L 12 KA 482/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 43 KA 271/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 482/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. März 2002 aufgehoben und die Klage gegen die Bescheide vom 21.01. 1998 und 27.01.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.2001 abgewiesen. II. Der Kläger hat der Beklagten die Kosten beider Rechtszüge zu erstatten und die Gerichtskosten beider Rechtszüge zu tragen. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

In diesem Rechtsstreit geht es um die sachlich-rechnerische Berichtigung der Gebührenordnungspositionen 7116 und 8015 im Quartal 3/97.

Der Kläger war in diesem Quartal als Frauenarzt mit Labor in M. niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Honorarbescheid vom 27. Januar 1998 strich die Beklagte unter anderem sieben Ansätze der Gebührenordnungsnummer 8015, weil diese für Frauenärzte fachfremd sei. Mit gesondertem Berichtigungsbescheid vom 21. Januar 1998 teilte sie dem Kläger darüber hinaus mit, dass in 39 Fällen die Gebührenordnungsnummer 7116 abgesetzt worden sei, wobei sie sich auf eine Entscheidung der Prüfgremien berief.

Der Kläger hat gegen beide Bescheide mit Schreiben vom 2. März 1998 Widerspruch eingelegt. Zu Nr.7116 führte er aus, die kom- plette Absetzung dieser Position widerspreche dem Gleichbehand- lungsgebot. Die Absetzung sei nur bei ihm erfolgt. Es fehle da- für eine differenzierte Begründung. In der Leistungslegende sei ein Ausschluss der Abrechnung für Gynäkologen nicht vorgesehen. Die Ziffer sei eindeutig für den Transport infektiösen, also bakteriologischen Materials bei Einsendungen vorgesehen. Nur um solches habe es sich gehandelt. Zu Nr.8015 führte der Kläger aus, es solle geklärt werden, warum diese Leistung für ihn fachfremd sei. Er stelle Gestationsdiabetikerinnen mit Insulin ein, folglich erhielten sie auch Verbrauchsmaterial.

Die Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2001 zurückgewiesen. Die Abrechnung der Zuschlags- position 7116 setze voraus, dass bei Verwendung bzw. Transport von infektiösem Material mit der Deutschen Bundespost tatsäch- lich höher Kosten entstanden seien. Die Berechnung könne außer- dem nicht je Fall sondern nur je Versand erfolgen. Für den Fall, dass Material für mehrere Patienten zusammen verschickt werde, könne die Zuschlagsposition nur auf einem Schein abgerechnet werden. Die Regelungen über den Postversand von medizinischem Untersuchungsgut der Bundespost bestimmten maßgeblich, ob es sich um die Versendung eines gesondert zu kennzeichnenden und als Wertbrief/Wertpaket zu versendenden Materials handele. Nach dieser Regelung werde unterschieden in Untersuchungsgut ohne oder mit geringem Infektionsrisiko und Untersuchungsgut mit Infektionsrisiko. Nur in dem letzteren, wesentlich selteneren Fall sei eine Versendung per Wertbrief/Wertpaket und damit der Zuschlag nach Nr.7116 erforderlich. Nach den Bestimmungen der Bundespost fielen unter solches infektiöses Untersuchungsgut nur biologische Stoffe, die für Mensch oder Tier infektiös seien oder bei denen ein entsprechend begründeter Verdacht gegeben sei, um unter anderem die Bearbeitung mit automatischen Sortiermaschinen auszuschließen. Deshalb fielen Erregerkulturen oder Proben mit nach § 37 Bundesseuchengesetz beschriebenen Krankheiten wie Cholera, Pest oder Pocken immer unter diese Bestimmung. Dagegen fielen alle Sendungen mit flüssigem Untersuchungsgut z.B. Serum, Urin, Stuhl, in Flüssigkeit befindliche Proben, nicht flüssiges Untersuchungsgut wie Abstriche oder Ausstriche auf Objektträgern sowie Untersuchungsgut in Formalin, bei dem jegliches Infektionsrisiko ausgeschlossen sei, unter die Kategorie Untersuchungsgut ohne oder mit geringem Infektionsrisiko.

