L 15 V 36/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 V 8/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 V 36/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.06.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rückforderung einer über den Todeszeitpunkt der Witwe ab dem 01.01.1996 gewährten Witwenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) in Höhe von insgesamt 16.050,- DM bzw. 13.493,11 DM.

Der Kläger ist ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts A. vom 25.03.1996 Alleinerbe der 1909 geborenen Versorgungsberechtigten (VB) A. S. , der der Beklagte nach deren Tod am 30.12.1995 mit Schreiben vom 06.06.1996 und 06.06. 1997 die Höhe ihrer Versorgungsbezüge am 01.07.1996 bzw. 01.07.1997 unter ihrer Anschrift B.str. , W. mitteilte; in Unkenntnis ihres Todes überwies er ab dem 01.01.1996 weiterhin Hinterbliebenenversorgungsbezüge i.H.v. 16.050,- DM auf deren Postbank-Girokonto Nr.213919-801, über das der Kläger als Erbe verfügte.

Am 19.11.1997 bestätigte die Gemeinde S. dem Beklagten, der Ermittlungen im Rahmen einer Lebensbescheinigungsaktion im November 1997 angestellt hatte, den Todeszeitpunkt der VB. Mit Fax vom 19.11.1997 übersandte das Amtsgericht A. den Erbschein vom 25.03.1996, wonach die VB von dem 1964 geborenen Kläger M. G. S. , B.str., W. allein beerbt worden ist. Daraufhin erließ der Beklagte am 20.11.1997 gegenüber G. S. , B.str., M. , einen Rückforderungsbescheid, gegen den sich dessen Ehefrau Z. S. mit Schreiben vom 30.11.1997 mit dem Einwand wehrte, der Bescheid sei an ihren verstorbenen Ehemann (26.11.1984) adressiert, sie selbst sei weder Erbin der verstorbenen VB noch habe sie Bezüge nach dem BVG erhalten; sie betrachte den Bescheid deshalb als gegenstandslos. Mit Schreiben vom 04.12.1997 forderte der Beklagte Z. S. auf, mitzuteilen, ob M. G. S. , geboren 1964, unter der Wohnadresse B.str. noch lebe, worauf diese mit Schreiben vom 10.12.1997 feststellte, Herr M. G. S. sei nicht ihr Ehemann, er halte sich an diversen Tagen in der Woche in ihrem Haushalt auf und nächtige im Haus B.str., W ... Diesem Schreiben fügte sie eine Sterbeurkunde über ihren Ehemann G. K. S. bei.

Nachdem der Beklagte am 05.12.1997 von der Postbank unter Hinweis auf § 118 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch - SGB VI- und § 66 BVG um Rücküberweisung des Betrages von 16.050,- DM bat, teilte ihm die Postbank mit Schreiben vom 17.12.1997 mit, dem Antrag auf Rücküberweisung habe nicht in vollem Umfang entsprochen werden können, er möge sich an M. S. wenden; gleichzeitig überwies sie ihm 2.556,89 DM.

Mit Schreiben vom 28.12.1997 protestierte der Kläger gegen die am 09.12.1997 erfolgte Wertstellung in Höhe von 2.556,89 DM und wandte sich gegen jede Rentenrückforderung, zumal er bis heute keinen Bescheid erhalten habe.

Mit Bescheid vom 30.12.1997 forderte der Beklagte gemäß § 50 Abs.2 und Abs.3 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch - SGB X - vom Kläger 13.493,11 DM zurück (16.050,- DM abzüglich der bereits von der Postbank überwiesenen 2.556,89 DM). Hiergegen wandte der Kläger u.a. mit Schreiben vom 15.01.1998 ein, mangels eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs sei die Rückforderung unzulässig, hinzu komme die Verletzung des rechtlichen Gehörs. Er beantragte Akteneinsicht, Verlängerung der Zahlungsfrist und wiederholte seine Rechtsauffassung.

