S 2 KR 321/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 2 KR 321/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 29/04 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand:

1. Zwischen den Beteiligten sind Beiträge zur Krankenversicherung aus Versorgungsbezug streitig. Der 1922 geborene Kläger hat seit dem 13.05.1982 einen MdE von 60 %, ist seit 01.01.1951 bei der Beklagten krankenversichert und seit dem 01.01.1983 in der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert. Er bezieht vom Beigeladenen seit dem 01.01.2004 einen monatlichen Versorgungsbezug von 1.228,82 Euro. Von diesem Versorgungsbezug werden durch den Beigeladenen keine Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt und vom Kläger keine Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge gezahlt. 2. Mit Schreiben vom 13.01.2004 hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass sich aufgrund von gesetzlichen Änderungen zum 01.01.2004 auch im Beitragswesen Neuerungen ergeben haben. Für Beiträge aus Versorgungsbezügen habe bisher der halbe allgemeine Beitragssatz gegolten. Ab dem 01.01.2004 habe der Gesetzgeber alle Krankenkassen verpflichtet, den vollen Beitragssatz für diese Bezüge zu erheben. In der Anlage zu diesem Schreiben hat die Beklagte ab dem 01.01.2004 den monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung auf 183,09 Euro (Beitragssatz 14,9 %) und den monatlichen Beitrag zur Pflegeversicherung auf 20,89 Euro (Beitragssatz 1,7 %) insgesamt auf 203,98 Euro festgesetzt. 3. Mit Schreiben vom 02.02.2004 hat der Kläger mit der Begründung Widerspruch eingelegt, dass er sich mit der deutlichen Beitragserhöhung von 94,00 Euro ab Januar 2004 nicht einverstan- den erklären könne. Er erachte das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung bezüglich der Beitragserhöhung als verfassungswidrig, da dieses Gesetz gegen das Gleichbehandlungsgebot sowie die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes verstoßen würde. Dies folge allein schon daraus, dass er als Rentner trotz des ihm auferlegten vollen Krankenversicherungsbeitrages im Gegensatz zu erwerbstätigen Personen keinen Anspruch auf Krankengeld habe. Des weiteren habe der Gesetzgeber durch die deutliche Beitragsanhebung in seine laufenden finanziellen Dispositionen in gravierender Weise eingegriffen. Aus diesem Grunde zahle er den erhöhten Krankenversicherungsbeitrag nur unter Vorbehalt. Mit Schreiben vom 03.02.2004 hat die Beklagte ihre Rechtsauffassung erläutert und festgestellt, dass in der Mitgliederzeitschrift 1/04, die im Dezember 2003 versandt worden sei, umfassend über die Neuregelung berichtet worden wäre. Verschiedene Mitglieder würden Musterverfahren führen wollen. Es sei deshalb nicht erforderlich, dass der Kläger ein eigenes Widerspruchs- bzw. Sozialgerichtsverfahren anstrengen müsse. Nur für den Fall, dass er ein eigenes Verfahren möchte, müsse er dies der Beklagten mitteilen. Der Kläger hat durch seinen Bevollmächtigten am 16.02.2004 vorgetragen, dass er dieses Verfahren zum Anlass nehmen wolle, eine höchstrichterliche Entscheidung herbeizuführen. Er bäte in jedem Fall um eine schnellstmögliche Erteilung eines Abhilfe- oder Widerspruchsbescheides. 4. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.03.2004 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen und festgestellt, dass ab dem 01.01.2004 die Verpflichtung bestünde, aus Versorgungsbezügen des Beigeladenen einen monatlichen Krankenversicherungsbeitrag von 183,09 Euro zu entrichten. Für die Bemessung der Krankenkassenversicherungsbeiträge aus Versorgungsbezügen hat bis zum 32.12.2003 die Hälfte des jeweils am 01.07. geltenden Beitragssatzes für das folgende Kalenderjahr (§ 248 SGB V a.F.) gegolten. Die Vorschrift sei durch das GKV-Modernisierungsgesetzes mit Wirkung zum 01.01.2004 geändert worden. Bei Versicherungspflichtigen gelte für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungbezug und Arbeitseinkommen der jeweils am 01.07. festgesetzte allgemeine Beitragssatz der Beklagten für das folgende Kalenderjahr (§ 248 SGB V n.F.). Die Satzung der Beklagten schreibe in § 22 Abs. 1 Nr. 1 in der Fassung des 61. Nachtrags vor, dass der allgemeine Beitragssatz am 01.07.2003 14,9 % betrage. Aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 15.03.2000 sei es dem Gesetzgeber überlassen worden, ob er eine Änderung durch eine Neuregelung des Zugangs zur Krankenversicherung der Rentner oder eine Änderung der Beitragsbemessung für pflicht- und freiwillig Versicherte vornehme. Der Gesetzgeber habe durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz die Beitragsbelastung für alle Rentner gleich gestaltet. Infolge der Bindung an das Gesetz sei es der Beklagten verwehrt § 248 SGB V neue Fassung als verfassungswidrig anzusehen. Der Bescheid der Beklagten vom 03.07.2000 hinsichtlich der Höhe des Beitragssatzes zur Krankenversicherung sei durch den Bescheid vom 13.01.2004 mit Wirkung vom 01.01.2004 aufgehoben worden. Der Tatbestand des § 48 Abs. 1 SGB X wäre vorliegend erfüllt, da eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen eingetreten sei. Der Bescheid vom 03.07.2000 sei auch mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben worden, da der Beitrag für den Monat Januar 2004 erst Ende Januar 2004 fällig würde. Dies ergebe sich aus § 23 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Beklagten i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. 