Bezüglich der Gebührenordnungsposition 8015 verweist der Wider- spruchsbescheid zunächst auf Art.34 Abs.1 des Kammergesetzes für Heilberufe (KG) und § 21 der Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns (WBO), wonach ein Arzt seine Tätigkeit auf das Gebiet zu beschränken habe, dessen Bezeichnung er führe. Das gelte auch bei seiner Teilnahme an der Kassen-/Vertragsärzt- lichen Versorgung. Inhalt der Weiterbildung für Frauenheilkunde seien Erwerb und Nachweis eingehender Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Indikationsstellung und Durchführung der konservativen und operativen Behandlung gynäkologischer Erkrankungen unter Einbeziehung medikamentöser Behandlungsfor- men. Die Pauschale nach Nr.8015 könne deshalb von einem Gynä- kologen nicht gebietskonform abgerechnet werden.

Der Kläger hat dagegen mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2001 Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben, die schriftlich nicht näher begründet wurde. In der mündlichen Verhandlung der 43. Kammer vom 20. März 2002 hat der Kläger beantragt, den Be- scheid der Beklagten vom 28. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2001 insoweit aufzuheben, als die Leistungen gemäß Nrn.7116 und 8015 abgesetzt worden seien, und die Beklagte zu verpflichten, diese Leistung zu vergüten, hilfsweise die Berufung zuzulassen. Das SG hat der Klage mit Urteil vom selben Tage stattgegeben. In der Begründung führte es aus, die mit zwei Ärzten fachkundig besetzte Kammer vertrete im Ergebnis die Auffassung, dass das vom Kläger versandte Untersuchungsgut infektiöses Material im Sinne der Leistungslegende der Nr.7116 sei. Die Abrechnung der Nr.8015 bedürfe im Unterschied zu den Nummern 8013 und 8014 keiner Genehmigung durch die Beklagte. Der Argumentation, es handele sich dabei um eine nicht fachgebietskonforme Leistung, habe die Kammer im Ergebnis nicht folgen können. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.

Gegen das ihr am 26. August 2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 17. September 2002 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Zur Begründung führte sie hinsichtlich Nr.7116 im Wesentlichen aus, aus den Diagnosen auf den Behandlungsscheinen gehe nicht hervor, dass es sich bei dem gesamten Material um Untersuchungsgut gehandelt habe, das einen gesonderten Versand im Sinne der Nr.7116 erfordert hätte. Die Angabe "bakteriologische Untersuchung" oder "Vaginalabstrich" und/oder "bakterielle Genitalinfektion" ergebe keinen Hinweis auf infektiöses Untersuchungsgut im Sinne dieser Bestimmung. Es liege eine Abweichung im Sinne von § 144 Abs.2 Nr.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von der gängigen landes- und bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung vor, nach der der Ansatz der abgerechneten Leistungsziffern aufgrund der auf dem jeweiligen Behandlungsschein angegbenen Diagnosen nachvollziehbar sein müsse.

Zu Nr.8015 führte die Beklagte aus, zwar sei diese Ziffer nicht genehmigungspflichtig, doch sei sie im Zusammenhang mit den ge- nehmigungspflichtigen Nummern 7215, 8013 und 8014 zu erbringen und in diesem Zusammenhang abrechenbar. Leistungsinhalt der Ziffer 7215 sei eine programmierte ärztliche Schulung und Be- treuung von insulinpflichtigen Typ-II-Diabetikern in Gruppen in der Praxis des behandelnden Arztes bei einer Teilnehmerzahl von vier bis zehn Personen je Teilnehmer und Sitzung. Leistungsinhalt der Nummern 8013 und 8014 sei die programmierte ärztliche Schulung von Typ-II-Diabetikern ohne bzw. mit Insulinbehandlung je Teilnehmer und Sitzung. Bei der Ziffer 8015 handele es sich um eine Pauschale für beim Patienten verbleibendes Verbrauchsmaterial (Typ II). Die Nr.8015 stelle demnach keine Vergütung für die Ausgabe von Info-Broschüren oder Ähnlichem dar. Ein Genemigungserfordernis für diese Pauschale sei entbehrlich, da sich aus dem Zusammenhang der Nrn.7215, 8013 und 8014 ergebe, dass nur derjenige Vertragsarzt die Pauschale abbrechen könne, der die genehmigungspflichtigen Leistungen nach Nrn.7215, 8013 oder 8014 erbracht habe. Der Kläger habe die Nr.8015 ohne Zu- sammenhang mit den vorgenannten Nummern abgerechnet. Im Übrigen sei die Behandlung von Diabetes für den Kläger gebietsfremd, und damit die in diesem Zusammenhang stehende Pauschale nach Nr.8015 nicht abrechenbar. Sie hat ein Schreiben der Bayeri- schen Landesärztekammer (BLÄK) vom 29. Oktober 1999 vorgelegt, in dem diese die Auffassung vertritt, dass die Behandlung von Diabetes nicht dem gynäkologischen sondern dem internistischen Fachgebiet zuzuordnen sei. Die Entscheidung des SG stehe im Gegensatz zum Urteil des Bundessozialgerichts vom 20. März 1996 (Az.: 6 RKA 34/95).

