L 5 RA 74/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 3 RA 5529/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 RA 74/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Juli 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um den Anspruch der Klägerin auf Auszahlung der ihr dem Grunde nach zuerkannten großen Witwenrente unter dem Aspekt der Begrenzung der Entgeltpunkte nach dem Fremdrentengesetz (FRG) auf insgesamt 25 (§ 22 b Abs. 1 FRG).

Die 1936 geborene Klägerin übersiedelte am 17. Dezember 2000 von Kasachstan nach Deutschland. Sie ist anerkannte Spätaussiedlerin im Sinne von § 4 BVFG. Die Klägerin war mit dem am 3. März 1938 geborenen und am 29. Februar 1976 in Kasachstan verstorbenen Gverheiratet.

Mit Wirkung vom Zeitpunkt ihrer Übersiedlung bezieht die Klägerin (aus eigener Versicherung) eine Altersrente für Frauen (Bescheide vom 8. November 2001 bzw. 25. April 2002). Die Höhe der Rente betrug auf den Bescheid vom 25. April 2002 hin 1.214,50 DM. Der eigenen Rente der Klägerin liegen ausschließlich Entgeltpunkte für FRG-Zeiten zugrunde, die die Beklagte nach § 22 b Abs. 1 FRG auf 25 begrenzte.

Am 17. Januar 2001 beantragte die Klägerin außerdem die Bewilligung einer großen Witwenrente nach ihrem verstorbenen Ehemann G. Mit Bescheid vom 6. Dezember 2001 anerkannte die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf große Witwenrente ab dem 17. Dezember 2000. Die Rente werde jedoch vom Rentenbeginn an nicht gezahlt. Die dem Anspruch auf Witwenrente zugrunde liegenden Entgeltpunkte betrügen 28,4223 (Anlage 6, S. 1 zum Rentenbescheid). Weil hiermit der Höchstwert nach § 22 b Abs. 1 FRG überstiegen werde, sei eine Begrenzung auf 25 vorzunehmen. Addiere man die der eigenen Rente der Klägerin zugrunde liegenden Entgeltpunkte (25), ergebe sich eine Summe von 50 Punkten nach dem FRG. Diese Summe übersteige wiederum den Höchstwert, so dass die Entgeltpunkte nach dem FRG auf insgesamt 25 zu begrenzen seien. Die Entgeltpunkte nach dem FRG aus der eigenen Versicherung der Klägerin seien vorrangig zu leisten. Für die Witwenrente seien daher keine Entgeltpunkte nach dem FRG zu berücksichtigen. Deshalb könne die große Witwenrente nicht ausgezahlt werden.

In ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Klägerin auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 30. August 2001 hin (B 4 RA 118/00 R) und bat um Überprüfung ihres Auszahlungsanspruchs. Mit Bescheid vom 17. Juli 2002 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Ihrem Begehren, die Witwenrente unter Außerachtlassung von § 22 b FRG auszuzahlen, könne nicht entsprochen werden. § 22 b FRG begrenze die auf dem FRG beruhenden Rentenanteile auf einen Höchstwert. Dieser betrage 25 Entgeltpunkte pro Berechtigtem. Beziehe ein Berechtigter mehrere Renten, seien die Entgeltpunkte aus dem FRG-Anteil der Rente mit dem höheren Rentenartfaktor vorrangig zu berücksichtigen. Weil die Klägerin erst am 17. Dezember 2000 zugezogen sei, gelte die Übergangsbestimmung aus Art. 6 § 4 b des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) für sie nicht. Die Witwenrente könne im Falle der Klägerin weder berechnet noch gezahlt werden, weil ausschließlich Entgeltpunkte für rentenrechtliche Zeiten nach dem FRG ermittelt worden seien, die bereits vorrangig aus der Altersrente der Klägerin zu leisten seien. Die Altersrente habe den Rentenartfaktor 1,0 und die Witwenrente einen solchen von 0,6. Deshalb seien die für anrechenbare Zeiten nach dem FRG ermittelten Entgeltpunkte vorrangig bei der eigenen Altersrente der Klägerin zu berücksichtigen. Weil hier bereits der Höchstwert von 25 Entgeltpunkten berücksichtigt worden sei, verblieben für die Witwenrente keine Entgeltpunkte mehr, aus denen eine Zahlung geleistet werden könnte. Dem anders lautenden Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 30. August 2001 werde über den Einzelfall hinaus nicht gefolgt.

Mit der am 26. August 2002 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie nimmt nach wie vor Bezug auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 30. August 2001 (B 4 RA 118/00 R), in welchem unmissverständlich klargestellt worden sei, dass aufgrund der besonderen Funktion der Witwenrente § 22 b Abs. 1 FRG nicht eingreife, wenn eine solche mit einem Recht auf Rente aus eigener Versicherung zusammentreffe. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte trotz der Eindeutigkeit dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung ihren Anspruch nicht anerkenne.

