L 18 U 11/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 U 379/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 U 11/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Unfallversicherungsschutz auf dem Weg zur Kantine kann auch bestehen, wenn ein Versicherter die Kantine nicht während der Arbeitszeit oder in einer Arbeitspause, sondern unmittelbar vor Schichtbeginn aufsuchen will, um sich ein Getränk zu kaufen und in der Kantine zu trinken.
2. Der Weg zur Kantine, um sich ein Getränk zur Mitnahme in die Schicht zu besorgen, kann eine Vorbereitungshandlung darstellen, die unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht.
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 06.11.2003 und der Bescheid der Beklagten vom 23.09.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2002 aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, den Unfall des Klägers vom 25.03.2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.
III. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung und Entschädigung des Ereignisses vom 25.03.2002 als Arbeitsunfall streitig.

Der 1959 geborene Kläger war als Süßwarenarbeiter bei der Firma M. in F. beschäftigt. Am 25.03.2002 rutschte er um 13.25 Uhr laut Unfallanzeige des Beschäftigungsunternehmens beim Treppensteigen auf dem Weg von den Umkleideräumen zur Kantine aus. Er schürfte sich dabei das rechte Knie auf und erlitt einen Basisbruch des 5. Mittelhandknochens der rechten Hand mit Dislokation (Durchgangsarztbericht Dr.S. vom 25.03.2002).

Der Arbeitgeber führte auf Anfrage der Beklagten mit Schreiben vom 29.04.2002 aus, die zeitliche Reihenfolge der Tätigkeiten des Klägers am Unfall habe sich wie folgt dargestellt: "Die Zeit anstempeln, sich umkleiden, vor Arbeitsbeginn Essen und Trinken einzunehmen oder zu besorgen. Der Aufenthalt in der Kantine hätte bis kurz vor Schichtbeginn (14.00 Uhr) gedauert." Auf eine weitere Anfrage der Beklagten hat der Arbeitgeber mitgeteilt, dass sich der Kläger am 25.03.2002 um 13.23 Uhr eingestempelt habe. Das Umkleiden habe etwa 5 Minuten gedauert. Die Arbeitszeit für die Spätschicht beginne um 14.00 Uhr. Der Kläger finde sich immer vor Spätschichtbeginn in der Kantine ein. Dort trinke er vor Arbeitsbeginn eine Flasche Spezi und rauche ein bis zwei Zigaretten. Das Mittagessen habe er bereits zu Hause eingenommen. Die Spätschicht gehe von 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr. Der Kläger sei bei der Arbeit permanent großer Hitze und Staub ausgesetzt.

Mit Schreiben vom 23.09.2002 lehnte die Beklagte eine Entschädigung für das geltend gemachte Unfallereignis ab, da kein Arbeitsunfall vorliege. Der Weg vor Beginn der Arbeitszeit vom Umkleideraum zur Kantine, um dort zu trinken und zu rauchen, sei nicht von Interessen des Betriebes, sondern vom persönlichen Interesse des Klägers geprägt gewesen. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, der Unfall sei auf dem Werksgelände und vor dem Beginn der Arbeitszeit passiert. Er sei vom Umkleideraum zur Kantine gelaufen, um etwas zu trinken und habe vor Schichtübergabe eine Zigarette rauchen wollen. Die Maschinenübergabe erfolge ca. 10 Minuten vor Arbeitsbeginn. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchbescheid vom 26.11.2002 mit der Begründung zurück, der auf der Arbeitsstätte zurückgelegte Weg von der Umkleidekabine zur Kantine, um dort noch etwas zu trinken und zu rauchen, habe nicht in einem Zusammenhang mit der Arbeit gestanden.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) hat der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.09.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2002 zu verurteilen, den Vorgang vom 25.03.2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen und für die Folgen des Mittelhandknochenbruches die entsprechenden Leistungen zu bewilligen. Er habe sich in der Kantine ein Getränk besorgen und dieses dort in ein Plastikbehältnis umfüllen wollen, um es anschließend zu seinem Arbeitsplatz mitzunehmen und es während seiner Tätigkeit dort zu sich zu nehmen, um den durch die hohe Temperatur an seinem Arbeitsplatz entstehenden Flüssigkeitsverlust während der Arbeitszeit ausgleichen zu können und damit seine Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Der Weg zur Kantine sei kein Umweg oder Extraweg gewesen, da sich die Kantine unmittelbar auf dem Weg zwischen dem Umkleideraum und seinem Arbeitsplatz befinde. Außerdem habe sich der Unfall auch nicht etwa lange Zeit vor Arbeitsbeginn, sondern lediglich 10 Minuten vor Arbeitsbeginn ereignet. Denn die Spätschichtarbeiter müssten bereits um 13.45 Uhr am Arbeitsplatz sein, da bereits zu diesem Zeitpunkt die Maschinen von der Frühschicht an die Spätschicht übergeben würden.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 06.11.2003 abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, dass der Kläger vor Schichtbeginn nur deshalb in die Kantine habe gehen wollen, um dort etwas zu trinken und eine oder vielleicht auch zwei Zigaretten zu rauchen. Nach seinen eigenen Angaben habe er nicht beabsichtigt, ein in der Kantine gekauftes Getränk mit an den Arbeitsplatz zu nehmen. Deshalb sei davon auszugehen, dass der Kläger ohne besonderes Durstgefühl durch eine bereits verrichtete Tätigkeit den Wunsch nach einem Getränk gehabt habe. Für diesen Fall bestehe nach der Rechtsprechung des BSG kein Versicherungsschutz. Hinzu komme, dass das beabsichtigte Rauchen einer Zigarette nicht den Interessen des Arbeitgebers diene. Somit sei der Kläger im Rahmen einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit auf dem Betriebsgelände unterwegs gewesen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Sozialgericht gerügt. Dieses habe offensichtlich seinen Sachvortrag, dass er in der Kantine nicht nur ein Getränk habe trinken wollen, sondern zusätzlich auch ein Getränk besorgen wollte, das er während seiner Tätigkeit trinken wollte, nicht zur Kenntnis genommen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Sozialgericht deshalb die Klage abgewiesen habe. Das Rauchen in der Kantine stehe einer Anerkennung des Unfall nicht entgegen, da sein primäres Ziel gewesen sei, wegen des zu erwartenden Flüssigkeitsverlustes am Arbeitsplatz ein Getränk zu besorgen. Dies habe sich als eine versicherte Vorbereitungshandlung dargestellt.