5. Hiergegen richtet sich die Klage vom 01.04.2004, die am 02.04.2004 beim Sozialgericht München eingegangen ist. Der Bevollmächtigte des Klägers bezieht sich zur Klagebegründung auf eine rechtsgutachtliche Stellungnahme des Prof. Dr. F. H. für den Sozialverband Deutschland, die belege, dass § 248 SGB V n.F. verfassungswidrig sei. Die klägerische Seite rege aus verfahrensökonomischen Gründen an, den Rechtsstreit gemäß Artikel 100 Grundgesetz auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 248 SGB V n.F. vorzulegen. Die klägerische Seite hat die Mitteilung der Deutschen Post-AG, Niederlassung Rentenservice über die Rentenanpassung vom 01.07.2003 vorgelegt. Danach beziehe der Kläger 1.776,32 Euro monatlich Altersrente, von dem wiederum 132,33 Euro monatlicher Beitrag zur Krankenversicherung und 15,10 Euro monatlicher Beitrag zur Pflegeversicherung abgezogen würden. Der Beitrag berechne sich nach dem Beitragssatz von 14,90 Prozentpunkten. Mit Beschluss vom 12.07.2004 hat das Sozialgericht den VdK Landesverband Bayern e.V. - Betriebliche Zusatzversorgung - beigeladen. Die klägerische Seite hat dem Gericht weiter einen Bescheid der Beklagten vom 08.02.1983 über die Durchführung der KVdR ab 01.01.1983 sowie einen Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 21.12.1982 über Feststellung des Anspruchs auf Altersruhegeld wegen anerkannter Schwerbehinderung oder festgestellter Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit des Klägers zugänglich gemacht. Danach sei der Versicherungsfall zum 31.12.1982 eingetreten. Ab dem 01.01.1983 sei Rente bewilligt worden. Vom Zahlbetrag der Rente wurde ein monatlicher Beitrag in Höhe von 241,70 DM zur gesetzlichen Krankenversicherung abgeführt. Die klägerische Seite hat weiterhin ein Schreiben der Beklagten vom 20.08.1982 vorgelegt, nach der die Pflichtversicherung in der KV der Rentner durchgeführt würde, sobald das Beschäftigungsverhältnis des Klägers beendigt sei. Mit Schreiben vom 29.12.1982 hat der Beigeladene dem Kläger ab 01.01.1983 2.083,20 DM monatliche Versorgung bewilligt. Die Beigeladene hat festgestellt, dass individuelle Arbeitsvertragsunterlagen insbesondere ein Verweis auf den Tarifvertrag der für das Arbeitsverhältnis des Klägers gegolten hat, nicht vorgelegt werden kann. Bei der betrieblichen Zusatzversorgung der Beigeladenen handele es sich um eine unmittelbare Versorgungszusage, die durch den Arbeitgeber finanziert sei und für die Rückstellung in der Bilanz gebildet worden seien. 6. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 15.07.2004 hat der Beklagtenvertreter erklärt, dass die Beklagte der Beigeladenen als Zahlstelle für den Versorgungsbezug am 13.02.1983 mitgeteilt habe, dass das Einzugsstellenverfahren nicht anzu- wenden sei und der Kläger seine Krankenversicherungsbeiträge aus Versorgungsbezug unmittelbar an die Beklagte zu entrichten habe. Die Beteiligten haben übereinstimmend erklärt, dass die betragsmäßige Berechnung des Beitrags für Krankenversicherung aus Versorgungsbezug gemäß § 248 SGB V n.F. nicht bestritten werde. 7. Der Klägerbevollmächtigte beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.01.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2004 zu verurteilen, bei der Beitragsberechnung aus Versorgungsbezug die Bestimmung des § 248 SGB V in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung anzuwenden. Der Beklagtenvertreter beantragt, die Klage abzuweisen. Die Vertreterin des Beigeladenen stellt keine Anträge. Die Beklagte widersetzt sich dem klägerischen Begehren unter Bezugnahme auf die eindeutige Bestimmung des § 248 SGB V n.F. Eine andere Entscheidung über der Beitragshöhe aus Versorgungsbezug des Klägers sei ihr nicht möglich. Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt. Die Beteiligten haben im Termin zur Erörterung des Sachverhalts übereinstimmend beantragt, die Sprungrevision nach § 161 SGG zuzulassen und hierzu gegenseitig und vorab die Zustimmung gemäß § 161 Abs. 1 Satz 3 SGG erteilt. Das Sozialgericht hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den gesamten Inhalt der Sozialgerichtsakte und auf die Akte der Beklagten Bezug genommen (§ 136 Abs. 2 SGG).

