L 16 RJ 579/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 10 RJ 90/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 579/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RJ 258/04 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 4. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Zahlung von Altersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres an den Kläger und dabei insbesondere über eine Änderung des Geburtsdatums.

Der Kläger stellte bereits 1993 einen Antrag auf Kontenklärung. Er hält sich seit 1968 in der Bundesrepublik auf und war hier versicherungspflichtig als Zimmerer beschäftigt. Er legte einen Personalausweis vor, in dem das Geburtsdatum von 1944 auf 1932 geändert war. In der Akte der Beklagten befindet sich die Versicherungskarte Nr. 1, in der die Adresse "D. A. M. K.str., der Geburtsort K. und das Geburtsdatum 1944" vermerkt ist.

Der Kläger legte 1992 ein Urteil des Amtsgerichts K. vom 19.09.1991 vor, das Geburtsdatum des Antragstellers A. D. von bisher 1944 auf den 1932 zu berichtigen. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Gericht habe die standesamtlichen Urkunden über den Kläger geholt und überprüft. Hiernach laute das Geburtsdatum 1944. Er sei ins Krankenhaus überwiesen worden, um ein Gutachten über sein Lebensalter erstellen zu lassen. In diesem Gutachten werde ausgeführt, der Kläger sei 50 bis 60 Jahre alt. Aufgrund der Beobachtung während der mündlichen Verhandlung komme das Gericht zu der Einsicht, dass diese Auffassung der Ärzte zu teilen sei.

Unter einer Versicherungsnummer 14121032 D 020 hat die Beklagte am 04.05.1993 einen Versicherungsverlauf und eine Rentenauskunft erstellt.

Einen weiteren Versicherungsverlauf erhielt der Kläger am 12.07.1996.

Einen Formblattrentenantrag auf Regelaltersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres stellte der Kläger am 01.09.1997 bei der LVA Oberbayern. Der Kläger gab sein Geburtsdatum im Rentenantrag mit 1932 an.

Vorgelegt wurde ein Auszug aus dem türkischen Einwohnerbuch mit dem Vermerk, dass das Geburtsdatum des Klägers am 19.09.1991 von bisher 1944 auf 1932 geändert wurde.

Der Kläger selbst gab an, ca. bis zu seinem 25. Lebensjahr bei seinem Vater in der Landwirtschaft mitgeholfen zu haben. 1964 bis 1966 habe er die Militärzeit in Ismir abgeleistet. Versicherungspflichtige Beschäftigungen in der Türkei habe er nicht ausgeübt.

Mit Bescheid vom 14.11.1997 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab mit der Begründung, es sei nicht möglich, die Änderung des Geburtstags auf den 1932 anzuerkennen, es sei weiterhin das nachgewiesene Geburtsdatum 1944 anzunehmen. Eine im Jahre 1992 durchgeführte Änderung der Versicherungsnummer sei zu Unrecht erfolgt und bewirke keine Rechtsbindung.

Der Kläger erhob gegen den Bescheid Widerspruch. Er wies auf die Berichtigung der Versicherungsnummer und die erteilte Rentenauskunft hin. Er habe sich darauf verlassen, dass die neue Versicherungsnummer gültig sei. Zur Frage, in welchen Jahren er Wehrdienst geleistet habe, teilte er mit, keine genauen Angaben machen zu können. Wehrpass und Schulzeugnisse lägen nicht vor. Der Arbeitgeber habe ihn aufgrund seines Alters ausgestellt. Er bitte daher um Altersrente.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, sowohl im türkischen Einwohnerbuch als auch im Pass des Widerspruchsführers sei bis zum Jahre 1991 das Geburtsjahr 1944 eingetragen gewesen. Das Gutachten, mit dem das türkische Gericht die Änderung vorgenommen habe, liege nicht vor. Der Kläger habe auch keine neuen Beweismittel oder genaue Angaben zu seinem Lebenslauf machen können. Damit sei nicht nachgewiesen, dass er bereits im Jahre 1932 geboren sei.