Hierauf hat die Beklagte im Wesentlichen erwidert: Der Auffassung des 4. Senats des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 30. August 2001 könne nicht gefolgt werden. Angesichts des eindeutigen Wortlauts von § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG ("Für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz werden für einen Berechtigten höchstens 25 Entgeltpunkte zugrunde gelegt.") sei nicht ersichtlich, warum keine Anwendung auf Hinterbliebenenrenten erfolgen solle. Das Gesetz beinhalte keinerlei Beschränkungen auf Versichertenrenten. Der Begriff des "Berechtigten" bezeichne ganz allgemein Personen, für die die Regelungen des FRG bzw. FANG anwendbar seien und umfasse auch Hinterbliebene. Im Falle der Klägerin komme noch hinzu, dass weder Anspruch noch Höhe einer Witwenrente aus einer Versichertenrente abgeleitet werden könnten. Der Ehemann der Klägerin sei bereits im Herkunftsland verstorben. Er habe nicht zum Personenkreis der Vertriebenen oder Spätaussiedler gehört und habe keinerlei Rentenansprüche gehabt. Mit seinen ausschließlich fremden Versicherungszeiten habe er in keiner Beziehung zur deutschen Rentenversicherung gestanden. Demzufolge gebe es keine Versichertenrente, aus der sich für die Klägerin als Witwe ein Hinterbliebenenrentenanspruch ableiten lasse. Dass der Klägerin dennoch eine Witwenrente zugesprochen worden sei, sei eine Besonderheit des Fremdrentenrechts, die sich aus dem Aufbau des FRG ergebe. Als Spätaussiedlerin habe die Witwe nach § 1 a FRG die Anwendung der FRG-Regelungen für sämtliche Leistungen der Rentenversicherung beanspruchen und damit einen eigenständigen Anspruch auf Witwenrente erwerben können. Mit der Einführung des für den vorliegenden Fall noch nicht einschlägigen § 14 a FRG zum 1. Januar 2002 sei diese Möglichkeit der über die Unterhaltsersatzfunktion hinausgehenden Witwenrentenansprüche inzwischen ausgeschlossen worden. § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG beziehe den Höchstwert von 25 Entgeltpunkten nicht auf die jeweilige Rente, sondern auf die Person. Deshalb seien mehrere Rentenansprüche eines Berechtigten zusammen auf diesen Höchstwert zu begrenzen. Eine Beschränkung des § 22 b Abs. 1 FRG auf die Versichertenrente würde dazu führen, dass die Klägerin höhere Leistungen erhielte als andere Einzelpersonen. Dies sei mit der Regelungsabsicht des § 22 b FRG nicht vereinbar.

Die Klägerin hat hierauf im Wesentlichen entgegnet: Es verstoße gegen Art. 3 und Art. 6 Grundgesetz (GG), eine Witwe eines Vertriebenen wegen ihrer Ehe mit diesem zu diskriminieren. Fehlerhaft sei auch die Annahme, sie würde gegebenenfalls mehr erhalten als andere Personen. Sie sei immerhin Witwe und habe Anspruch auf eine Witwenrente. Würde ihr Ehemann eine eigene Rente erhalten, so würde er auch dazu beitragen, einen Teil des Unterhalts zu sichern. Durch die Witwenrente sei gerade dieser Teil gedeckt, so dass das Argument, sie stehe besser als andere Einzelpersonen, nicht akzeptabel sei. In ihrem Falle komme noch dazu, dass die Witwenrente von der Beklagten bewilligt worden sei. Daher müsse sie auch ausgezahlt werden. Die Nichtauszahlung verstoße gegen Art. 14 GG. Die Beklagte habe sich an die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30. August 2001 zu halten.

Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 28. Juli 2003 abgewiesen und zur Begründung, wegen deren Einzelheiten auf die Gerichtsakte Bezug genommen wird, im Wesentlichen ausgeführt: Die Kammer folge dem Urteil des BSG vom 30. August 2001 (B 4 RA 118/00 R) nicht. Sie orientiere sich dabei im Wesentlichen an Sinn und Zweck von § 22 b FRG. Mit der Einführung einer starren Obergrenze von 25 Entgeltpunkten habe der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, eine Grundsicherung zu gewährleisten. Mit § 22 b FRG sei ein Systemwechsel erfolgt; statt der Eingliederung verfolge das FRG nun das Ziel der Existenzsicherung für die ohne deutsche Rentenansprüche eingereisten Spätaussiedler. Deshalb müsse die Begrenzungsregelung in § 22 b FRG auf alle Rentenansprüche eines Berechtigten, also auch auf Hinterbliebenenrenten, anwendbar sein. Dem Gesetzeszweck widerspräche es, der ohne den verstorbenen Versicherten alleine in die BRD übersiedelten Klägerin zusätzlich zu ihrer Existenzsicherung, die sie bereits über ihre eigene Versichertenrente erhalte, noch eine Hinterbliebenenrente zu zahlen. Sie habe nicht automatisch einen höheren Existenzsicherungsbedarf, nur weil sie früher – vor ihrer Übersiedlung – verheiratet gewesen sei. Die Funktion der Hinterbliebenenrente sei der Ersatz für die weggefallenen Unterhaltszahlungen des Ehemannes, mithin also die Ermöglichung der Beibehaltung des bisherigen Lebensstandards, hingegen nicht die Existenzsicherung. Aufgrund des Todes des Versicherten noch in Kasachstan sei ein Unterhaltswegfall in Deutschland und damit ein Absinken des Lebensstandards der Klägerin in Deutschland nicht zu befürchten. Für die von der Kammer vorgenommene Auslegung spreche zudem die Verteilungsregelung in § 22 b Abs. 1 Satz 3 FRG. Danach seien Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenfaktor vorrangig zu berücksichtigen. Die Aufnahme dieser Verteilungsregelung sei nur unter dem Gesichtspunkt sinnvoll, dass die Begrenzungsregelung sowohl bei der Kumulation von Versicherungsrenten als auch beim Zusammentreffen einer Versichertenrente mit einer Hinterbliebenenrente anwendbar sei. Weil die Klägerin bereits eine Rente aus eigener Versicherung mit 25 Entgeltpunkten und einem Rentenartfaktor von 1,0 erhalte, seien Entgeltpunkte aus der Hinterbliebenenrente mit dem Rentenartfaktor 0,6 nicht mehr zu berücksichtigen, weshalb die Klägerin keinen Anspruch auf Auszahlung der Hinterbliebenenrente habe.