Nachdem im Rahmen dienstaufsichtsrechtlicher Prüfungen darauf hingewiesen wurde, bei Rückforderungen nach § 50 Abs.2 SGB X sei eine fiktive Prüfung nach §§ 45 und 48 SGB X vorzunehmen, erließ der Beklagte seinen Ergänzungsbescheid vom 20.05.1998, wonach sich der Kläger gemäß § 45 Abs.2 SGB X auf keinen Vertrauensschutz berufen könne, weil er ohne Mitteilung des Todes der VB von einer Rechtswidrigkeit der Zahlungen hätte ausgehen müssen; die Frist des § 45 Abs.3 Satz 3 SGB X sei noch nicht verstrichen.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 15.01.1998 und mit mehreren Eingaben. Mit Schreiben vom 17.07.1998 wurde der Kläger u.a. darauf hingewiesen, nach § 118 Abs.4 SGB VI zur Erstattung der zu Unrecht erbrachten Geldleistungen verpflichtet zu sein; gleichzeitig wurde beanstandet, dass er sich noch nicht dazu geäußert habe, warum er den Tod der VB bzw. die Tatsache, dass nach deren Tod weiterhin Rentenleistungen auf dem Postbankkonto 213919-801 eingingen, dem Beklagten nicht mitgeteilt habe.

Nachdem mehrere Zustellungen eines Widerspruchsbescheides gescheitert waren, wurde dem Kläger schließlich mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.1999, zugestellt mit Einwurf-Einschreiben national, mitgeteilt, sein Widerspruch vom 15.01.1998 gegen den Bescheid vom 30.12.1997 werde zurückgewiesen; das Schreiben des Beklagten vom 20.05.1998 ergänze den Rückforderungsbescheid vom 30.12.1997, es sei nicht zu beanstanden; der Rückforderungsanspruch stütze sich auf die gesetzlichen Grundlagen des § 66 Abs.2 Satz 4 BVG in Verbindung mit § 118 Abs.3 und 4 SGB VI; die monatlichen Rentenleistungen seien von ihm in Empfang genommen worden, obwohl er hätte erkennen müssen, dass diese nach dem Tod der VB nicht mehr zugestanden hätten.

Mit seiner am 26.04.1999 zum Sozialgericht Augsburg erhobenen Klage rügte der Kläger die Unzuständigkeit des Gerichtes mangels eines öffentlich-rechtlichen Erstattunganspruchs, hilfsweise bestritt er im Schreiben vom 30.06.1999 u.a., dass der Beklagte erst nach zwei Jahren durch einen Abgleich mit der Gemeindeliste vom Tod der VB erfahren habe; deren Ableben habe er nicht mitgeteilt, da er nicht wissen konnte, dass sie Versorgungsbezüge erhielte; § 118 Abs.4 SGB VI sei nicht anwendbar, da er bereits vor dem Rückforderungsbescheid vom 30.12.1997 Erbe gewesen sei; dies ergebe sich aus § 118 Abs.4 Satz 3 SGB VI, wonach ein Anspruch gegen die Erben unberührt bleibe.

Mit Schriftsatz vom 08.09.1999 wandte der Beklagte ein, § 118 Abs.4 SGB VI sei anwendbar und der Rechtsweg der Sozialgerichtsbarkeit gegeben.

Mit Schreiben vom 13.02.2000 führte der Kläger aus, wegen der Zulässigkeit des Sozialrechtsweges müsse vorab durch Beschluss nach § 17 a Abs.3 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) darüber entschieden werden; bei dem Rückforderungsbescheid handele es sich um keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X, da die behauptete materiell-rechtliche Grundlage auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts fehle. Im Übrigen beantragte er vorsorglich die Aussetzung des Verfahrens nach § 114 SGG bis zum rechtskräftigen Abschluss des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen ihn. Gleichzeitig widersprach er dem Einwand des Beklagten, er habe die Änderung des Kontoinhabers nicht erkennen können; hierfür fehle jede Begründung, sie sei äußerst un- glaubhaft, widerspreche der allgemeinen Verwaltungserfahrung und sei eine einfache Schutzbehauptung; der Beklagte verkenne die Beweislastverteilung; er wolle eine Beweislastumkehr dadurch statuieren, dass mangels Rechtsgrundlage für den Rückforderungsbescheid der Kläger darzulegen habe, aufgrund welcher Vorschrift er die Herausgabe der empfangenen Versorgungsleistung verweigere.