Die Beklagte hat das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend gehalten.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 06.11.2003 und den Bescheid vom 23.09.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 25.03.2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 06.11.2003 zurückzuweisen.

Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Unfallakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und begründet. Der Unfall des Klägers vom 25.03.2002 ist von der Beklagten als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.

Der Kläger hat einen Arbeitsunfall bei einer versicherten Tätigkeit erlitten (§ 8 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - SGB VII -). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr 92; BSG SozR 2200 § 548 Nr 82 und 97; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 1a und 26; BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 2).

Der innere bzw sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr 70; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte z.Z. des Unfalles eine der versicherten Tätigkeit zuzurechnende Verrichtung ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (BSG SozR 3-220 § 548 Nr 19).

Wege zur Nahrungsaufnahme innerhalb der Betriebsstätte stehen ebenso im den Unfallversicherungsschutz begründenden inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Beschäftigung wie derartige Wege, die über das Betriebsgelände hinausgehen (BSG SozR 2200 § 548 Nr 97 Leitsatz). Die Nahrungsaufnahme als solche gehört im Allgemeinen zum unversicherten persönlichen Lebensbereich des Versicherten. Anders verhält es sich bei solchen Tätigkeiten, welche der Nahrungsaufnahme vorangehen oder ihr nachfolgen. Wirken dabei betriebsbedingte Umstände wesentlich mit, kann der erforderliche Sachzusammenhang gegeben sein (BSG SozR 2200 § 548 Nr 86, Orientierungssatz). Das BSG hat den Versicherungsschutz auf den Wegen zu und von der Werkskantine angenommen (vgl BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 38 mwN); ebenso für die notwendigen Wege zur Besorgung von Nahrungsmitteln z.B. Erfrischungsgetränken auf dem Betriebsgelände während der Arbeitszeit oder der Arbeitspause (vgl aaO mwN). Grund hierfür ist, dass auch in den Fällen, in denen die Nahrungsaufnahme nicht aufgrund besonderer betrieblicher Einwirkungen erforderlich ist, sie nicht nur dem Stillen des natürlichen Hunger- und Durstgefühls, sondern im Regelfall auch der Erhaltung oder Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit und damit betrieblichen Belangen dient und das Zurücklegen der Wege notwendig ist, weil der Beschäftigte sich nicht zu Hause oder sonstwie im privaten Bereich aufhält, sondern seiner versicherten Tätigkeit nachgeht. Beide Gründe rechtfertigen es, das Zurücklegen der erforderlichen Wege zur Nahrungsaufnahme oder zur Besorgung von Nahrungsmitteln der versicherten Tätigkeit zuzuordnen, die Nahrungsaufnahme selbst aber grundsätzlich nicht (BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 2).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung gilt vorliegend nicht deswegen etwas anderes, weil der Kläger die Kantine nicht während der Arbeitszeit oder in einer Arbeitspause, sondern unmittelbar vor Schichtbeginn aufgesucht hat. Denn zum einen hielt sich der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt betriebsbedingt auf dem Betriebsgelände auf, auch wenn die Schicht (Arbeitszeit) selbst noch nicht begonnen hatte. Er befand sich im Zeitpunkt der Unfalles zudem auf einem Betriebsweg, den er auch hätte zurücklegen müssen, wenn er nicht in der Kantine hätte Halt machten wollen. Zum anderen diente das beabsichtigte Trinken eines Erfrischungsgetränkes vor Schichtbeginn zumindest mittelbar der Aufnahme der aktuellen betrieblichen Tätigkeit, da das Stillen des natürlichen Durstgefühls auch der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit förderlich ist. Der erkennende Senat sieht keinen grundlegenden Unterschied darin, ob die geplante Nahrungsaufnahme unmittelbar vor oder während der Arbeit oder in einer Arbeitspause erfolgen sollte.

