L 10 B 14/04 KA

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
10
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 19 KA 8/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 B 14/04 KA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 09.07.2004 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Beklagten und des Beigeladenen zu 7) für das Beschwerdeverfahren.

Gründe:

I.

Im Hauptsacheverfahren L 10 KA 32/04 ist streitig, ob der Beklagte den Beigeladenen zu 7) zu Recht zur kurativen Coloskopie ermächtigt hat.

Der Beigeladene zu 7) ist Chefarzt der Inneren Abteilung am St. C-Hospital E-O. Er ist seit dem 01.10.1992 im wechselnden Umfang zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt.

Der Zulassungsausschuß ermächtigte den Beigeladenen zu 7) mit Beschluss vom 26.05.2003 u.a. wie folgt:

1. Polypektomie, kurative Koloskopie, Laserkoagulation und Varizenligatur in Verbindung mit endoskopischen Leistungen.

2 ...

3 ...

4 ...

Die Ermächtigung wurde auf den 31.12.2004 befristet.

Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch hat die Klägerin geltend gemacht, eine Erweiterung der Ermächtigung um die kurative Coloskopie sei nicht erforderlich. Derartige Untersuchungen würden durch die in E niedergelassenen Internisten Dr. G und Dr. C sichergestellt. Diese Ärzte verfügten sogar über einschlägige freie Kapazitäten. Der ebenfalls in E niedergelassene Internist X I könne eigenen Angaben zu Folge bis zu 130 kurative Coloskopien pro Quartal erbringen.

Durch Beschluss vom 17.12.2003 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und ordnete die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung an. Zur Begründung führte er aus: Der Umstand, dass Dr. G erklärt habe, er wolle seine coloskopierende Tätigkeit nicht mehr aus Budgetierungsgründen begrenzen, bedeute keineswegs, dass dieser Arzt zukünftig in erhöhtem Maße für kurative Coloskopien zur Verfügung stehe. Nach den Frequenztabellen entfielen 63 bis 65 % der in der dortige Praxis durchgeführten Coloskopien auf Vorsorge-Untersuchungen. Diese würden im Gegensatz zu kurativen Coloskopien besser vergütet und seien nicht budgetiert. Von daher habe sich die Versorgungslage eher verschlechtert. Dr. C könne sein Volumen an Coloskopieleistungen nicht mehr im nennenswerten Umfang steigern.

Die Anordnung des sofortigen Vollzugs begründete der Beklagte damit, dies sei im öffentlichen Interesse geboten, weil notwendige Coloskopien - wenn etwa ein Verdacht auf eine ernsthafte Erkrankung bestehe - auch kurzfristig durchgeführt werden müssten.

Diese Entscheidung hat die Klägerin in der Hauptsache angegriffen. Die Klage hat das SG Duisburg durch Urteil vom 09.07.2004 abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist zum Az. L 10 KA 32/04 beim erkennenden Senat anhängig. Der Antrag der Klägerin auf Aufhebung des Sofortvollzugs datiert vom 14.04.2004. Hierzu hat sie geltend gemacht, die Voraussetzungen für die Ermächtigung des Beigeladenen zu 7) lägen nicht vor. Der quantitative Bedarf werde durch die in E zugelassenen Vertragsärzte abgedeckt. Der angeordnete Sofortvollzug sei deswegen aufzuheben.

Das SG Duisburg hat den Antrag abgelehnt und hierzu ausgeführt:

Im Rahmen der nur eingeschränkten Überprüfbarkeit erweise sich der angefochtene Beschluss des Beklagten ebenso wie der unter Ziffer 1. durch den Zulassungsausschuss vom 26.05.2003 zugesprochene Ermächtigungsinhalt schon bei summarischer Prüfung als rechtmäßig. Der Beklagte habe seinen Beurteilungsspielraum nicht dadurch überschritten, dass er die auf dem Gebiet ambulant durchführbarer kurativer Coloskopien in E bestehende Versorgungslage dahingehend beurteilt habe, dass sich die Versorgung der gesetzlich krankenversicherten Bevölkerung in E mit ambulant durchführbaren Coloskopien (EBM-Nummern 760 bzw. 764) gegenüber der vor dem 01.07.2003 bestehenden Situation eher verschlechtert habe. Der Beschluss vom 17.12.2003 hebe zutreffend hervor, dass Dr. C sein Volumen an coloskopischen Leistungen entgegen dem Vorbringen der Klägerin in nennenswertem Umfang nicht mehr steigern könne. Der Kammer sei aus einer Vielzahl anderer Verfahren bekannt, dass dieser Arzt schwerpunktmäßig onkologische Patienten betreue und in nicht erheblichem Umfang mit diesen ambulante Chemotherapien durchführe. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die größere Häufigkeit, mit der Dr. G im Vergleich mit Dr. C ausweislich der Frequenztabelle des Quartals III/2003 sowohl die partielle als auch die totale Coloskopie abgerechnet habe, die Entscheidung der Zulassungsinstanzen eher stütze als erschüttere. So trage die streitbefangene Ermächtigung offenbar dem Risiko Rechnung, dass die einschlägige Versorgungslage im Planungsbereich E plötzlich und in dramatischem Umfang verschärft werden könne, wenn Dr. G etwa krankheitsbedingt für einen Zeitraum von mehr als vier Wochen ausfalle. Für diesen Fall, den die Zulassungsinstanzen bei der Einschätzung der Versorgungslage in Rechnung zu stellen hätten, stehe dann insbesondere den im Eer Norden ansässigen gesetzlich Krankenversicherten das Leistungsangebot des Beigeladenen zu 7) zur Verfügung, wie es sich aus der Ziffer 1. des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 26.05.2003 ergebe.

Diesen Beschluss greift die Klägerin mit der Beschwerde an. Die Voraussetzungen für die Anordnung des Sofortvollzugs lägen nicht vor. Im Planungsbereich E werde die Versorgung hinsichtlich der Leistungen nach Ziffer 764 EBM durch die niedergelassenen fachärztlich tätigen Internisten sichergestellt. So habe Dr. G in der mündliche Verhandlung vor dem Beklagten erklärt, dass er derzeit etwa 15 bis 25 Coloskopien täglich durchführe. Für kurative Coloskopien bestehe ein Wartezeit von nur ca. 4 Wochen. Notfälle würden sofort behandelt. Aus den Anzahlstatistiken folge, dass er in II/2003 260 und in III/2003 250 kurative Coloskopien durchgeführt habe. Ferner habe sie - die Klägerin - schon im Verwaltungsverfahren darauf hingewiesen, dass auch der Arzt I über eine Genehmigung verfüge, um kurative Coloskopien zu erbringen. Hierauf sei der Beklagte nicht eingegangen. Die Unterstellung des Beklagten, Dr. G würde seine Praxisführung allein nach Vergütungsaspekten ausrichten, sei sachfremd und nicht geeignet, eine Versorgungslücke zu belegen. Der Beklagte habe nicht dargelegt, warum er trotz dieses Vorbringens von einer mittels Sofortvollzugs zu schließenden Versorgungslücke ausgehe. Überdies fehle jegliche Interessenabwägung. Soweit das SG die Auffassung vertrete, dass ein krankheitsbedingter Ausfall von Dr. G eine Versorgunglücke begründe, sei darauf hinzuweisen, eine "vorsorgliche" Ermächtigung gleichsam in Vertretung im Krankheitsfall sei nicht zulässig.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des SG Duisburg vom 09.07.2004 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 26.05.2003 anzuordnen.

Der Beklagte hat sich nicht geäußert.

II.

Die statthafte und im übrigen zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

1.