Entscheidungsgründe:

8. Die zum sachlich (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG) und örtlich (§ 57 Abs. 1 S. 1 SGG) zuständigen Sozialgericht München form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Zum einen richtet sich das Begehren des Klägers auf Aufhebung des Bescheids vom 13.01.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2004 (§ 54 Abs. 1 S. 1 SGG). Zum anderen begehrt der Kläger festzustellen, dass § 248 SGB a.F. zur Berechnung seiner Beiträge aus Versorgungsbezug in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung durch die Beklagte heranzuziehen ist. Dies ist ein zulässiger Antrag gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 SGG, da es um die Feststellung geht, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen sind. 9. Die Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 13.01.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2004 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat mit Wirkung vom 01.01.2004 die Beiträge in rechtlich zulässiger Weise gemäß § 248 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch i.V.m. §§ 21 und 22 Abs. 1 Nr. 1 der Satzung der Beklagten richtig festgesetzt. Für die Beitragsberechnung ab 01.01.2004 ist die Fassung des § 248 SGB V maßgeblich, die sie durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz-GMG-) vom 14.11.2003 (BGBl I Seite 2190, 2230) erhalten hat. Durch Artikel 1 Nr. 148 hat gemäß Artikel 37 Abs. 1 des oben angeführten Gesetzes die Bestimmung des § 248 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ab dem 01.01.2004 folgende Fassung erhalten: "Bei Versicherungspflichtigen gilt für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen der jeweils am 01.07. geltende allgemeine Beitragssatz ihrer Krankenkasse für das folgende Kalenderjahr. Abweichend von Satz 1 gilt bei Versicherungspflichtigen die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 die Hälfte des am 01.07. geltenden allgemeinen Beitragssatzes ihrer Krankenkasse für das folgende Kalenderjahr." Die Beklagte hat die Bestimmung des § 248 SGB V i.V.m. ihrer Satzung richtig angewandt. 10. § 248 SGB V i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Das Gericht sieht deshalb von einer Aussetzung des Rechtstreits gemäß Artikel 100 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz - GG - i.V.m. § 13 Nr. 11 und §§ 80 ff Gesetz über das Bundesverfassungsgericht - BVerfGG - ab. Die Entscheidung des Sozialgerichts hängt von der Gültigkeit der Bestimmung des § 248 SGB V ab. Die Voraussetzungen des Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG liegen jedoch nicht vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts reichen für eine Vorlagepflicht Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit nicht aus (so BVerfGE 78, 104/117; 8054/59; 86, 52/57 zitiert in Jarass/Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 4. Auflage, Art. 100 Rdnr. 10). Das Gericht ist nicht überzeugt und allein darauf kommt es für eine Vorlageverpflichtung an, dass § 248 SGB V verfassungswidrig ist (so auch Jarss/Pieroth, Art. 100 RdNr. 10). 11. § 248 SGB V ist mit dem Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Im Verhältnis zu anderen Einkunftsarten, die zur Beitragsbemessung in der Krankenversicherung herangezogen werden, unterfällt die Heranziehung des Versorungsbezuges zur Beitragsbemessung dem allgemeinen Gleichheitssatz. Art. 3 Abs. 1 GG fordert keine schematische, sondern eine angemessene Gleichbehandlung in dem Sinne, dass Gleiches gleich und Verschiedenes nach seiner Eigenart verschieden zu behandeln ist. Bis zum 01.01.2004 wurde der Versorgungsbezug im Vergleich zum Zahlbetrag der Rente, der bei der Krankenversicherung der Rentner für die Zahlung der Beiträge herangezogen wurde, unterschiedlich behandelt. Die zum 01.01.2004 gefundene Lösung durch den Gesetzgeber entspricht somit eher der gleichen Behandlung von laufenden Bezügen, die der