S 11 KA 5005/03 Z

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 11 KA 5005/03 Z
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Wirtschaftlichkeitsprüfung bei den Bemaz-Nrn. 38 (N = Nachbehandlung
nach chirurgischem Eingriff) und 28 (VitE = Exstirpation der vitalen Pulpa);
2. Zur Festsetzung eines sonstigen Schadens bei Verordnung von
Intubationsnarkosen (ITN) durch den Vertragszahnarzt;
I. Der Bescheid vom 03.03.2003 wird aufgehoben, soweit dort ein sonstiger Schaden für die Durchführung von ITN festgesetzt wird.
II. Der Beklagte wird verpflichtet, insoweit über den Widerspruch der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte 3/4, die Klägerin 1/4.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten zum einen über Honorarkürzungen aus Anlass von Wirtschaftlichkeitsprüfungen in den Quartalen I/00 bis einschließlich IV/00 sowie darüber, ob die Klägerin verpflichtet ist, einen sonstigen Schaden für die Quartale I/00 bis IV/00 zu ersetzen.

Die Klägerin ist seit Juli 1997 als Vertragszahnärztin mit Praxissitz in Z. niedergelassen. Sie hat im 1. Quartal 2000 (I/00) 417, im 2. Quartal 2000 (II/00) 400, im 3. Quartal 2000 (III/00) 413 und im 4. Quartal 2000 (IV/00) 457 Fälle abgerechnet. Im Gesamtfallwert überschreitet sie den Durchschnitt der KZV um 73,6 % (I/00), 95,9 % (II/00), 86,4 % (III/00) und um 83,7 % (IV/00). Die Gebührenposition 38 (N = Nachbehandlung nach chirurgischem Eingriff, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich, als selbständige Leistung, je Sitzung) wurde von der Klägerin im Quartal I/00 396-mal, im Quartal II/00 405-mal, im Quartal III/00 322-mal und im Quartal IV/00 386-mal abgerechnet. Damit überschreitet sie den KZV-Durchschnitt um 560,0 % (I/00), um 664,2 % (II/00), um 507,6 % (III/00) und um 777,3 % (IV/00). Die Gebührenordnungsposition Nr. 28 (VitE = Exstirpation der vitalen Pulpa je Kanal) wurde von der Klägerin 40-mal (I/00), 26-mal (II/00), 39-mal (III/00) bzw. 20-mal (IV/00) abgerechnet. Damit überschreitet sie den KZV-Durchschnitt um 185,7 % (I/00), um 116,7 % (II/00), um 200,00 % (III/00) und um 100,0 % (IV/00). Die Klägerin hat im Zeitraum I/00 bis einschließlich IV/00 ferner 123 Behandlungen in Intubationsnarkose (ITN) durchgeführt.

Mit Antrag der Landesverbände/-vertretungen der sächsischen Krankenkassen und der kassenzahnärztlichen Vereinigung gem. § 11 Abs. 2 der Prüfvereinbarung Zahnärzte für den Freistaat Sachsen vom 20.03.2001 für die Quartale I/00 und II/00 bzw. vom 09.10.2001 für die Quartale III/00 und IV/00 wurde die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der vertragszahnärztlichen Versorgung gem. § 106 SGB V beantragt. Ferner hat die Beigeladene zu 2) mit Schreiben vom 14.02.2002 namens und im Auftrag aller Krankenkassenverbände den Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens nach § 15 f der Prüfvereinbarung für die von der Klägerin veranlassten Narkosen gestellt.

Im Rahmen des Prüfungsverfahrens nahm die Klägerin mit Schreiben vom 21.05.2001 Stellung und übersandte eine Liste aller ITN-Patienten der Quartale I/00 bis IV/00. In ihrer Stellungnahme verwies die Klägerin auf ihre umfangreiche Ausbildung, vor allem auf oralchirurgischem Gebiet mit Schwerpunkt ITN-Sanierung und Implantologie sowie Prothetik, Parodontologie und konservierende Behandlung. Sie betreibe die Zahnarztpraxis in einem Ärztehaus mit Fachärzten für HNO, Innere Medizin und Neurologie sowie einer Apotheke. Es existiere eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Kollegen. Durch ihre Ausbildung habe sie ihren Behandlungsschwerpunkt neben der konservierenden und prothetischen Behandlung auf die Chirurgie gelegt. Entsprechend des hohen Bedarfs an chirurgischen Leistungen einschließlich ITN-Behandlungen (vor allem Kinder, chronische Angstpatienten, Behinderte) habe sich ihre Praxis nicht nur als Bestellpraxis, sondern auch als Überweisungspraxis profiliert. Zurzeit würden ca. 15 Kollegen kontinuierlich an sie überweisen. Es handle sich bei dem oralchirurgischen Spektrum um normale dento-alveoläre Chirurgie. Ein hoher Anteil der Kollegen überweise aber gern Patienten zur Durchführung von Osteotomien, Germektomien, WSA im Seit- und Frontzahngebiet, Freilegungen von retinierten und verlagerten Zähnen etc. Die ITN-Behandlung erfolge bei Behinderten, behandlungsunwilligen Kindern, psychisch gestörten Patienten mit großem Angstpotential, aus Überweisungen von Zahnarztkollegen sowie von dem im Ärztehaus ansässigen Fachkollegen. Die Klägerin verwies darauf, dass meist fünf bis sechs normale Einzelbehandlungen notwendig seien, um eine ITN-Sitzung aufzuwiegen bzw. darauf, dass diese bei behandlungsunwilligen Kindern und Angstpatienten überhaupt nicht durchzuführen wären. Es ergäben sich durch die chirurgischen Leistungen auch kompensatorische Einsparungen da die Leistungen von ihr selbst durchgeführt und nicht an den Kieferchirurgen delegiert werden. Des Weiteren erfolge eine Kosteneinsparung von stationären Krankenhausaufenthalten durch die ambulante Durchführung von ITN.

Im Rahmen der Sitzung des Prüfungsausschusses am 24.04.2002 wurden die Einzelfälle, bei denen eine ITN-Behandlung vorgenommen wurde, besprochen. Mit Beschluss des Prüfungsausschusses (Bescheid vom 08.08.2002) wurde das Honorar für die konservierend-chirurgischen Leistungen (KCH) für die Quartale I/00 bis IV/00 wegen Unwirtschaftlichkeit bei der Gebührenposition 28 (VitE) und 38 (N) um 2.870,32 EUR gekürzt. Dabei setzte sich der Kürzungsbetrag so zusammen, dass hinsichtlich der Position 28 eine Umwandlung von 20 % der erbrachten Leistungen nach Nr. 28 in Leistungen nach Nr. 31 (Trep1) umgewandelt wurden und 30 % der von der Klägerin erbrachten Leistungen der Position 38 gekürzt wurden. Zur Position 49/50 (Exc1/2) sowie zu den Positionen 13c und 13d (F3/4) wurden Hinweise erteilt. Schließlich wurde ein sonstiger Schaden bei Verordnung der ITN in 71 der 123 geprüften Fälle festgesetzt in Höhe von 11.838,09 EUR. Zur Begründung führte der Prüfungsausschuss aus, die Klägerin führe zwar eine Zahnarztpraxis mit Behandlungsschwerpunkt Chirurgie. Sie sei dennoch mit allen übrigen zahnärztlichen Praxen des Landes Sachsen vergleichbar. Die Klägerin weise dasselbe Leistungsspektrum auf, wie die übrigen sächsischen Vertragszahnärzte. Sie sei weder Kieferchirurgin, noch Oralchirurgin, so dass kein Anlass dafür bestanden habe, eine engere Vergleichsgruppe zu bilden. Der oral-chirurgische Behandlungsschwerpunkt wurde als Praxisbesonderheit anerkannt. Der Prüfungsausschuss zog die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei den Einzelleistungspositionen bei 80 %. Er erläuterte die zugrunde liegende Zahnarzt-Statistik. Ferner wurden Einzelfälle beispielhaft zur vergleichenden Prüfung hinzugezogen. Bei der Position 28 (VitE) sei festzustellen, dass diese zum Teil nicht indikationsgerecht angewendet wurde. Die deutlich erhöhte Abrechnung der Position 28 sei darauf zurückzuführen, dass in zahlreichen Fällen die Indikation zum Ansatz der VitE überschritten gewesen sei. Es sei fast routinemäßig in der Folge der VitE jeweils ein- oder mehrfach die Med (= Medikamtentöse Einlage nach BemaZ-Nr. 34) abgerechnet worden. Die Position 34 (Med) sei im Falle der Wurzelbehandlung, die durch VitE eingeleitet wurde, nur im Ausnahmefall abrechnungsfähig. Wenn Leistungen nach Nr. 34 notwendig waren, sei daraus die Schlussfolgerung zulässig, dass es sich in der Mehrzahl der Fälle eher um Leistungen nach Nr. 31 (Trepanation eines pulpatoten Zahnes - Trep1) gehandelt habe. Mit der Umwandlung von 20 % werde gegenüber der Vergleichsgruppe ein wesentlicher Mehrbedarf zugebilligt und die Praxisbesonderheiten bei der Klägerin hinreichend gewürdigt. Trotz der Anerkennung der schwerpunktmäßig oral-chirurgischen Tätigkeit als Praxisbesonderheit sei auch die Nummer 38 über das Maß des Notwendigen hinaus berechnet worden. Jede Operation habe ca. 3 Nachbehandlungen nach sich gezogen. Der Mehraufwand, der sich aus der schwerpunktmäßigen chirurgischen Tätigkeit ergebe, wurde mit 70 % beziffert. Der Prüfungsausschuss ging dabei davon aus, dass größere operative Eingriffe eine Kontrolle des Heilungsverlaufs der Wunde erfordern können, insbesondere dann, wenn Wundheilungsstörungen erkannt werden, die rechtzeitig behandelt werden müssen. Lediglich bei größeren chirurgischen Maßnahmen könne eine laufende Nachkontrolle der Wunde innerhalb von Tagen oder Wochen sinnvoll sein. Dass aber in jedem Fall einer OP jeweils drei Nachbehandlungen angesetzt werden, sei nicht nachvollziehbar. Der Prüfungsausschuss sei zur Prüfung eines sonstigen Schadens zuständig. Die Beigeladene zu 2) habe einen Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens wegen verordneter Narkosen gestellt. Nach Auffassung des Prüfungsausschusses habe allein der Zahnarzt darüber zu entscheiden, ob aus zahnmedizinischen Gesichtspunkten eine Narkose angezeigt ist. Der hinzugezogene Anästhesist habe demgegenüber nur darüber zu befinden, ob der Patient narkosefähig ist oder nicht. Der Prüfungsausschuss hat die Indikationen der 71 beanstandeten Fälle geprüft und kam zu dem Ergebnis, dass die von der Klägerin aufgeführten Gründe nicht ausreichend seien, um die Behandlung in ITN durchzuführen. Allein die Feststellung einer "Dentophobie" oder die Anwendung der Narkose ohne medizinische Indikation rechtfertige nicht zur Durchführung der Behandlung in ITN. Nur bei einem geringen Anteil der geprüften 123 Fälle sei die Indikation zur Behandlung in ITN gegeben gewesen. Die Klägerin habe in der Mehrzahl der Fälle allein, weil insgesamt vier Germe oder Weisheitszähne zu entfernen waren und zusätzlich eingeschränkte Mundöffnung und verstärkter Würgereiz bestanden haben, eine Indikation zur ITN gesehen. Da in den einzelnen bezeichneten Fällen die Indikation zur Behandlung unter ITN nicht gegeben war, sei den Krankenkassen ein Schaden entstanden. Die entstandenen Regresssummen, die sich aus der Anlage 1 zum Prüfbescheid ergeben, seien den Krankenkassen zu erstatten.

