L 9 AL 329/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 37 AL 1710/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 329/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 277/04 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 20. September 2000 abgeändert. Die Beklagte hat der Klägerin in Abänderung des Bescheides vom 10. April 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 1997 Arbeitslosengeld vom 14. August 1996 bis zum 23. Januar 1997 zu leisten. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu einem Fünftel.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Die 1947 geborene Klägerin arbeitete seit 1974 in der betrieblichen Kindertagesstätte des Städtischen Krankenhauses M. , zuletzt in Vollzeit als stellvertretende Leiterin.

Seit März 1994 war die Klägerin arbeitsunfähig. Sie leidet u.a. an redizidivierenden Darmverschlüssen bzw. -Einengungen, einem chronischen Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulensyndrom, arthrotischen Sprunggelenksbeschwerden beidseits aufgrund eines Tarsaltunnelsyndroms, einer Stressinkontinenz und einer mit multiplen körperlichen Beschwerden einhergehenden reaktiven Depression nach persönlichen Schicksalsschlägen.

Bis 09.08.1996 bezog die Klägerin Übergangs- und Krankengeld. Sie ist von der Stadt M. nach wie vor ungekündigt. Am 14.08.1996 beantragte die Klägerin Arbeitslosengeld. Sie gab an, dass sie ihre Tätigkeit nicht mehr ausüben könne. "Sonstiges" gab sie hierzu nicht an. Die ihr mögliche Arbeitszeit sei nach Stundenzahl bzw. Lage/Verteilung nicht eingeschränkt.

Am 18.11.1996 wurde die Klägerin von der Arbeitsamtsärztin Dr.F. untersucht. Laut Anamnese gab sie an: Sie könne wegen Rücken-, Arm- und Bauchschmerzen beim Hocken auf kleinen Stühlen, beim Heben und Tragen von schweren Sachen und wegen psychischer Beeinträchtigung nicht mehr als Erzieherin arbeiten. Sie traue sich nur noch körperlich leichte Arbeit mit wechselnder Arbeitshaltung in beratender Tätigkeit in Teilzeit von 20 Wochenstunden zu. Sie habe EU-Antrag gestellt.

Die Arbeitsamtsärztin beurteilte das Leistungsvermögen der Klägerin aufgrund der beigezogenen Unterlagen und ihrer eigenen Untersuchung wie folgt: Leichte Tätigkeiten in geschlossenen, temperierten Räumen in Tagesschicht bis 25 Stunden in der Woche bei gleichmäßíg verteiltem Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen seien der Klägerin noch möglich. Zu vermeiden seien Zeitdruck, Akkord, ein anhaltend hohes Arbeitspensum, unregelmäßige Arbeitszeiten, Nässe, Kälte, Zugluft, Temperaturschwankungen, häufiges Bücken, Zwangshaltungen wie z.B. Überkopfarbeit, Knien, Armvorhalte. Des Weiteren seien der Klägerin, die Linkshänderin sei, häufige und gleichförmige Anforderungen an die Kraft- und Greiffunktion der linken Hand sowie Feinarbeiten und Schreibarbeiten nicht möglich. Ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als stellvertretende Kindergartenleiterin könne die Klägerin aus ärztlicher Sicht nicht mehr ausüben. Ein Fall nach § 105 a AFG liege nicht vor.

In den elektronisch gespeicherten Vermittlungsunterlagen (BEWA), die ab dem 12.12.1996 erhalten sind, ist unter diesem Datum vermerkt, dass die Klägerin mit dem ärztlichen Gutachten nicht einverstanden sei.

Am 13.12.1996 stellte der hierzu befragte Prüfarzt Dr.L. fest: Nach dem Inhalt des Gutachtens vom 18.11.1996 sei der Klägerin ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kindergartenleiterin nicht möglich, weswegen sie auch weiterhin arbeitsunfähig geschrieben sein könne. Dies beziehe sich aber lediglich auf die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit. Im Übrigen könne sie laut dem ärztlichen Gutachten bis 5 Stunden täglich körperlich leichte Tätigkeiten unter den dort gemachten Einschränkungen verrichten.

Laut BEWA wurde der Klägerin bei einer erneuten persönlichen Vorsprache am 15.01.1997 eine Kopie des ärztlichen Gutachtens vom 18.11.1996 ausgehändigt sowie die Stellungnahme des Prüfarztes eröffnet. Sie sei über das Verfahren informiert worden, wenn sie sich zur Verfügung stelle (Reha). Sie wolle sich mit ihrem Arzt besprechen und bis zum 24.01.1997 Bescheid geben.

