L 12 (9) AL 248/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 14 AL 111/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 (9) AL 248/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 30.09.2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist bei dem Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld, ob er die Anwartschaftszeit erfüllt hat.

Der verheiratete Kläger meldete sich am 08.02.2001 arbeitslos, stellte sich für eine Vollzeittätigkeit zur Verfügung und beantragte Arbeitslosengeld. Nachdem er in der Zeit vom 01.09.1986 bis zum 31.01.1997 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der Firma D GmbH in E als angestellter Geschäftsführer gestanden hatte, war er vom 01.02.1997 bis 31.01.2000 selbständig tätig gewesen und hatte in der Zeit vom 01.02.2000 bis 07.02.2001 seinen am 20.05.1999 geborenen Sohn betreut. Ab 26.02.2001 übte der Kläger eine freiberufliche Tätigkeit in einem Umfang von mehr als 15 Stunden wöchentlich aus. Mit Bescheid vom 22.02.2001 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Arbeitslosengeld ab, weil die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 08.02.2001 habe er nicht mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Am 06.03.2001 erhob der Kläger mit der Begründung Widerspruch, die Rahmenfrist sei um die Zeiten der Ausübung der selbständigen Tätigkeit sowie die Zeiten der Betreuung und Erziehung seines Sohnes auf insgesamt sechs Jahre zu verlängern. Innerhalb dieses Zeitraums habe er mehr als 12 Monate eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2001 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, die dreijährige Rahmenfrist umfasse die Zeit vom 08.02.1998 bis 07.02.2001 und als Rahmenfrist verlängernde Tatbestände seien die Zeit der Kinderbetreuung vom 01.02.2000 bis 07.02.2001 und die selbständige Tätigkeit vom 01.02.1997 bis zum 31.01.2000 nachgewiesen. Da in die Rahmenfrist Zeiten der selbständigen Tätigkeit fielen, ende diese fünf Jahre nach ihrem Beginn. Innerhalb der verlängerten Rahmenfrist vom 08.02.1996 bis 07.02.2001 habe ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis des Klägers vom 08.02.1996 bis 31.01.1997 bestanden. Dies entspreche 11 Monaten und 29 Tagen, so dass keine 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis vorlägen und die Anwartschaftszeit damit nicht erfüllt sei.

Am 12.04.2001 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Duisburg Klage erhoben. Er hat sein Vorbringen wiederholt, dass neben den Zeiten der selbständigen Tätigkeit auch die Zeiten für die Betreuung des Kindes zu berücksichtigen seien, so dass sich die Rahmenfrist um die Dauer der Kindererziehung auf sechs Jahre verlängere. Demzufolge erstrecke sich die Rahmenfrist vom 08.02.1995 bis zum 07.02.2001, innerhalb der er mehr als zwölf Monate versicherungspflichtig tätig gewesen sei. Ergänzend hat er vorgetragen, dass er bereits ab 01.10.1999 die Kinderbetreuung bis einschließlich 07.02.2001 übernommen habe aufgrund der ab diesen Zeitpunkt beginnenden Berufstätigkeit seiner Ehefrau.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.02.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2001 zu verpflichten, ihm ab 08.02.2001 bis 25.02.2001 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an ihrer Auffassung festgehalten, die dreijährige Rahmenfrist vom 08.02.1998 bis 07.02.2001 verlängere sich zunächst um die Zeit der Betreuung und der Erziehung des Kindes. Sodann sei die erstmals verlängerte Rahmenfrist um die Zeit der selbständigen Tätigkeit weiter zu verlängern. Sie finde ihre Begrenzung in der Regelung des § 124 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch 3. Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) auf max. fünf Jahre. Da die Rahmenfrist am 07.02.2001 beginne, komme eine Verlängerung aufgrund der Zeiten der Kindererziehung und der Zeiten der selbständigen Tätigkeit über den 08.02.1996 hinaus nicht in Betracht. Innerhalb dieser Zeit sei die Anwartschaftszeit nicht erfüllt.

Mit Urteil vom 30.09.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: "Der Kläger hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, da er die Anwartschaftszeit nicht erfüllt hat.

Nach § 117 Abs. 1 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld, die

1. arbeitslos sind,
2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und
3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben.

Zwischen den Beteiligten ist lediglich die Erfüllung der Anwartschaftszeit streitig.

Nach § 123 Ziffer 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt nach § 124 Abs. 1 SGB III drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Da sich der Kläger am 08.02.2001 arbeitslos gemeldet hat und arbeitslos ist, beginnt die Rahmenfrist am 07.02.2001. Sie endet am 08.02.1998. Nach § 124 Absatz 3 Ziffer 2 SGB III werden in die Rahmenfrist nicht eingerechnet die Zeiten der Betreuung und Erziehung eines Kindes des Arbeitslosen, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Innerhalb der Rahmenfrist vom 07.02.2001 bis zum 08.02.1998 hat der Kläger nach seinem glaubhaften Vorbringen die Betreuung des am 20.05.1999 geborenen Sohnes M für den Zeitraum vom 01.10.1999 bis zum 07.02.2001 übernommen. Die Kinderbetreuungszeit umfasst insgesamt 496 Kalendertage und verlängert die Rahmenfrist bis zum 30.09.1996.

Die Kindererziehungszeit ist in vollem Umfang bei der Verlängerung der Rahmenfrist gemäß § 124 Abs. 3 Ziffer 2 SGB III (Fassung bis 31.12.2002) berücksichtigt worden.

Weiterhin ist die Rahmenfrist nach § 124 Abs. 3 Ziffer 3 SGB III wegen der Ausübung einer mindestens 15-stündigen wöchentlichen umfassenden selbständigen Tätigkeit zu verlängern. Der Kläger hat nach seinen Angaben eine selbständige Tätigkeit in der Zeit vom 01.02.1997 bis zum 30.09.1999 ausgeübt. Dies sind 972 Tage.