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 19. Mai 2004 zu Nr.7116 aus- geführt, die Beklagte berufe sich auf Bestimmungen der Postord- nung. Ihm sei in München und außerhalb Münchens kein Labor be- kannt, das den Versand von Material durch die Deutsche Bundespost realisiere. Er habe den Transport durch einen Abholdienst selbst geregelt, dessen Kosten er trage. Die von der Beklagten genannten Erkrankungen nach § 37 Bundesseuchengesetz, also Cholera, Pest oder Pocken kämen in Deutschland im Wesentlichen nicht mehr vor. Die Gebührenordnung werde also kaum diese Erkrankungen gemeint haben, sondern vielmehr Erkrankungen, die in unseren Breiten auch tatsächlich vorkämen. Er könnte sich vorstellen, dass er sich strafbar machen würde, wenn er HIV-positives Blut ohne entsprechende Kennzeichnung für einen sorgfältigen Transport versenden würde. Aus den Überweisungsscheinen bzw. Abrechnungsunterlagen gehe eindeutig hervor, dass es sich um Vaginalabstriche gehandelt habe. Dass der Krankheitserreger auf dem Überweisungsschein nicht genannt sei, werden jedem einleuchten. Wenn ein Erreger bereits bekannt sei, müsse er nicht mehr untersucht werden. Im Übrigen seien fast alle eingesandten Abstriche positiv gewesen. Zur Verdachtsdiagnose Genitalinfektion führt der Kläger aus, dass Infektion etwas mit infektiösem Material zu tun habe. Es finde sich in der Gebührenordnung kein Hinweis dafür, dass mit "infektiöses Material" ausschließlich Krankheiten nach dem Bundesseuchengesetz gemeint seien. Nach der Leistungslegende komme es nicht darauf an, um welches infektiöses Material es sich gehandelt habe. Zu Nr.8015 führt der Kläger aus, für diese Leistung sei keine Genehmigung erforderlich. Die Gebührenordnungspositionen seien nicht nach Gruppen geordnet. Einen Zusammenhang, wie ihn die Beklagte herzustellen versuche, zwischen Nrn.8013, 8014, 8016 bis 8018 bzw. 7215 und 8015 könne man durch die Plazierung der Pauschalziffern nicht nachvollziehen. Es treffe auch nicht zu, dass die Behandlung von Diabetikern für Gynäkologen generell fachfremd sei. Es gehe hier um den Schwangerschaftsdiabetes, der auch zum Typ II gerechnet werde. Dass schwangerschafsspezifische Erkrankungen auch in das Fachgebiet des Frauenarztes fielen, dürfte unbestritten sein. Die Messung der Glukosetoleranz, die der Kläger durchführe und auf den Abrechnungsscheinen dokumentiere, und die der Diagnostik des Schwangerschaftsdiabetes dienten, seien von der Beklagten bezahlt worden. Bezahlt würden auch die Rezepte für Insulin bzw. Teststreifen für das Insulinmessgerät. Es grenze an Schizophrenie, die Ausgabe und Verabreichung von Insulin zuzulassen, aber das dazu gehörige Informationsmaterial sachlich rechtlich richtig zu stellen. Im Übrigen sei der Kläger Diabetologe DDG und entsprechend geschult.

Der Senat hat mit Beschluss vom 21. Juli 2004 auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hin die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 Nr.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zugelassen.