Am 24.01.1997 ging ein vom Ehemann der Klägerin unterschriebenes und nach der Diktion auch verfasstes Schreiben vom 21.01. 1997 ein. Zur Aufforderung an seine Frau, sich für die Arbeitsvermittlung für verfügbar zu erklären, nehme er Stellung wie folgt:

1. Seine Frau sei derzeit Angestellte der Stadt M. in ungekündigtem Arbeitsverhältnis und würde bei einer Kündigung ihre jahrelang erworbenen Versorgungsansprüche (z.B. Zusatzversorgung) verlieren. Es bestehe kein Grund, auf diese Ansprüche zu verzichten.

2. Sie sei weiterhin krank geschrieben.

3. Das arbeitsamtsärztliche Gutachten berücksichtige in keiner Weise die von den behandelnden Ärzten erhobenen Befunde. Seine Frau könne keinerlei Arbeiten durchführen.

Mit Bescheid vom 19.02.1997 bewilligte die BfA der Klägerin BU-Rente ab 14.08.1996 in laufender Höhe von monatlich 1.093,53 DM. EU-Rente wurde abgelehnt.

Laut Vermerk in der BEWA über ein Telefonat vom 19.03.1997 sei die Klägerin in Widerspruch gegangen, da sie EU-Rente wolle. Sie sei über den möglichen Bezug von Leistungen nach dem AFG bei Erhalt von BU-Rente informiert worden, wenn sie sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stelle, und um schriftliche Mitteilung gebeten worden.

Am 20.03.1997 ging ein von der Klägerin unterschriebenes und in Ich-Form verfasstes Schreiben ein, welches im Übrigen dem Schreiben des Ehemanns der Klägerin vom 21.01.1997 wortgleich entsprach.

Mit Bescheid vom 10.04.1997 lehnte das Arbeitsamt den Antrag der Klägerin auf Arbeitslosengeld vom 14.08.1996 ab. Diese habe erklärt, dass sie sich dem Arbeitsmarkt nicht entsprechend dem ärztlichen Gutachten zur Verfügung stelle. Damit stehe sie der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung.

Im Widerspruchsverfahren wurde die Klägerin am 10.07.1997 durch die Arbeitsamtsärztin R. untersucht, die zu dem Ergebnis kam, dass sich gegenüber dem Leistungsbild vom 18.11.1996 keine neuen Gesichtspunkte ergeben hätten. Die Klägerin wiederholte, dass sie nach den von ihren behandelnden Ärzten festgestellten gesundheitlichen Beschwerden keinerlei Arbeiten durchführen könne, was nicht bedeute, dass sie sich dem Arbeitsamt nicht zur Verfügung stelle bzw. dass sie keine Arbeiten durchführen wolle, des Weiteren, dass sie sich dem Arbeitsmarkt deswegen nicht zur Verfügung stellen könne, da sie immer noch ungekündigte Angestellte der Stadt M. sei und bei einer von ihr selbst initiierten Kündigung ihre jahrelang erworbenen Versorgungsansprüche, z.B. Zusatzversorgung, verliere. Es bestehe kein Grund ihrerseits, auf diese Ansprüche zu verzichten.

Das Arbeitsamt wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.1997 als unbegründet zurück.

Dagegen hat die Klägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Prof.Dr. S. , Klage zum Sozialgericht München erhoben. Die in den arbeitsamtsärztlichen Gutachten getroffenen Feststellungen würden ihrem Gesundheitszustand nicht gerecht. Ihre insoweit im Verwaltungsverfahren abgegebenen Äußerungen könnten nicht dahingehend aufgefasst werden, dass sie sich der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stellen wolle. Das SG wies die Klage durch Gerichtsbescheid vom 20.09.2000 als unbegründet ab. Den in den arbeitsamtsärztlichen Gutachten getroffenen Feststellungen über die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei zuzustimmen, zumal auch der Rentenversicherungsträger lediglich BU, aber nicht EU anerkannt habe. Nachdem die Klägerin sich der Arbeitsvermittlung nicht ausdrücklich im Rahmen der arbeitsamtsärztlichen Feststellungen zur Verfügung gestellt habe, fehle es an ihrer nach § 103 Abs.1 Satz 1 AFG für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld notwendigen Arbeitsbereitschaft.