Gegen das ihren Bevollmächtigten am 14. August 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15. September 2003 (Montag) Berufung eingelegt. Zur Begründung vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen. Angesichts von Art. 3 GG sei nicht ersichtlich, warum der Anspruch eines Hinterbliebenen ohne Spätaussiedlerstatus höher sein sollte als der Anspruch eines Hinterbliebenen (wie der Klägerin) mit einem solchen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Juli 2003 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2002 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, die ihr zuerkannte große Witwenrente nach dem verstorbenen Versicherten Gohne Begrenzung auf insgesamt 25 Entgeltpunkte zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das mit der Berufung angegriffene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben schriftlich ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte zum Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes L 5 B 81/03 RA ER sowie der Akte des Versicherten G(Vers.-Nr. ) Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Entscheidungsfindung war.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig, hat aber keinen Erfolg. In seiner Entscheidung vom 28. Juli 2003 beurteilt das Sozialgericht die Sach- und Rechtslage zutreffend. Die Klägerin hat unter Berücksichtigung von § 22 b Abs. 1 FRG keinen Anspruch auf Auszahlung der ihr dem Grunde nach zuerkannten großen Witwenrente nach ihrem verstorbenen Ehemann G. Die Begrenzung der anrechenbaren Zeiten nach dem Fremdrentengesetz auf 25 Entgeltpunkte (§ 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG) findet auch dann Anwendung, wenn ein Begünstigter neben einem Recht aus eigener Versicherung ein abgeleitetes Recht auf Hinterbliebenenrente hat. Die Beklagte hat daher zutreffend entschieden, der Berechnung des Geldwertes der Witwenrente nach § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG 0,0 Entgeltpunkte zugrunde zu legen, weil bereits für die eigene Altersrente der Klägerin 25 Entgeltpunkte berücksichtigt worden sind. Das folgt aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte, systematischer Interpretation sowie Sinn und Zweck der Regelung. Rechte von Verfassungsrang sind dadurch nicht verletzt.

Schon der Wortlaut des § 22 b Abs. 1 FRG (in der Fassung des Gesetzes vom 25. September 1996, BGBl. I S. 1461) legt es nahe, die Norm beim Zusammentreffen von Renten aus eigener Versicherung und Hinterbliebenenrenten anzuwenden. Die Vorschrift lautet, soweit hier von Bedeutung:

"(1) Für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz werden für einen Berechtigten höchstens 25 Entgeltpunkte der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten zugrundegelegt ( ...) Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor sind vorrangig zu berücksichtigen. (2) ( ...) (3) Bei Ehegatten und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, werden höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 ergebenden Entgeltpunkte zueinander stehen, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten."

§ 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG spricht damit nicht von einem "Versicherten", sondern von einem "Berechtigten", zudem wird der Begriff "Entgeltpunkte" und nicht etwa "persönliche Entgeltpunkte" verwendet. Auch passt der Begriff der "anrechenbaren Zeiten" gleichermaßen zu Versicherten wie zu Hinterbliebenen. So setzt der Anspruch auf große Witwenrente (§ 46 Abs. 2 Satz 1 SGB VI) u.a. voraus, dass der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Hierzu bedarf es gegebenenfalls anrechenbarer Zeiten (§ 51 SGB VI) nach dem FRG. Zutreffend hat die Beklagte auch darauf verwiesen, dass die Begriffe "anrechenbare Zeiten" und "Entgeltpunkte" dem SGB VI entnommen sind, weil auch die Höhe (der Betrag) einer Rente mit versicherungsrechtlich relevanten Zeiten nach dem FRG nach den allgemeinen Regeln der §§ 64 ff. SGB VI bestimmt wird.

