L 2 U 388/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 227/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 388/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 06.11.2002 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid 19.12.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides 16.05.2001 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist seit dem 01.01.1947, damals als Schmiedebe- trieb M. L. , Mitglied der Beklagten.

Mit Gefahrtarifveranlagungsbescheid vom 15.05.1956 wurde sie zum Gewerbszweig Schmiedebetrieb veranlagt. Bei der Veranlagung ab 01.01.1960 lautete der Gewerbszweig Reparaturwerkstätte und Schmiede. 1965 lautete der Firmenname "M. L./Stahlbau Stahltüren". Die Klägerin wurde zu dieser Zeit weiterhin als Reparaturwerkstätte und Schmiede geführt. Im Bescheid vom 27.08.1970 wurde der Betrieb zum Unternehmenszweig "Herstellung von Toren und Türen" veranlagt, berücksichtigt wurde weiter ein kaufmännischer und verwaltender Teil. Im Fragebogen vom 23.07. 1997 bestätigte die Klägerin die Herstellung von Toren und Türen; in diesem Bereich seien 39 Beschäftigte tätig, im kaufmännischen und verwaltenden Teil drei. Die Zahl der Beschäftigten im Betriebsteil "Herstellung von Toren und Türen" betrug 1984 36. Hergestellt wurden Stahltüren und Tore aus Stahlblechen. 1994 waren 25 Beschäftigte im Betriebsteil "Stahltüren- und -torefertigung" beschäftigt.

Den von der Beklagten übersandten Lohnnachweis 1999 sandte die Klägerin mit dem Betriebsnamen "L. Stahltüren und -tore Martin L. OHG" abgeändert zurück. Dabei war der Unternehmenszweig "Herstellung/Montage von Fenstern, Türen und Toren" gestrichen und durch die Bezeichnung "Verarbeitung von leichten Blechen" ersetzt. Auf Anfrage der Beklagten teilte die Klägerin mit, in ihrem Betrieb würden Tür- und Torelemente aus 1,5 mm starken Blechen im Falzverfahren industriemäßig hergestellt. Die fertigen Produkte würden an Großhändler bzw. Metallbauer geliefert, die diese montierten. Eine Montage, wie im Handwerk üblich, finde nicht statt.

Am 03.05.2000 suchte ein Mitarbeiter der Beklagten die Klägerin auf. Gesprächspartner war Herr L. senior. Im Aktenvermerk wird ausgeführt, die L. OHG fertige aus verzinktem Blech, Stärke bis 1,5 mm, genormte Türen für Trafohäuser in Serie, Stahlfalttore für Lackier- und Trocknungsanlagen in vier- bis sechsflügeliger Ausfertigung und auftragsbezogen Feuerschutztüren. Die Bleche würden geschnitten, ausgeklinkt, gefalzt und geschweißt. Vier Mitarbeiter seien wechselseitig an zwei Blechschneide- und drei Blechkantenmaschinen beschäftigt. Ebenfalls wechselseitig seien 20 Mitarbeiter an 10 Ausklinkmaschinen und 20 Schweißarbeitsplätzen beschäftigt. Die Fertigung erfolge in handwerklicher Arbeit. Eine industrielle Herstellungsweise sehe auch Herr L. nicht.

Mit Widerspruch vom 02.05.2000 wandte sich die Klägerin gegen den Bescheid vom 17.04.2000, mit dem die Beklagte die Klägerin zur Tarifstelle 14 veranlagt hatte. Sie sei nur mit der Herstellung von Blechkonstruktionen, nämlich Stahltüren, beschäftigt. Die Tarifstelle 14 beziehe sich auf Türen und Tore des Metallbaus, die keine Blechkonstruktion darstellten. Das Gefahrenrisiko der Montage sei erheblich. Auch ein stärkerer Stahl stelle eine größere Gefahr dar, als das dünne von der Klägerin verarbeitete Blech.

Die Beklagte wies darauf hin, dass eine voll automatisierte industrielle Fertigung nicht gegeben sei. Der Gefahrtarif nenne in der Tarifstelle 14 die Produkte Fenster, Türen und Tore. Hierbei sei das zu verarbeitende Material unerheblich, ebenso unerheblich, ob auch eine Montage erfolge.