Die Krankenkassen hatten gegenüber der Beigeladenen zu 1) die aus ihrer Sicht entstandenen Kosten schriftlich übermittelt. Dabei hat die Beigeladene zu 5), ebenso wie verschiedene Betriebskrankenkassen (Novitas Vereinigte BKK, BKK für Heilberufe) nur jeweils eine Schadenssumme genannt. Die Salus BKK hat für ihre Patientinnen Katharina P. und Tina W. eine Berechnung übermittelt, wobei sie verschiedene Gebührenpositionen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für Ärzte (EBM-Ä) addierte und mit dem Punktwert von 0,055388 DM multiplizierte. Die Beigeladene zu 2) hat die Schadenssummen unter Zugrundelegung des jeweils gültigen Punktwerts taxiert. Die Beigeladene zu 4) hat für die Ermittlung des Schadens ebenfalls die verschiedenen EBM-Ziffern (GOP Nr. 1, 462 etc. EBM-Ä) addiert und mit dem jeweils gültigen Punktwert multipliziert.

Gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses hat die Klägerin mit Schreiben vom 26.08.2002 Widerspruch eingelegt und zur Begründung ausgeführt, der Bescheid genüge nicht dem Begründungserfordernis nach § 35 Abs. 1 SGB X. Der Bescheid enthalte keine Quantifizierung der Praxisbesonderheit bezogen auf die Abrechnungswerte bei den Positionen 28 und 38. Ferner seien bei den beiden Positionen keine Ausweisungen der Fallkostendifferenzen erfolgt. Darüber hinaus enthalte der Bescheid keine zureichende Begründung zu den so genannten Nullstellen (Nichtabrechner). Der Ausschuss hätte sich mit den Nichtabrechnern insbesondere aufgrund der Praxisbesonderheit auseinandersetzen müssen, mithin die Vergleichsgruppe entsprechend bereinigen müssen. Die zur Last gelegte Überschreitung der Nachbehandlung (Pos. 38, N) sei daraus erklärbar, dass es sich um eine Nebenleistung zur Hauptleistung, der oralchirurgischen Tätigkeit handle, die gerade als Praxisbesonderheit anerkannt worden sei. Die Klägerin reicht eine Anlage 1 ein, aus der sich die chirurgischen Eingriffe und die Nachbehandlungen ergeben. Danach seien bei 451 großen chirurgischen Eingriffen 1.186 Nachbehandlungen erfolgt (Verhältnis 1:2,6), bei 191 kleinen chirurgischen Eingriffen seien 314 Nachbehandlungen erfolgt (Verhältnis 1:1,6) und bei 324 kleinen chirurgischen Eingriffen seien überhaupt keine Nachbehandlung erfolgt. Daraus ergebe sich ein Verhältnis von 1:1,5. Ferner handle es sich bei den chirurgischen Eingriffen zu 55 % um Überweisungspatienten. Nicht nachvollziehbar sei die Umwandlung von Vitalexstirpationen in Trepanationen. Zwar folge sie den Ausführungen, wonach je VitE zweimal Med von ihr abgerechnet worden sei. Folgerichtig hätte man aber dann die zuviel abgerechnete Med kürzen und nicht die Hauptleistung VitE in eine andere Hauptleistung umwandeln dürfen. Zu den Ausführungen des Prüfungsausschusses zum sonstigen Schaden nahm die Klägerin im Einzelnen Stellung, was die Fallgruppe der Kinder im Alter von zwei bis fünfzehn Jahren betrifft. Dabei verwies sie auf die Stellungnahmen und Überweisungen der jeweiligen Hauszahnärzte. Die Klägerin nahm ferner im Einzelnen Stellung zur Fallgruppe der Erwachsenen (Osteotomie/Germektomie von vier bzw. drei Weisheitszähnen), Komplettsanierungen, Parodontosebehandlungen und akute Geschehen.

Der Beklagte hat in seiner Sitzung am 15.01.2003 über den Widerspruch der Klägerin beraten und dabei zum Sachverhalt "sonstiger Schaden" drei Einzelfälle (Alexandra H., Janine H. und Sybille L.) mit der Klägerin besprochen. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2003 wurde dem Widerspruch teilweise stattgegeben. Hinsichtlich der Kürzungen der Positionen 28 (VitE) und 38 (N) sowie den Hinweisen zu den Positionen 49/50 (Exc1/2) sowie 13c und 13d (F3/4) wurde der Widerspruch zurückgewiesen. In 12 namentlich genannten Fällen wurde die Festsetzung eines sonstigen Schadens aufgehoben und die Abrechnung im Übrigen anerkannt. Es verblieb ein Gesamtregress in Höhe von 12.440,37 EUR. Als Vergleichsgruppe für die statistische Betrachtung wurden die sächsischen Vertragszahnärzte herangezogen. Bei den geprüften Leistungen nach den Nr. 28 und 38 handle es sich um fachgruppentypische Leistungen, die in jeder Zahnarztpraxis anfallen. Engegen der Auffassung des Prüfungsausschusses war der Beschwerdeausschuss der Überzeugung, dass Praxisbesonderheiten nicht vorliegen. Die Überprüfung der Abrechnung der Klägerin lasse deutlich erkennen, dass typisch zahnärztliche Behandlungen ausgeführt werden und sich der besondere chirurgische Behandlungsbedarf in Bezug auf den geprüften Mehraufwand von der Typik der Vergleichsgruppe aber nicht unterscheidet. Speziell Zahnärzte seien wegen der hohen Homogenität der Gruppe und der Herausnahme eines großen Teils zahnärztlichen Leistungen aus der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung geeignet für einen statistischen Vergleich. Darüber hinaus lägen nicht nur Abweichungen beim Gesamtfallwert, sondern auch bei Einzelleistungspositionen wie der Nr. 28 und der Nr. 38 vor. Die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis wurde bei einer Überschreitung von 50 % des Vergleichswertes festgesetzt. Die in der Wirtschaftlichkeitsprüfung zugrunde liegende Zahnarztstatistik sei in sich so verfeinert, dass der einzelne Zahnarzt bei den Einzelleistungspositionen nur mit den Abrechnungswerten derjenigen Zahnärzte verglichen wird, die die jeweiligen Leistungen tatsächlich abrechnen. Das heißt, dass Nullstellen bereits aus der Statistik herausgelöst sind und die Negativfallzahl bei der Berechnung der Zahnarztstatistik bereits Berücksichtigung gefunden hat. Der Beschwerdeausschuss geht zur Prüfung der KCH-Fälle auf vier Einzelfälle ein und gab zur Abrechnung der Position 28 (VitE) an, auffällig sei, dass infolge der VitE in zahlreichen Fällen medikamentöse Einlagen ein- oder mehrfach gelegt worden sind. Die Abrechnungsbestimmungen zur Position 34 führten aus, dass diese Positionen im Fall der Wurzelbehandlung, die durch VitE eingeleitet wurde, nur im Ausnahmefall abrechnungsfähig ist. Wenn die Klägerin es für notwendig erachtet hat, Leistungen nach Nr. 34 ein- oder mehrfach anzusetzen, müsse davon ausgeganen werden, dass in diesen Fällen eine sterile oder keimarme Situation nicht bestanden habe. Demzufolge sei dann in diesen Fällen die Indikation zum Ansatz der VitE überschritten gewesen. Allenfalls hätte die Nr. 31 (Trep1) abgerechnet werden können. Der systematische bzw. mehrmalige Ansatz der Med neben VitE sei Indiz für eine bestehende Unwirtschaftlichkeit. Bei der Abrechnung der Nr. 38 (N) überschreite die Klägerin den Durchschnitt zwischen 508 % und 777 %. Obgleich die Klägerin schwerpunktmäßig oral-chirurgisch arbeite, sei bei der Nr. 38 über das Maß des Notwendigen hinaus abgerechnet worden. Die Überprüfungen des Prüfungsausschusses ließen den Schluss zu, dass offensichtlich routinemäßig Leistungen nach Nr. 38 in der Folge von operativen Eingriffen erfolgen. Aus den Angaben der Klägerin ergäbe sich insgesamt ein Verhältnis bei den chirurgische Eingriffen zu Nachbehandlungen von 1:1,5. Der Beschwerdeausschuss kam zu dem rechnerischen Ergebnis eines zahlenmäßigen Verhältnisses von 1:1,45, bei allen übrigen Zahnärzten von 1:0,4. Daraus ergebe sich, dass die Klägerin rein statistisch betrachtet, nach jedem chirurgischen Eingriff mindestens eine Nachbehandlung abgerechnet habe. Aus der Tatsache, dass eine Nachbehandlung erst bei Wundheilungsstörungen notwendig werde, ergebe sich, dass nach einer einfachen, unkompliziert verlaufenden Extraktion eine Nachbehandlung nicht notwendig sein wird. Lediglich bei größeren chirurgischen Maßnahmen könne eine laufende Nachkontrolle/-behandlung der Wunde sinnvoll sein. Nach der Kürzung je Quartal um 30 % verbleibe der Klägerin immer noch ein wirtschaftlicher Mehrbedarf in Höhe von 302 % bis 514 %. Anlass für den Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens nach § 15 f der Prüfvereinbarung sei die Vermutung gewesen, dass den Krankenkassen ein Schaden aus Fehlverordnungen von Narkosen entstanden sei. Der Beschwerdeausschuss habe die eingereichten 123 ITN-Fälle nochmals hinsichtlich der Verordnung von ITN einzeln überprüft und nimmt zu den Fällen Alexandra H., Janine H. und Sybille L. Stellung. Er stellte fest, dass die Indikation "eingeschränkte Mundöffnung" besonders häufig vorkomme. Auffällig sei, dass diese Begründung immer dann angesetzt werde, wenn offensichtlich keine andere Indikation bestehe. Nach Auffassung des Beschwerdeausschusses bestehe auch ein Unterschied zwischen einem ängstlichen Patienten und einer Angstphobie. Allein die Feststellung "Dentophobie", "eingeschränkte Mundöffnung" oder die Notwendigkeit einer Extraktion oder operativen Entfernung von Zähnen im akuten Entzündungszustand berechtige nicht zur Durchführung einer Behandlung in Narkose. Gleiches gelte für die Angabe, dass ein verstärkter Würgereiz bestehe. Auch in den Fällen, in denen vier Weisheitszähne/Germe zu extrahieren sind, sei die Indikation streng zu ziehen und zu überprüfen, ob diese Maßnahmen beispielsweise in zwei Sitzungen unter Lokalanästhesie durchgeführt werden könnten. Bei ITN-Behandlungen behandlungsunwilliger Kinder, bei denen Komplettsanierungen durchgeführt wurden, habe die Indikation zur Behandlung in Narkose bestanden. Demzufolge wurde in 12 Fällen die Festsetzung eines sonstigen Schadens aufgehoben und dem Widerspruch insoweit stattgegeben. In der Anlage 1 zum Widerspruchsbescheid befinden sich Angaben zu den Werten des sonstigen Schadens für 55 der gerügten 59 Fälle. Daraus ergibt sich ein Wert von insgesamt 9.570,05 EUR.