Bereits die Entstehungsgeschichte der Norm spricht für diese Auslegung. § 22 b FRG ist durch Art. 3 Nr. 5 des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz – WFG – ) vom 2. September 1996 (BGBl. I S. 1461) rückwirkend ab 7. Mai 1996 (Art. 12 Abs. 2 WFG) in das FRG eingefügt worden. Für Berechtigte, die – wie die am 17. Dezember 2000 zugezogene Klägerin – ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nach dem 6. Mai 1996 genommen haben (Art. 6 § 4 b des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes – FANG – in der Fassung des Art. 4 Nr. 4 WFG), sind danach nur noch deutlich reduzierte Rentenleistungen für ihr im Herkunftsland zurückgelegtes Erwerbsleben vorgesehen. Der Gesetzgeber hat bereits bei den allgemeinen Ausführungen zu den Änderungen des FRG durch das WFG in den Gesetzesmaterialien betont, "die Rente nach dem FRG" solle "für Personen, die künftig zuziehen, höchstens in Orientierung an der Höhe der Eingliederungshilfe geleistet werden" (BT-Drucks. 13/4610, S. 19). Dementsprechend heißt es zu § 22 b in der Fassung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 13/4610, S. 28): "Durch die Vorschrift wird der Rentenanteil aus Zeiten nach dem FRG für Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt ab dem 15. Mai 1996 in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben oder noch nehmen, an der Höhe der Eingliederungshilfe ... orientiert." Nichts anderes ergibt die Begründung zur Einfügung des Absatzes 1 Satz 2 in § 22 b FRG im Gesetzbegebungsverfahren (BT-Drucks. 13/5108, S. 15): "Durch die Änderung wird sichergestellt, dass auch für Entgeltpunkte, die der knappschaftlichen Versicherung zugeordnet werden, die angestrebte Begrenzung auf den Wert von maximal 25 Entgeltpunkte der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten erreicht wird. Die Versicherungszugehörigkeit wird nicht berührt." Damit ging der Gesetzgeber davon aus, unabhängig von der Art der Rente den Rentenanteil aus FRG-Zeiten auf 25 Entgeltpunkte für Alleinstehende zu beschränken. Das bestätigt auch die Gesetzesbegründung zu § 14 a FRG (eingeführt durch Art. 11 Nr. 1 Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21.03.2001, BGBl. I S. 403). Dort ist ausgeführt (vgl. BT-Drucks. 14/4595, S. 78), die Auswirkungen (des § 14 a) auf nach dem 6. Mai 1996 zugezogene Personen würden dadurch begrenzt, dass in diesen Fällen der Rentenanteil aus FRG-Zeiten bereits auf einen an der Eingliederungshilfe orientierten Betrag von 25 Entgeltpunkten für Alleinstehende beschränkt sei. Die Regelung werde aber auch hier dazu beitragen, unbillige Ergebnisse in Fällen zu vermeiden, in denen ein erheblicher Teil der Versichertenrente des überlebenden Ehegatten auf hiesigen Versicherungszeiten beruhe, so dass diese 25 Entgeltpunkte ohne die vorliegende Regelung weitgehend mit FRG-Zeiten aus einer Hinterbliebenenrente aufgefüllt werden könnten.

Die systematische Auslegung der Norm ergibt nichts anderes. § 22 b Abs. 1 FRG begrenzt "für einen Berechtigten" die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz auf höchstens 25. § 22 b Abs. 3 FRG bestimmt demgegenüber, dass bei Ehegatten und in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden. In solchen Fällen will der Gesetzgeber berücksichtigen, dass die zusammenlebenden Personen Kosten der Haushaltsführung einsparen. Deshalb sollen sie zusammen Leistungen nur nach maximal 40 Entgeltpunkten erhalten, entsprechend dem 1,6-fachen der Eingliederungshilfe (vgl. auch BT-Drucks. 13/4610, S. 28). Die höchstens insgesamt 40 Entgeltpunkte werden nach § 22 b Abs. 3 Satz 2 FRG auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden Entgeltpunkte zueinander stehen, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für einen Berechtigten. Wenn schon für Ehegatten eine Beschränkung auf maximal 40 Entgeltpunkte als Maß der Existenzsicherung festgesetzt ist, muss erst recht nach dem Tod des einen Berechtigten die Beschränkung greifen, und zwar so, dass er nur wie ein Alleinstehender Leistungen beziehen kann (vgl. auch LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 12.12.2002, L 5 KN 2/02; LSG NRW, Urteil vom 30.07.2003, L 8 RJ 64/03; LSG NRW, Urteil vom 26. Februar 2004, L 2 KN 42/03). Es wäre widersprüchlich und unbillig, sich bei der Höchstgrenze für Eheleute unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit in zulässiger Typisierung an dem gegenüber Alleinstehenden geringeren Bedarf der Eheleute zu orientieren (vgl. dazu BSG, Urteil vom 3. Juli 2002, B 5 RJ 22/01 R, SozR 3 - 5050 § 22 b FRG Nr. 3), bei alleinstehenden Hinterbliebenen aber keine bedarfsorientierte Betrachtung vorzunehmen mit der Folge, dass Ehegatten rentenrechtlich durch den Tod des Ehepartners auf einmal besser gestellt wären.

§ 22 b Abs. 1 FRG auch beim Zusammentreffen von Versicherten- und Hinterbliebenenrenten anzuwenden, wird auch Sinn und Zweck der Regelung gerecht. § 22 b FRG ist Ausdruck eines generell vollzogenen Systemwechsels vom Eingliederungsprinzip hin zu einer bloßen Fürsorgeleistung im Sinne einer Grundsicherung durch die Rentenversicherung (vgl. BSG a.a.O.; Urteil vom 30. August 2001, B 4 RA 87/00 R, SozR 3 - 5050 § 22 b FRG Nr. 1, S. 29; Urteil vom 1. Dezember 1999, B 5 RJ 26/98 R, SozR 3 - 5050 § 22 FRG Nr. 7, S. 25 f.). Handelt es sich aber bei der Versichertenrente für Spätaussiedler ihrer Art nach um eine Fürsorgerente, so wäre es nicht plausibel, an diejenigen, die vom Anknüpfungspunkt der Höchstbegrenzung der Fürsorgerente - den nach dem FRG anrechenbaren Zeiten - noch weiter entfernt sind als die Versicherten selbst, nämlich ihre Hinterbliebenen, keine Fürsorgerente zu leisten, sondern bei ihnen das vom Gesetzgeber aufgegebene Einliederungsprinzip neu zu beleben.

Dieses Verständnis der Norm und ihre Anwendung auch auf Fälle wie den vorliegenden entspricht schließlich dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers. Durch Art. 9 Nr. 2 des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung – RV-Nachhaltigkeitsgesetz – vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1791) hat § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG folgende Fassung erhalten:

"Für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz werden für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten zugrunde gelegt."