Alterssicherung des Klägers dienen. Der Kläger bezieht Altersrente von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und Versorgungsbezug von dem Beigeladenen. Die ab 01.01.2004 gefundene Lösung wird dem Gleichheitssatz gerecht. Der Gesetzgeber war auch nicht gehalten, die bisher vorliegende Ungleichbehandlung fortzuführen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist dann eine ungleiche Regelung verfassungrechtlich geboten, wenn für eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die tatsächlichen Ungleichheiten in dem jeweils in Betracht kommenden Zusammenhang so bedeutsam sind, dass sie beachtet werden müssen (BVerfGE 1,276; 23,25) bzw. eine Gleichbehandlung mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre (BVerfGE 36,190). Ausweislich der amtlichen Begründung des Gesetzgebers (Bundestagsdrucksache vom 08.09.2003, Drucksachennr. 15/2525) zum Gesetzentwurf der Fraktionen SPD-CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen für den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung wird unter der einschlägigen Nr. 148 ausgeführt, dass durch die Neuregelung Rentner, die Versorgungbezüge und Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit erhalten, in angemessenem Umfang an der Finanzierung der Leistungsaufwendungen für sie beteiligte werden sollen. Die Beitragszahlungen der Rentner deckten 1973 noch zu gut 70 % deren Leistungsaufwendungen ab, heute sind es 43 %. Es ist daher ein Gebot der Solidarität der Rentner mit den Erwerbstätigen, den Anteil der Finanzierung der Leistungen durch die Erwerbstätigen nicht noch höher werden zu lassen. Die Motive des Gesetzgebers sind nachvollziehbar. Der alternde Mensch, der Renten- bzw. Versorgungsbezieher ist, fragt in stärkerem Maße nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung als die jüngere Population. Es ist deshalb nicht gleichheitssatzwidrig mit den Motiven des Gesetzgebers die Versorgungsbezieher stärker an den Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu beteiligen. Dies entspricht auch dem Äquivalenzprinzip, nach dem Beitragspflicht und Leistungen aus einer Versicherung in angemessenem Verhältnis stehen sollen. 12. § 248 SGB V verletzt nicht Art. 14 Grundgesetz. Im vorliegenden Fall ist der Anwendungsbereich des Grundrechts eröffnet. Der von der Beigeladenen erhaltene Versorgungsbezug ist ein Vermögensvorteil, der dem Kläger zukommt. Als Grundrecht kommt der Eigentumsgarantie die Aufgabe zu, dem Kläger als Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern (Recht auf Nichtbeeinträchtigung) und ihm dadurch eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen (BVerfGE 53, 290). Das Grundrecht gewährleistet dem Kläger den ungeschmälerten Zufluß der Versorgung. Im vorliegenden Fall beruht der Versorgungsbezug nicht auf eigenen Leistungen des Klägers, da er keine Abzüge vom Arbeitslohn während seiner aktiven Berufstätigkeit hat hinnehmen müssen. Nach Artikel IX Nr. 1 der betrieblichen Zusatzversorgung für hauptamtliche Mitglieder des VdK - Landesverband Bayern - vom 01.04.1965 werden die Mittel der Zusatzversorgung jährlich durch Zuführung entsprechender Beiträge aus dem Haushalt des VdK Landesverbandes Bayern aufgebracht. Der Beigeladene ist der ehemalige Arbeitgeber des Klägers. Eine Verbeitragung und Versteuerung der zugeführten Mittel, die dem Kläger persönlich zuzurechnen ist, erfolgte im vorliegenden Fall nicht. Art. 14 GG schützt den Kläger nicht vor der Auflegung von Geldleistungspflichten (BVerfGE 75, 154), solange dadurch die Vermögenswerte des Klägers nicht grundlegend beeinträchtigt werden oder gar ein Eingriff in die Kapitalsubstanz vorliegt (BVerfGE 63, 368). Der Kläger zahlt weder aus dem Rentenbezug durch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte noch aus seinen Versorgungsbezügen Steuern. Der Kläger erhält von dem Beigeladenen ohne Abzüge den zugesagten Versorgungsbezug ausgezahlt. Ausweislich der