In seiner hierzu auf Ersuchen des Gerichtes am 09.03.2000 zugesandten Stellungnahme führte der Beklagte aus, es sei Tatsache, dass nach dem Tode der VB für den Zeitraum vom Januar 1996 bis Dezember 1997 Versorgungsleistungen zu Unrecht erbracht worden seien; diese Leistungen seien von dem Kläger in Empfang genommen worden; damit stehe außer Frage, dass den Kläger die Verpflichtung zur Rückerstattung treffe, soweit der Geldbetrag nicht bereits von der Bank zurücküberwiesen worden sei; der Kläger sei Erbe der VB, damit lasse sich gemäß § 118 Abs.4 Satz 3 SGB VI der Erstattungsanspruch auch auf § 50 Abs.2 SGB X stützen, die erforderliche Vertrauensschutzprüfung sei durchgeführt worden.

In weiteren Schriftsätzen wiederholte der Kläger im Wesentlichen seine Rechtsauffassung und beantragte Terminverlegungen; einen Tag vor der mündlichen Verhandlung übersandte der Beklagte mit Fax vom 27.06.2001 eine Bestätigung der Postbank, wonach auf den Kontoauszügen der Versorgungsempfänger bei Gutbuchung der Bezüge die Herkunft durch den Ausdruck "BUKAM/K Abrechnungsnummer/Bezüge 10/32/Nr. z.B. 250045/50" gekennzeichnet werde.

Mit Urteil vom 28.06.2001 wies das Sozialgericht die Klage im Wesentlichen unter Hinweis auf § 118 Abs.4 Satz 1 SGB VI, mit dem der Gesetzgeber für die Zeit ab 01.01.1996 genau die vorliegende Fallgestaltung geregelt habe, ab; der Kläger als über das Konto Verfügender könne sich nicht auf "Entreicherung" berufen; Hinweise, dass die Einziehung des Betrages unbillig wäre, seien nicht ersichtlich; der Umstand, dass der Kläger auch Alleinerbe der verstorbenen VB sei, sei entscheidungsunerheblich, da diese Vorschrift lediglich darauf abstelle, ob der Betroffene unabhängig von seiner Stellung als Erbe über den Geldbetrag verfügt habe. Im Übrigen nahm das Gericht Bezug auf die Gründe des Widerspruchsbescheides.

Mit seiner hiergegen am 27.08.2000 beim Sozialgericht Augsburg eingelegten Berufung beantragte der Kläger unter Hinweis auf seine Ausführungen in erster Instanz, den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 28.06.2001 und des Bescheides vom 30.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.1999 zu verurteilen, den Rückforderungsbescheid über die ab dem 01.01.1996 hinaus gezahlte Witwenversorgung zurückzunehmen.

Am 22.11.2002 übersandte die Staatsanwaltschaft Augsburg die Ermittlungsakten; mit Verfügung vom 31.03.1999 wurde das Verfahren gegen den Kläger nach § 170 Abs.2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt mangels eines Betruges durch Unterlassen; der Erbe eines Rentenempfängers habe keine Offenbarungspflicht bezüglich des Todes des Rentenempfängers.

Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 09.03.2004 wurde auf Antrag des Klägers, der mehr Zeit zur Vorbereitung geltend machte, aufgehoben; anschließend beantragte der Kläger u.a. Akteneinsicht und Kostenvorschuss.

Mit Schreiben vom 20.04.2004 stellte der Beklagte klar, er stütze die Rückforderung auf § 50 Abs.2 SGB X; nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gelte § 50 Abs.2 Satz 2 SGB X (Ermessensausübung) nur im Verhältnis zum Inhaber des Sozialleistungsanspruchs, nicht aber im Verhältnis zu Dritten; im Übrigen habe bei der Bösgläubigkeit des Klägers eine Ermessensreduktion auf Null bestanden; eine Vertrauensprüfung sei durchgeführt worden (Schreiben des Beklagten vom 20.05. 1998); der Kläger habe bis zum Ende des Verwaltungsverfahrens keinerlei Gründe für seinen angeblichen Glauben, die offensichtlich für die VB gedachten, nach ihrem Ableben auf ihr Konto überwiesenen Beträge behalten zu dürfen, vorgetragen.