In der mündlichen Verhandlung vom 15. September 2004 hat die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. März 2002 zurückzuweisen.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakten der Beklagten, die Akte des SG mit dem Az.: S 43 KA 271/02, die Beschwerdeakte mit dem Az.: L 12 KA 122/02 NZB und die Berufungsakte mit dem Az.: L 12 KA 482/04 vor, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird. Beigezogen wurden die Behandlungsausweise der Fälle, in denen die Gebührenordnungsnummer 7116 abgesetzt wurde.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, obgleich es um Geld- leistungen unter 500,00 EUR geht, denn der Senat hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hin mit Beschluss vom 21. Juli 2004 die Berufung gemäß § 144 Abs.2 Nr.2 SGG zuge- lassen, weil das Urteil des SG von der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 21. Juli 2004, Az: L 12 KA 193/02 und L 12 KA 124/02) abweicht.

Die Berufung erweist sich als begründet, denn das Sozialgericht hat die von der Beklagten vorgenommenen Honorarberichtigungen betreffend Gebührenordnungspositionen 7116 und 8015 zu Unrecht aufgehoben.

Im streitgegenständlichen Quartal erhielt ein Vertragsarzt für Versandmaterial, Versandgefäße usw. sowie für die Versendung bzw. den Transport von Untersuchungsmaterial einschließlich der Kosten für die Übermittlung von Untersuchungsergebnissen der Laboratoriumsdiagnostik, Histologie, Zytologie, Zytogenetik und Molekulargenetik je überwiesenem Untersuchungsfall eine Pauschalerstattung von 5,00 DM (BMÄ/EGO Nr. 7103). Entstanden ggf. zusätzliche Kosten bei Versendung bzw. Transport infektiösen Materials (z.B. im Postdienst durch zusätzliche Frankierung als Wertbrief oder Wertpaket) gab es dafür nach Nr.7116 BMÄ/E-GO pauschal 9.00 DM zusätzlich. Um diese Pauschale nach Nr.7116 geht es im vorliegenden Rechtsstreit. Der Kläger hat darauf keinen Anspruch, denn er hat den Inhalt der (zwischenzeitlich gestrichenen) Gebührenordnungsposition in den streitgegenständlichen Fällen nicht erfüllt. Es reicht für die Pauschalerstattung mit dem erhöhten Betrag gemäß Nr.7116 BMÄ/E-GO zusätzlich zu der Grundpauschale nach Nr.7103 BMÄ/E-GO entgegen der Auffassung des SG und des Klägers nicht aus, dass irgendein infektiöses Material versendet wird. Vielmehr muss hinzukommen, dass gerade wegen der Versendung bzw. des Transportes des infektiö- sen Materials notwendigerweise zusätzliche Kosten entstehen. Als Beispielsfall wird in der Leistungslegende der Gebührenordnungsziffer ausdrücklich auf die im Postdienst notwendige zusätzliche Frankierung als Wertbrief oder als Wertpaket hingewiesen. Von daher ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte zur Auslegung der Nr.7116 BMÄ/E-GO maßgeblich auf die Bestimmungen über den Postversand von medizinischem Untersuchungsgut der Bundespost abstellt, in denen danach unterschieden wird, ob es sich um Untersuchungsgut ohne oder mit geringem Infektionsrisiko oder Untersuchungsgut mit Infektionsrisiko handelt. Nur in den letzteren, wesentlich selteneren Fällen ist eine Versendung per Wertbrief/-paket erforderlich und somit der Zuschlag nach Nr.7116 BMÄ/E-GO gerechtfertigt. Nach den in Bezug genommenen Bestimmungen der Bundespost fallen unter solches infektiöses Untersuchungsgut biologische Stoffe, die für Mensch und Tier infektiös sind oder bei denen ein entsprechend begründeter Verdacht gegeben ist, um unter anderem die Bearbeitung mit automatischen Sortiermaschinen auszuschließen. Damit fallen Erregerkulturen der in § 37 des am 01.01.2001 außer Kraft getretenen Bundesseuchengesetzes beschriebenen Krankheiten wie z.B. Cholera, Pest oder Pocken immer unter diese Bestimmung. Dagegen fallen unter die Kategorie Untersuchungsgut ohne oder mit geringerem Infektionsrisiko alle Sendungen mit flüssigem Untersuchungsgut, z.B. Serum, Urin, Stuhl in flüssigen Proben, flüssiges Untersuchungsgut wie Abstriche oder Ausstriche auf Objektträgern sowie Untersuchungsgut in Formalin, bei denen jegliches Infektionsrisiko ausgeschlossen ist. Der mit zwei Ärzten (einer davon Gynäkologe) fachkundig besetzte Senat stimmt mit der Beklagen darin überein, dass nach den auf den beigezogenen Behandlungsscheinen angegebenen Diagnosen ("bakeriologisches Untersuchungsgut" und/oder "Vaginalabstrich" und/oder "bakterielle Genitalinfektion") bzw. bei dem vom Überweiser erteilen Auftrag "Bakteriologie des Vaginalab- strichs" kein Hinweis für ein infektiöses Untersuchungsgut im Sinne der damaligen Bestimmungen der deutschen Bundespost gegeben war, das gesondert zu kennzeichnen oder als Wertbrief bzw. Wertpaket zu versenden war. Die bakteriologische Untersuchung des Vaginalabstriches fällt unter die Kategorie "Untersuchungsgut ohne oder mit geringerem Infektionsrisiko ", so dass die Pauschale nach Nr.7116 BMÄ/E-GO nicht ausgelöst wird.