Einer besonderen betrieblichen Einwirkung bedarf es somit für die Bejahung des Unfallversicherungsschutzes vorliegend nicht.

Will man dieser Aufassung des erkennenden Senats nicht folgen, so stand der Kläger im Unfallzeitpunkit aber auch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, weil das Trinken eines Erfrischungsgetränkes in der Kantine und das Besorgen eines Getränkes zur Mitnahme in die Schicht eine Vorbereitungshandlung darstellt, die im Besonderen betriebsdienlich gewesen ist.

Nimmt ein Versicherter, der bei seiner Beschäftigung dursterzeugenden Einwirkungen ausgesetzt ist, Flüssigkeit zu sich, um seinen Durst zu stillen, so steht das im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit, wenn das Trinken der Erhaltung seiner Arbeitsfähigkeit wesentlich dient (BSG SozR 2200 § 548 Nr 73, sonstiger Orientierungssatz Nr 3). Bedingt die Staubentwicklung bei der Arbeit erhöhten Durst, so erstreckt sich der sachliche Zusammenhang auch auf eine Vorbereitungshandlung, die der Beseitigung des Durstes und der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit dient. So steht ein Arbeitnehmer, der kurz vor Schichtende ein Getränk für den nächsten Arbeitstag holt, bei dieser Vorbereitungshandlung unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG aaO).

Die Grundsätze dieser Rechtsprechung sind auch vorliegend einschlägig. Aufgrund der Angaben des Arbeitgebers steht für den Senat fest, dass der Kläger bei der Arbeit permanent großer Hitze und auch Staub ausgesetzt war. Nach den Gesamtumständen geht der Senat davon aus, dass der Kläger den erforderlichen Weg im Betrieb zurückgelegt hat, um vor Arbeitsbeginn einem späteren betriebsbedingten Flüssigkeitsverlust vorzubeugen und durch Trinken vor der Arbeitsaufnahme und Mitnahme eines Getränkes an den Arbeitsplatz seine Leistungsfähigkeit während der Arbeit zu erhalten. Die Ausführungen des Sozialgerichts, der Kläger habe "nach seinen eigenen Angaben nicht beabsichtigt, ein in der Kantine gekauftes Getränk mit an den Arbeitsplatz zu nehmen," finden in den Aktenunterlagen keine Stütze. Der Kläger hat eine solche Angabe nie gemacht. Im Durchgangsarztbericht vom 25.03.2002 ist lediglich von einem "Treppensturz während der Arbeit" die Rede. In der Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 04.04.2002 wird mitgeteilt, dass der Kläger beim Treppensteigen ausgerutscht sei. Auf eine Anfrage der Beklagten hat der Arbeitgeber mit Schreiben vom 29.04.2002 mitgeteilt, der Kläger habe vor Arbeitsbeginn Essen und Trinken einnehmen oder besorgen wollen. Auf eine weitere Anfrage der Beklagten hat der Arbeitgeber mitgeteilt, der Kläger finde sich immer vor Spätschichtbeginn in der Kantine ein. Dort trinke er vor Arbeitsbeginn 1 Flasche Spezi und rauche 1 - 2 Zigaretten. Das Mittag- essen habe er bereits zu Hause eingenommen. Mit einem Schreiben vom 09.09.2002 hat der Kläger vorgetragen, dass er vom Umkleideraum zur Kantine gelaufen sei, um etwas zu trinken und vor Schichtübergabe eine Zigarette zu rauchen. Im Widerspruch vom 11.10.2002 hat der Kläger ebenfalls vorgetragen, von dem Umkleideraum zur Kantine gelaufen zu sein, um etwas zu trinken und vor Schichtübergabe eine Zigarette rauchen zu wollen. Der Kläger hat aber nie erklärt, er habe nicht beabsichtigt, ein in der Kantine gekauftes Getränk mit zum Arbeitsplatz zu nehmen. In der Klagebegründung befasst sich der Kläger mit der Rechtsprechung des BSG unter dem Blickwinkel Besorgung von Getränken. Er trägt mit Schreiben vom 27.08.2003 vor, er habe sich in der Kantine auch ein Getränk besorgen wollen, um es anschließend zu seinem Arbeitsplatz mitzunehmen und es während der Tätigkeit dort zu sich zu nehmen.