Der Kläger gab hierzu keine Stellungnahme mehr ab und bat im Verlauf des weiteren Verfahrens unter Vorlage ärztlicher AU-Bescheinigungen mehrfach um eine Verlängerung der Frist zur Stellungnahme. Mit Fax vom 17.08.2004 beantragte er wegen seines schlechten Gesundheitszustandes die Aufhebung und Verlegung des Termins vom selben Tage, nahm nochmals Bezug auf seinen Schriftsatz vom 01.08.2004 und den des Beklagten vom 20.04. 2004, ging davon aus, dass der Beklagte seinen Schriftsatz nicht mehr aufrecht erhalte, stellte abschließend einen Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 121 SGG und bat um einen Hinweis des Gerichtes. Ein ärztliches Attest fügte er nicht bei.

Der Kläger beantragt in seinem Berufungsschriftsatz vom 27.08. 2000 sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.06.2001 und den Bescheid vom 30.12.1997, ergänzt durch den Bescheid vom 20.05.1998, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.1999 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.06.2001 zurückzuweisen.

Zum Verfahren beigezogen wurden die Versorgungsakten und die Akten des Sozialgerichts Augsburg, Az.: S 8 V 8/99.

Bezüglich des weiteren Sachverhaltes in den Verfahren des Beklagten und des Sozialgerichts wird gemäß § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und § 543 der Zivilprozessordnung (ZPO) auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die dort angeführten Beweismittel, hinsichtlich des Sachverhalts im Berufungsverfahren auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der Berufungsakten nach 136 Abs.2 SGG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Abgesehen davon, dass das Bayer. Landessozialgericht als Rechtsmittelgericht nicht mehr zu prüfen hat, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (§ 17a Abs.5 GVG), ist die Zulässigkeit des Rechtsweges entgegen der klägerischen Auffassung gegeben. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten des Sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27 j BVG (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen (§ 51 Abs.1 Nr.6 SGG). Nachdem die Rückforderung einer über den Todeszeitpunkt der VB gewährten Witwenversorgung nach dem BVG streitig ist, betrifft der Rechtsstreit eine Angelegenheit des sozialen Entschädigungsrechtes, deren Rechtsnatur nicht dadurch verändert wird, dass eine Sozialleistung zurückgefordert wird.

Dem Antrag des Klägers vom 17.08.2004, den Termin vom selben Tage aufzuheben und zu verlegen, musste der Senat mangels Vorlage eines ärztlichen Attests nicht entsprechen.

Die statthafte und zulässige Berufung des Klägers (§§ 143 ff., 151 SGG) ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.06.2001 und der ihm zugrunde liegende Rückforderungbescheid des Beklagten vom 30.12.1997, ergänzt durch den Bescheid vom 20.05.1998, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.1999 sind nicht zu beanstanden. Der Beklagte ist berechtigt, vom Kläger als dem Erben (§ 1922 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) der VB die dieser über den Todeszeitpunkt (30.12.1995) ab dem 01.01.1996 gewährten Hinterblie- benenrenten in Höhe von insgesamt 16.050,- DM bzw. 13.493,11 DM zurückzufordern.

Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie vom Erben zu erstatten (§§ 50 Abs.2 Satz 1 SGB X, 66 Abs.2 Satz 4 BVG, 118 Abs.3, 4 Satz 3 SGB VI in der bis zum 21.06.2002 geltenden Fassung). Auf diese Rechtsgrundlage kann der Beklagte seine Rückforderung, wie im Bescheid vom 30.12.1997 bzw. in dessen Ergänzung vom 20.05.1998 ausgeführt, stützen. Zwar sind die Versorgungsbezüge über den Tod der VB hinaus aufgrund der Verwaltungsakte vom 06.06.1996 bzw. 06.06. 1997 weitergezahlt worden, jedoch sind diese Verwaltungsakte durch den am 30.12.1995 eingetretenen Tod der VB gemäß § 39 Abs.2 SGB X auf "andere Weise erledigt", so dass insoweit ein Fall des § 50 Abs.2 SGB X vorliegt. Insoweit hat der Kläger in seinem Schreiben vom 07.05.2000 zutreffend darauf hingewiesen, die Tatsache, dass er Erbe sei, sei richtig, weshalb sich ein Erstattungsanspruch nur nach § 50 SGB X richten könne. Diese Rechtsgrundlage wird auch nicht durch die Neuregelung des § 118 Abs.4 SGB VI vom 21.06.2002 (BGBl I S.2167) in Frage gestellt, weil diese Vorschrift im letzten Satz 5 ausdrücklich wiederum feststellt: "Ein Anspruch gegen die Erben nach § 50 SGB X bleibt unberührt". Dass im Verlauf des Verwaltungsverfahrens vom Beklagten auch § 118 Abs.4 SGB VI als eigenständige Anspruchsgrundlage genannt wurde, ist für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht maßgebend, weil dies lediglich den Begründungsteil und nicht den Regelungsteil des Bescheides betrifft.