vorgelegten Bescheinigung des Beigeladenen beträgt der Versorgungsbezug ab dem 01.01.2004 1.228,82 Euro. Bis zum 31.12.2003 hatte der Kläger 89,09 Euro Krankenversicherungsbeiträge aus Versorgungsbezug monatlich zu zahlen. Ab dem 01.01.2004 beträgt der Beitrag monatlich 183,09 Euro. Unverändert ist der Beitragssatz der Pflegeversicherung in Höhe von 20.89 Euro geblieben. Bis zum 31.12.2004 wurden dem Kläger von seinem Versorgungsbezug 8,29 % für Kranken- und Pflegeversicherung abgezogen. Es verblieben somit vom Bruttobetrag ein Gesamtprozentsatz von 91,71 %. Ab dem 01.01.2004 werden dem Kläger 16,60 % von seinem Versorgungsbezug für die Kranken- und Pflegeversicherung abgezogen. Es verbleiben daher dem Kläger 83,40 % des Versorgungsbezugs zur freien Verfügung. Im Lichte der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der Gesetzgeber zur Sicherung der Finanzgrundlagen der Sozialversicherung sowie zur Entlastung der Solidargemeinschaft bei Eingriffen insbesondere bei der Verkürzung von Vergünstigungen einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfGE 74, 214). Im Steuerrecht wird eine konfiskatorische, d.h. eine drosselnde Steuer als mit Art. 14 Grundgesetz nicht mehr vereinbar angesehen (BVerfGE 63, 368). Ein 16,60 %iger Abzug für Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge aus Versorgungsbezug verletzt Art. 14 Abs. 1 GG nicht. Auch ist eine Enteignung bzw. enteignungsgleiche Wirkung der Verbeitragung des Versorgungsbezuges ab 01.01.2004 gemäß Art. 14 Abs. 3 GG nicht festzustellen. Dem Vorbringen des Klägers ist entgegenzuhalten, dass er das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung in vollem Umfang nutzen kann, so wie es im Fünften Buch und Elften Buch des Sozialgesetzbuches niedergelegt ist. Der Einwand der klägerischen Seite, dass sich der rechtliche oder jedenfalls faktische Ausschluss von Krankengeldleistungen nicht in einer Ermäßigung des Beitragssatzes niederschlägt, ist bereits vom Bundessozialgericht durch Urteil vom 18.12.1984, Az.: 12 RK 42/83 für verfassungskonform gehalten. Das Bundessozialgericht hat festgestellt, dass Beiträge und Leistungen in der vom Solidaritätsprinzip und dem Grundsatz des sozialen Ausgleichs beherrschten Gesetz in der Krankenversicherung nicht gleichwertig zu sein brauchen. Die vom Kläger erworbenen Ansprüche auf Versorgungsbezug gegen den Beigeladenen gehen auf keine eigenen Leistungen des Klägers zurück, wie z.B. bei Rentenansprüchen aufgrund jahrelanger eigener Beitragsleistung. Deshalb kann der Gesetzgeber sie, ohne gegen Art. 14 Grundgesetz zu verstoßen, der vollen Beitragspflicht unterwerfen. 13. § 248 SGB V verstößt nicht gegen das Rückwirkungsverbot, das seinen verfassungsrechtlichen Niederschlag in Art. 20 Abs. 3 GG gefunden hat. Im vorliegenden Fall handelt es sich um keine echte Rückwirkung, d.h. um einen Eingriff des Gesetzgebers in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände. Die Beiträge werden erst mit Erlass des Bescheides vom 13.01.2004 für die Zukunft vom Kläger gefordert. Vorliegend handelt sich um eine tatbestandliche Rückanknüpfung (BVerfGE 76, 356), bei der auf noch nicht abgewickelte Sachverhalt- und Rechtsbeziehungen für die Zukunft eingewirkt wird. Das Versorgungsrechtsverhältnis des Klägers zum Beigeladenen ist aufzuteilen in eine Kapitalbildungsphase, die in Art. IX der betrieblichen Zusatzversorgung niedergelegt ist. Davon zu unterscheiden ist die sogenannte Leistungsphase gemäß den Art. II ff. der betrieblichen Zusatzversorgung. Der Kläger befindet sich seit dem 01.01.1983 in der Leistungsphase, die erst mit der Beendigung des Versorgungsbezuges beendet ist. In Fällen der unechten Rückwirkung bei tatbestandlicher Rückanknüpfung, wenn die Kapitalbildungsphase bereits abgeschlossen ist, wird der Vertrauensschutz des Klägers für die Zukunft bewertet. Der Gesetzgeber hat bei dem Erlass des § 248 SGB V das Vertrauen des Einzelnen auf den Fortbestand der bestehenden Vergünstigung abgewogen mit der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit (so ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zuletzt BVerfGE 74, 155). Im vorliegenden Fall ergibt sich ausweislich der amtlichen Begründung Bundestagsdrucksache 15/1525 S. 388, dass die eigenen Beiträge der Rentner nur noch 43 % der Leistungsaufwendungen für sie decken. Dies ist ein nachvollziehbares Motiv des Gesetzgebers, Versorgungsbezüge für die Zukunft der vollen Beitragspflicht zur Krankenversicherung zu unterwerfen. 