Mit der Klage vom 12.01.1998 begehrt der Kläger weiter die Regelaltersrente. Zur Begründung trug er vor, in der Türkei sei es üblich gewesen, Geburten erst spät beim Standesamt registrieren zu lassen. Da die Geburtsmeldung meist mehrere Jahre später erfolgte, sei das Geburtsdatum geschätzt worden. Auf diese Weise sei sein Alter mit 1944 falsch registriert worden. Er habe deshalb die entsprechende Klage auf Änderung des Geburtsdatums bei dem zuständigen türkischen Gericht erstritten. Er sei 1964 zum Militärdienst eingezogen worden. Dies sei aber erfolgt, weil er laut Eintragung 1944 geboren sei. Hinsichtlich des Schulzeugnisses habe er die fünfklassige Grundschule in K. im Jahre 1954 abgeschlossen.

Mit Schriftsatz vom 13.07.1999 machte der Klägerbevollmächtigte geltend, dass die zwischenzeitlich erfolgte BSG-Rechtsprechung bzw. die Rechtsänderung im Falle des Klägers nicht zur Anwendung kommen könne, da dieser bereits vor In-Kraft-Treten des § 33a SGB I die Leistung beantragt habe.

Vorgelegt wurde eine Bescheinigung des Kultusdirektors über den Schulbesuch 1947 in der zweiten Klasse der Grundschule durch den Kläger.

Die Beklagte wies darauf hin, die Schulbescheinigung lasse zwar den Schluss zu, dass das ursprünglich angegebene Geburtsdatum 1944 unzutreffend sei. Als Nachweis im Sinne von § 33a Abs.2 SGB I für das nunmehr geltend gemachte Geburtsdatum 1932 könne diese Bescheinigung aber nicht dienen, da der Kläger dann beim Besuch der zweiten Grundschulklasse bereits 15 Jahre alt gewesen wäre.

Der Klägerbevollmächtigte vermerkte, die Beklagte gehe offensichtlich auch davon aus, dass das ursprünglich angegebene Geburtsdatum unzutreffend sei. Es werde deshalb beantragt, ein ärztliches Sachverständigengutachten einzuholen.

Das Sozialgericht (SG) befragte Dr.L. nach möglichen zuverlässigen medizinischen Methoden zur Klärung des Alters. Dr. L. teilte mit, dass es nach ihren Recherchen unseriös sei, anhand von Oberarm- oder Oberschenkel-Röntgenaufnahmen das Alter zu bestimmen. Im Rechtsinstitut Kiel gebe es aber einen Mitarbeiter, der aufgrund einer Zahnanalyse mit einer Differenz von 2 bis 3 Jahren das Alter ermitteln könne. Der optische Gesamteindruck eigne sich hingegen nicht für die Feststellung des Alters.

Der vom SG beauftragte Prof.Dr.L. teilte mit, dass der Auftrag, das wahre Alter des Klägers festzustellen, nicht in seine fachliche Kompetenz falle. Er empfahl, Prof.Dr.R. in U. zu beauftragen.

Dieser Empfehlung folgend beauftragte das SG Prof.Dr.R ... Dieser führte in seiner Stellungnahme vom 09.02.2001 aus, dass durch alle biologischen und medizinischen Methoden nur das physiologische Alter eines Menschen bestimmt werden könne und nicht das chronologische. Letzteres sei nur durch Dokumentation erreichbar. Aufgrund der starken genetischen Determination der ontogenetischen Altersentwicklung von Menschen sei die Korrelation zwischen physiologischem und chronologischem Alter hoch. Für die Altersdiagnose eines älteren Menschens sei die Razemisierung der Asparaginsäure die Methode der Wahl, allerdings betrage der mittlere Fehler nach den sieben bisherigen Studien 2,6 Jahre. Andere Methoden seien mindestens zweite Wahl. Der Schätzfehler bei der Methode der Auszählung von Zahnzementringen betrage 5,1 Jahre.

Die Beklagte wies darauf hin, dass eine Änderung des Geburts- datums nach dem Wortlaut des § 33a SGB I nur dann in Betracht komme, wenn sich aus einer Urkunde, deren Original nachweisbar vor dem Zeitpunkt der Erstangabe des Geburtsdatums gegenüber einem Sozialleistungsträger ausgestellt wurde, ein anderes Geburtsdatum ergebe.