Im Berufungsverfahren bestreitet die Klägerin weiterhin die Richtigkeit der seitens der Arbeitsamtsärzte getroffenen Feststellungen zu den gesundheitlich bedingten Einschränkungen ihrer Leistungsfähigkeit. Die von ihr selbst hierzu gemachten Äußerungen könnten keinesfalls dahingehend ausgelegt werden, dass sie sich der Arbeitsvermittlung nicht im Rahmen ihres objektiv gegebenen Leistungsvermögens zur Verfügung stelle. Sollte eine dahingehende Auslegung ihrer Äußerungen zu ihrem Leistungsvermögen unterstellt werden können, so müssten Widerspruch und Klage als Widerruf angesehen werden. Im Übrigen habe sich die Beklagte offensichtlich nicht dazu in der Lage gesehen, ihr, der Klägerin, einen Vermittlungsvorschlag im Rahmen des ihr arbeitsamtsärztlich zugemuteten Leistungsvermögens zu unterbreiten. Hinzuweisen sei auch darauf, dass ihr weder Äußerungen ihres Ehemanns noch Notizen in den Vermittlungsunterlagen der Beklagten, was sie angeblich gesagt habe, zugerechnet werden könnten. Sie erfülle somit die Voraussetzungen des §105 a AFG.

In der Sache beantragt die Klägerin, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 20.09.2000 sowie des Bescheides der Beklagten vom 10.04.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.1997 zu verurteilen, ihr "aufgrund ihres Leistungsantrages vom 14.08.1996 Arbeitslosengeld zu bewilligen".

Im abschließenden Schriftsatz vom 13.02.2002 hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten unter Bezugnahme auf die vorhergegangenen Schriftsätze erklärt:"Rein fürsorglich wurde Gutachten gemäß § 109 SGG beantragt (Neurologin Dr.von A.) mit dem Beweisthema, dass die Klägerin unter gesundheitlichen Gesichtspunkten zum damaligen strittigen Zeitpunkt hätte vermittelt werden können und dass das von der Beklagten erstellte arbeitsamtsärztliche Gutachten falsch ist.

Mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung besteht Einverständnis."

Die Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat sich gleichfalls mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Der Senat hat die Akten des SG und der Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der gesamten Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft und form- wie auch fristgerecht erhoben. Der Senat konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten auch ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 124 Abs.2 SGG).

Die Berufung ist auch teilweise begründet.

Die Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld richten sich nach dem noch bis zum 31.12.1997 geltenden Arbeitsförderungsgesetz (AFG).

Nach § 100 Abs.1 AFG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaftszeit erfüllt, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt hat.

Näherer Untersuchung bedarf im Fall der Klägerin das anspruchsbegründende Tatbestandsmerkmal der Arbeitslosigkeit sowie insbesondere dasjenige der Verfügbarkeit.

Arbeitslos im Sinne des AFG ist nach § 101 Abs.1 AFG ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine kurzzeitige Beschäftigung ausübt.

Diese Voraussetzungen waren in der Person der Klägerin zum Zeitpunkt des Antrags auf Arbeitslosengeld am 14.08.1996 erfüllt. Geklärt ist, dass das ungekündigte Fortbestehen eines Arbeitsverhältnisses, hier des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Stadt M. , bei langfristiger Arbeitsunfähigkeit und damit einhergehender wechselseitiger Duldung einerseits der Nichtwiederaufnahme der Arbeit bei dem betreffenden Arbeitgeber, andererseits der Nichtzahlung eines Lohnes bzw. Lohnersatzes Arbeitslosigkeit im Sinne von § 101 AFG nicht ausschließt. Dies jedenfalls dann, wenn wie im Fall der Klägerin ein derartiger Zustand schon über einen längeren Zeitraum besteht (Niesel-Brand, Rdz.18 zu § 101 AFG). Dass die Klägerin, die zum Zeitpunkt des Alg-Antrags erst 49 Jahre alt war, nicht bloß "vorübergehend" beschäftigungslos, sondern endgültig aus jeglichem Erwerbsleben ausgeschieden war, läßt sich nicht annehmen. Weder die Art ihrer Leiden noch ihre arbeitsrechtlichen Situation zwingt einen solchen Schluss auf. Die konkrete Beschäftigungssuche durch den Arbeitslosen selbst ist als Merkmal der Arbeitslosigkeit erst mit dem SGB III eingeführt worden (Niesel-Brand, jeweils Rdz.2 zu §§ 118, 119 SGB III).