Zwar hat die Klägerin um einstweiligen Rechtsschutz gegen den Beschluss des Beklagten vom 17.12.2003 erst mit Schriftsatz vom 14.05.2004 nachgesucht. Der Antrag ist dennoch zulässig. Die Anträge nach § 86 b Abs. 1 und Absatz 2 SGG sind nicht von Fristen abhängig. Sie sind ohnehin schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86 b Abs. 3 SGG).

Das SG hat den Beschluss vom 09.07.2004 auf Grund mündlicher Verhandlung mit ehrenamtlichen Richtern erlassen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGG). Es hätte deswegen den Nichtabhilfebeschluss vom 02.11.2004 auch in dieser Besetzung, allerdings nicht notwendig mit denselben ehrenamtlichen Richtern, treffen müssen (Senatsbeschluss vom 13.09.1999 - L 10 B 15/99 P - sowie Beschluss des 11. Senats des LSG NRW vom 07.04.1997 - L 11 S 2/97 -). Den abweichenden Auffassungen (hierzu Nachweise bei Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 174 Rdn. 3) folgt der Senat nicht. Von einer entsprechenden Anwendung des § 159 SGG sieht der Senat wegen Entscheidungsreife ab.

2.

a) Rechtsgrundlage für die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners ist § 97 Abs. 4 SGB V. Der Widerspruch der Klägerin gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses hat aufschiebende Wirkung (§ 86 a Abs. 1 SGG). Sie will die durch den Beklagten angeordnete sofortige Vollziehung beseitigen. Dieses Ziel wird von § 86 b Abs. 1 SGG nicht unmittelbar erfasst. Um einen Fall der Nr. 1 handelt es sich nicht, weil die Klägerin nicht die sofortige Vollziehung der Entscheidung angeordnet wissen will; auch Nr. 3 greift nicht, denn es geht ihr auch nicht darum, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherzustellen. Sie verfolgt mit dem Ziel, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen, das Gegenteil. Das kann sie in unmittelbarer Anwendung des § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG nicht erreichen. Hiernach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebenden Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs kann der Senat nicht anordnen, da diese Rechtsfolge bereits kraft Gesetzes eintritt (§ 86 a Abs. 1 SGG). Zu klären ist vielmehr, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung, durch die die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs suspendiert wird, aufzuheben ist und damit die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt wird. Losgelöst vom Wortlaut ordnet der Senat auch diese Konstellation in entsprechender Anwendung der Regelung des § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG zu (vgl. auch Meyer-Ladewig, a.a.O. § 86 a Rdn. 22). Denn im Ergebnis macht es keinen Unterschied, ob die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs angeordnet wird oder der die aufschiebende Wirkung beseitigende Sofortvollzug aufgehoben wird. Im ersten Fall wird die aufschiebende Wirkung erstmals hergestellt, im zweiten Fall hingegen wiederhergestellt. Mit der (Wieder)Herstellung der aufschiebenden Wirkung wird jeweils bezweckt, die Durchsetzbarkeit des Verwaltungsaktes zu hemmen (hierzu auch Senatsbeschluss vom 16.04.2003 - L 10 B 21/02 KA ER -). Nach alledem ist der Antrag, die angeordnete sofortige Vollziehung aufzuheben, nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG statthaft (vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 20.1.2004 - L 10 B 19/03 KA ER - und 30.01.2004 - L 10 B 21/03 KA ER -).