Mit Schriftsatz vom 13.06.2001 ging der Klägerbevollmächtige auf das Ergebnis des Gutachtens ein und wies darauf hin, dass dem Kläger kein in jüngerer Zeit extrahierter Zahn zur Verfügung stehe. Auch die Schulbescheinigung müsse als Beweismittel für die Berichtigung des Geburtsdatums gewertet werden. Aus dieser ergebe sich, dass der Kläger jedenfalls nicht 1944 geboren sein könne. § 33a SGB I sei verfassungswidrig und verstoße unter anderem gegen den Assoziationsvertrag zwischen der EU und der Türkei. Die Feststellung des Geburtsdatums müsse vielmehr unter Ausschöpfung aller erreichbaren und tauglichen Beweismittel erfolgen.

Mit Schriftsatz vom 07.08.2001 ließ der Kläger mitteilen, er sei bereit, sich einen Zahn extrahieren zu lassen, nicht jedoch die Klage zurückzunehmen.

Das SG wies im Schreiben vom 23.04.2002 darauf hin, dass es nach der Erörterung in der mündlichen Verhandlung die zahnärztliche Maßnahme nicht für geeignet halte, um das exakte Alter des Klägers zu bestimmen. Es sei beabsichtigt, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.

Mit Gerichtsbescheid vom 04.10.2002 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, es sei nicht nachgewiesen, dass der Kläger das 65. Lebensjahr bereits vollendet habe. Aus der Gesamtschau der Beweislage ergebe sich, dass das behauptete Geburtsdatum 1932 nicht nachzuweisen sei und das bisher angenommene Geburtsdatum weiterhin zutreffe. Der Kläger habe ursprünglich das Geburtsdatum 1944 angegeben. Die Beklagte sei an die durch das türkische Gerichtsurteil von 1991 durchgeführte Änderung des Geburtsdatums nicht gebunden. Wie das Bundessozialgericht mehrfach entschieden habe, sei bei der Feststellung des Geburtsdatums eines Ausländers eine Bindung an Personenstandseintragungen im Ausland nicht gegeben, deshalb könne das Urteil des türkischen Gerichts keine Rechtswirkung entfalten (Urteil des BSG vom 13.10.1992, Az.: 5 RJ 16/92, vom 09.09. 1993, Az.: 5 RJ 52/92). Im Übrigen nahm das Gericht gemäß § 136 Abs.3 SGG auf die Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheides Bezug.

Mit Schriftsatz vom 15.11.2002 legte der Klägerbevollmächtige Berufung gegen den ihm am 17.10.2002 zugestellten Gerichtsbescheid ein. Diese Berufung begründete er schriftsätzlich am 11.12.2002 mit der Berichtigung des Geburtsdatums durch das Urteil des Amtsgerichts K ... Im Übrigen sei der Kläger bei seinem Arbeitgeber, der Firma M., wegen Erreichens der Altersgrenze im Oktober 1997 ausgeschieden. Dem SG sei zuzustimmen, dass sich die Feststellung des Geburtsdatums des Klägers nicht nach § 33a SGB I richte, da diese Vorschrift erst mit Wirkung vom 01.01. 1998 in Kraft getreten sei. Deshalb sei das Geburtsdatum des Klägers in freier Beweiswürdigung zu ermitteln. Aufgrund der Schulbescheinigung sei festzustellen, dass das von der Beklagten angenommene Geburtsdatum von 1944 nicht richtig sein könne. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Prof.Dr.R. könne durch eine zahnärztliche Methode das Geburtsdatum des Klägers mit einer Fehlerquote von ca. 2,6 Jahren durch Analyse des Zahnes ermittelt werden. Das SG habe es versäumt diesen Beweis zu erheben. Dies führe dazu, dass das Geburtsjahr des Klägers etwa auf das Jahr 1934 bestimmt werden könne, so dass dem Kläger zumindestens jetzt Altersrente gewährt werden müsse.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 04.10. 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14.11.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Altersrente ab 01.11.1997 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagte, des Sozialgerichts München und des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.

Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid zu Recht die Klage abgewiesen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung der Regelaltersrente ab dem 01.11.1997. Nicht streitig ist in diesem Fall die Vergabe der Versicherungsnummer.

Für den Anspruch des Klägers nach § 35 SGB VI auf Regelaltersrente ist es erforderlich, die Vollendung des 65. Lebensjahres festzustellen. Für die Berechnung von Fristen und die Bestimmung von Terminen gelten nach § 26 Abs.1 des SGB X die §§ 187 bis 193 des BGB entsprechend. Das 65. Lebensjahr vollendet der Kläger hiernach mit dem Ablauf des dem 66. Geburtstag vorhergehenden Tages; hierbei zählt der erste Geburtstag als der Tag der Geburt (BSG in SozR Nr.13 zu § 1290 RVO, BSG-Urteil vom 29.11.1985, Az.: 4a RJ 9/95). Für den Fristbeginn ist mithin der Tag der Geburt des Klägers zu ermitteln. Diese Ermittlungen konnten nicht mit der erforderlichen Gewissheit abgeschlossen werden, das heißt, es bestehen zwar Zweifel über den Tag der Geburt des Klägers, dieser konnte aber nicht festgestellt werden und es stehen auch keine Beweismittel zur Verfügung, die einen Nachweis erbringen konnten.

Wie das BSG in seinem Urteil vom 29.11.1985 ausgeführt hat und wie auch die späteren Urteile anderer Senate des BSG zitieren, ist im inländischen Regelfall durch die Personenstandseintragung der Tag der Geburt nachgewiesen. Da bekanntermaßen die Personenstandsbücher in der Türkei nicht entsprechend geführt wurden und Geburtseintragungen teilweise sogar mehrere Jahre später erst erfolgt sind, kann der Beweis durch die Eintragung in den Personenstandsbüchern für türkische Staatsangehörige nicht geführt werden. Demgemäß gilt die Beweiskraft der §§ 60 Abs.1 Satz 1, 66 Personenstandsgesetzbuch (PstG) nicht für eine ausländische Geburtsurkunde. Der Inhalt unterliegt im Gerichtsverfahren - nicht anders als ihre Echtheit - der richterlichen Beweiswürdigung. Dabei ist, wie das BSG wiederholt entschieden hat, auch die Aussage der türkischen Zivilgerichtsurteile einzubeziehen. Allerdings unterliegt das türkische Urteil der Beweiswürdigung durch den erkennenden Senat, denn das BSG hat wiederholt entschieden, dass Urteile türkischer Zivilgerichte die deutschen Behörden und Gerichte nicht binden. Die türkischen Urteile ordnen eine Berichtigung der türkischen Personenstandsregister an; sie können keine weitergehende Wirkung haben, als die aufgrund des Urteils berichtigten Eintragungen türkischen Personenstandsregisters selbst (so wiederholt BSG z.B. im Urteil vom 29.11.1985, a.a.O.).