Die Klägerin hat hiergegen am 13.03.2003 Klage erhoben und zur Begründung zunächst ausgeführt, der angefochtene Bescheid enthalte keine zureichende Begründung zu den so genannten Nullstellen (Nichtabrechner). Es könne aus der Zahnarztstatistik nicht entnommen werden, wie viele Nichtabrechner bezogen auf die BMA Position 38 existieren. Auch nach Darstellung des Rechenprogramms zum Herausrechnen der Nullstellen fehle jegliche Transparenz. Der Begründung des Bescheides könne nicht entnommen werden, warum die Abrechnung der Position 38 (N) unwirtschaftlich sei. Es sei nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeausschuss bei seinen Erwägungen den konkreten Vortrag der Klägerin zu den Nachbehandlungen berücksichtigt und sich hiermit auseinandergesetzt habe. Die Ausführungen in dem Bescheid würden sich allein auf die Feststellung, dass der Ausschuss zu einem anderen zahlenmäßigen Verhältnis kommt, beschränken. Bei der Gegenüberstellung der chirurgischen Eingriffe zu den Nachbehandlungen stelle der Ausschuss unreflektiert allein auf die KZV-Statistik ab. Er differenziere nicht zwischen schweren chirurgischen Eingriffen, die mehrere Nachbehandlungen erfordern und leichten chirurgischen Eingriffen, die entweder keine oder lediglich nur eine Nachbehandlung bedingen. Der Beklagte verkenne den Begriff bzw. das Institut der Praxisbesonderheit. Die vom Prüfungsausschuss zuerkannte Praxisbesonderheit werde verneint, wobei im Widerspruch dazu der beanspruchte Mehraufwand an Nachbehandlungen durchaus als "ganz oder teilweise" aufgrund der oralchirurgischen Tätigkeit als gerechtfertigt erachtet wurde. Praxisbesonderheiten lägen bei der Klägerin vor. Die von ihr erbrachten Hauptleistungen wie Osteotomie, Wurzelspitzenresektionen, Germektomie und Zystektomie würden regelmäßig nicht von allgemein tätigen Kollegen erbracht, obwohl sie diese Leistungen erbringen könnten. Die Klägerin weiche auch in den Fallwerten mit 200 bis 500 % von der Vergleichsgruppe ab. Erhöhe sich damit der Anteil einer bestimmten Patientengruppe (Patienten, bei denen oralchirurgische Leistungen erbracht werden müssen), so habe dies einen erhöhten Mehraufwand bei den Nebenleistungen, den Nachbehandlungen, zur Folge. Der Bescheid enthalte auch keine Quantifizierung in Bezug auf die oralchirurgische Tätigkeit und der dadurch bedingten erhöhten Abrechungswerte bei der Position 38 (N). Den Ausführungen zur Umwandlung der Hauptleistung 28 (VitE) in die Hauptleistung 31 (Trep1) könne ebenfalls nicht gefolgt werden. Die Klägerin räumte ein, dass sie bei der VitE zu viele Med erbracht und abgerechnet habe. Mithin hätte eine Kürzung bei der Med erfolgen müssen. Hier schließe der Beschwerdeausschuss von einer unwirtschaftlich erbrachten Nebenleistung, die er nicht beanstandet, auf eine vermeintlich unwirtschaftliche Hauptleistung, hier der VitE. Die Begründung sei nicht tragfähig und werde auch nicht durch die exemplarisch erfolgte Prüfung bei drei Patienten untermauert. Bei der Feststellung eines sonstigen Schadens hätte der Beklagte jeden Einzelnen zur Last gelegten Fall erneut prüfen müssen. In der Verhandlung vor dem Beschwerdeausschuss habe dieser lediglich die drei Fälle Alexandra H., Janine H. und Sybille L. geprüft. Der Bescheid erfülle nicht das Begründungserfordernis nach § 35 Abs. 1 SGB X. Die Ausführungen würden sich auf die pauschale Feststellung beschränken, dass "Dentophobie" und "eingeschränkte Mundöffnung" oder die Notwendigkeit einer Extraktion oder operativen Entfernung von Zähnen im akuten Entzündungszustand eine Behandlung unter ITN ebenso wenig rechtfertigen wie ein verstärkter Würgereiz. Hieraus könne nicht entnommen werden, warum die im Einzelnen veranlassten Leistungen des Anästhesisten "offensichtlich schuldhaft veranlasst" wurden. Schließlich hätten die ansonsten erforderlichen Leistungen eines Lokalanästhetikums (L1 oder I) gegengerechnet werden müssen. Zuletzt lässt die Klägerin vortragen, dass aufgrund der oralchirurgischen Schwerpunkttätigkeit eine statistische Vergleichbarkeit mit der Fachgruppe der normaltätigen Zahnärzte nicht gegeben sei. Sie schloss sich der Auffassung des Beigeladenen zu 1) an, wonach der Beklagte in den gerügten Fällen nicht geprüft habe, dass der Klägerin ein schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen ist. Schließlich genüge der Antrag der Beigeladenen zu 2) nicht den Anforderungen, die nach der Prüfvereinbarung bzw. dem BMV-Z und EKV-Z an einen Antrag zu stellen sind.

Die Klägerin beantragt,

den Widerspruchsbescheid vom 03.03.2003 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über den Widerspruch der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, dass die Zahnarztstatistik nach dem Berechnungssystem um die so genannten Nullstellen bereits bereinigt sei. Grundlage der Auffälligkeitsprüfung sei immer nur jeweils diejenige Gebührenposition, die der zu prüfende Zahnarzt, aber auch die Gesamtzahl aller Vertragszahnärzte tatsächlich abgerechnet habe. Zur Homogenität der Vergleichsgruppe führt der Beklagte aus, die Klägerin trage weder die Fachbezeichnung MKG noch liege eine Qualifizierung zur Oralchirurgin vor. Sie betreibe eine allgemeine Zahnarztpraxis, in der sowohl konservierende als auch prothetische und parodontologische Leistungen neben den Behandlungsschwerpunkt zahnärztliche Chirurgie ausgeführt werden. Es handle sich um normale dento-alveoläre Chirurgie. Bei der Position Nr. 38 (N) geht der Beklagte davon aus, dass bei einer einfachen, unkompliziert verlaufenden Extraktion oder einem anderen kleinen chirurgischen Eingriff, eine Nachbehandlung erst notwendig wird, wenn sich Zeichen einer Wundheilungsstörung bemerkbar machen. Dennoch habe der Beklagte zu Gunsten der Klägerin alle chirurgischen Eingriffe in die Beurteilung einbezogen. Darüber hinaus sei eine offensichtlich routinemäßige Abrechnung der Nr. 38 aufgefallen. Tatsächlich habe die Klägerin die von ihr bezeichneten Hauptleistungen der Osteotomie in den strittigen Quartalen unterdurchschnittlich abgerechnet. Daraus sei erkennbar, dass auch alle anderen Bereiche der Zahnmedizin betrieben und teilweise überdurchschnittlich abgerechnet werden, wie Leistungen der Füllungstherapie, begleitende Maßnahmen der Füllungstherapie sowie endodontische Maßnahmen. Darüber hinaus werde auch prothetisch und kieferorthopädisch gearbeitet. Demzufolge kam keine Zuerkennung einer Praxisbesonderheit oder eine Fallwertbereinigung in Betracht. Bei der Position 28 (VitE) verkenne die Klägerin die Abrechnungsbestimmungen ebenso wie die fachlichen Zusammenhänge zur Nr. 34 (Med). Die 34 könne infolge einer VitE nur in Ausnahmefällen abgerechnet werden. Bei der Exstirpation der vitalen Pulpa werde in der Regel die Aufbereitung des Wurzelkanals nach Nr. 32 und die Wurzelfüllung nach Nr. 35 in derselben Sitzung vorgenommen. Die VitE gehe von einer keimarmen oder sterilen Behandlung aus. Wenn aber bei VitE zuviele Med erbracht und abgerechnet werden, sei daraus der fachliche Schluss zulässig, dass sich der Ansatz der Med in der Folge einer VitE eben nicht auf Ausnahmefälle beschränkt habe. Dann sei aber die Indikation zum Ansatz einer VitE nicht gegeben. Allenfalls hätte dann die Nr. 31 (Trep 1) abgerechnet werden können. Zur ITN-Behandlung führt der Beklagte aus, er habe nicht nur die genannten drei Patienten, sondern alle weiteren Fälle einzeln überprüft mit der Schlußfolgerung, dass in den Fällen, in denen zur Diagnose "Dentophobie" oder "eingeschränkte Mundöffnung" angegeben war, die Narkose nicht für notwendig erachtet wurde.