Natürlich ist auch dem Senat bekannt, dass Laborproben heute zumeist nicht mehr mit der Post versendet werden, sondern durch den die Laborleistung erbringenden Arzt. Der Kläger hat im streitgegenständlichem Quartal die Laborproben von einem Transportdienst (Rechnungen wurden dem Gericht vorgelegt) abholen lassen. Dieser Vorgang ist als solcher nicht geeignet, den Ansatz der BMÄ/E-GO Nr.7116 zu begründen. Hinzu kommen muss vielmehr auch bei der Verwendung eines privaten Transportdienstes, dass durch das Infektionsrisiko des Untersuchungsmaterials zwangsläufig zusätzlich Kosten für Sicherheitsvorkehrungen entstehen. Das behauptet in den vorliegenden Fällen auch der Kläger nicht, und es ist für den mit zwei Ärzten fachkundig besetzten Senat auch nicht ansatzweise erkennbar. Ein Vaginalabstrich bedarf in der Regel keiner besonderen Verpackung, und es muss auch nicht jeder Vaginalabstrich - um das Untersuchungsergebnis nicht zu gefährden - einzeln und sofort abgeholt werden. Der Versand des Untersuchungsguts Vaginalabstrich durch einen Transportdienst erfolgte objektiv aus anderen Gründen als dem der Infektiosität des Untersuchungsgutes. Der Versand durch einen Transportdienst ist im Übrigen die typische Transportform auch für die in der Nr.7103 BMÄ/E-GO genannten Untersuchungsgegenstände (Laboratoriumsdiagnostik, Histologie, Zytologie, Zytogenetik, Molekulargenetik) aus Gründen der Praktikabilität und Kostenersparnis.

Das dargestellte Verständnis der Nr.7116 BMÄ/E-GO führt zu ei- nem engen Anwendungsbereich dieser Gebührenordnungsposition an- gelehnt an den darin in Bezug genommenen Beispielsfall der Be- stimmungen der Bundespost über den Postversand von medizinischem Unersuchungsgut. Diese Auffassung des Senats wird durch die weitere Entwicklung der Gebührenordnung bestätigt. Die Nr.7116 wurde nämlich wenige Quartale nach dem hier streitigen Quartal 3/97 ersatzlos gestrichen und in die bisher schon bestehende Nr.7103 BMÄ/E-GO integriert, ohne dass die Pauschalerstattung der Nr.7103 BMÄ/E-GO nennenswert erhöht wurde. Sie lag im Quartal 3/97 bei 5,00 DM und beträgt jetzt 2,60 EUR. Das bedeutet nicht, dass die erhöhte Pauschale im streitgegenständlichen Zeitraum allein bei Pocken, Pest oder Cholera abrechnungsfähig gewesen wäre. Aus den vorliegenden Unterlagen zu den streitgegenständlichen 39 Behandlungsfällen geht aber nicht hervor, dass es sich um Untersuchungsgut gehandelt hätte, das mit einem solchen Infektionsrisiko verbunden gewesen wäre, dass dadurch die erhöhte Pauschale gerechtfertigt wäre.

An dieser Stelle ist außerdem darauf hinzuweisen, dass aus den vom Kläger vorgelegten Rechnungen des Transportdienstes nicht hervorgeht, welche (erhöhten) Transportkosten im Einzelnen an- gefallen sind. Eine Spezifizierung der Transportkosten nach den konkreten Leistungen enthalten die Rechnungen nicht.