Der Senat sieht keinen Anlass, die Richtigkeit der Angabe des Klägers zu bezweifeln. Auch wenn der Kläger im Widerspruchsschreiben vom 09.09.2002 nur angab, dass er von dem Umkleideraum zur Kantine lief, um etwas zu trinken und vor Schichtübergabe eine Zigarette zu rauchen, so widerspricht dies nicht der späteren Aussage im Klageverfahren. Bereits am 29.04.2002 hatte der Arbeitgeber der Beklagten mitgeteilt, dass sich der Kläger nach Einstempeln und Umkleiden vor Arbeitsbeginn bis kurz vor Schichtbeginn zum Einnehmen oder Besorgen von Essen und Trinken in die Kantine zu begeben pflegte.

Für den Versicherungsschutz von Vorbereitungshandlungen fordert das BSG (vgl SozR 220 § 539 Nrn 63 und 67), dass sie in engem sachlichem, örtlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen. So wie es an dem zeitlichen Zusammenhang in dem vom BSG entschiedenen Rechtsstreit SozR 2200 § 548 Nr 73 nicht deswegen fehlte, weil der Versicherte Tee für den nächsten Arbeitstag holen wollte, ist auch vorliegend der zeitliche Zusammenhang gewahrt. Eine kurz vor Schichtbeginn getroffene Arbeitsvorbereitung steht in zeitlichem Zusammenhang mit der anschließend zu verrichtenden Tätigkeit.

Das Verhalten des Klägers war hinsichtlich der Beschaffung des Getränkes auch vernünftig und dem Betrieb dienlich. Es war zweckmäßig, das erfahrungsgemäß ohnehin benötigte Getränk bereits vor Beginn der Arbeit zu holen und nicht erst während der Arbeit. Insoweit ist dem Arbeitnehmer im Rahmen des Versicherungsschutzes in der Unfallversicherung ein gewisser Spielraum bei der Disposition der Vorbereitungshandlungen einzuräumen (ebenso BSG aaO). Da die einzige Pause während der von 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr dauernden Schicht erst um 18.30 Uhr begann, ist nachvollziehbar, dass bei permantent großer Hitze und Staub die Einnahme bzw Mitnahme von Getränken unmittelbar vor Schichtbeginn sinnvoll und notwendig gewesen ist.

Der Unfallversicherungsschutz entfällt nicht deswegen, weil der Kläger die Kantine auch aufsuchen wollte, um dort zu rauchen. Das Rauchen stellt zwar eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit dar. Da der Kläger in der Kantine ein Getränk zu sich nehmen wollte und Teile des Getränks in die Schicht mitnehmen wollte liegt eine sog gemischtwirtschaftliche Tätigkeit vor. Ob diese dem Betrieb wesentlich dient, beurteilt sich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles in erster Linie nach den aufgrund von objektiven Anhaltspunkten nachvollziehbaren subjektiven Vorstellungen des Versicherten. Entscheidendes Abgrenzungskriterium für die Frage, ob eine solche Tätigkeit wesentlich betrieblichen Interessen gedient hat, ist, ob sie hypothetisch auch bei Entfallen des privaten Zwecks vorgenommen worden wäre (BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 1 mwN). Im Hinblick auf die große Hitze- und Staubentwicklung am Arbeitsplatz des Klägers ist vorliegend davon auszugehen, dass der Kläger arbeitsvorbereitend ein Getränk auch dann zu sich genommen oder (und) besorgt hätte, wenn er Nichtraucher gewesen wäre.

Nach alledem stand der Weg des Klägers zur Kantine unter Versicherungsschutz. Die Beklagte war daher dem Grunde nach zu verurteilen, das Ereignis vom 25.03.2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision iS des § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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