Die Beigeladene zu 1), die keine Anträge gestellt hat, hält die Festsetzung des sonstigen Schadens für rechtswidrig. Voraussetzung der Prüfung eines sonstigen Schadens sei das Vorliegen der Verletzung einer vertragszahnärztlichen Pflicht, durch ein schuldhaftes (zumindest fahrlässiges) Handeln des Vertragszahnarztes, wodurch der Krankenkasse ein Schaden entstanden ist. Der Beklagte sei bei der Prüfung auf der ersten Prüfungsstufe stehengeblieben und habe nicht geprüft, ob in allen 59 Fällen ein schuldhaftes Handen vorzuwerfen war.

Das Gericht hat eine Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.03.1997 (L 11 Ka 42/96) beigezogen und den Beteiligten zur Kenntnis gegeben. Ferner wurde der Beklagte beauftragt nochmals das Verhältnis zwischen allen chirurgischen Leistungen zu den erfolgten Nachbehandlungen darzustellen. Auf die Ausführungen in Blatt 71/72 der Gerichtsakte wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf einen Ringordner Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet, soweit der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid in 59 Fällen einen sonstigen Schaden feststellt und von der Klägerin hierfür insgesamt 9.570,05 EUR für ITN-Leistungen zurückfordert. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

Bei der Entscheidung war in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreise der Krankenkassen und der Vertragszahnärzte zu entscheiden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragszahnarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Gegenstand der gerichtlichen Nachprüfung von Entscheidungen der Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist nur der das Verwaltungsverfahren abschließende Bescheid des Beschwerdeausschusses. Eine gerichtliche Anfechtung und Aufhebung des im Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung erlassenen Bescheides des Prüfungsausschusses scheidet - von bestimmten, hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - aus Rechtsgründen aus (vgl. BSGE 74, 59). Hier verletzt der angefochtene Bescheid des Beschwerdeausschusses vom 03.03.2003 die Klägerin teilweise rechtswidrig in ihren Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG, sofern ein sonstiger Schaden festgestellt wird. Hinsichtlich der im Übrigen zu den Gebührennummern 38 (N) und 28 (VitE) ausgesprochenen Kürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise liegt kein rechtswidriger Verstoß vor.

I.

Rechtsgrundlage für die von den Prüfgremien praktizierte Form der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten ist § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V in der Fassung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999, BGBl. I S. 2626). Danach erfolgt die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch arztbezogene Prüfungen (zahn)ärztlicher und (zahn)ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten oder bei Überschreiten der Richtgrößen nach § 84 SGB V (Auffälligkeitsprüfung). Mit dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber die in der Praxis seit langem angewandte, bislang aber im Gesetz nicht verankerte und lediglich durch Richterrecht sanktionierte Methode des statistischen Kostenvergleichs als Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der (zahn)ärztlichen Tätigkeit anerkannt und als Regelprüfmethode übernommen. Er hat damit zugleich die zur Legitimation einer statistischen Vergleichsprüfung unerlässliche Annahme gebilligt, dass die Gesamtheit aller (Zahn-)Ärzte im Durchschnitt gesehen wirtschaftlich handelt, jedenfalls das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen nicht unterschreitet und deshalb der durchschnittliche Behandlungsaufwand einer Arztgruppe grundsätzlich ein geeigneter Maßstab für die Wirtschaftlichkeitsprüfung eines Angehörigen dieser Arztgruppe ist (st. Rspr., vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 23 S. 124; BSG, Urteil vom 28.01.1998, Az. B 6 KA 69/96 R; Urteil vom 05.11.1997, Az. 6 R Ka 1/97, Urteil vom 14.03.2001, Az. B 6 KA 19/00 R; Urteil vom 27.06.2001, Az. B 6 KA 66/00 R, zuletzt Urteil vom 28.04.2004, B 6 KA24/03R).

Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist die statistische Prüfung die Regelprüfmethode (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.2000, Az. B 6 KA 25/99 R; SozR 3-2500 § 106 Nr. 49). Danach werden die Abrechnungswerte des (Zahn-)Arztes mit denjenigen der Fachgruppe im selben Quartal verglichen. Falls der Mehraufwand bei dem Gesamtfallwert, bei Spartenwerten oder bei Einzelleistungswerten im Vergleich zum Durchschnittswert der Vergleichsgruppe in einem offensichtlichen Missverhältnis steht, kann das Honorar gekürzt werden. Ergänzt durch die sogenannte intellektuelle Betrachtung, bei der medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind, ist dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse bringt (BSG a.a.O.). Die arztbezogene Prüfung nach Durchschnittswerten basiert auf einer Gegenüberstellung der durchschnittlichen Fallkosten des geprüften Arztes einerseits und der Gruppe vergleichbarer Ärzte andererseits. Eine Unwirtschaftlichkeit ist dann anzunehmen, wenn der Fallwert des geprüften Arztes so erheblich über dem Vergleichsgruppendurchschnitt liegt, dass sich die Mehrkosten nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur und den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lassen und deshalb zuverlässig auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise als Ursache der erhöhten Aufwendungen geschlossen werden kann (st. Rspr., vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 23). Der Prüfung nach Durchschnittswerten ist allerdings dann die Grundlage entzogen, wenn der Vergleich mit den durchschnittlichen Abrechnungswerten der Vergleichsgruppe zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit ungeeignet ist. Deshalb muss die jeweilige Vergleichsgruppe aus (Zahn-) Ärzten bestehen, die ein annähernd gleichartiges Patientengut versorgen und im Wesentlichen dieselben Erkrankungen behandeln (homogene Gruppe).

Hier hat der Beklagte zu Recht eine Prüfung nach Durchschnittswerten unter Heranziehung der Vergleichsgruppe der Sächsischen Vertragszahnärzte unter Zugrundelegung des arithmetischen Mittelwerts als Prüfmethode vorgenommen. Bei den geprüften Leistungen der 38 (Nachbehandlung nach chirurgischem Eingriff) und der 28 (Exstirpation der vitalen Pulpa) handelt es sich um Leistungen, die für die Vergleichsgruppe typisch sind, also zumindest von einem größeren Teil der Gruppe regelmäßig in nennenswerter Zahl erbracht werden (vgl. BSGE 71, 194; 74, 70; 76, 53; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 36). Auch die Behandlung im Bereich der dento-alveolären Chirurgie führt nicht dazu, dass eine engere Vergleichsgruppe hätte gebildet werden müssen. Bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten muss die jeweilige Vergleichsgruppe aus Zahnärzten bestehen, die ein annähernd gleichartiges Patientengut versorgen und im Wesentlichen dieselben Erkrankungen behandeln, weil nur unter dieser Voraussetzung der durchschnittliche Behandlungsaufwand der Arztgruppe ein geeigneter Maßstab für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungstätigkeit eines Angehörigen dieser Arztgruppe ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jede von der Mehrheit der Zahnärzte abweichenden Behandlungsausrichtung oder sonstige individuelle Besonderheit einer Arztpraxis stets zur Bildung einer engeren Vergleichsgruppe führen muss (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 36). Speziell bei Zahnärzten ist wegen der hohen Homogenität dieser Gruppe und der Herausnahme eines großen Teils der zahnärztlichen Leistungen aus der (nachträglichen) Wirtschaftlichkeitsprüfung eine Aufteilung in Untergruppen mit bestimmten Behandlungsschwerpunkten nicht als erforderlich angesehen worden (vgl. BSGE 62, 24; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 36; zuletzt Urteil vom 21.05.2003, Az.: B 6 KA 32/02 R). Zwar hat sich die Klägerin auf den Bereich der Oralchirurgie spezialisiert. Dies hat indessen nicht dazu geführt, dass die übrigen zahnärztlichen Leistungen unterdurchschnittlich häufig abgerechnet wurden. Der Beklagte hat in beanstandungsfreier Weise im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraumes zurecht angenommen, dass ebenso die allgemeinzahnärztlichen Leistungen wie konservierende, prothetische und parodontologische Behandlungen durchgeführt werden. Die Klägerin liegt hier auch teilweise, zum Beispiel bei der Füllungstherapie, über dem Durchschnitt der Vergleichsgruppe. Auch trifft die Behauptung der Klägerin, Osteotomien, Germektomien und Zystektomien würden von Allgemeinzahnärzten nicht erbracht, nicht zu. Die Kammer, die in der Besetzung mit einem Vertragszahnarzt über die entsprechende Sachkunde verfügt, geht mit dem Beklagten davon aus, dass diese Leistungen (wenn auch in geringerer Anzahl) grundsätzlich auch von den Allgemeinzahnärzten in Sachsen erbracht werden. Danach hat die Spezialisierung auf dem oralchirurgischen Behandlungsschwerpunkt nicht dazu geführt, dass die Klägerin ein Behandlungsspektrum anbietet, das mit dem typischer Vertragszahnärzte nicht mehr vergleichbar ist. Die Bildung einer engeren Vergleichsgruppe ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des BSG vom 27.06.2001 (B 6 KA 43/00 R). Dort wurde für einen MKG-Chirurgen eine engere Vergleichsgruppe gebildet. Hintergrund war, dass MKG-Chirurgen in der Regel sowohl zur vertragsärztlichen als auch zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen sind und ihre Behandlungsfälle entweder vertragsärztlich oder vertragszahnärztlich abrechnen können. Die sich daraus ergebende Besonderheit für die MKG-Chirurgen lässt sich auf die Klägerin, die ohne Fachbezeichnung MKG oder Oralchirurgie als Vertragszahnärztin niedergelassen ist, nicht übertragen. Die Unterschiede zur Vergleichsgruppe sind nicht so weitgehend, dass der Beweiswert der Statistik dadurch eingeschränkt oder ganz aufgehoben ist.