Die Beklagte veranlagte die Klägerin mit Bescheid vom 19.12. 2000 zum Unternehmenszweig Herstellung/Montage von Fenstern, Türen und Toren, Tarifstelle 14 und kaufmännischer und verwaltender Teil, Tarifstelle 19.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 02.01.2001 Widerspruch ein.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2001 zurück. Nach dem Gefahrtarif gehörten zur Tarifstelle 13 Unternehmen, die durch industrielle Fertigung leichte Bleche verarbeiteten. Im Gegensatz hierzu würden Unternehmen, die in einem Handwerksbetrieb Türen, Tore und Fenster herstellten und/oder montierten, zur Gefahrtarifstelle 14 veranlagt. Die Klägerin fertige als Handwerksbetrieb genormte Türen und Stahlfalttore, so dass eine Zuordnung zur Tarifstelle 13 wegen der nicht vergleichbaren Unfallgefahr unsachgerecht wäre.

Zur Begründung der Klage hat die Klägerin ausgeführt, sie verarbeite leichte Bleche bis 4,0 mm Stärke. Hieraus würden Tür- und Torelemente im Falzverfahren industriemäßig hergestellt. Ihr Unternehmen sei nicht unter "Herstellung und Montage von Fenstern, Türen usw." zu subsumieren. Sie stelle zwar Türen für Trafohäuser, Stahlfalttore für Lackier- und Trocknungsanlagen sowie auftragsbezogen Feuerschutztüren her, montiere diese jedoch nicht. Insofern sei die Voraussetzung "Herstellung und Montage" nicht erfüllt. Die Tätigkeit sei eher der leichten Blechverarbeitung als einem Handwerk zuzuordnen. Das Schwergewicht liege nicht auf der Einzelfertigung, sondern auf der Fertigung genormter Türen. Der Inhaber arbeite bei der Fertigung nicht selbst mit, sondern diese werde von einem Angestellten geleitet. Der persönlich haftende Gesellschafter M. L. habe auch in früherer Zeit nicht in der Fertigung mitgearbeitet, er befasse sich allenfalls mit der Entwicklung eigener Patente. Die Herstellung erfolge im Wesentlichen maschinell, wobei die Maschinen allerdings von Hand eingestellt und kontrolliert werden müssten. Es werde auch auf Vorrat gefertigt. Die Kundschaft sei keineswegs auf den örtlichen Bereich beschränkt. Auch unterhalte die Klägerin eine Handelsvertretung in Nürnberg. Ihr Betrieb sei daher eher nicht als Handwerksbetrieb anzusehen. Das erhebliche Gefahrrisiko beim Montieren von Türen falle bei der Klägerin nicht an. Zudem habe die Beklagte die Möglichkeit der Herabsetzung der Gefahrklasse nicht geprüft.

Die Beklagte hat hierzu in der Stellungnahme vom 12.02.2002 ausgeführt, die Betriebsbesichtigung habe ergeben, dass es sich nicht um einen Industrie- sondern um einen Handwerksbetrieb handele. Wenn auch der Inhaber bei der Fertigung nicht mitarbeite, schließe das nicht aus, dass er im kaufmännischen und verwaltenden Bereich mitarbeite. Auch die Ausweitung der Kundschaft über den örtlichen Bereich hinaus genüge nicht, um das Unternehmen als industrielles Gewerbe einstufen zu können. Entscheidend sei das Gesamtbild. Die in der Tarifstelle genannte Umschreibung "Herstellung und Montage" sei nicht als kumulative Voraussetzung zu verstehen, sondern vielmehr als Aufzählung. Der Bescheid sei auch nicht deshalb rechtswidrig, weil nicht von der Möglichkeit der Herabsetzung im Einzelfall Gebrauch gemacht worden sei. Denn ein Einzelfall, dessen Betriebsweise erheblich von der sonst üblichen abweichen würde, liege hier gerade nicht vor.