Nach den Gesetzesmaterialien soll damit – und zwar ausdrücklich entgegen der noch zu behandelnden Rechtsprechung des BSG u.a. in seinem Urteil vom 30. August 2001 (B 4 RA 118/00 R) – "klargestellt werden", dass auch für einen einzelnen Berechtigten mit Anspruch auf eine eigene Versichertenrente und auf eine Hinterbliebenenrente der Höchstwert für alle seine Renten insgesamt auf 25 Entgeltpunkte begrenzt wird und sichergestellt ist, dass alleinstehende Berechtigte mit mehreren Renten weiterhin eine Rentensumme erhalten, die sich an der Höhe der Eingliederungshilfe orientiert. Dass es sich hierbei nicht um eine Gesetzesänderung, sondern um eine "authentische Interpretation" der ursprünglichen Regelungsabsicht handelt, hat der Gesetzgeber mit Nachdruck hervorgehoben und folgerichtig dadurch unterstrichen, dass die Neufassung des § 22 b FRG gemäß Art. 15 Abs. 3 des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes wie die ursprüngliche Fassung rückwirkend am 7. Mai 1996 in Kraft getreten ist (vgl. BT-Drucks. 15/2149 S. 31, 32).

Die dargestellte umfassende Auslegung des § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG, die dem erklärten und bekräftigten Willen des Gesetzgebers und der Praxis der Rentenversicherungsträger entspricht, ist auch nicht verfassungswidrig und bewirkt insbesondere keine Grundrechtsverletzung. Zu Recht hat sich die Klägerin von vornherein nicht auf Art. 116 GG berufen, da aus dieser Norm kein sozialrechtlicher Anspruch folgt, in der gesetzlichen Rentenversicherung FRG-Zeiten wie im Bundesgebiet zurückgelegte Beitragszeiten anzurechnen. Das sogenannte Eingliederungsprinzip, welches das Fremdrentenrecht lange Zeit prägte, hat keinen Verfassungsrang (vgl. BSG, Urteil vom 3. Juli 2002, B 5 RJ 22/01 R, SozR 3 - 5050 § 22 b FRG Nr. 3; BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 1977, 1 BvL 17/73, BVerfGE 43, 213, 226 = SozR 5050 § 22 FRG Nr. 5, S. 11). Dabei berücksichtigt der Senat, dass dem Sozialstaatsgebot hinreichend Rechnung getragen worden ist. Die Leistungen auf der Grundlage des FRG sind auch für Neuzuzügler seit dem 7. Mai 1996 unabhängig von der konkreten finanziellen Situation der Berechtigten zu gewähren. Zudem sind die Berechtigten - wie andere Personen mit einer Rentenberechtigung auch - durch das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) geschützt (vgl. BSG, Urteil vom 3. Juli 2002, a.a.O.; Urteil vom 30. August 2001, a.a.O.). Ein Anspruch auf weitergehende Leistungen, insbesondere eine dem konkreten Bedarf angemessene Leistung aus der Rentenversicherung, ergibt sich aus dem Sozialstaatsgebot nicht. Denn das Sozialstaatsgebot zwingt den Staat lediglich, Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger zu schaffen. Im Übrigen obliegt es der Entscheidung des Gesetzgebers, auf welche Weise und in welchem Umfang er unter Berücksichtigung der vorhandenen Mittel und anderer gleichwertiger Staatsaufgaben soziale Hilfe gewährt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1990, 1 BvL 20, 26/84, 4/86, BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3 - 5870 § 10 Nr. 1, S. 5 [Kindergeldkürzung]).

Eine Verletzung von Art. 14 GG ist ebenfalls nicht ersichtlich. Es erscheint schon fraglich, ob das Eingliederungsprinzip bei Statusdeutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG eine durch versicherungspflichtige Beschäftigung im Ausland erworbene Rechtsposition in eine durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte rentenversicherungsrechtliche Rechtsposition transformiert hat (vgl. BSG, Urteil vom 1. Dezember 1999, B 5 RJ 26/98 R, SozR 3 - 5050 § 22 FRG Nr. 7, S. 26 ff.). Auch in diesem Fall stünde aber der Grundrechtsschutz aus Art. 14 GG dem Statusdeutschen erst nach Aufnahme in Deutschland zu. § 1 Buchst. a FRG setzt für die Anwendung des FRG auf Spätaussiedler deren Anerkennung voraus, die wiederum von der Begründung des ständigen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland abhängt (§ 4 Abs. 1 BVFG; vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 23.06.1999, B 5 RJ 44/98 R, SozR 3 - 5050 § 1 FRG Nr. 4, S. 11 f.). Da durch Art. 14 Abs. 1 GG allein der konkret vorhandene Bestand einer eigentumsgleichen Rechtsposition im Zeitpunkt der zu prüfenden gesetzgeberischen Maßnahme geschützt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 1987, 1 BvR 1052/79, BVerfGE 74, 129, 148), könnte sich die Klägerin daher auf eine derartige nur durch die Eingliederung begründete Rechtsposition schon deshalb nicht berufen, weil sie vor ihrem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland keine derartige Rechtsposition gegenüber der deutschen Rentenversicherung erwerben konnte und zum Zeitpunkt ihres Zuzugs das Rentenrecht in der Ausgestaltung vorgefunden hat, die es durch das WFG erhalten hat (vgl. BSG, Urteil vom 3. Juli 2002, a.a.O. sowie Urteil vom 30. August 2001, a.a.O.). Das gilt entsprechend auch für die Frage, ob der Gesetzgeber durch das WFG gegenüber den ab dem Stichtag (7. Mai 1996) zugezogenen Spätaussiedlern das aus dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzgebot abzuleitende Rückwirkungsverbot verletzt haben könnte. Dieses setzt nach der Rechtsprechung des BVerfG überhaupt nur ein, wenn durch neue gesetzliche Vorschriften auf (vorrangig grundrechtlich) geschützte Rechtspositionen eingewirkt wird, sei es in Form einer "echten", verfassungsrechtlich nur ausnahmsweise zulässigen, oder in Form einer sogenannten "unechten", unter leichteren Voraussetzungen zulässigen Rückwirkung (vgl. BSG, Urteil vom 3. Juli 2002, a.a.O.). Daran fehlt es. Solange sich die Klägerin noch in Kasachstan aufhielt, stellten sich ihre nach einer späteren Übersiedlung möglichen Ansprüche nach dem FRG vielmehr als bloße Hoffnung oder Chance dar. Ein schützenswertes Vertrauen auf volle Eingliederung in das Rentenversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland bestand nicht.