Nachdem die Ansprüche auf Rückforderung gemäß § 118 SGB VI und nach § 50 SGB X nebeneinander bestehen, war auch die vom Beklagten in Anspruch genommene Postbank, bei der die mit dem Kontoausdruck "BUKAM/K Abrechnungsnummer/Bezüge 10/32/Nr. ( ...) /50" gekennzeichneten Hinterbliebenenbezüge zu Unrecht gutgeschrieben wurden, verpflichtet, "der überweisenden Stelle" (sc. Beklagter) diese gemäß § 118 Abs.3 Satz 2 SGB VI zurückzuüberweisen. Dies war dem Kläger, der als (ehemaliger) Mitarbeiter einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft über erhebliche einschlägige Sach- und Rechtskunde verfügt und dies in seinen Schriftsätzen auch zum Ausdruck bringt, erkennbar, so dass er sich nicht auf den hier nur im Falle der Gutgläubigkeit zu prüfenden Vertrauensschutz (Rechtsgedanke aus § 45 Abs.2 SGB X) berufen kann. Angesichts dieser Kenntnisse musste der Kläger bereits anhand der Kontoauszüge erkennen, dass es sich hier um Hinterbliebenenrentenbezüge handelte, die mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage nach dem Tod der VB zu Unrecht dem Konto gutgeschrieben wurden - auch wenn der Beklagte fälschlicherweise mit Schreiben vom 06.06.1996 und 06.06.1997 der bereits verstorbenen VB die Höhe ihrer Versorgungsbezüge ab 01.07.1996 bzw. 01.07.1997 unter ihrer Anschrift B.str., W. mitgeteilt hatte. Nachdem der Kläger weder bis zum Ende des Verwaltungs- noch des Gerichtsverfahrens Gründe für seinen angeblichen Glauben, die erkennbar nur der VB zugedachten und nach ihrem Ableben dem Konto überwiesenen Beträge behalten zu dürfen, vortragen konnte, ist die vom Beklagten in seinem Schriftsatz vom 20.05.1998 vorgenommene Vertrauensprüfung nicht zu beanstanden; für weitere Ermittlungen im Berufungsverfahren hatte der Senat keinen Anlass.

Die angefochtenen Verwaltungsakte sind auch nicht deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte keine Ermessensentscheidung getroffen hat. § 50 Abs.2 Satz 2 SGB X i.V.m. §§ 45, 48 SGB X kommt in den Fällen der vorliegenden Art nicht zur Anwendung (vgl. Urteil des BSG vom 24.07.2001, Az.: B 4 RA 102/00 R in SozR 3-1300 § 50 Nr.24 und Breithaupt 2001, Seite 989 ff).