Die Beklagte stufte die Klägerin im Bescheid 2001 vom 15.04. 2002 weiterhin in die Gefahrtarifstelle 14 (bezüglich der nicht kaufmännischen Tätigkeit) ein. Im Schreiben vom 07.08.2002 hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Beklagte im Bescheid vom 08.02.2002, gerichtet an die Martin L. KG, von der Tarifstelle 13 ausgegangen sei. Mit Bescheid vom 17.07.2002 hat die Beklagte den rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt vom 08.02.2002 zurückgenommen. Die Veranlagung der M. L. KG werde zur Tarifstelle 14 vorgenommen.

Auf Anfrage des Gerichts hat die Handwerkskammer Schwaben mit Schreiben vom 10.10.2002 mitgeteilt, in einem Abgrenzungsgespräch mit der Industrie- und Handelskammer sei 1979 eine rein handwerksmäßige Betriebsweise festgestellt worden. Die Industrie- und Handelskammer für Augsburg und Schwaben hat im Schreiben vom 29.10.2002 ausgeführt, die Firma M. L. OHG sei nicht zum Kammerbeitrag veranlagt worden. Dies entspreche der Regelung des § 3 Abs.4 IHKG, wonach natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle eingetragen seien, nur dann beitragspflichtig seien, wenn ihr Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordere und der Umsatz des nicht handwerklichen bzw. handwerksähnlichen Betriebsteiles 130.000,- Euro übersteige. Die Klägerin hat im Schreiben vom 28.10.2002 ausgeführt, die Beurteilung der Handwerkskammer sei nicht maßgebend, weil sie über den heutigen Betrieb nichts aussagen könne. Sie hat einen Bescheid der Industrie- und Handelskammer vom 05.07.2002 übersandt. Auf Anfrage hat die Industrie- und Handelskammer mit Schreiben vom 05.11.2002 bestätigt, die M. L. KG , die zum 06.02.2002 in das Handelsregister beim Registergericht A. eingetragen sei, sei mit Beitragsbescheid vom 05.07.2002 erstmals zum Kammerbeitrag veranlagt worden.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 06.11.2002 hat die Klägerin angegeben, dass pro Jahr ca. 1000 Türen produziert würden und zwar wöchentlich ca. 25 Türen, die in Trafostationsgebäuden eingebaut würden. Es würden auch Sonderwünsche hinsichtlich Farbe und eventueller Zusätze berücksichtigt. Die Maschinen würden jeweils von Facharbeitern und einem Hilfsarbeiter bedient. Sie dienten ausschließlich der maschinellen Fertigung der Türen. In der Firma würden Konstruktionstechniker ausgebildet. Es würden nur ca. 20 Feuerschutztüren pro Jahr hergestellt. Die Türen würden verpackt und frei Haus geliefert.

Der Zeuge H. S. hat erklärt, er arbeite seit 1983 bei der Firma L ... Dort sei er für den Fertigungsablauf zuständig. Die Firma L. bearbeite ausschließlich handelsübliche Feinbleche, überwiegend in Sondergrößen. Eine Serie beginne bei 10 Stück, es gebe aber auch Kleinserien von drei oder vier Stück. Die Arbeit werde mit Hilfe von Maschinen verrichtet. Es seien aber auch manuelle Arbeitsvorgänge erforderlich. Es würden Zargen je nach Kundenbedarf geändert oder in Einzelanfertigung hergestellt. Eine Montage von Türen sei noch nie durchgeführt worden, lediglich Falttore seien in Einzelfällen montiert worden. Zuletzt sei eine Serie von etwa 100 Türen für die Kaserne der US-Streitkräfte gefertigt worden.

