L 1 RJ 42/03

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 20 RJ 43/01
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 RJ 42/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 4. Februar 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Weitergewährung einer Zeitrente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31. Juli 2000 hinaus.

Wegen des Sachverhalts bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 4. Februar 2003 verwiesen. Das Sozialgericht hat nach Einholung eines orthopädischen wie auch neurologisch-psychiatrischen Gutachtens die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über die gewährte Zeitrente hinaus. Zwar sei sein Leistungsvermögen eingeschränkt, aber nicht so weit, dass Erwerbsunfähigkeit vorliege. Er könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit Einschränkungen vollschichtig verrichten.

Gegen das ihm am 28. Februar 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. März 2003 Berufung eingelegt.

Er vertritt die Auffassung, dass das Sozialgericht die Beweislage verkannt habe. Nicht er müsse beweisen, dass er erwerbsunfähig sei, sondern die Beklagte, dass sich sein Gesundheitszustand gegenüber der in der Vergangenheit festgestellten Erwerbsunfähigkeit gebessert habe. Sein Gesundheitszustand habe sich indes sogar verschlechtert. Er leide an einem extremen Bluthochdruck, so dass selbst Hilfstätigkeiten für ihn eine erhebliche Gesundheitsgefährdung bedeuteten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 4. Februar 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 11. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 31. Juli 2000 hinaus eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 4. Februar 2003 zurückzuweisen.

Sie hält ihre Bescheide sowie die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Das Gericht hat aktuelle Befundberichte der Allgemeinärztin Dr. E., des Kardiologen Dr. K., des Lungenfacharztes Dr. G. und des Facharztes für Innere Medizin Dr. H. eingeholt.

Dr. W., Facharzt für Innere Medizin, hat den Kläger auf Anordnung des Gerichts am 30. September 2004 ambulant untersucht. Nach seinem Gutachten vom 6. Oktober 2004 ist der Kläger auf innerfachärztlichem Fachgebiet durch ein arterielles Bluthochdruckleiden ohne gravierende Rückwirkung auf Herz und Gefäßsystem, eine chronische Bronchitis mit einem chronischen Lungengewebsumbau bei Lungensarkoidose mit geringer Lungenfunktionseinschränkung und auch durch einen Alkoholmissbrauch mit Leberschädigung gesundheitlich beeinträchtigt. Nach Einschätzung des Gutachters kann der Kläger mit diesen Gesundheitsstörungen noch leichte bis mittelschwere Arbeiten körperlicher Art mit einfacher bis durchschnittlicher Beanspruchung und geringer Verantwortung ohne erhöhten Zeitdruck und ohne Nachtarbeit vollschichtig verrichten. Belastungen durch atemwegsreizende Stäube und Dämpfe sind auszuschließen. Tätigkeiten an gefährdenden Arbeitsplätzen sollten sicherheitshalber nicht ausgeführt werden. Wegefähigkeit ist gegeben.

Dr. W. ist im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 2004 gehört worden. Wegen seiner Ausführungen wird auf die Sitzungsniederschrift, wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Prozessakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Sie sind Gegenstand der Beratung und Entscheidung des Senats gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist nicht begründet. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung der begehrten Rente über den 31. Juli 2000 hinaus. Der Bescheid der Beklagten vom 11. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2000 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Weil sich das Begehren auf einen vor dem 1. Januar 2001 entstandenen Anspruch richtet und dieser auch vor dem 1. Januar 2001 - nämlich am 18. Mai 2000 - geltend gemacht worden ist, ist noch das bis zum 31. Dezember 2000 geltende Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit anzuwenden (§ 300 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)).

Gemäß § 44 Abs. 2 SGB VI (a.F.) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie u.a. erwerbsunfähig sind. Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbsunfähigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630 Deutsche Mark übersteigt (§ 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Der Kläger ist nicht erwerbsunfähig, weil er noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für zumindest leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen verfügt. Sein Bluthochdruck, der bisher zu keinen wesentlichen Folgeerscheinungen am Herzen geführt hat, die chronische Bronchitis, die Sarkoidose und die alkoholbedingte Lebergewebsschädigung lassen Arbeiten dieses Ausmaßes noch zu. Sämtliche im Klageverfahren auf orthopädischem, neurologisch-psychiatrischem und internistischem Fachgebiet eingeholte Gutachten gehen denn auch von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne spezifische Leistungseinschränkungen aus. Tätigkeiten an gefährdenden Arbeitsplätzen sollte der Kläger sicherheitshalber nicht ausführen. Von allen Gutachtern wird seine Wegefähigkeit bejaht. Gründe, ihren Ausführungen nicht zu folgen, liegen nicht vor.

Mit dem festgestellten Leistungsvermögen kann der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein. Es ist davon auszugehen, dass es auf diesem eine ausreichende Anzahl Stellen gibt, die der Kläger trotz seiner Leistungseinschränkungen auszufüllen in der Lage ist. Eine konkrete Verweisungstätigkeit brauchte ihm nicht benannt zu werden, weil weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegt.

Soweit der Kläger meint, das Sozialgericht habe die Beweislage verkannt, übersieht er, dass nicht der Entzug einer Rente wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch sondern ein Anspruch auf Weitergewährung einer Zeitrente streitig ist. Eine Vermutung für ein Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit greift zugunsten des Klägers nicht ein. Mit Ablauf der Zeitrente hatte die Beklagte auf einen Weitergewährungsantrag hin das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Rentenanspruch vollumfänglich neu zu prüfen.

Da das Leistungsvermögen des Klägers in zeitlicher Hinsicht nicht eingeschränkt ist, kann auch ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach neuem Recht nicht bestehen. Gemäß § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte u.a. Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsminderung, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs (teilweise Erwerbsminderung gemäß Abs. 1) bzw. drei (volle Erwerbsminderung gemäß Abs. 2) Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs. 3). Wegen des bei dem Kläger bestehenden vollschichtigen Leistungsvermögens mit qualitativen Einschränkungen, die eine Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht ausschließen, steht ihm eine solche Rente nicht zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG ist nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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