Maßgebend im Fall der Klägerin ist demnach, wie dies auch das SG und die Beteiligten selbst sehen, die Anspruchsvoraussetzung der Verfügbarkeit.

Der Arbeitsvermittlung steht nach § 103 Abs.1 Nr.1 AFG zur Verfügung, wer

1. eine zumutbare beitragspflichtige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeismarkts ausüben kann und darf (objektive Verfügbarkeit), 2. bereit ist, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die er ausüben kann und darf (subjektive Verfügbarkeit).

Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt der Bestimmung des § 105 a AFG in ihrem Fall keine Bedeutung zu. Nach § 105 a AFG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld auch, wer die in den §§ 101 bis 103 genannten Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld allein deshalb nicht erfüllt, weil er wegen einer nicht nur vorübergehenden Minderung seiner Leistungsfähigkeit keine längere als kurzzeitige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts ausüben kann, solange weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit im Sinne der geetzlichen Rentenversicherung festgestellt worden ist.

"Nicht nur vorübergehend" im Sinne des § 105 a AFG ist ein Zustand geminderter Leistungsfähigkeit, der nach medizinischer Prognose jedenfalls länger als sechs Monate andauert (Niesel- Brand, Rdz.4 zu § 105 a AFG), woran bei der Klägerin kein Zweifel besteht.

Geklärt ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass die "Nahtlosigkeitsregelung" des 105 a AFG nur einen negativen Kompetenzkonflikt zwischen dem Träger der Arbeitslosenversicherung und dem Träger der Rentenversicherung bzgl. der Beurteilung von dessen Leistungsvermögen zu Lasten des Arbeitslosen ausschließt. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld kann nicht allein aufgrund der Annahme versagt werden, dass der Arbeitslose aus gesundlichen Gründen objektiv nicht verfügbar ist, solange nicht der Rentenversicherungsträger seinerseits Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit festgestellt hat. Unterstellt werden durch die Regelung des § 105 a AFG bis zur Feststellung des Rentenversicherungsträgers nur die objektive Verfügbarkeit, nicht die subjektive Arbeitsbereitschaft, und auch im Rahmen der objektiven Verfügbarkeit nur die ausreichende gesundheitliche Leistungsfähigkeit, nicht etwa noch andere Merkmale objektiver Verfügbarkeit (zusammenfassend zuletzt BSG vom 09.09.1999 SozR 3-4100 § 105 a Nr.7).

Die BfA hat der Klägerin mit Bescheid vom 19.02.1997 Rente wegen Berufsunfähigkeit bewilligt. Bis zu diesem Zeitpunkt kann ein Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld demnach nicht mangels Vorliegens der objektiven Verfügbarkeit verneint werden. Die Klägerin bedarf jedoch diesbezüglich nicht des Schutzes des § 105 a AFG, da die Beklagte ihrerseits ohnehin davon ausgeht, dass die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt nach den bis dahin vorliegenden ärztlichen Erkenntnissen, soweit es ihr gesundheitliches Leistungsvermögen betrifft, wenn auch nur in Teilzeit, eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann bzw. konnte.

Was die subjektie Arbeitsbereitschaft betrifft, so findet die Annahme der Beklagten, es habe der Klägerin an der Bereitschaft zur Annahme einer ihr zumutbaren Beschäftigung gefehlt, bis zum 23.01.1997 keine ausreichende Stütze.