Im Falle des Klägers ist dem türkischen Urteil nicht zu entnehmen, auf welche Beweismittel sich die dortige Änderung des Geburtsdatums stützt. Gerade aus den Gründen des türkischen Urteils ergibt sich nicht, welche Aussagen die offensichtlich gehörten Zeugen gemacht haben. Vielmehr legen die Ausführungen nahe, dass das Gericht allein aufgrund des Augenscheins die Änderung des Geburtsdatums verfügt hat. Es wird außerdem Bezug genommen auf ein medizinisches Gutachten, in dem ausgeführt wurde, dass der Kläger 50 bis 60 Jahre alt sein könne. Daraufhin hat das Gericht nach dem anatomischen Aussehen des Klägers während der mündlichen Verhandlung seine Überzeugung gebildet. Diese Aussage des medizinischen Gutachtens ist nach Ansicht des erkennenden Senat zu vage und kann daher nicht für eine überzeugende Bestimmung des Geburtsdatums herangezogen werden, vor allem unter Berücksichtigung der Ausführungen von Dr.L. , die ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der optische Eindruck gerade in dieser Altersgruppe sehr unzuverlässig sei. Darüber hinaus gibt diese medizinische Aussage des türkischen Gutachtens ja auch keinen Anhaltspunkt dafür, ob der Kläger zur Zeit der Urteilsfindung nun 50 oder 60 Jahre alt war. Für die Inanspruchnahme der Leistung müsste jedoch der Tag der Geburt nachgewiesen werden. Das türkische Urteil ist deshalb nicht geeignet, die Eintragung des Geburtsdatums 1932 ausreichend zu begründen. Es sind aber auch keine anderen Beweismittel vom Kläger vorgelegt worden, die ein Geburtsdatum 1932 zumindest mit ausreichender Wahrscheinlichkeit nachweisen würden. Gerade die Schulbescheinigung zeigt, dass der Kläger möglicherweise zwar nicht 1944, keinesfalls aber 1932 geboren ist, denn gerade in diesem Alter hätte es bei Einschulung auffallen müssen, wenn der Kläger statt der üblichen ca. 6 bis 7 Jahre bereits ca. 14 Jahre alt gewesen wäre. Die Differenz zwischen dem ursprünglich angegebenen Geburtsdatum 1944 und dem jetzt behaupteten 1932 beträgt schließlich zwölf Jahre. Es ist für den Senat nicht vorstellbar, dass ein 14-jähriger die erste Grundschulklasse besucht hätte, das heißt, der Kläger kann nach diesen Überlegungen nicht vor 1940 geboren sein. Im Übrigen spricht auch dagegen, dass der Kläger bei seiner Ausreise und ersten Arbeitsaufnahme in der Bundesrepublik 1972 als Geburtsdatum den 10.10.1944 angegeben hat, dies also zu einem Zeitpunkt, wo die Angaben noch wesentlich zeitnäher erfolgt sind.

Im Übrigen ist auch die vom Klägerbevollmächtigten jetzt geforderte Bestimmung des Alters durch eine Zahnuntersuchung nach Auffassung des Senat nicht geeignet, ein Geburtsdatum mit der ausreichenden Wahrscheinlichkeit zu bestimmen. Wie der gerichtliche Sachverständige dargestellt hat, liegt die Fehlerquote immerhin noch bei 2,6 Jahren. Deshalb ist diese Methode für eine exakte Altersbestimmung nicht geeignet. Als wesentlich besseren Anhaltspunkt für die Bestimmung des Alters des Klägers scheint dem Senat daher die Schulbescheinigung, danach ist aber festzustellen, dass der Kläger zumindest bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinesfalls das 65. Lebensjahr vollendet haben kann. Ein Anspruch auf Altersrente ist deshalb bisher zu verneinen.