Zusammenfassend kommt der Senat zu dem Ergebnis dass die Be- klagte in den streitgegenständlichen Behandlungsfällen die vom Kläger angesetzte Gebührenordnungsnummer 7116 BMÄ/E-GO zu Recht beanstandet hat. Das SG hat der dagegen gerichteten Klage zu Unrecht stattgegeben.

Auch die Pauschale nach BMÄ/E-GO Nr.8015 steht dem Kläger nicht zu. Nach BMÄ Nr.7215 erhält ein Arzt für die programmierte ärztliche Schulung und Betreuung von nicht insulinpflichtigen Typ-II-Diabetikern in Gruppen in seiner Praxis bei einer Teilnehmerzahl von vier bis zehn Personen je Teilnehmer und Sitzung 15,00 DM (im streitgegenständlichen Quartal). Die Abrechnung dieser Gebührenordnungsnummer bedarf der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung. Diese Regelung betrifft den Be- reich der Regionalkassen. Für den Ersatzkassenbereich finden sich vergleichbare Regelungen in E-GO Nrn.8013 und 8014. Danach wird für die programmierte ärztliche Schulung von Typ-II-Diabetikern ohne bzw. mit Insulinbehandlung je Teilnehmer pro Sitzung eine Pauschale von 50,00 DM gezahlt. Auch für die Abrechnung dieser Leistungen bedarf es einer Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung. Bei Durchführung derartiger Schulungen erhält der Arzt gemäß Nr.8015 BMÄ/E-GO eine Pauschale für beim Patienten verbleibendes Verbrauchsmaterial (Typ II), die bei den Regionalkassen im streitgegenständlichen Quartal 12,50 DM und bei den Ersatzkassen 50,00 DM betrug. Der Kläger besitzt unstreitig nicht die Genehmigung zur Durchführung der Schulungen nach BMÄ-Nr.7215 bzw. E-GO-Nrn.8013, 8014. Er hat auch diese Leistungen nicht abgerechnet. Wenn aber der Kläger die Bezugsleistung "programmierte Schulung" nicht durchführen darf und auch nicht durchführt, liegt es auf der Hand, dass er auch die Pauschale für dabei verwendetes Verbrauchsmaterial nicht abrechnen kann. Dieser Zusammenhang ergibt sich ausdrück- lich aus § 15 der damals noch geltenden Diabetesvereinbarung (Anlage 8 zum Ersatzkassenvertrag-Ärzte), wonach die Teilnehmer an der Diabetes Vereinbarung für das beim Patienten verbleibende Verbrauchsmaterial eine Pauschale von 15,00 DM ("Abrechnungsnummer 8015") abrechnen konnten. Die Argumentation des Klägers, es bestehe kein Zusammenhang zwischen der programmierten Schulung einerseits und dem Verbrauchsmaterial andererseits erweist sich damit als nicht haltbar.

Des Weiteren scheitert der Ansatz dieser Ziffer auch daran, dass die Diabetikerschulung für den Kläger als Frauenarzt fachfremd ist, womit der Berichtigungsbescheid der Beklagten begründet war. Nach Art.34 Abs.1 KG in der ab 1. August 1993 geltenden Fassung (Bekanntmachung vom 20. Juli 1994, GVBl. S.853) und nach § 21 WBO (Bayerisches Ärzteblatt 9/93) darf ein Arzt, der eine Gebietsbezeichnung führt, grundsätzlich nur auf diesem Gebiet tätig sein. Die Bindung eines Arztes an die Grenzen seines Fachgebiets trifft ihn auch in seiner Eigenschaft als Vertragsarzt, denn auch insoweit gelten die allgemeinen Regeln des ärztlichen Berufsrechts (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr.7 S.27 f, Nr.9 S.33 f, Nr.21 S.85 f, Nr.30 S.149). Für Leistungen, die außerhalb des Fachgebiets erbracht werden, besteht grundsätzlich kein Honoraranspruch. Werden von einem Vertragsarzt fachfremde Leistungen zur Abrechnung gebracht, sind sie von der kassenärztlichen Vereinigung gemäß § 75 Abs.1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit § 45 Abs.1 Bundesmantelvertrag-Ärzte, § 10 Abs.1 Gesamtvertrag Regionalkassen bzw. § 34 Abs.4 Arzt-/Ersatzkassenvertrag, § 13 Gesamtvertrag Ersatzkassen im Wege der sachlich rechnerischen Berichtigung von Vergütung auszunehmen.