Dies gilt auch dann, wenn man die von der Arbeitsamtsärztin Dr.F. in ihrem Gutachten vom 18.11.1996 zum Leistungsvermögen der Klägerin getroffenen Feststellungen als zutreffend unterstellt. Bis zum 24.01.1997 hat die Klägerin nach den Akten nicht erklärt, dass sie keine Beschäftigung aufnehmen wolle oder aber jedenfalls nur unter solchen Bedingungen, die wesentlich von den Feststellungen der Dr.F. zum Leistungsvermögen der Klägerin abweichen. Anläßlich ihres Antrags hat die Klägerin nach den Akten lediglich erklärt, dass sie ihre letzte Tätigkeit als Kindergärtnerin nicht mehr ausüben könne. Laut Anamnese vom 18.11.1996 hat sie Dr.F. gegenüber angegeben, dass sie sich nurmehr körperlich leichte Arbeit in Teilzeit von 20 Stunden mit wechselnder Arbeitshaltung in beratender Tätigkeit zutraue. Ihr könne die Zwangshaltung beim Hocken auf kleinen Stühlen, das Heben und Tragen von schweren Sachen, sowie ein vermehrter psychischer Stress nicht zugemutet werden. Dies unterscheidet sich kaum von dem Leistungsvermögen, das auch die Arbeitsamtsärztin Dr.F. anläßlich ihrer Begutachtung vom 18.11.1996 festgestellt hat. Die Vermittlungsunterlagen sind erst ab 12.12.1996 erhalten. Unabhängig davon, welcher Beweiswert dem zukommen könnte, sind auch die Aufzeichnungen der Arbeitsberaterin bis zum 15.01.1997, als sie der Klägerin eine Erklärungsfrist bis zum 24.01.1997 gesetzt hat, nicht eindeutig dahingehend zu interpretieren, dass die Klägerin sich für eine Beschäftigung überhaupt nicht zur Verfügung stelle oder jedenfalls auf keinen Fall untere den Bedingungen, die ihr Dr.F. noch zumute. Im Hinblick auf das Schwanken der Klägerin wie auch der Arbeitsberaterin, die sich offensichtlich über die Anwendung des § 105 a AFG im Unklaren war, lässt sich ein Fehlen der Arbeitsbereitschaft der Klägerin, selbst wenn man ihr das am 24.01.1997 eingegangene Schreiben des Ehemanns zurechnet, nicht bis zum Zeitpunkt der Antragstellung vom 14.08.1996 zurückdatieren.

Andererseits sind die im Schreiben vom 24.01.1997 abgegebenen Erklärung der Klägerin entgegen ihrer Auffassung zuzurechnen, nachdem die Beklagte aufgrund ihrer Fristsetzung zu diesem Zeitpunkt eine eindeutige und endgültige Erklärung der Klägerin zu ihrer Arbeitsbereitschaft erwarten durfte, dem Schreiben keine Einschränkung seitens des Ehemanns hinzugefügt war, dass dies nur seine persönliche Meinung sei und auch die Klägerin selbst in den nachfolgenden, am 20.03.1997 und 25.03.1997 beim Arbeitsamt eingegangenen und von ihr unterzeichneten Schreiben praktisch die wortgleichen Erklärungen gegenüber dem Arbeitsamt wiederholt hat.

Aus diesem Schreiben geht jedoch eindeutig hervor, dass die Klägerin jedenfalls ab dem 24.01.1997 der Arbeitsvermittlung subjektiv nicht mehr zur Verfügung stand, da sie bereits aus anderen Gründen als den gesundheitlichen bedingten Einschränkungen ihrer Leistungsfähigkeit, möglicherweise aufgrund mittlerweile angestellter Erkundigungen und Überlegungen jedenfalls zu diesem Zeitpunkt keine beitragspflichtige Beschäftigung annehmen wollte. Als erster Gesichtspunkt bei der vom Arbeitsamt verlangten Stellungnahme zur Arbeitsbereitschaft wird nämlich jeweils genannt, dass die Klägerin in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis bei der Stadt M. stehe und bei einer von ihr initiierten Kündigung Nachteile bei ihrer Zusatzversorgung zu befürchten habe. Sie habe keinen Grund, auf diese Ansprüche zu verzichten.

Natürlich stand und steht es der Klägerin frei, den sicheren Erhalt ihrer vollen Versorgungsansprüche aus ihrer Tätigkeit im öffentlichen Dienst der Aufnahme einer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorzuziehen. Das daraus resultierende Fehlen des nach § 103 Abs.1 Nr.2 AFG für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld notwendigen Merkmals der subjektiven Verfügbarkeit kann jedoch nicht durch die Bestimmung des § 105a AFG ersetzt werden, ganz unabhängig davon, welches Leistungsvermögen die Klägerin überhaupt hatte bzw. hat.

Dem Antrag der Klägerin auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG brauchte daher, selbst wenn man diesen - wie der Senat nicht (vgl. Meyer-Ladewig Rz.8 zu § 109 SGG) - für wirksam gestellt hält, nicht gefolgt werden, da es nicht auf das gesundheitlich bedingte Leistungsvermögen der Klägerin ankommt.

Bei der Kostenentscheidung hat der Senat zu Gunsten der Klägerin, die ihren Antrag insoweit unbestimmt gelassen hat, einen Zeitraum bis zum 31.07.1998 (Eintritt von EU) nach den Angaben im Berufungsschriftsatz als streitig angesehen.

Ein Anlass, die Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 oder Nr.2 SGG zuzulassen, bestand nicht, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil nicht von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht.
Rechtskraft
Aus
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