Die von der Klägerin gerügte fehlende Transparenz hinsichtlich der Statistik in Sachsen, was die Nullabrechner betrifft, teilt die Kammer nicht. Bei der statistischen Prüfung haben die Prüfgremien Fehlerquellen (wie statistische "Ausreißer") zu beachten, beispielsweise durch Gewährung eines zusätzlichen Aufschlags im Rahmen der Streubreite (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 13). Hier bedurfte es eines weiteren Zuschlags nicht wegen der "Nullabrechner", da diese bereits aus der Vergleichsstatistik herausgerechnet wurden. Die Berechnungsformel (Gesamtzahl der Leistungen - GOP -, die im entsprechenden Quartal von allen Zahnärzten der KZVS zur Abrechnung gebracht wurden, geteilt durch die Fallzahlen der KZV, bereinigt um diejenigen Fälle, die die entsprechende GOP nicht enthielten, multipliziert mit der Summe der Fallzahlen des Zahnartzes) stellt sicher, dass die Statistik um die sogenannten Nullstellen bereinigt ist. Die Klägerin wird somit nur mit Zahnärzten verglichen, die die geprüften Einzelpositionen ebenfalls abgerechnet haben.

Die Abrechnungen der Positionen 28 (VitE) und 38 (N) überschreiten die Schwelle des offensichtlichen Missverhältnisses. Der Begriff des offensichtlichen Missverhältnisses beschreibt den Grad an statistischer Abweichung, bei dem sich die Mehrkosten regelmäßig nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur und den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lassen und bei dem deshalb zuverlässig auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise als Ursache der erhöhten Aufwendungen geschlossen werden kann (st. Rspr., vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 11). Ab welchem Überschreitungsprozentsatz diese Voraussetzung erfüllt ist, lässt sich wegen der unterschiedlichen Struktur und Homogenität der verschiedenen Vergleichskollektive nicht für alle Fälle einheitlich beantworten. Die Prüforgane haben bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit, bei der Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und dessen Bewertung einen Beurteilungsspielraum. Ihre Entscheidungen sind rechtmäßig, wenn alle für die jeweilige Fragestellung erheblichen Tatsachen berücksichtigt wurden und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen sachlich vertretbar sind. Die Kontrolle der Gerichte beschränkt sich auch hierbei auf die Prüfung, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die durch die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes ermittelten Grenzen eingehalten und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist. Damit dies nachgeprüft werden kann, müssen die Beurteilungsgrundlagen im Bescheid genannt und soweit erforderlich, erläutert werden. In der Begründung des Widerspruchsbescheides sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (§ 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X).

Hier hat der Beklagte ermessensfehlerfrei die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis ab einer Überschreitung von 50 % angenommen. Nach der Rechtsprechung des BSG darf bei Arztgruppen mit engem Leistungsspektrum (wie es auch bei den Vertragszahnärzten angenommen werden kann) eine Grenzziehung bereits bei Überschreitungen der Durchschnittswerte der Vergleichsgruppe um 40 % vorgenommen werden (so BSGE 62, 24; BSG SozR 3 - 2500 § 106 Nr. 41 S. 225; Nr. 43 S. 240). Bei der hier vorliegenden homogenen Vergleichsgruppenzusammensetzung und vergleichsgruppentypischen Leistungen erweist sich somit die Annahme der Schwelle zum offensichtlichen Missverhältnis mit 50 % als nicht rechtsfehlerhaft (st. Rspr. zuletzt: BSG, Urteil vom 28.04.2004 B 6 KA 24/03 R). Bei den gerügten Einzelpositionen 28 (VitE) und 38 (N) war die Schwelle von 50 % zum Teil um ein Vielfaches überschritten, so dass zu recht von einem offensichtlichen Missverhältnis ausgegangen wurde.

Allerdings ist nach der Rechtsprechung des BSG wiederholt klargestellt worden, dass die statistische Betrachtung nur einen Teil der Wirtschaftlichkeitsprüfung ausmacht und durch eine intellektuelle Prüfung und Entscheidung ergänzt werden muss, bei der die für die Frage der Wirtschaftlichkeit relevanten medizinisch-ärztlichen Gesichtspunkte, wie das Behandlungsverhalten und die unterschiedlichen Behandlungsweisen innerhalb der Arztgruppe und die bei dem geprüften (Zahn-)Arzt vorhandenen Praxisbesonderheiten, in Rechnung zu stellen sind (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 15; § 106 Nr. 23). Diese Gesichtspunkte sind nach der Entscheidung des BSG vom 09.03.1994 (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 23) nicht erst in einem späterem Verfahrensstadium oder nur auf die entsprechenden Einwendungen des Arztes hin, sondern bereits auf der ersten Prüfungsstufe von Amts wegen mit zu berücksichtigen. Sind solche kostenerhöhenden Besonderheiten bekannt oder anhand der Behandlungsweise oder der Angaben des Arztes erkennbar, so müssen ihre Auswirkungen bestimmt werden, ehe sich auf der Grundlage der statistischen Abweichungen eine verlässliche Aussage über die Wirtschaftlichkeit oder Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise treffen lässt.

Hier hat der Beklagte das Behandlungsspektrum der klägerischen Zahnarztpraxis hinreichend gewürdigt. Er hat erkannt, dass bei der Klägerin ein erhöhter Anteil an chirurgischen Leistungen erbracht wird, was darauf zurückzuführen ist, dass die Klägerin eine zweijährige Ausbildungszeit mit oral-chirurgischem Profil absolviert hat. Er hat diesen Behandlungsschwerpunkt, wie auch den hohen Überweisungsanteil, seiner Entscheidung bei der Kürzung der Nr. 28 (VitE) und 38 (N) zugrunde gelegt. Zur Nr. 28 hat der Beklagte hier ausgeführt, dass er im Rahmen der zulässigen Schätzung des unwirtschaftlichen Mehraufwandes eine Kürzung vorzunehmen habe. Auch nach der Kürzung von 20 % durch Umwandlung in eine Trep1 wurde der Klägerin ein Mehrbedarf an Leistungen nach Nr. 28 gegenüber der Vergleichsgruppe zugebilligt. Bei der Nr. 38 (N) hat der Beklagte das oralchirurgische Behandlungsspektrum der Klägerin gleichermaßen gewürdigt. Bei der Beurteilung der BEMA Nr. 38 anhand statistischer Vergleichswerte ist zu beachten, dass es sich um eine Folgeleistung aus chirurgischen Eingriffen handelt. Es muss deshalb stets mit untersucht werden, wie der Zahnarzt mit dem Umfang der von ihm erbrachten chirurgischen Leistungen zum Gesamtdurchschnitt liegt. Überschreitet er den Durchschnitt sowohl bei den chirurgischen Eingriffen wie auch bei den Nachbehandlungen, darf sich die Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht lediglich auf die Nachbehandlungen beschränken (vgl. Raddatz "Die Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen und kassenzahnärztlichen Versorgung in der Rechtsprechung" zu Nr. 38 Bema-Z). Werden sowohl bei den chirurgischen Leistungen als auch bei den Nachbehandlungen die Durchschnittswerte überschritten, muss festgestellt werden, ob und inwieweit dabei ein offensichtliches Missverhältnis gegeben ist. Hier hat der Beklagte zurecht die Anzahl der großen chirurgischen Eingriffe den Nachbehandlungen gegenübergestellt und ist zu einem Ergebnis von 1:2,6 gekommen. Ferner hat er für die kleinen chirurgischen Eingriffe ein Verhältnis von 1:1,6 ermittelt. Auf alle chirurgischen Eingriffe bezogen ergab sich ein Verhältnis von 1:1,45. Dies hat der Beklagte folgerichtig dem Durchschnitt der Vertragszahnärzte gegenübergestellt, die chirurgische Eingriffe im Verhältnis zu Nachbehandlungen in einer Höhe von 1:0,4 abrechnen. Dieser Wert wird von der Klägerin um mehr als das Dreifache überschritten, weshalb die Nachbehandlungen nicht in ihrer vollen Zahl durch das oralchirurgische Praxisprofil erklärt werden. Der Beklagte hat ferner darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin, die etwa doppelt soviele chirurgische Eingriffe wie die übrigen Zahnärzte abrechne, jedoch die siebenfache Anzahl an Nachbehandlungen berechne, von einer teilweisen unwirtschaftlichen Behandlungsweise auszugehen sei. Dabei musste der Beklagte keine weitere Differenzierung nach kleinen, mittleren und großen chirurigschen Eingriffen vornehmen. Bei der Pos. Nr. 38 erfolgt laut Leistungslegende bereits keine Differenzierung nach der Art der Eingriffe. Der Beklagte hat mit der Gegenüberstellung des Verhältniswertes von 1:1,45 auch den für die Klägerin günstigeren Wert angenommen, als sie ihn selbst ermittelt hatte (1:1,5). Die hohe Anzahl an Nachbehandlungen bei großen, mittleren und kleinen chirurgischen Eingriffen lässt vermuten, dass zum Teil auch die reine Nachkontrolle zum Ansatz der Pos. 38 (N) geführt hat. Die Nachkontrolle ist aber mit der Gebührenposition des chirurgischen Eingriffs abgegolten und kann nicht als N abgerechnet werden. Auch nach der Kürzung von 30 % verblieb die Klägerin immer noch in einem unwirtschaftlichen Verhältnis von 302 % bis 514 %. Damit ist auch nach Auffassung der Kammer der Praxisschwerpunkt Oralchirurgie hinreichend gewürdigt.