Auch aus der dem Grunde nach erfolgten Anerkennung der großen Witwenrente folgt kein eigentumsgleiches Recht, diese Rente auch ohne Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte ausgezahlt zu bekommen. Durch die in dem angefochtenen Bescheid gleichzeitig enthaltene Regelung, dass nur 0,0 Entgeltpunkte zugrunde zu legen seien, ist der Klägerin nämlich von vornherein kein geschützter Besitzstand erwachsen, sondern nur ein "leeres Recht".

Die Ungleichbehandlung der Klägerin als Neuzuzüglerin gegenüber allen in der Bundesrepublik Deutschland in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Personen und Rentnern im Beitrittsgebiet sowie gegenüber Spätaussiedlern, die vor dem 7. Mai 1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben, ist nicht verfassungswidrig. Sie liegt darin, dass der den Neuzuzüglern durch das FRG i.d.F. des WFG zugewiesene Rentenanspruch sich - wie dargelegt - an der Eingliederungshilfe des Arbeitsförderungsrechts orientiert, so dass die konkrete Ermittlung von Entgeltpunkten nach § 22 Abs. 1 und 2 FRG und die in § 22 b FRG vorgesehenen Kürzungen dieser Entgeltpunkte im Zusammenhang nur noch der Feststellung dienen, ob im Einzelfall eine Rentenhöhe auf der Grundlage von weniger als 25 Entgeltpunkten für Alleinstehende in Betracht kommt.

Die speziellen Gleichbehandlungsgebote des Art. 33 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 3 GG, die dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vorgehen, sind nicht berührt. Nach Art. 33 Abs. 1 GG hat jeder Deutsche in jedem Land die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. Danach sind nur Ungleichbehandlungen verboten, für welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Bundesland maßgebend ist. Eine derartige Differenzierung nimmt § 22 b FRG nicht vor. Die Vorschrift beruht auch nicht auf einer verfassungswidrigen Benachteiligung wegen der Heimat oder Herkunft als einem nach Art. 3 Abs. 3 GG unzulässigen Differenzierungskriterium. Das SGB VI erkennt als Beitragszeiten nur solche Zeiten an, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind oder nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 SGB VI); die Ungleichbehandlung von Personen, die keine Beiträge nach Bundesrecht gezahlt haben, und solchen, bei denen dies der Fall ist, hat ihre Ursache daher nicht in ihrer Herkunft, sondern in unterschiedlichen Versicherungsverläufen. Insofern bevorzugt das Fremdrentenrecht Spätaussiedler gegenüber Deutschen, die ihr Arbeitsleben im Ausland außerhalb der Vertreibungsgebiete in Ländern verbracht haben, mit denen keine Sozialversicherungsabkommen bestehen (vgl. BSG, Urteil vom 3. Juli 2002, a.a.O.; Urteil vom 30. August 2001, B 4 RA 87/00 R, SozR 3 - 5050 § 22 b FRG Nr. 1, S. 15).