b) Das Gericht entscheidet im Rahmen des § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG nach Ermessen auf Grund einer Interessenabwägung (Senatsbeschluss vom 30.01.2004 - L 10 B 21/03 KA ER -). Hiernach ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen, wenn das Interesse des belasteten Adressaten überwiegt. Anderenfalls verbleibt es beim Ausschluß der aufschiebenden Wirkung. Abzuwägen sind dabei die Folgen, die eintreten würden, wenn die aufschiebende Wirkung angeordnet wird und der Rechtsbehelf letztlich doch keinen Erfolg hätte gegenüber den Nachteilen, die entstehen, wenn die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet wird und der Rechtsbehelf letztlich Erfolg hätte. In die Abwägung ist auch einzubeziehen, ob und inwieweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung irreparable Folgen hat. Ferner sind die mit dem Gesetz verfolgten Ziele einzubeziehen und mit den Interessen des Betroffenen abzuwägen (vgl. Meyer-Ladewig aaO § 86 a Rdn. 20). Schließlich sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes, kann dies für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sprechen (vgl. auch § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG). An der Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte besteht kein öffentliches Interesse; vielmehr überwiegt dann das Interesse an der Herstellung der aufschiebenden Wirkung. Andererseits liegt ein überwiegendes öffentliches Interesse am Ausschluß der aufschiebenden Wirkung dann vor, wenn der angefochtene Verwaltungsakt ersichtlich rechtmäßig ist (Senatsbeschluss vom 15.01.2003 - L 10 B 22/02 KA ER -; vgl. auch Begründung zum 6. SGG-ÄndG BT-Drucks. 14/5943 zu Nr. 34). Diese Grundsätze überträgt der Senat auf die Fälle, in denen es - wie hier - um die Aufhebung der sofortigen Vollziehung geht und damit letztlich die aufschiebende Wirkung "wiederhergestellt" werden soll.

Ausgehend hiervon ergibt sich: Die Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung liegen vor. Eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass der angefochtene Beschluss des Beklagten rechtmäßig ist. Er hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt vollständig ermittelt, indem er die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ausgewertet und in der Sitzung vom 17.12.2003 den von der Kreisstelle E benannten Dr. G zur Versorgungssituation angehört hat. Demgemäß macht die Klägerin auch nicht geltend, der Beklagte hätte den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Ihr Vorbringen zielt vielmehr darauf, dass der Beklagte die maßgebenden Entscheidungsrundlagen fehlerhaft gewichtet hat. Diese Überzeugung vermag sich der Senat allerdings nicht zu beschaffen. Hierzu ist auf die Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Beschluss zu verweisen. Das Beschwerdevorbringen führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Behauptung der Klägerin, die im Planungsbereich E niedergelassenen fachärztlich tätigen Internisten seien nach einer sorgfältigen Bedarfsanalyse in der Lage, den Versorgungsbedarf an kurativen Coloskopien sicherzustellen, ist schon dem Grunde nach nicht geeignet, die Ausführungen des Beklagten als fehlerhaft zu werten. Der Beklagte hat sich mit den von der Klägerin übermittelten Daten auseinandergesetzt. Er hat die Bekundungen des Dr. G berücksichtigt und ist im Rahmen des bestehenden Beurteilungsspielraums mit nachvollziehbaren Erwägungen zum Schluß gelangt, dass ein Bedarf besteht. Dabei hat er sich zusätzlich darauf gestützt, in mehreren Entscheidungen aus anderen Verfahren einen Bedarf festgestellt zu haben. Da sich an der Versorgungssituation nichts geändert habe, bestehe dieser Bedarf weiterhin. Auch insoweit ist ein Beurteilungsfehler nicht zu erkennen. Kommt das sachkundig besetzte Zulassungsgremium in mehreren Sitzungen - ggf. in unterschiedlicher Besetzung - zum Ergebnis, es bestehe ein Bedarf, dann hätte die Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren nachvollziehbar darlegen müssen, dass die vormaligen Feststellungen des Beklagten zum Bedarf fehlerhaft waren. Das ist nicht geschehen. Deswegen konnte der Beklagte an seine gewonnenen Erkenntnisse anknüpfen und diese seiner Entscheidung zu Grunde legen.

Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, die Versorgungssituation habe sich dadurch geändert, dass nunmehr weitere Ärzte die strittigen Leistungen anbieten. Sie hat lediglich darauf hingewiesen, dass die kurative Coloskopie von zwei niedergelassenen fachärztlich tätigen Internisten erbracht und sichergestellt werde. Soweit es den Internisten Dr. G anlangt, hat dieser zwar erklärt, seine Tätigkeit nicht mehr aus Budgetgründen beschränken zu wollen. Da er jedoch bereits derzeit nach eigenen Angaben 15 bis 20 Coloskopien am Tag durchführt, ist offenkundig, dass insoweit keine erheblichen Ressourcen mehr bestehen. Seiner Behauptung, weitere bis zu 500 Coloskopien im Quartal durchführen zu können, hat der Beklagte zur Recht keinerlei Bedeutung beigemessen.

