelt, unterfällt sie nicht dem Schutzbereich der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG (BSG, Urteil vom 27.05.2003 - B 7 AL 104/02 R - ; BSG, Urteil vom 04.11.1999 - B 7 AL 76/98 R - SozR 3-4100 § 136 Nr 11 mwN).

Die Freibetragsregelung des § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 verstößt in ihrer Anwendung auf den Kläger auch nicht gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG normierten allgemeinen Gleichheitssatz. Insofern schließt sich der Senat der Entscheidung des BSG vom 27.05.2003 (B 7 AL 104/02 R) an, nach deren Inhalt ein vom Lebensalter abhängiger Freibetrag für das Altersvorsorgevermögen sachlich begründet ist und keine unangemessene Benachteiligung jüngerer Arbeitsloser darstellt. Auch hinsichtlich der Privilegierungstatbestände des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 AlhiV 2002 liegt kein Gleichheitsverstoß vor. Da der Gesetz- bzw Verordnungsgeber im Hinblick auf die Ordnung von Massenerscheinungen - hierzu zählt das Recht der Alhi - weiten Gestaltungsraum für generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen hat (BVerfG, Beschluss vom 10.04.1997 - 2 BvL 77/92 - BverfGE 96, 1ff), ist es aus Rechtsgründen nicht geboten, dass auch bei rentenversicherungspflichtigen Alhi-Empfängern Rentenlücken durch eine Erhöhung des allgemeinen Freibetrages ausgeglichen werden. Der Verordnungsgeber erfasst durch die Bezugnahme auf § 231 SGB VI vielmehr typisierend einen Personenkreis, der nicht über Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung verfügt, die grundsätzlich nicht bei der Bedürftigkeitsprüfung herangezogen werden (LSG Berlin, Urteil vom 26.07.2004 - L 6 AL 25/04 - anhängig BSG B 11 AL 51/04 R).

Aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergibt sich kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage zur Anrechenbarkeit von Altersvorsorgevermögen bei der Alhi. Zwar sind die Neuregelungen der AlhiV 2002 für Bezieher laufender Alhi mit einer sogenannten unechten Rückwirkung (tatbestandliche Rückanknüpfung) verbunden. Einschränkungen hinsichtlich der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zulässigkeit gesetzlicher Regelungen, die eine unechte Rückwirkung herbeiführen (BVerfG, Beschluss vom 13.05.1986 - 1 BvL 55/83 - SozR 2200 § 1265 Nr 78; BVerfG, Beschluss vom 28.11.1984 - 1 BvR 1157/82 - BverGE 68, 287, 307), können sich im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip und den Grundsatz des Vertrauensschutzes regelmäßig jedoch nur dann ergeben, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder nicht erforderlich ist oder wenn das Vertrauen der Betroffenen auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegt (BVerfG, Beschluss vom 14.10.1997 - 1 BvL 5/93 - BVerfGE 96, 330, 340). Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung bedarf es der Abwägung zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens für den Einzelnen und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit (BVerfG, Beschluss vom 13.05.1986 - 1 BvL 55/83 - SozR 2200 § 1265 Nr 78; BVerfG, Urteil vom 16.07.1985 - 1 BvL 5/80, 1 BvR 1023, 1052/83 und 1227/84 - BVerfGE 69, 272, 309f).

Insofern ist schon fraglich, ob der Kläger und seine Ehefrau im Zeitpunkt des Erwerbs der Lebensversicherungen auf eine generelle Nichtberücksichtigung dieser Vermögenswerte im Falle eines künftigen, aus Steuermitteln finanzierten Alhi-Bezugs haben vertrauen können. Zwar war die Verwertung eines zur angemessenen Alterssicherung bestimmten Vermögens als solches nach dem Inhalt der AlhiV in der jeweiligen Fassung bis zum Inkrafttreten der AlhiV 2002 nicht zumutbar. Aus dem unbestimmten Rechtsbegriff der angemessenen Alterssicherung und seiner Konkretisierung durch die Rechtsprechung konnte der Kläger jedoch schon deshalb keinen Vertrauensschutz ableiten, weil eine für den Betroffenen günstige Rechtsprechung stets unter dem Vorbehalt einer ungünstigeren Verordnungsregelung steht (BSG, Urteil vom 27.05.2003 - B 7 AL 104/02 R - SozR 4-4220 § 6 Nr 1). Da es mit der AlhiV 2002 für den hier streitigen Zeitraum ab 01.01.2002 bzw 04.03.2002 im Grundsatz bei der bisherigen Höhe der Freistellung von Vermögen blieb, ist auch nicht erkennbar, dass durch die mit Wirkung ab 01.01.2002 verschärften inhaltlichen Anforderungen für die (ergänzende) Privilegierung von Altersvorsorgevermögen sowie den Wegfall der allgemeinen Billigkeitsklausel des § 6 Abs. 3 S. 1 AlhiV ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers enttäuscht werden könnte. Hinzuweisen ist auch darauf, dass der 11. Senat des BSG im Zusammenhang mit dem Wegfall der orginären Alhi mit Wirkung ab 01.01.2000 (Drittes Gesetz zur Änderung des SGB III vom 22.12.1999 - BGBl I 2624) eine verfassungsrechtliche Einrichtungsgarantie der Alhi in ihrem jeweiligen Stand wegen des unerlässlichen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bei notwendigen Entscheidungen zur Finanzierung des Bundeshaushalts gerade nicht anerkannt hat (BSG, Urteil vom 10.07.2003 - B 11 AL 63/02 R - SozR 4-4300 § 27 Nr 1)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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