Die Grenzen des Fachgebiets der Frauenheilkunde und Geburtshil- fe, also des Gebiets des Klägers, ergeben sich aus der Definition in der WBO Abschnitt I Nr.7. Danach umfasst die Frauenheilkunde und Geburtshilfe die Erkennung, Verhütung, konservative und operative Behandlung einschließlich der psychosomatischen Aspekte der Erkrankungen sowie die Nachsorge der Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane und der Brustdrüsen, die gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, die Überwachung normaler und pathologischer Schwangerschaften sowie die Vorbereitung, Durchführung und Nachbehandlung normaler und pathologischer Geburten, einschließlich der erforderlichen Operationen. Die Erkennung und Behandlung des Diabetes mellitus wird von dieser Definition eindeutig nicht miterfasst. Diese Auffassung wird bestätigt durch eine von der Beklagten vorgelegte Stellungnahme der BLÄK vom 29. Oktober 1999, in der diese unter Hinweis auf ein Urteil des Landessozialgerichts Baden- Württemberg vom 5. April 1995, Az.: L 12 KA 1127/94, eindeutig klar stellt, dass der Gynäkologe nicht berechtigt sei, über- greifend wirksame Organe, die keine speziell gynäkologischen Organe seien zu behandeln. Die BLÄK ist als Beschlussorgan der WBO in besonderer Weise zu deren Auslegung berufen. Für die Behandlung des Diabetes ist der Internist bzw. Allgemeinarzt zuständig, nicht der Frauenarzt. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass Diabetes in etwa ein bis zwei Prozent aller Schwangerschaften auftritt (vgl. Pschyrembel Klinisches Wörter- buch, 258. Auflage S.1.438). Wenn der Kläger im Rahmen der ihm obliegenden Überwachung der Schwangerschaft einen behandlungsbedürftigen Diabetes feststellt, so ist für dessen Behandlung nicht er, sondern ein Arzt der obengenannten Fachgruppen zuständig. Dies ergibt sich auch aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 20. März 1996 (SozR 3-2500 § 95 Nr.9), worin die Fachfremdheit der Bestimmung der Schilddrüsenhormone für einen Frauenarzt bestätigt wurde, ungeachtet der Tatsache, dass der Gynäkologe die Schilddrüsenhormonbestimmungen im Rahmen gynäkologischer Fragestellungen benötigt hatte. Auch aus diesem Grund kann der Kläger die Nr.8015, die sich, wie oben bereits eingehend dargelegt wurde, allein auf die Diabetikerschulung bezieht, nicht fachgebietskonform erbringen. Die Leistungen nach BMÄ/E-GO Nr.8015 wurden deshalb von der Beklagten zu Recht von der Vergütung ausgenommen. Ob der Kläger, der von der deutschen Diabetesgesellschaft als Diabetologe anerkannt ist, fachlich zur Diabetesbehandlung in der Lage wäre, spielt für die Abrechenbarkeit der streitigen Leistung keine Rolle.

Das Urteil des Sozialgerichts München, mit dem die Berichtigungsbescheide der Beklagten betreffend BMÄ/E-GO Nrn.7116 und 8015 sinngemäß aufgehoben wurden, war deshalb aufzuheben und die gegen die Absetzung gerichtete Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs.1 Satz 1, 2. Halbsatz SGG i.V.m. § 154 Abs.1 Verwaltungsgerichtsordnung bzw. § 1 Nr.4 Gerichtskostengesetz.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (vgl. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG). Eine grundsätzliche Bedeutung vermag der Senat nicht zu erkennen zumal die BMÄ/E-GO Nr.7116 zwischenzeitlich abgeschafft wurde. Dies steht nicht im Wider- spruch zur Zulassung der Berufung auf die Nichtzulassungsbe- schwerde der Beklagten, denn der Grund für die Zulassung der Berufung liegt in der Abweichung des Urteils des SG von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (§ 144 Abs.2 Nr.2 SGG, siehe oben). Für die Zulassung der Revision reicht dies nicht aus (vgl. § 160 Abs.2 Nr.2 SGG). Hier wäre eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erforderlich, die jedoch nicht ersichtlich ist.
Rechtskraft
Aus
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