Durch Überschreiten im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses ist die Unwirtschaftlichkeit i.S. eines Anscheinsbeweises nachgewiesen. Anders als im Zivilprozess ist dieser Anscheinsbeweis nicht bereits dann erschüttert, wenn die ernsthafte Möglichkeit eines anderweitigen Geschehensablaufs dargelegt wird (vgl. LSG NRW, Urteil vom 29.01.1997, Az. L 11 Ka 52/96). Danach durfte der Beklagte aufgrund des statistischen Ergebnisses eine Unwirtschaftlichkeit bei den Positionen 28 (VitE) und 38 (N) annehmen.

Nicht zu beanstanden ist, dass der Beklagte Praxisbesonderheiten im eigentlichen Sinn nicht anerkannt hat. Zwar hat die Klägerin zurecht darauf verwiesen, dass Praxisbesonderheiten regelmäßig durch einen bestimmten Patientenzuschnitt charakterisiert werden, der z.B. durch eine spezifische Qualifikation des Arztes, etwa aufgrund einer Zusatzbezeichnung bedingt sein kann (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 43). Auch weicht hier der Patientenzuschnitt, was den Behandlungsschwerpunkt Oralchirurgie betrifft, insbesondere hinsichtlich der Häufigkeit der erbrachten Leistungen von dem einer allgemeinzahnärztlichen Praxis ab. Die Abweichungen sind indes nicht so erheblich, dass sie als Praxisbesonderheit zu würdigen sind mit der Folge, dass ihre Abweichungen rechnerisch bestimmt werden müssen. Auch wird ein Teil der Patienten als Überweisungsfälle behandelt. Hinsichtlich des Überweisungsanteils handelt es sich jedoch nicht um einen Umstand der sich aus der Morbiditätsstruktur der Patienten ergibt. Auch bei erfolgter Überweisung ist die Klägerin nicht an eine bestimmte Behandlungsmethode gebunden. Schließlich ist die unter den Überweisungsfällen auftretende Anzahl chirurgischer Eingriffe durch die Gegenüberstelung mit den erfolgten Nachbehandlungen hinreichend berücksichtigt worden.

Der Vertragszahnarzt muss umfassend wirtschaftlich handeln. Die Wirtschaftlichkeit muss grundsätzlich sowohl insgesamt als auch in jedem Teilbereich gegeben sein, sowohl beim Gesamtfallwert, in jeder einzelnen Sparte und bei jeder Einzelleistung sowie auch bei den Arzneiverordnungen (vgl. BSG, Urteil vom 05.11.1997, Az. 6 R Ka 1/97; zuletzt Urteil vom 16.07.2003, Az. B 6 KA 44/02R). Die Darlegungs- und Nachweislast liegt insoweit beim Arzt. Er muss das Vorliegen des kostenerhöhenden Mehraufwandes darlegen und ggf. nachweisen (BSG a.a.O.). Hierzu ist eine strukturelle Darlegung erforderlich. Will der (Zahn-)Arzt dem aus dem offensichtlichen Missverhältnis folgenden Vorwurf der Unwirtschaftlichkeit entgegentreten, so hat er den vollen Gegenbeweis dahin zu führen, dass er gleichwohl wirtschaftlich handelt (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 11). Gelingt dieser Nachweis dem Arzt nicht, so geht dies zu seinen Lasten (vgl. BSG USK 95137 S. 738; BSG, Urteil vom 05.11.1997, Az. 6 R Ka 1/97). Es ist deshalb Angelegenheit des (Zahn-)Arztes, schon im Verwaltungsverfahren die Tatsachen so genau wie möglich anzugeben und zu belegen. Hier hat die Klägerin den Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit nicht hinreichend entkräftigen können. So kann weder der Verweis auf die Anzahl der durchgeführten chirurgischen Eingriffe noch der Anteil an Überweisungen begründen, weshalb bei den Nachbehandlungen und bei den Vitalexstirpationen der durchschnittliche Leistungsumfang der Fachgruppe überproportional häufig überschritten wird.

Auch bestand kein Anlass zur Anerkennung kompensatorischer Einsparungen. Die Anerkennung kompensatorischer Einsparungen setzt voraus, dass zwischen dem Mehraufwand auf der einen und den Kostenüberschreitungen auf der anderen Seite ein kausaler Zusammenhang besteht. So muss ersichtlich sein, durch welche Leistungen der Arzt in welcher Art von Behandlungsfällen aus welchem Grund welche Einsparungen erzielt hat (vgl. BSG, Urteil vom 05.11.1997, Az. 6 RKa 1/97). Hierzu hat die Klägerin nichts dargelegt. Insbesondere ergibt sich aus der bloßen Behauptung, es seien Überweisungen an den Kieferchirurgen erspart worden, keine kompensatorische Einsparung. Da ein Großteil der Fälle, die von der Klägerin oralchirurgisch behandelt werden, von den Hauszahnärzten an sie überwiesen werden, kann es auf der Kostenseite keine Auswirkungen haben, ob die Überweisungen an die Klägerin erfolgen oder an einen Kieferchirurgen. Auch für die behaupteten Einsparungen wegen unterlassener Krankenhauseinweisungen fehlt es an geeigneten Nachweisen.

Der angefochtene Bescheid ist auch hinsichtlich des Umfangs der vorgenommenen Kürzungen für die Positionen 28 und 38 rechtsfehlerfrei.

Die Klägerin hat selbst eingestanden, dass bei ihr infolge der Vitalexstirpation zu häufig eine medikamentöse Einlage nach der Position 34 (Med) abgerechnet wurde. Die Vorgehensweise des Beklagten, einen Anteil der vorgenommenen Vitalexstirpationen in Trepanationen nach Nr. 31 (Trep1) umzuwandeln, erweist sich als ermessensfehlerfrei. Insbesondere war der Beklagte hier nicht verpflichtet, die Nr. 34 zu kürzen. Bei der Festlegung der Höhe der Honorarkürzungen als Reaktion auf die festgestellte Unwirtschaftlichkeit steht den Prüfgremien regelmäßig ein Ermessensspielraum zu, der die Möglichkeit einer ganzen Bandbreite denkbarer vertretbarer Entscheidungen zulässt (vgl. BSG SozR 5550 § 15 Nr. 1 S. 7; zuletzt Urteil vom 21.05.2003, Az.: B 6 KA 32/02 R). Das Gericht ist bei der Überprüfung der Ermessensentscheidung darauf beschränkt zu prüfen, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Die Vitalexstirpation ist die vollständige oder nahezu vollständige Entfernung der vitalen (lebenden) Pulpa (des Zahnmarkes) aus dem Zahn einschließlich der Wurzelkanäle. Die Entfernung muss immer dann durchgeführt werden, wenn keine Maßnahme zur Vitalerhaltung mehr möglich ist. Wünschenswertes Ziel ist dabei, die Wurzelbehandlung durch Vitalexstirpation möglichst in einer Sitzung durchzuführen und abzuschließen. Nur in besonderen Fällen, wenn sich die Pulpenreste entzünden können, kann trotz der Vitalexstirpation eine medikamentöse Einlage erforderlich werden. Bei nekrotischem oder gangränösem Zerfall der Pulpa ist die Vitalexstirpation nicht angezeigt. In diesen Fällen ist die 31, die Trepanation des pulpatoten Zahnes in Erwägung zu ziehen. Danach schließen sich Vitalexstirpation nach Nr. 28 und Trepanation nach Nr. 31 grundsätzlich aus. Wenn nun die Klägerin in einer Vielzahl der Fälle der Vitalexstirpationen medikamentöse Einlagen legt, ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen der Vitalexstirpation (Durchführung in einer Sitzung bei keimarmer bzw. steriler Situation) nicht vorgelegen haben. Es wäre deshalb durchaus angemessen gewesen und von der Kammer nicht beanstandet worden, wenn der Beklagte bei seiner Kürzung an der Nr. 28 ansetzt und hier bei Ausübung seines Gestaltungsermessens eine Kürzung vorgenommen hätte. Zu Gunsten der Klägerin hat der Beklagte jedoch eine Umwandlung des geringen Anteils von 20 % der Leistungen in eine Trepanation vorgenommen. Diese Vorgehensweise (Umwandlung des Anteils von 20 % in eine Nr. 31-Trep1 statt Kürzung eines Anteils der Nr. 28-VitE) wird durch die Kammer nicht beanstandet.

Die Höhe der Kürzung von 30 % bei der Nr. 38 (N) wurde ebenfalls ermessensfehlerfrei festgelegt. Die Prüfgremien müssen das Ausmaß der Unwirtschaftlichkeit nicht exakt rechnerisch feststellen, wenn sie sich mit einer Kürzung begnügen, die sich zweifelsfrei noch im Rahmen des unwirtschaftlichen Mehrbetrages hält (vgl. BSG SozR 3 - 2500 § 106 Nr. 15 S. 39). Die Klägerin bleibt auch nach Kürzung in einem offensichtlichen Missverhältnis von 303 % bis 514 %. Damit ist die Kürzung von 30 %, bei der der Klägerin immerhin noch ein Mehraufwand von 70 % zugestanden wird, nicht zu beanstanden.

Die angefochtenen Bescheide des Beschwerdeausschusses leiden auch nicht an erheblichen Begründungsmängeln. Zwar muss auch im Kassenarztrecht ein Verwaltungsakt begründet werden (§ 35 SGB X). In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (§ 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid jedoch gerecht. Die Begründungsanforderungen sind von Fall zu Fall verschieden und richten sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des Einzelfalles (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 23 S. 128). Danach reicht es aus, wenn dem Betroffenen die Gründe der Entscheidung in solcher Weise und in solchem Umfang bekanntgegeben werden, dass er seine Rechte sachgemäß verteidigen kann. Die Verwaltung darf sich deshalb auf die Angabe der maßgebend tragenden Erwägungen beschränken und braucht Gesichtspunkte und Umstände, die auf der Hand liegen oder dem Betroffenen bekannt sind, nicht nochmals ausführlich darzulegen (vgl. BSG a.a.O.). Die Prüforgane haben bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit, bei der Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und dessen Bewertung einen Beurteilungsspielraum. Ihre Entscheidungen sind rechtmäßig, wenn alle für die jeweilige Fragestellung erheblichen Tatsachen berücksichtigt wurden und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen sachlich vertretbar sind. Damit dies nachgeprüft werden kann, müssen die Beurteilungsgrundlagen sowie die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe im Bescheid genannt und soweit erforderlich, erläutert werden.