Mit Urteil vom 06.11.2002 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 19.12.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2001 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Klägerin in Tarifstelle 13 des Gefahrtarifs 01.01.2001 zu veranlagen. Die Voraussetzungen der Tarifstelle 14 seien nicht erfüllt. Zwar stelle die Klägerin Türen unterschiedlicher Ausführung her, montiere sie aber nicht. Die Formulierung "Herstellung und Montage von Türen" in Tarifstelle 14 sei kumulativ zu verstehen. Für eine andere Auslegung ergäben sich keinerlei Anhaltspunkte. Die Montage führe zu einer erheblichen Gefahrerhöhung. Deshalb sei hier eine höhere Gefahrklasse angemessen. Dies gelte jedoch nicht für die Klägerin, die stets auf die Montage verzichtet habe. Es sei letztlich unerheblich, ob die Klägerin ein Handwerksbetrieb oder ein Industriebetrieb sei. Für beide Ansichten sprächen triftige Gründe. Die Tarifstelle 13 umfasse aber nicht nur Industriebetriebe. Schließlich sei hier auch die Herstellung von Behältern, Apparaten, Rohren, Geldschränken und Tresoranlagen genannt, die sowohl im Produktionsverfahren der Klägerin als auch in großindustriellen Fabriken hergestellt würden. Dies gelte ebenso für Türen.

Zur Begründung der Berufung vom 02.12.2002 trug die Beklagte vor, bei der Aufstellung der Gefahrtarife seien die Berufsgenossenschaften verpflichtet, Risikogemeinschaften mit etwa gleich großem Gefährdungsrisiko zu bilden. Diese Vorgehensweise werde dem genossenschaftlichen Gedanken der Solidarhaftung gerecht. Die in Tarifstelle 14 angeführte Umschreibung "Herstellung und Montage von Fenstern, Türen und Toren" sei nicht als kumulative Voraussetzung, sondern vielmehr als Aufzählung zu verstehen. Sowohl die Herstellung als auch die Montage der angeführten Produkte führten zur Veranlagung unter diese Tarifstelle. Die langjährige Beobachtung der Tarifstelle habe gezeigt, dass sowohl Betriebe, die Fenster, Türen und Tore herstellten, als auch solche Betriebe, die diese Produkte ausschließlich montierten, zur Tarifstelle 14 zu veranlagen seien. Zur Tarifstelle 13 würden Betriebe, die sich ausschließlich mit Blechbearbeitung beschäftigten, veranlagt, zur Tarifstelle 14 handwerklich eingerichtete Betriebe. Der Betrieb der Klägerin entspreche einem Handwerksbetrieb. Die Zeugenvernehmung habe ergeben, dass umfangreiche manuelle Arbeiten während des Produktionsvorgangs durchgeführt würden. Dies habe auch die Besichtigung des Betriebes vom 03.05.2000 ergeben.

Die Klägerin erklärte im Schreiben vom 11.02.2003, bei der Auslegung des Wortlautes der Tarifstelle 14 müsse man zu dem Ergebnis kommen, dass hier Herstellung und zusätzlich Montage Voraussetzung sei. Immerhin habe die Beklagte im Bescheid vom 08.02.2002 den Betrieb zur Gefahrtarifstelle 13 veranlagt, wenn sie diese Entscheidung auch später widerrufen habe. Es treffe nicht zu, dass das Herstellen und die Montage von Türen zu einem gleich großen Gefährdungsrisiko führten. Die Montage stelle ein erheblich höheres Gefährdungspotential dar. Der Herstellungsablauf im Betrieb der Klägerin sei überwiegend maschinell und industriemäßig ausgestaltet.

Die Beklagte nahm hierzu im Schreiben vom 14.04.2003 Stellung. Streitgegenstand seien die Widersprüche der Klägerin gegen die Beitragsbescheide vom 17.04.2000 und vom 20.04.2001 sowie gegen den Bescheid über die Veranlagung zum Gefahrtarif 2001 vom 19.12.2000 gewesen. Das Sozialgericht Augsburg habe nur über den Bescheid über die Veranlagung zum Gefahrtarif entschieden und ihn aufgehoben, dagegen habe es über die Widersprüche gegen die Beitragsbescheide nicht entschieden. Im Übrigen komme es auf den Text des Gefahrtarifs überhaupt nicht an, entscheidend sei der Text des Veranlagungsbescheides. Dieser laute "Herstellung/Montage von Fenstern, Türen und Toren". Hieraus ergebe sich eindeutig, dass damit alle Unternehmen erfasst würden, die die nachfolgend bezeichneten Gegenstände herstellten und/oder montierten. In Betracht komme zwar auch eine Zuordnung zur Tarifstelle 13, weil im Unternehmen der Klägerin unstreitig leichte Bleche verarbeitet würden. Die Tarifstelle 13 sei aber lediglich ein Auffangbecken für diejenigen Unternehmen, die nicht anderen Gefahrtarifstellen zugeordnet werden könnten. Insofern stelle der Gewerbezweig "Herstellung/ Montage von Fenstern, Türen und Toren" den speziellen Gewerbezweig dar, der dem klägerischen Gewerbe wesentlich näher komme.