Auch der allgemeine Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Der allgemeine Gleichheitssatz verlangt, dass die rechtliche Unterscheidung in sachlichen Gründen eine ausreichende Stütze findet. Dabei ist es Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche einzelnen Elemente eines zu regelnden Lebenssachverhaltes er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansehen will; Grenzen ergeben sich aus dem Willkürverbot, bei personenbezogenen Unterscheidungen weitergehend auch aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Dabei ist der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers weiter bemessen, wenn Regelungen zur Beseitigung der beim Zusammenbruch des Deutschen Reiches vorhandenen Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand und zur Beseitigung sonstiger Kriegsfolgelasten betroffen sind (BVerfG, Beschluss vom 12. November 1996, 1 BvL 4/98, BVerfGE 95, 143, 155). Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art oder solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können; Entsprechendes gilt für eine Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Bei Beachtung dieser Grundsätze verstößt § 22 b Abs. 1 FRG nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil für den mit der Regelung generell vollzogenen Systemwechsel zu einer bloßen Fürsorgeleistung im Sinne einer Grundsicherung durch die Rentenversicherung hinreichende sachliche Gründe vorlagen. Der Gesetzgeber ging davon aus, das Ziel des FRG, die Vertriebenen und Spätaussiedler, die infolge der Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges ihre soziale Sicherung in den Herkunftsländern verloren hatten, in das Rentenversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland einzugliedern, sei weitgehend erreicht worden und eine Beibehaltung der auf dieses Ziel hin für einen Übergangszeitraum konzipierten, ein hohes Rentenniveau sichernden Regelung über 50 Jahre nach Kriegsende sei sachlich nicht mehr zu rechtfertigen; einschränkende Regelungen erschienen auch zur Erhaltung der Akzeptanz der Leistungen nach dem FRG erforderlich (vgl. BT-Drucks. 13/4610, S. 19). Dabei ging es dem Gesetzgeber darum, die Rentenversicherung zur Vermeidung einer sonst in erheblichem Umfang erforderlichen Beitragserhöhung durch Leistungskürzungen zu entlasten, indem insbesondere Leistungen zurückgeführt wurden, die nicht durch Beiträge gedeckt sind und die im Hinblick auf die Beitragsbezogenheit der Rente sowie die angespannte Gesamtlage der Rentenversicherung und die damit verbundene Notwendigkeit zu Einsparungen als unangemessen erscheinen konnten (BT-Drucks. 13/4610, S. 18). In diesem Zusammenhang war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, die Leistungen der Rentenversicherung für Spätaussiedler von dieser Zielsetzung auszunehmen, und er durfte insbesondere für Neuzuzügler die Alterssicherung auch grundsätzlich anders ausgestalten als für den von der bisherigen Regelung begünstigten Personenkreis (vgl. BSG, Urteile vom 3. Juli 2002, a.a.O.; vom 30. August 2001, a.a.O.). Der für die Neuregelung gewählte Stichtag (7. Mai 1996) knüpft sachlich gerechtfertigt an den Zeitpunkt der Kabinettsentscheidung über die Einbringung des WFG und die darauf folgende Unterrichtung der Öffentlichkeit an; damit verbundene Härten sind hinzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 1. Dezember 1999, a.a.O.). Auch die Ungleichbehandlung der nach dem FRG berechtigten Spätaussiedler gegenüber Rentnern im Beitrittsgebiet ist nicht sachwidrig. Die Gründe, welche das Eingliederungsprinzip für Übersiedler aus der DDR in die alte Bundesrepublik getragen und gerechtfertigt hatten, waren mit der Herstellung der deutschen Einheit entfallen (BVerfG, Beschluss vom 12. August 1996, 1 BvL 4/88, BVerfGE 95, 143, 157). Mit der Berücksichtigung von in der DDR zurückgelegten Versicherungszeiten folgt das SGB VI der Zielsetzung des Einigungsvertrages, nämlich im Bundesgebiet nach dem Beitritt einheitliche Lebensverhältnisse in Gestalt auch eines einheitlichen Rentenrechts zu schaffen; die in der Rentenversicherung der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften werden dabei aufgrund und nach Maßgabe des Einigungsvertrages in die bundesdeutsche Rentenversicherung überführt. Eine vergleichbare Ausgangslage, Zielsetzung oder Zusicherung besteht hinsichtlich der von Spätaussiedlern in ihren Herkunftsgebieten erworbenen Rentenansprüche nicht (vgl. BSG, Urteil vom 3. Juli 2002, a.a.O.; Urteil vom 1. Dezember 1999, a.a.O.; Urteil vom 9. September 1998, B 13 RJ 5/98 R, SozR 3 - 5050 § 22 FRG Nr. 6, S. 17).

Auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 6 GG kommt nicht in Betracht. Nimmt der Gesetzgeber Differenzierungen vor, die zum Nachteil von Ehe und Familie wirken, so verpflichtet ihn Art. 6 Abs. 1 GG, den besonderen Schutz zu beachten, den der Staat Ehe und Familie schuldet (BVerfG, Urteil vom 17. November 1992, 1 BvL 8/87, BVerfGE 87, 234, 256). Eheleute dürfen nicht deswegen schlechter als Ledige gestellt werden, nur weil sie verheiratet sind; unabhängig davon kann die eheliche Lebensgemeinschaft aber Anknüpfungspunkt für eine zulässige Differenzierung bei staatlichen Leistungen sein, wenn sich aus der Natur der geregelten Lebensverhältnisse einleuchtende Sachgründe für die Differenzierung ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 1987, 1 BvL 4, 6/84, BVerfGE 75, 982, 93). Indem der Gesetzgeber im Rahmen des § 22 b Abs. 1 FRG generell einen Systemwechsel zu einer bloßen Fürsorgeleistung vollzogen hat, die alle "Berechtigten" trifft, hat er bei Alleinstehenden keine Regelungen geschaffen, die zum Nachteil von Ehe und Familie wirken. Das gilt auch, wenn Hinterbliebenenleistungen insoweit einbezogen werden. Denn die Obergrenze der Fürsorgeleistung gilt einheitlich für alle Betroffenen. Da aber selbst die einschränkende Regelung des § 22 b Abs. 3 FRG nicht gegen Art. 3 GG i.V.m. Art. 6 GG verstößt, weil sich die Höchstgrenze für Eheleute unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit in zulässiger Typisierung an dem gegenüber Alleinstehenden geringeren Bedarf der Eheleute orientiert, ist erst recht nichts gegen die einheitliche Grenze im Rahmen des § 22 b Abs. 1 FRG einzuwenden.