Der Senat hat dem Beweisantrag des Klägers auch aus folgendem Grund nicht entsprochen: selbst wenn man mit der angenommenen Wahrscheinlichkeit durch die Razemisierung der Asparaginsäure nach operativer Entfernung eines natürlich gewachsenen Zahnes unter Berücksichtigung der Fehlerquote ein Geburtsdatum des Klägers im Jahre 1934 oder 1935 festlegen könnte, bedeutete dies einen Rentenbeginn frühestens 1999, so dass damit § 33a SGB I, der am 01.01.1998 in Kraft getreten ist, Anwendung finden müsste. § 33a Abs.1 SGB I bestimmt: Sind Rechte oder Pflichten davon abhängig, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist, ist das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichtenden oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder, soweit es sich um eine Angabe im Rahmen des 3. oder 6. Abschnitts des Vierten Buches handelt, gegenüber dem Arbeitgeber ergibt. Da die Bestimmung des § 33a Abs.1 SGB I am 01.01.1998 in Kraft getreten ist und keine Übergangsvorschrift für bereits laufende Verfahren dazu erlassen wurde, muss § 33a SGB I ab dem 01.01. 1998 Anwendung finden. Gemäß § 37 SGB I findet das Erste und Zehnte Buch für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuches Anwendung, sofern sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt. Da zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens von § 33a SGB I der Kläger zwar den Antrag gestellt hatte, über seinen Anspruch aber noch keine bestandskräftige Entscheidung getroffen war, findet § 33a SGB I deshalb bei noch nicht abgeschlossenem Verfahren Anwendung. Dass § 33a Abs.1 SGB I nicht gegen das Diskriminierungsverbot des Rechts betreffend die Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei verstößt, hat der EuGH in seinem Urteil vom 14.03. 2000 (Az.: C-102/98, C-211/98) bereits entschieden. Im Übrigen ist es ständige Rechtsprechung des BSG, dass keine grundsätzlichen Bedenken verfassungsrechtlicher oder europarechtlicher Art gegen § 33a SGB I bestehen. Das BSG hat in seinen Urteilen vom 05.04.2001 (B 13 RJ 21, 33 und 35/00 R) sowie vom 31.01.2002 (B 13 RJ 9/01 R) und 31.03. 1998 (B 8 KN 5/95 R und B 8 KN 11/95 R) bereits mehrfach entschieden, dass weder gegen den Eigentumschutz des Art.14 Abs.1 GG noch gegen den Gleichheitssatz des Art.3 Abs.1 GG verstoßen wurde. Auch wenn zwar grundsätzlich der künftige Anspruch des Klägers auf Altersrente durch Art.14 Abs.1 GG ein geschütztes Rentenanwartschaftsrecht darstellt, ist die durch die Beitragsleistung angelegte Rechtsposition des Klägers durch § 33a SGB I nicht insgesamt beeinträchtigt oder entzogen worden. Soweit die Vorschrift in das bis zum 31. Dezember 1997 bestehende Recht eingegriffen hat, ist zwar ein Schutzbereich des Rechts aus Art.14 Abs.1 GG tangiert, es handelt sich aber um eine Beeinträchtigung einer noch nicht gesicherten Rechtsposition. Bei der Neuregelung des § 33a SGB I handelt es sich somit um eine Maßnahme, mit der der Gesetzgeber zulässigerweise Inhalt und Schranken des durch Art.14 Abs.1 Satz 1 GG garantierten Eigentums bestimmt hat (vgl. BSG Urteil vom 19.10.2000, Az.: B 8 KN 3/00 R, Rdnr.33). In dieser Entscheidung führt das BSG auch die Gründe aus, die zur Notwendigkeit einer Neuregelung im Sinne des § 33a SGB I geführt haben. Auch in dieser Entscheidung legt das BSG ausführlich dar, aus welchen Gründen auch europarechtlich die Regelung des § 33a SGB I nicht zu beanstanden ist. Diesen Ausführungen kann der Senat nichts Weiteres hinzufügen.

In Hinblick darauf, dass bei noch offenem Verwaltungsverfahren ab 01.01.1998 durch die Bestimmung des § 33a SGB I ein Nachweis eines früheren Geburtsdatums durch das angebotene Beweisverfahren hinfällig geworden ist und das Verfahren selbst nicht geeignet ist, das Geburtsdatum exakt zu bestimmen, musste sich der Senat nicht gedrängt fühlen, diesem Beweisantrag des Klägers stattzugeben. Es handelt sich dabei nicht um eine vorweggenommene Beweiswürdigung, denn bei einem Indizienbeweis darf das Gericht wertende Schlüssigkeitsprüfungen vornehmen und von der Beweiserhebung absehen, wenn eine gestufte Indizienkette mit mehrfachem Wahrscheinlichkeitsurteil eine abnehmende Gesamtwahrscheinlichkeit zur Folge hat und das Gericht deswegen der Auffassung ist, dass die unter Beweis gestellte Hilfstat- sache für den Beweis der Haupttatsache nicht ausreicht (vgl. BVerwG NJW 1998, 3070 sowie Jens Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz - SGG -, § 103 Anm.8c). Die gesamte Einlassung des Klägers, insbesondere die vorgelegte Schulbescheinigung schließt aber ein Geburtsdatum vor dem 1. Januar 1933 nach Überzeugung des Senats aus, so dass weitere Ermittlungen entbehrlich waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 193 SGG.

Gründe, gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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