Derart schwerwiegende Verstöße gegen das Begründungserfordernis sieht die Kammer hier nicht. Es ist der Klägerin zuzugestehen, dass die Bescheide des Beklagten aufgrund ihrer Länge und Ausführlichkeit häufig eine klare Struktur vermissen lassen. Andererseits dürfen die Anforderungen an die Darlegungen nicht überspannt werden, zumal sich gerade Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung regelmäßig an einen sachkundigen Personenkreis richten (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 23 S. 128). Die Ausführungen müssen danach nur erkennen lassen, wie das Behandlungsverhalten des Arztes bewertet wurde und auf welchen Erwägungen die getroffene Kürzungsmaßnahme beruht (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 41 S. 225). In diesem Zusammenhang ist es rechtlich unbedenklich, wenn der Beklagte zunächst eine Praxisbesonderheit ablehnt, der Klägerin aufgrund ihres besonderen Behandlungsschwerpunktes gleichwohl einen Mehrbedarf zuerkennt. Bei der Würdigung des Behandlungsschwerpunktes der Klägerin handelt es sich nach Auffassung der Kammer um die intellektuelle Prüfung. Entscheidend ist, dass sich der Beklagte mit der Behandlungsweise der Klägerin auseinandergesetzt hat. Es war der Klägerin daraufhin auch möglich, die aufgeführten Tatsachen nachzuprüfen und ihre Rechte sachgerecht wahrzunehmen.

II.

Sofern der Beklagte in dem Bescheid vom 03.03.2003 weiterhin für insgesamt 59 Fälle die Festsetzung eines sonstigen Schadens bei Verordnung der Intubationsnarkose festsetzt, verletzt dies die Klägerin rechtswidrig in ihren Rechten. Der Bescheid war insoweit aufzuheben.

Dabei lag ein Verstoß gegen Verfahrensgrundsätze nicht vor. Nach dem Prüfantrag der Beigeladenen zu 2) vom 14.02.2002 sollte "namens und im Auftrag aller Krankenkassenverbände" die Feststellung eines sonstigen Schadens nach § 15 f. der Prüfvereinbarung wegen unwirtschaftlich veranlasster Narkosen erfolgen. Dieser Prüfantrag ist rechtlich nicht zu beanstanden. Nach der Prüfvereinbarung der Zahnärzte Sachsen vom 01.03.1995 in der Fassung vom 01.05.1997 können die Prüfungseinrichtungen als Ergebnis des Prüfverfahrens einen sonstigen Schaden dem Grunde und der Höhe nach feststellen (§ 15 f der Prüfvereinbarung). Auf Bundesebene regelt § 20 Abs. 6 BMV-Z im Primärkassenbereich, dass die Anträge der Krankenkassen zu begründen sind. Im Ersatzkassenbereich regelt § 15 Abs. 2 EKV-Z, dass den Anträgen Rezeptblätter und die dazugehörigen Behandlungsausweise anzufügen sind. Der Vortrag der Beigeladenen zu 2), es bestehe Grund zu der Annahme, dass den Krankenkassen ein Schaden aus Vielverordnungen von Narkosen entstanden ist, stellt nach Auffassung des Gerichts eine hinreichende Begründung dar. Unschädlich ist auch, dass für den Ersatzkassenbereich entgegen § 15 Abs. 2 EKV-Z Rezeptblätter und Behandlungsausweise nicht beigefügt wurden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass unter der Geltung des § 106 Abs. 5 Satz 1 SGB V (in der Fassung des GKV-GRG 2000) das Amtsverfahren das Antragsverfahren abgelöst hat. Nach § 106 Abs. 5 Satz 1 SGB V führt der Prüfungsausschuss die Prüfungen nach Abs. 2 durch. Er entscheidet, ob der Vertrags(zahn-)arzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind (§ 106 Abs. 5 Satz 1, 2. HS SGB V). Die Prüfungsinstanzen werden somit von Amts wegen tätig. Das Verfahren zur Feststellung eines sonstigen Schadens ist eine Wirtschaftlichkeitsprüfung im weiteren Sinne, denn nach der Rechtsprechung des BSG besteht eine Schadensfeststellungskompetenz der dafür zuständigen Prüfungseinrichtungen innerhalb des Rechtszwecks der Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgung der Kranken, wobei eine schlechte, mangelhafte, und nicht ordnungsgemäß erbrachte Leistung zugleich eine unwirtschaftliche Leistung ist (vgl. BSG SozR 1500 § 70 Nr. 3 S. 6; SozR 3-5540 § 38 Nr. 1 S. 3; Bayrisches LSG, Urt. v. 23.09.1998, Az.: L 12 KA 518/97). Dies hat zur Folge, dass auch hinsichtlich der Feststellung des sonstigen Schadens das ursprüngliche Antragsverfahren durch das Amtsverfahren abgelöst wurde.

Nach der st. Rspr. des BSG war bereits vor In-Kraft-Treten des GKV-GRG 2000 eine fehlende oder unzureichende Antragstellung der Krankenkassenverbände auf Feststellung eines sonstigen Schadens unschädlich. Die Antragstellung setzte auch nach der alten Rechtslage trotz des Antragserfordernisses keinen formgebundenen, qualifizierten Prüfantrag voraus (vgl. BSG, Urt. v. 27.06.2001, B 6 KA 66/00 R, SozR 3-2500 § 106 Nr. 53). Ein wirksamer Prüfantrag konnte auch in einem schlüssigen Verhalten eines Antragsberechtigten liegen und auch noch nachträglich während des laufenden Prüfverfahrens gestellt werden (BSG SozR 3-5533 Allg. Nr. 2 S. 10). Seit Geltung des 4. Euro-Einführungsgesetzes (m.W.v. 01.01.2001) kann ein erforderlicher Antrag noch bis zum Abschluss der letzten mündlichen Verhandlung gestellt werden (§ 41 Abs. 1 Nr. 1 SGB X). Aus der Formulierung in § 41 Abs. 2 SGB X ergibt sich, dass der Antrag ohne zeitliche Begrenzung nachgeholt werden kann. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich die Kammer anschließt, sind die antragstellenden Institutionen auch nicht verpflichtet, ihre Prüfanträge näher zu spezifizieren, denn die Prüfgremien sind ohnehin zur gesamten Überprüfung der Wirtschaftlichkeit berechtigt und verpflichtet (vgl. BSGE 78, 278, 284).

Der Beklagte hatte auch als zuständiges Prüforgan über den Antrag zu entscheiden. Nach § 23 Abs. 1 BMV-Z bzw. § 15 Abs. 3 EKV-Z sind die Prüforgane im Rahmen der Überwachung der Wirtschaftlichkeit der zahnärztlichen Behandlungs- und Verordnungstätigkeit auch für die Feststellung des "sonstigen Schadens" zuständig, den der Vertragszahnarzt in Folge schuldhafter Verletzung vertragszahnärztlicher Pflichten einer Krankenkasse verursacht hat.

Der Beklagte hat jedoch rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen eines sonstigen Schadens dem Grunde sowie der Höhe nach angenommen.

Voraussetzung für den Anspruch einer Krankenkasse auf Ersatz eines sonstigen Schadens durch einen Vertragszahnarzt ist die Verletzung einer vertragszahnärztlichen Pflicht, ein hieraus resultierender Schaden sowie ein schuldhaftes, also zumindest fahrlässiges Verhalten des Vertragszahnarztes (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 52, S. 280, 283; Urt. v. 14.03.2001, B 6 KA 18/00 R, Urt. v. 30.01.2002, B 6 KA 9/01 R). Eine Verletzung der vertragszahnärztlichen Pflichten muss sich in sämtlichen der 59 gerügten Fälle nachweisen lassen. Das heißt, der Beklagte muss für jeden der gerügten Fälle darlegen, dass die Indikation zur Behandlung unter ITN nicht vorgelegen hat. Zur Begründung des festgestellten sonstigen Schadens sind auch hier die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen (§ 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Jedenfalls die maßgebend tragenden Erwägungen, die zur Schadensfestellung geführt haben, müssen so ausführlich dargelegt werden, dass es dem Vertragszahnarzt möglich ist, sich sachgerecht zu verteidigen (vgl. bereits oben I. zu den Begründungserfodernissen). Hier beschänkt sich der Beklagte in der Begründung seines Bescheides darauf, dass die Indikation "eingeschränkte Mundöffnung" besonders häufig vorkomme, und allein diese Feststellung, sowie die Diagnose "Dentophobie", nicht zur Durchführung einer Behandlung in Narkose berechtigen. Gleiches gelte für die Notwendigkeit einer Extraktion oder operativen Entfernung von Zähnen im akuten Entzündungszustand oder in Fällen eines verstärkten Würgereizes. Schließlich führt der Beklagte allgemein aus, dass der Vertragszahnarzt darüber zu entscheiden habe, ob aus zahnmedizinischer Sicht eine Narkose angezeigt ist. Dabei ist dem Beklagten zwar zuzustimmen, dass eine Pflichtverletzung vertragszahnärztlicher Pflichten zu vermuten ist. Aus den Darlegungen der Klägerin ergibt sich, dass sie vielfach davon ausgegangen ist, aufgrund des Überweisungsauftrags an die Behandlung unter ITN gebunden zu sein. Die vielfach vertretene Auffassung, der auf Überweisung tätig werdende Arzt habe keinen Einfluss auf die von ihm erbrachte Leistung, trifft nicht zu (vgl. BSG, Urt. v. 28.01.1998, Az.: B 6 KA 96/96 R). Der ausführende (Zahn-)Arzt hat Art und Umfang der notwendigen Leistungen selbst zu bestimmen. Die Klägerin hat deshalb in jedem Einzelfall selbst darüber zu entscheiden, ob aus zahnmedizinischer Sicht die Behandlung unter ITN angezeigt ist. Anderenfalls verstößt sie gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V. Die generellen Ausführungen des Beklagten, die im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach statistischen Durchschnittswerten durchaus im Rahmen der Ermessensausübung geeignet wären, eine Kürzung zu rechtfertigen, reichen jedoch nicht aus, für 59 namentlich benannte Patienten die Feststellung eines sonstigen Schadens zu begründen. Hier hätte der Beklagte in jedem Einzelfall darlegen müssen, ob und warum die Indikation der ITN nicht angezeigt war. Dies ist vorliegend nur für die drei Beispielsfälle Alexandra H., Janine H. und Sybille L. erfolgt. Für die verbliebenen 56 Fälle ist es der Klägerin aber nicht möglich darzulegen, warum gleichwohl keine Verletzung einer vertragszahnärztlichen Pflicht vorlag. Es mag sein, dass auch die übrigen 56 Fälle nochmals im Einzelnen geprüft wurden, wie schriftsätzlich vorgetragen. Dem Bescheid vom 03.03.2003 lässt sich dies jedoch nicht entnehmen. Ausführungen dazu, in welchen namentlich zu benennenden Fällen gegen welche vertragszahnärztliche Pflicht verstoßen wurde, fehlen. Der Beklagte darf sich auch nicht auf die Ausführungen des Prüfungsausschusses beziehen, da er eine eigenständige Prüfung der Feststellung des sonstigen Schadens vorzunehmen hat. Dies ergibt sich bereits daraus, dass es sich bei den Verfahren vor den Beschwerdeausschüssen um selbständige Verwaltungsverfahren handelt. Das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss "gilt" gemäß § 106 Abs. 5 Satz 6 SGB V als Vorverfahren im Sinne von § 78 SGG. Es ist somit nicht mit dem Widerspruchsverfahren nach § 78 ff. SGG gleichzustellen (vgl. BSGE 74, 59, 61). Die Prüffunktion des Beschwerdeausschusses beschränkt sich nicht auf die einer Widerspruchsstelle. Vielmehr handelt es sich um eine umfassende zweite Verwaltungsinstanz (BSG a.a.O.; BSGE 72, 214, 220; BSGE 62, 24, 32; BSG SozR 2200 § 368n Nr. 36).