14. Das Sozialstaatsprinzip nach Artikel 20 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat nicht, Versorgungsempfängern einen günstigeren Beitragssatz zu gewährleisten. Der moderne Sozialstaat verpflichtet, ein menschenwürdiges Dasein oder eine angemessene Beteiligung am allgemeinen Wohlstand zu gewähren. Er reicht jedoch nicht soweit, jegliche finanzielle Belastung des wirtschaftlich Stärkeren zu vermeiden. In der Kombination von Rentenbezug und Versorgungsbezug ist der Staat nicht verpflichtet, den Versorgungsbezug einer günstigeren Beitragsbemessung zur Krankenversicherung zu unterwerfen. Hier handelt es sich um wirtschaftlich eher besser gestellte Personengruppen, deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch die Bestimmung des § 248 SGB V nicht entscheidend beeinträchtigt wird. Ein menschenwürdiges Existenzminimum verbleibt dem Kläger. 15. Das Sozialgericht hat auch keinen Zweifel, dass § 248 SGB V eine wirksam zustande gekommene Norm ist. Das Gesetz ist vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen worden und am 19.11.2003 nach vorheriger Ausfertigung durch den Bundespräsidenten im Bundesgesetzblatt verkündet worden. Aufgrund der Ausfertigung des Gesetzes durch den Bundespräsidenten und der erfolgten Zustimmung durch den Bundesrat ergibt sich für das Gericht kein Zweifel, dass das Gesetz verfassungsgemäß zustande gekommen ist (Art. 78 und 82 Abs. 1 S. 1 GG). Die Regelung des Beitrags aus Versorgungsbezug für die gesetzliche Krankenversicherung unterfällt dem Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG. Sie ist vom Begriff der "Sozialversicherung" erfasst. 16. Da § 248 SGB V nach Auffassung der Kammer mit dem Grundgesetz vereinbar ist und die konkrete Beitragsberechnung durch die Beklagte von den Beteiligten nicht bestritten wurde, ist der Bescheid der Beklagten vom 13.01.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2004 nicht zu beanstanden. Somit ist auch der Feststellungsantrag gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 SGG nicht begründet, so dass die Klage abzuweisen war. 17. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Das Sozialgericht konnte im schriftlichen Verfahren gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden, da alle Beteiligten dem ausdrücklich zugestimmt haben.

Die Sprungrevision war gemäß § 161 SGG zuzulassen. Der erforderliche Antrag gemäß § 161 Abs. 1 S. 2 ist im Erörterungstermin gestellt worden, wobei die Zustimmung zur Niederschrift des Gerichts im Erörterungstermin die Schriftform ersetzt und schon vor Ergehen des Urteils abgegeben werden kann (so auch Mayer-Ladewig, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, 7. Auflage, § 161 RdNr. 4 a). Die gemäß § 161 Abs. 1 S. 3 SGG unter den gleichen Formerfordernissen erklärte Zustimmung der Beteiligten liegt ebenfalls vor. Die Voraussetzungen des § 161 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegen vor. Die Frage in welcher Höhe Beiträge aus Versorgungsbezug gemäß § 248 SGB V n.F. zu berechnen sind, betrifft eine Rechtsfrage grundsätzlicher Natur, die bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist. Darüber hinaus hat die Frage allgemeine Bedeutung, da sie eine Vielzahl von Fällen bundesweit betrifft (so auch im Ergebnis Mayer-Ladewig, a.a.O. § 160 SGG RdNr. 6 und 6 a).
Rechtskraft
Aus
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