Die Klägerin erklärte im Schreiben vom 08.05.2003, der Streitgegenstand werde durch den Klageantrag bestimmt. Sie habe zwar Widersprüche gegen die Bescheide vom 17.04.2000 und 20.04.2001 eingelegt, Klage erhoben habe sie aber lediglich gegen den Bescheid vom 19.12.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2001, wegen Veranlagung zum Gefahrtarif 2001. Zu Recht habe das Gericht für seine Entscheidung den Text des Gefahrtarifs herangezogen und nicht nur den des Veranlagungsbescheides vom 19.12.2000. Entscheidend sei, ob sich die Veranlagung im Rahmen der von der Beklagten selbst aufgestellten Definition halte. Auffangbecken sei auch die Tarifstelle 14, da dort ausgeführt sei "und sonstige Betriebe, die keiner anderen Tarifstelle zuzuordnen" sind.

Die Beklagte erklärte hierzu im Schreiben vom 20.06.2003, die Gefahrtarifstelle Nr.14 sei lex spezialis zur Tarifstelle 13, die, ohne auf hergestellte Produkte einzugehen, die Verarbeitung leichter Bleche nenne. Liege aber der speziellere Fall der Herstellung und/oder Montage von Fenstern, Türen und Toren vor, veranlage die Beklagte ein solches Unternehmen regelmäßig zur Tarifstelle 14. Ausschlaggebend sei, dass Betriebe mit gleicher Tätigkeit zur gleichen Tarifstelle veranlagt würden. Die Beklagte übersandte ein Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 07.05. 2003.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.10.2004 erklärte die Vertreterin der Beklagten, in der Tarifstelle 14 seien seit mehreren Gefahrtarifperioden Betriebe veranlagt, die nur mit Herstellung, solche, die nur mit Montage und solche, die mit Herstellung und Montage befasst seien. Auch in anderen Gefahrtarifstellen würde das "und" zwischen den bezeichneten Tätigkeiten stets alternativ und nicht kumulativ verstanden. Die Klägerin habe von 1996 - 1999 eine Eigenbelastung von 1,0873 gehabt.

Der Vertreter der Klägerin erklärte, 1979 habe die Klägerin, anders als später, ihre Produkte hergestellt und auch montiert.

Die Beklagte stellt den Antrag, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16.11.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurüćkzuweisen. Sie bestreitet die von der Beklagten eingangs gemachten Ausführungen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und sachlich begründet.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 19.12.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2001. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts geht der Senat davon aus, dass die Veranlagung der Klägerin zur Gefahrstelle 14 des Gefahrtarifvertrages vom 01.01.2001 rechtmäßig ist.

Gemäß § 153 Abs.1 SGB VII richtet sich die Höhe der Beiträge nach dem Finanzbedarf, den Arbeitsentgelten der Versicherten und den Gefahrklassen. Der Unfallversicherungsträger setzt gemäß § 157 Abs.1 SGB VII als autonomes Recht einen Gefahrtarif fest. Der Gefahrtarif wird gemäß Abs.2 der Vorschrift nach Tarifstellen gegliedert, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden. Der Unfallversicherungsträger veranlagt die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu den Gefahrklassen (§ 159 Abs.1 SGB VII). Bei der Erfüllung dieser Verpflichtung verbleibt der zuständigen Vertreterversammlung ein größerer Regelungsspielraum, der durch die in den gesetzlichen Vorschriften zum Ausdruck gekommenen Zielvorstellungen des Gesetzgebers begrenzt ist (vgl. BSG vom 22.09.1988, 2 U 2/88; BSG vom 21.08.1991, 2 RU 54/90). Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind befugt und verpflichtet, die Übereinstimmung des Gefahrtarifs mit den Grundentscheidungen des Gesetzgebers zu überprüfen. Dem steht nicht entgegen, dass der Gefahrtarif gemäß § 157 Abs.1 SGB VII autonomes Recht der Berufsgenossenschaft und vom Bundesversicherungsamt genehmigt ist. Nützlichkeits- und Zweckmäßigkeitserwägungen spielen dabei aber keine Rolle (vgl. BSGE 55, 26 m.w.N.).