Zurecht verweist die Beigeladene zu 1) darauf, dass der Beklagte bei der Prüfung der Pflichtverletzung des Zahnarztes auf der ersten Stufe der Feststellung eines sonstigen Schadens stehengeblieben ist. Es fehlen insbesondere Ausführungen dazu, dass die Klägerin schuldhaft, also zumindest fahrlässig gehandelt hat. Der Klägerin muss bei der Feststellung eines sonstigen Schadens nachgewiesen werden, dass sie wider besseren Wissens die ITN veranlasst hat (Vorsatz) oder augenfällige Zweifel am Bestehen der Indikation zur Behandlung unter ITN verdrängt hat (Fahrlässigkeit). Ausführungen dazu lassen sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen.

Auch fehlt die Kausalität zwischen behaupteter Pflichtverletzung und festgestelltem Schaden. Nach Auffassung der Kammer ist bei der Feststellung des sonstigen Schadens im Vertragszahnarztrecht wie im Zivilrecht der eingetretene Schaden in der Regel nach der Differenzhypothese zu berechnen. Das bedeutet, dass die tatsächliche Vermögenslage der durch die vertragswidrige Behandlung geschädigten Krankenkasse mit der hypothetischen Vermögenslage ohne das schädigende Ereignis zu vergleichen ist (vgl. LSG Bayern, Urt. v. 28.11.2001, L 12 KA 515/99). Hier sind die Schadensberechnungen der KKH, der DAK, der GEK, der Barmer Ersatzkasse, der Novitas Vereinigte BKK, der BKK für Heilberufe und der AOK Sachsen bereits aus sich heraus nicht nachvollziehbar. Die genannten Krankenkassen haben jeweils einen Wert bestimmt oder geschätzt, der ihrer Meinung nach die entstandenen Kosten für die ITN-Behandlungen darstellt. Wie der Wert ermittelt wurde, ist nicht ersichtlich. Auch sofern von einigen Krankenkassen (hier der Salus BKK und IKK Sachsen) Kostenaufstellungen vorgelegt wurden, aus denen sich die ermittelten Werte erschließen, stellen diese Kostenaufstellungen nicht den entstandenen Schaden dar. Diese Kassen haben (wie vermutlich auch die anderen Krankenkassen) jeweils die durch die Anästhesistin abgerechneten Gebührennummern des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes der Ärzte (EBM-Ä) addiert und dem jeweiligen Ersatz- bzw. Primärkassenpunktwert multipliziert. Diese Kostenermittlung lässt bereits unberücksichtigt, dass diese Summen der mit der ITN beauftragten Anästhesistin nicht ausbezahlt wurden. Für den abrechnenden Anästhesisten erfolgt die Honorarberechnung im streitigen Jahr 2000 unter Anwendung der Grundsätze der Praxisbudgets (vgl. Teil B Nr. 1.5 der allgemeinen Bestimmungen des EBM-Ä). Es ist deshalb anzunehmen, dass der Anästhesistin nur ein gekürzter, budgetierter Anteil der abgerechneten Punktmenge vergütet wurde. Die von den Krankenkassen geforderten Kosten entsprechen somit bereits nicht dem Honorar, das tatsächlich der Anästhesistin vergütet wurde. Der Beklagte hat es unterlassen, die jeweils konkret vergütete Punktmenge zu ermitteln und der Schadensfeststellung zugrunde zulegen. Auch deshalb war der angefochtene Bescheid aufzuheben, da die geforderten 9.517,05 EUR nicht nachvollziehbar sind.

Bei der Ermittlung des entstandenen Schadens unter Anwendung der Differenzhypothese hätte der Beklagte ferner ermitteln müssen, welche hypothetischen kostenauslösenden Leistungen durch die Behandlung unter ITN erspart wurden. Hierfür hätte der Beklagte nach dem auch für das Verfahren zur Feststellung eines sonstigen Schadens geltenden Untersuchungsgrundsatzes (§ 20 SGB X) ergänzende Ermittlungen durchführen müssen. Hier wurde nicht ermittelt, welche Kosten durch die Behandlungsweise der Klägerin im Bereich der Anästhesie erspart wurden (z.B. Leitungsanästhesie - L1 oder Infiltrationsanästhesie - I). Ferner wurde nicht geprüft, welche erhöhten Kosten dadurch erspart wurden, dass die Behandlung unter ITN (z.B. Entfernung aller vier Weisheitszähne in einer Sitzung) mehrere ansonsten erforderlich gewordene Sitzungen unter Lokalanästhesie ersetzt hat. Hierzu wäre der Beklagte bei der Festsetzung des sonstigen Schadens verpflichtet gewesen. Anders als bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach statistischen Vergleichswerten muss der Beklagte die Tatbestandsvoraussetzungen belegen. Dies betrifft bei der Feststellung eines sonstigen Schadens auch die konkrete Schadenshöhe. Lässt sich dieser Sachverhalt trotz der gebotenen Ermittlungen nicht aufklären, tragen die Prüforgane, die für die Krankenkassenverbände einen Schadensersatzanspruch feststellen, hierfür die objektive Beweislast.

Letztlich dürfte der Schaden im Einzelfall schwerlich zu beziffern sein. Die Krankenkassen entrichten nach § 85 SGB V an die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütung mit befreiender Wirkung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung ihrer Versicherten. Die beigeladenen Krankenkassen haben somit durch Entrichtung der Gesamtvergütung die durch die Anästhesistin vorgenommenen Leistungen bereits vergütet. Nachforderungen können an die Krankenkasse nach dem System der Gesamtvergütungsvereinbarungen nicht gestellt werden. Rückzahlungen erfolgen ebenfalls nicht. Deshalb lässt sich bei Anwendung der Grundsätze der gedeckelten Gesamtvergütung ein konkreter, auf den Einzelfall bezogener Schaden bei den Krankenkassen schwerlich nachweisen. Die Kammer folgt insoweit der Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.03.1997 (Az. L 11 Ka 42/96) nicht. Die dortige Begründung, dass ein Schaden entstanden sei, weil auf Veranlassung des Zahnarztes und ohne erkennbare medizinische Indikation ITN von Anästhesisten durchgeführt und abgerechnet worden sind, überzeugt nicht. Die Prüfung, ob auf Veranlassung des Zahnarztes Intubationsnarkosen ohne Indikation veranlasst wurden, stellt sich als Prüfung des Tatbestandsmerkmals "Verstoß gegen die vertragszahnärztlichen Pflichten" dar, und begründet nicht das Entstehen eines kausalen Schadens. Auch der Hinweis darauf, dass andernfalls die gesetzlichen Regelungen zur Wirtschaftlichkeitsprüfung leerlaufen würden, kann nicht der Begründung eines Schadens dienen. Bei der Feststellung des sonstigen Schadens haben die Prüfgremien den kausal entstandenen Schaden genau zu ermitteln. Sollte dies nicht möglich sein, lässt sich der Schadensersatzanspruch zu Lasten des Arztes nicht durchsetzen. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass jegliche Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgeschlossen ist. So bleibt es den Prüfgremien beispielsweise unbenommen, im Wege der Einzelfallprüfung jeden von der Klägerin in ITN durchgeführten chirurgischen Eingriff (Osteotomie, Germektomie, Wurzelspitzenresektionen oder Zystektomie etc.) nach § 106 SGB V zu prüfen und bei festgestellter Unwirtschaftlichkeit das Honorar der Klägerin entsprechend zu kürzen.

Die hier von dem Beklagten gewählte Prüfung und Feststellung eines sonstigen Schadens ist jedoch nicht geeignet die von der Klägerin möglicherweise ohne nachvollziehbare Indikation verordneten ITN zu sanktionieren.

Danach war wie festgestellt zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und berücksichtigt den Umstand, dass die Klägerin zu 3/4 obsiegte und zu 1/4 unterlag.

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Rechtskraft
Aus
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