Soweit demgegenüber der 4. Senat des BSG (Urteil vom 30. August 2001, B 4 RA 118/00 R, SozR 3 – 5050 § 22 b Nr. 2; vgl. auch - ihm folgend - LSG NW, Urteil vom 26. August 2003, L 18 KN 27/03; LSG BW, Urteil vom 1. Juli 2003, L 11 RJ 511/03; LSG Brandenburg, Urteil vom 26.08.2003, L 2 RJ 78/03) in den nicht überzeugenden Gründen seiner Entscheidung hervorgehoben hat, der Wert von Hinterbliebenenrenten beruhe nicht auf einer individuellen Rangstellung und dem Maß, in dem der Rentner selbst während seiner aktiven Erwerbsphase im jährlichen Vergleich mit den zeitgleich Versicherten zum damaligen Beitragsaufkommen beigetragen habe, sie leiteten sich vielmehr entsprechend ihrer anders gearteten Funktion, Ersatz für den Unterhalt durch den Verstorbenen zu leisten, ohne eigene Vorleistung des Rentners nach den Gesichtspunkten des Unterhaltsersatzes aus der Rente des Versicherten ab, sind der eindeutige Wortlaut des § 22 b Abs. 1 FRG (so auch Verbandskommentar, Stand Januar 1998, Anm. 4.51 zu § 22 b FRG) sowie die Reichweite des Paradigmenwechsels vom Eingliederungsprinzip zur Fürsorgerente nicht hinreichend beachtet. Der Gesetzgeber hat, wie dargelegt, gerade nicht diesen Systemwechsel auf Versichertenrenten beschränkt, sondern ihn systemgerecht erst recht auch bei Hinterbliebenenrenten eingreifen lassen. Der Senat folgt diesem Urteil des Bundessozialgerichts daher nicht.

Die Ausführungen des 13. Senats des BSG in seinem Urteil vom 11. März 2004 (B 13 RJ 44/03 R) vermögen ebenso wenig zu überzeugen. Wie dargelegt, war es erklärte Absicht des Gesetzgebers bereits bei Schaffung der Änderungen des FRG durch das WFG im Frühjahr 1996, bei neu zuziehenden Spätaussiedlern das bisherige Eingliederungsprinzip durch eine Grundsicherung zu ersetzen, deren Höhe sich am regelmäßig deutlich niedrigeren Niveau der Eingliederungshilfe orientiert. Dass dies grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich ist, hat das BSG, wie oben zitiert, in mehreren Entscheidungen ausdrücklich bejaht. Es besteht auch nicht ansatzweise Grund zu der Annahme, dass der Gesetzgeber seinerzeit Hinterbliebene im Verhältnis zu ledigen oder geschiedenen Alleinstehenden durch Ausnahme von der Begrenzung mehrerer Renten mit FRG-Zeiten auf insoweit 25 Entgeltpunkte in einer Weise habe begünstigen wollen, die mit dem angestrebten Ziel einer bloßen Grundsicherung nicht in Einklang zu bringen wäre. Die Auffassung des BSG in dem zuletzt zitierten Urteil, dass neben der eigenen Rente aus höchstens 25 Entgeltpunkten auch die Hinterbliebenenrente – ebenfalls begrenzt auf 25 Entgeltpunkte – zu zahlen ist, wobei der Rentenartfaktor 0,6 dazu führt, dass der Witwe – "wie es § 22 b Abs. 3 FRG auch bei Eheleuten vorsieht" – insgesamt ein Anspruch auf zwei Renten mit einer Begrenzung auf höchstens 40 Entgeltpunkte zusteht, würde zum Ergebnis haben, dass ein Hinterbliebener finanziell so stehen würde wie das Ehepaar, also zwei Personen, gemeinsam vor dem Tod des einen Ehegatten.

Schließlich vermag der erkennende Senat auch nicht die Bedenken zu teilen, die der 13. Senat des BSG a.a.O. gegen die vom Gesetzgeber als bloße Klarstellung gewollte Neufassung des § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG durch Art. 9 Nr. 2 des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes geäußert hat. Das BSG hat in dieser seiner Entscheidung selbst eingeräumt, dass die bisherige Formulierung der Vorschrift "nicht eindeutig" gewesen sei. Das vom BSG sodann für sich in Anspruch genommene "objektive Normverständnis" lässt aber nicht nur dessen – enge – Auslegung zu, sondern auch die hier vertretene weitere, die der Praxis der Rentenversicherungsträger sowie mehreren obergerichtlichen Entscheidungen der Landessozialgerichte Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen entspricht und mit der Entstehungsgeschichte und der Systematik der 1996 vorgenommenen grundlegenden Änderungen des FRG weitaus besser in Einklang zu bringen ist, wie der Gesetzgeber in den Materialien zu der nun erfolgten "Klarstellung" in Sinne einer "authentischen Interpretation" seiner ursprünglichen Regelungsabsicht hervorgehoben hat. Es stellt sich deshalb auch nicht die vom BSG a.a.O. am Rande noch erwähnte Problematik einer echten Rückwirkung.

Aus Sicht etwa der Klägerin muss diese fehlende "Verlässlichkeit" der Rechtsprechung bedauerlich wirken, doch der erkennende Senat kann selbst bei Vorliegen einer mehrfach bestätigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht entgegen seiner eigenen rechtlichen Überzeugung entscheiden. Im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung war jedoch die Revision zuzulassen. Die Entscheidung des Senats weicht von den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 30. August 2001, B 4 RA 118/00 R, sowie vom 11. März 2004, B 13 RJ 44/03 R, ab und beruht auf dieser Abweichung (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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