Nach § 124 Abs. 3 Satz 2 SGB III endete die Rahmenfrist im Falle der Nummern 3 bis 5 spätestens nach fünf Jahren seit ihrem Beginn. Die Rahmenfrist beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld am 07.02.2001 (§ 124 Abs. 1 SGB III). Eine selbständige Tätigkeit von mehr als 15 Stunden pro Woche kann die Rahmenfrist demzufolge bis zum 08.02.1996 verlängern. Durch die Begrenzung der Verlängerung der Rahmenfrist auf 5 Jahre seit ihrem Beginn im Fall der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit von mehr als 15 Stunden pro Woche soll sichergestellt werden, dass anwartschaftsbegründende Zeiten in nicht all zu weiter zeitlicher Entfernung zum Anspruchsbeginn zurückgelegt worden sind. Dies gilt nicht für Zeiten der Kinderbetreuung, da gewährleistet werden soll, dass der längstmögliche Erziehungsurlaub ausgeschöpft werden kann und der Anspruch auf Arbeitslosengeld trotzdem erhalten bleibt. Hierdurch sollen Eltern, die lediglich wegen der Erziehung von Kindern, die jünger als 2 Jahre sind, dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, geschützt werden. Im Fall des Klägers sind die Kindererziehungszeiten bei der Verlängerung der Rahmenfrist vollumfänglich berücksichtigt worden.

Eine Addition der anwartschaftsverlängernden Zeiten über den Zeitraum von 5 Jahren hinaus beim Zusammentreffen der Tatbestände des § 124 Abs. 3 Ziffer 2 und Ziffer 3 SGB III hat der Gesetzgeber jedoch nicht vorgesehen. Vielmehr wurde ausdrücklich festgelegt, dass gemäß § 124 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 3, die Rahmenfrist bei Verlängerung wegen Ausübung einer mindestens 15 Wochenstunden umfassende selbständigen Tätigkeit spätestens 5 Jahre seit ihrem Beginn endet.

Die für den Kläger maßgebliche Rahmenfrist beläuft sich auf den Zeitraum vom 07.02.2001 bis zum 08.02.1996. Innerhalb dieses Zeitraumes hat der Kläger vom 08.02.1996 bis zum 31.01.1997 in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Dies sind keine 12 Monate."

Gegen das ihm am 04.11.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.12.2003 Berufung eingelegt, sein bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend Folgendes vorgetragen: Dadurch, dass er Zeiten der Betreuung und Erziehung seines Kindes vorweisen könne, habe er die Möglichkeit, diese tatsächliche Zeit als Verlängerung der Rahmenfrist anerkannt zu bekommen. Nur dadurch, dass er daneben noch selbständig tätig gewesen sei, wolle die Beklagte die Rahmenfrist lediglich auf fünf Jahre begrenzen. Diese Ungleichbehandlung verstoße gegen seine Grundrechte aus Art. 3 und 6 Grundgesetz (GG), weil er dadurch schlechter gestellt werde, als beispielsweise eine Hausfrau, die zuvor nicht selbständig tätig gewesen sei, aber für Zeiten der Kindererziehung Leistungen von der Beklagten in Anspruch nehmen könne. Der Gesetzgeber habe offenkundig (aber) nur dann eine Begrenzung der Rahmenfrist auf fünf Jahre vornehmen wollen, wenn es allein um die Tatbestände der Ziffern 3 - 5 des § 124 Abs. 3 Satz 1 SGB III gehe. Sobald daneben jedoch noch Zeiten der Ziffern 1 oder 2 erfüllt seien, sollten diese Zeiten unabhängig von anderen Zeiten in vollem Umfang berücksichtigt werden, so dass es nicht schädlich sei, dass die Rahmenfrist auch länger als fünf Jahre andauere.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 30.09.2003 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers nicht und ist nach wie vor der Auffassung, dass nur dann eine Erweiterung der Rahmenfrist über fünf Jahre in Betracht komme, wenn ein Tatbestand nach § 124 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB III für mehr als zwei Jahre vorliege.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, der ebenfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat schließt sich den Entscheidungsgründen des Urteils an, die er nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage für zutreffend erachtet. Von einer Wiederholung der Ausführungen des Sozialgerichts wird gemäß § 153 Abs. II Sozialgerichtsgesetz (SGG) abgesehen.

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren führt zu keiner anderen Beurteilung, weil es inhaltlich zunächst lediglich eine Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags darstellt und darüber hinaus der Kläger offensichtlich auch nicht in seinen Grundrechten verletzt ist. Daher ist nur nochmals zu betonen, dass eine Erweiterung der Rahmenfrist über fünf Jahre hinaus ausschließlich nur in Betracht kommt, wenn Tatbestände nach § 124 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 SGB III vorliegen.

Ist eine im Übrigen vom Kläger auch nicht dargelegte Grundrechtsverletzung aus Art. 6 GG (Schutz von Ehe und Familie) schon nicht ersichtlich, ist ebenfalls der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, wonach "Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden" zu behandeln ist (BVerfGE 3, 58, 135; 18, 38, 46), nicht verletzt. Dies ist bereits deshalb nicht der Fall, weil beim Kläger wie bei der von ihm zum Vergleich genannten Hausfrau bei der Erweiterung der Rahmenfrist die gesamte Zeit der Betreuung und Erziehung seines Kindes berücksichtigt worden ist.

Klage und Berufung konnten somit keine Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 Ziffern 1 oder 2 SGG genannten Voraussetzungen nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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