Mit der Regelung in §§ 153 ff. SGB VII, die Beiträge nach dem Entgelt der Versicherten im Unternehmen und nach dem Grad der Unfallgefahr zu bestimmen, hat sich der Gesetzgeber für ein System entschieden, bei dem die Lasten der Berufsgenossenschaften auf die einzelnen Mitglieder nicht nur entsprechend der Größe ihrer Unternehmen umgelegt, sondern bei dem engere Gefahrengemeinschaften der unterschiedlich gefährdeten Gewerbezweige gebildet werden, die das auf sie entfallende Risiko tragen (vgl. BSGE 55, 26). Soweit die Beiträge sich nach dem Grad der Unfallgefahr richten, ist hierfür nicht die Gefahr des jeweiligen Arbeitsplatzes oder bestimmter Verrichtungen und Arbeitsvorgänge innerhalb eines Unternehmens maßgebend. Eine derartig weitgehende Differenzierung der Unfallgefahr verlangt das Gesetz nicht. Vielmehr ist das Ziel einer individuellen Beitragsgerechtigkeit durch die Untergliederung der Gefahrklassen nur begrenzt erreichbar. Daher ist die Vertreterversammlung im Hinblick auf die Gestaltungsfreiheit bei der Aufstellung der Gefahrtarife nicht gehindert, durch Typisierungen den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung zu tragen. Dabei auftretende Härten in Einzelfällen sind bei einer generalisierenden Regelung unvermeidlich und hinzunehmen (vgl. Bundesverfassungsgericht SozR 2200 § 734 Nr.2 m.w.N.).

Maßgebend für die hier streitige Veranlagung der Klägerin ist der Gefahrtarif der Beklagten.

In den Gefahrengemeinschaften sind jeweils Gewerbezweige mit annähernd gleichen Unfallrisiken zusammengefasst. Die Gefahrklasse erfasst dabei nicht das Risiko des einzelnen Unternehmens, sondern das Risiko aller in einer bestimmten Gefahrtarifstelle zusammengefassten Unternehmen. Dies entspricht dem Prinzip der Risikogemeinschaft oder der solidarischen Haftung. Würde die Gefahrklasse für ein Einzelunternehmen errechnet, müsste jeder Unternehmer im Wesentlichen seine eigenen Lasten tragen. Der Gefahrtarif bleibt aber eine kollektivrechtliche Regelung. Bei der Tarifstellenbildung haben die Unfallversicherungsträger ein Recht zur Pauschalierung und Typisierung, um hinreichend große Tarifstellen zu schaffen und eine Zersplitterung der Gefahrtarife zu vermeiden. Tarifstellen sollen möglichst nicht zu klein sein, um einen hinreichenden Risikoausgleich zu sichern. Denn bei zu kleinen Tarifstellen können sich unerwünschte Zufallsschwankungen durch einige wenige Unfälle ergeben. Eine zu große Aufspaltung der Gefahrklasse läßt sich nicht mit dem Versicherungsprinzip, dem Verlagern der Risiken auf breite Schultern, vereinbaren. Die Zusammenfassung verschiedener Risikogruppen muss sachgerecht sein, ein grobes Missverhältnis in den Belastungswerten vermeiden und zuverlässig nachprüfbar sein. Diesen Anforderungen wird die Beklagte gerecht, wenn sie eine Unterteilung bei der Klägerin in zwei Gefahrtarifstellen, nämlich bezüglich der ausschließlich kaufmännisch/verwaltenden Unternehmensteile und für Beschäftigte, die sich mit der Herstellung von Blechtüren und -Toren befassen, vornimmt.