Ob und inwieweit die Ausführungen des Beklagten zur Vergütung der Vorsorgecoloskopien bzw. der kurativen Coloskopien zutreffen, kann dahinstehen. Diese Ausführungen sind für die Entscheidung des Beklagten nicht erheblich. Im übrigen: Da bereits jetzt Wartezeiten von vier Wochen bestehen, werden sich diese notwendigerweise erhöhen, sofern Dr. G bis zu weitere 500 Coloskopien durchführen würde. Auch dies hat der Beklagte erwogen, indem er darauf abgestellt hat, Coloskopien müssten ggf. ganz kurzfristig durchgeführt werden, um den Verdacht ernsthafter Erkrankungen so schnell wie möglich abklären zu lassen.

Soweit die Klägerin den Beschluss des SG damit angreift, dass es an einer Interessenabwägung fehle, führt dies schon deswegen nicht weiter, weil diese vom Senat nachgeholt werden kann. Hierzu ist maßgebend: Bei offenem Ausgang wird eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn es dem Antragsteller im Rahmen einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten nicht zugemutet werden kann, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten (vgl. auch BVerfG vom 13.08.2003 - 1 BvR 1549/03 - in NJW 2003, 3617 f und BVerfG vom 24.10.2003 - 1 BvR 1594/03 - in NJW 2003, 3618 f). Übertragen auf vorliegende Konstellation bedeutet dies: Das Interesse der Versicherten ist auf eine bedarfsgerechte Versorgung gerichtet. Die AOK Rheinland hat sich für die Ermächtigung und den Sofortvollzug ausgesprochen. Der Landesverband der Betriebskrankenkassen ist dem beigetreten. Der Beklagte hat nachvollziehbar eine Versorgungslücke festgestellt, die sofort geschlossen werden muss. Die summarisch zu prüfenden Sach- und Rechtslage deutet darauf hin, dass die Klägerin mit ihrem Begehren nicht durchdringen kann und die Ermächtigung insoweit zu Recht erteilt worden ist. Nicht zuletzt ist Art. 19 Abs. 4 GG zu berücksichtigen. Der Anspruch des Beigeladenen auf eine Ermächtigung muss ungeachtet zulässiger Rechtsbehelfe anderer Verfahrensbeteiligter durchsetzbar bleiben (hierzu auch Senatsbeschluss vom 30.06.2003 - L 10 B 9/03 KA ER -).

c) Nach § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG darf die sofortige Vollziehung nur mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung angeordnet werden. Das öffentliche Interesse an sofortiger Vollziehung ist mehr als das für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Interesse. Notwendig ist ein zusätzliches öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug, so dass die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsaktes nicht zur Begründung der Anordnung der Vollziehung ausreichen (Senatsbeschluss vom 11.11.2003 - L 10 B 15/04 KA ER -). Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Beschluss des Beklagten in noch hinreichender Weise, indem er darauf hingewiesen hat, dass Coloskopien ggf. auch ganz kurzfristig - losgelöst von Notfällen - durchgeführt werden müssen. Diese Erwägung geht über die vom Beklagten zuvor bejahte Frage, ob und inwieweit ein Bedarf dafür besteht, den Beigeladenen zu 7) zu kurativen Coloskopien zu ermächtigen, hinaus. Der Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass eine konkrete Gefährdung der Versicherten infolge eines Versorgungsdefizits es rechtfertigt, den Sofortvollzug anzuordnen (Senatsbeschluss vom 12.05.2004 - L 10 B 4/04 KA ER -).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG.
Rechtskraft
Aus
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