Zwar gelten die §§ 45 und 48 SGB X gemäß § 50 Abs.2 Satz 2 SGB X entsprechend. Diese Vorschrift stellt sicher, dass der Sozialleistungsempfänger, der die Leistung ohne einen - das Recht feststellenden oder gewährenden - Verwaltungsakt zu Unrecht erhalten hat, denselben Vertrauensschutz erlangt wie derjenige, der im Falle einer rechtswidrigen Bewilligung des Rechts oder Anspruchs bei Aufhebung dieses Verwaltungsaktes haben würde. § 50 Abs.2 Satz 2 SGB X ist daher nur anwendbar, wenn dem Zahlungsempfänger das Recht/der Anspruch auf die Zahlung im Rahmen eines Sozialrechtsverhältnisses überhaupt wirksam durch (wenn auch rechtswidrigen) Verwaltungsakt zuerkannt werden kann. Verwaltungsakte, durch welche der Beklagte die (Stamm-)Rechte auf Witwenrente, die Kraft Gesetz ausschließlich der VB zustehen, einem Dritten (hier: dem Kläger) zuerkennen würde, wären jedoch nicht nur rechtswidrig (und damit bis zu ihrer Aufhebung wirksam), sondern nichtig (im Sinne von § 40 Abs.2 Nr.4 und 5 und Abs.1 SGB X). In Fällen der vorliegenden Art ist somit § 50 Abs.2 Satz 2 SGB X schlechthin nicht anwendbar. Erbringt der Beklagte als Sozialleistungsträger eine Sozialleistung zu Unrecht an einen (vermeintlich) empfangszuständigen Dritten (Kläger), um seine (vermeintliche) Pflicht aus einem sozialen Recht zu erfüllen, und musste der Dritte dies objektiv erkennen, so richtet sich der Erstattungsanspruch nach § 50 Abs.2 Satz 1 SGB X; § 50 Abs.2 Satz 2 SGB X gilt nur im Verhältnis des Sozialleistungsträgers zum Inhaber des Sozialleistungsanspruchs (VB), nicht jedoch zum Dritten. Gegenüber diesem kommt nur der verfassungsrechtlich gebotene Vertrauensschutz zum Tragen (vgl. BSG a.a.O.).

Im Übrigen hat der Beklagte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG zutreffend hilfsweise darauf hingewiesen, dass bei fehlenden Ausführungen zum Ermessen in einem Bescheid nur dann auf einen Ermessenfehler geschlossen werden könne, wenn eine Begründung überhaupt geboten war. Dies ist bei Bösgläubigen, die sich auf Vertrauen nicht berufen können - so wie im Falle des Klägers - nur dann der Fall, wenn im Verwaltungsverfahren Gründe vorgetragen wurden, aus denen trotzdem von einer Rückforderung hätte abgesehen werden können (Urteil des BSG vom 25.01.1994, Az.: 4 RA 16/92). Derartige Gründe konnte der Kläger nicht vorbringen, so dass eine Ermessensreduktion auf Null bestand. Auch im Urteil vom 06.09.1989 (Az.: 9/9a RVs 17/87 in SozR 1300 § 45 Nr.46) hat das BSG entschieden, dass der angefochtene Bescheid nicht allein wegen fehlender Ermessensausübung aufgehoben werden dürfe, da im Versorgungsrecht im Regelfall kein Gestaltungsspielraum für eine Ermessenausübung verbleibe.

Schließlich hat das BSG in seinem Urteil vom 20.09.1990, (Az.: 9b/7 RAr 30/89) ausgeführt, dass in Fällen, bei denen nach der Vertrauensschutzprüfung keine weiteren Gesichtspunkte für eine Ermessensentscheidung ersichtlich sind - der Kläger hat diesbezüglich ebenfalls nichts vorgetragen - der Verwaltung nicht aufgegeben werden könne, was kein Gericht leisten könne, nämlich eine Ermessensausübung ohne geeignete Sachverhaltselemente.

Das ursprüngliche Fehlen der nach § 24 SGB X vor Erlass eines in die Rechte eines Beteiligten eingreifenden Verwaltungsaktes vorgesehenen Anhörung wurde durch das nachfolgende Widerspruchsverfahren geheilt; im Übrigen wurde noch vor Erlass des Widerspruchs ein Eingabeverfahren durchgeführt, in dessen Rahmen ausführlich auf die vom Kläger angesprochenen Punkte eingegangen wurde.

Nachdem der Erstattungsanspruch gegenüber dem Kläger nicht verjährt war - der Kläger hat sich darauf auch nicht berufen - ist die Rückforderung auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (vgl. § 160 Abs.2 Nrn. 1 und 2 SGG); der Senat stützt seine Entscheidung ausdrücklich auf Entscheidungen des BSG.
Rechtskraft
Aus
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