Zwar trifft es zu, dass die Klägerin bei der Herstellung der Türen und Tore leichte Bleche von einer Dicke bis 5 mm verarbeitet. Dennoch ist die Veranlagung zur Tarifstelle 14 und nicht zur Tarifstelle 13 ("Verarbeitung von leichten Blechen unter 40 kg Gewicht pro Quadratmeter Fläche - z.B. Stahl bis 5 mm Dicke -) nicht zu beanstanden. Denn die Tarifstelle 14 ist die für die Klägerin zutreffende speziellere Tarifstelle als die zumindest in ihrem ersten Teil "Verarbeitung von leichten Blechen" allgemeiner gefasste Tarifstelle 13, deren speziellere Angaben "Herstellung von Behältern, Apparaten usw." auf die Klägerin nicht zutreffen.

Dass in der Tarifstelle 14 von der "Herstellung und Montage" die Rede ist, bedeutet nicht, dass hier nur Unternehmen gemeint wären, die sowohl die Herstellung als auch die Montage betreiben. So werden auch die Fenster, Türen, Tore, Fassaden und Dachelemente aufgezählt. Ebenso wie es unstreitig ist, dass die Aufzählung der hergestellten Gegenstände beispielhaft gemeint ist, so ist auch die Formulierung "Herstellung und Montage" nicht so gemeint, dass eine Firma in beiden Bereichen tätig sein müsste, sondern dass sowohl die Herstellung als auch die Montage dieser Tarifstelle zuzuordnen ist. Diese Zuordnung ist nicht willkürlich. Dass innerhalb dieses Gewerbezweiges die einzelnen Unternehmen möglicherweise ein verschiedenes Gefährdungspotential aufweisen, liegt bei einer Zusammenfassung unter einem Gewerbezweig in der Natur der Sache und entspricht dem Versicherungsprinzip, das von der Zusammenfassung unterschiedlicher Risiken und deren gemeinsamer Absicherung ausgeht.

Zur Tarifstelle 13 werden Betriebe, die sich ausschließlich mit Blechbearbeitung beschäftigen, veranlagt, zur Tarifstelle 14 handwerklich eingerichtete Betriebe, wie die Beklagte ausgeführt hat. Der Betrieb der Klägerin ist als handwerklich ausgerichteter Betrieb anzusehen. Die Grenzen zwischen Handwerksbetrieben und anderen Unternehmen sind allerdings fließend. Unter Umständen sind Handwerksbetriebe nicht so sehr von den ursprünglichen Fertigkeiten und Kenntnissen des einzelnen Handwerksberufs her bestimmt, sondern orientieren sich in stärkerem Umfang an den Marktbedürfnissen. Zu den Merkmalen des typischen Handwerksbetriebes gehört die Betriebsgröße, gemessen am räumlichen Umfang, Beschäftigtenzahl und Umsatz. Wie die Klägerin bei der Betriebsbesichtigung vom 05.05.2000 angegeben hat, waren bei ihr zu diesem Zeitpunkt 24 Mitarbeiter beschäftigt. Dies spricht für einen handwerklichen Charakter des Betriebs. Der Betriebsinhaber arbeitet in der Firma mit, was sich schon daraus ergibt, dass er am 05.05.2000 für das Gespräch mit dem Mitarbeiter der Beklagten zur Verfügung stand. Dass er seine Tätigkeit auf Auftragsbeschaffung und Überwachung des Betriebsgeschehens verlagert hat, spricht nicht gegen einen handwerklichen Betriebscharakter. Beschäftigt werden Facharbeiter und Hilfsarbeiter, wobei auch Lehrlinge ausgebildet werden. Dabei liegt nach der Aussage des Betriebsinhabers M. L. das Schwergewicht auf der Beschäftigung der Facharbeiter. Trotz des Einsatzes der Maschinen ist ein manueller Kern erhalten geblieben. Dies ergibt sich aus der Schilderung des Betriebsinhabers gegenüber dem Sozialgericht München (vgl. hierzu Aberle, Die deutsche Handwerksordnung, § 1 Anm.12c). Im Hinblick auf diese überwiegend handwerklich ausgerichtete Betriebsstruktur der Klägerin spricht nichts gegen die Veranlagung zur Tarifstelle 14.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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