L 13 RA 135/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 45 RA 837/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 RA 135/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 7. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Zulässigkeit einer Restitutionsklage.

Der 1925 geborene Kläger bezieht seit Januar 1991 von der Beklagten eine Altersrente. Aufgrund einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Finanzamtes M. vom 12. April 2000 zahlte die Beklagte diese Altersrente an den Kläger ab 1. Juli 2000 nur in Höhe des unpfändbaren Teilbetrages aus. Die auf ungekürzte Auszahlung der Rente gerichtete Leistungsklage, mit der der Kläger geltend machte, er habe seinen Rentenanspruch gegen die Beklagte nach einer eidesstattlichen Versicherung vom 8. April 1997 bereits 1995 an seine Ehefrau abgetreten, blieb erfolglos (Urteil des SG vom 24. Januar 2002, damaliges Az.: S 16 RA 979/01).

Die gegen das Urteil am 20. Februar 2002 beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung (damaliges Az.: L 13 RA 45/02) nahm der Kläger am 17. März 2003 zurück mit der Begründung, er habe die Nachricht erhalten, seine eidesstattliche Versicherung vom 8. April 1997 sei beim Amtsgericht M. seit 14. Oktober 1997 in der Schuldnerkartei eingetragen. Damit müsse die Pfändung des Finanzamtes rückgängig gemacht werden.

Am 27. April 2004 teilte der Kläger dem SG unter dem Az.: S 45 RA 979/01 mit, er habe die Klage (richtig: die Berufung) zurückgenommen, weil ein Vertreter des Finanzamtes M. in einem Termin vor dem Finanzgericht München erklärt habe, das Finanzamt habe die Pfändung bereits aufgehoben. Dennoch behalte die Beklagte von der Altersrente weiterhin 560,00 EUR monatlich ein. Er bitte, seine damalige Klage "formvollendet zurückzunehmen". Er fügte u.a. eine Kopie des Protokolls über eine Sitzung des 11. Senats des Finanzgerichts München vom 22. November 2001 bei, in dem unter dem Az.: 11 K 4023/01 und dem Zusatz "Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 28.03.2000" ausgeführt ist, dass eine Pfändung der Beklagten aus dem April 2000, zu der der Kläger im dortigen Termin Ausführungen gemacht hat, nicht Gegenstand des Verfahrens sei.

Das SG hat das Verfahren mit dem früheren Az.: S 45 RA 979/01 unter dem Az.: S 45 RA 837/04 fortgesetzt, die Beteiligten darauf hingewiesen, es fasse den Antrag des Klägers als Restitutionsklage im Sinne des § 578 Zivilprozessordnung (ZPO) auf und ihnen Gelegenheit gegeben, sich zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 105 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) zu äußern.

Der Kläger hat daraufhin mitgeteilt, die Restitutionsklage sei erforderlich, weil das Dokument des Amtsgerichtes M. mit dem Ordnungszeichen M 1782/97 - ein Protokoll des Obergerichtsvollziehers Zuckermaier vom 8. April 1997 über einen erfolglosen Vollstreckungsversuch bezüglich einer Forderung der Sparkasse G. mit der Erklärung des Klägers, er habe seine Rentenansprüche gegenüber der BfA Berlin und verschiedene Versicherungsansprüche wegen einer Verbindlichkeit in Höhe von 1.740.000,00 DM an seine Ehefrau abgetreten - bis zum 5. Mai 2003 beim Amtsgericht M. nicht auffindbar gewesen sei und deshalb weder vom SG noch vom LSG habe berücksichtigt werden können.

Das SG hat die Restitutionsklage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 7. Juli 2004). Ob die Klage innerhalb der Frist des § 586 ZPO erhoben worden sei, könne dahinstehen. Sie sei jedenfalls unbegründet, da die vom Kläger vorgelegten Urkunden bereits Gegenstand des Klageverfahrens gewesen seien.

Gegen den ihm am 14. Juli 2004 zugegangenen Gerichtsbescheid hat der Kläger am selben Tage beim LSG Berufung eingelegt mit der sinngemäßen Begründung, aus den von ihm vorgelegten Dokumenten des Amtsgerichts M. mit den Ordnungsnummern M 1782/97 (Vollstreckungsprotokoll vom 8. April 1997) und M 2055/97 (Berichtigung einer eidesstattlichen Versicherung vom 14. Oktober 1997 am 6. Februar 1998) sei ersichtlich, dass er seine Altersrente nicht durch die privatrechtliche Abtretungserklärung vom 1. Juli 1995, zu der das SG im klageabweisenden Urteil vom 24. Januar 2004 Ausführungen gemacht habe, sondern durch eine öffentliche Abtretungserklärung am 8. April 1997 an seine Ehefrau abgetreten habe.

Er beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 7. Juli 2004 mit dem Az.: S 45 RA 837/04 und das Urteil des Sozi- algerichts München vom 24. Januar 2002 mit dem Az.: S 16 RA 979/01 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die ab 1. Juli 2000 aus der Altersrente einbehaltenen Beträge an seine Ehefrau auszuzahlen.

Die Beklagte und der Beigeladene beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie nehmen auf den angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der vom Senat beigezogenen Akten der Beklagten und des SG (Az.: S 16 RA 979/01, S 16 RA 1305/00 und S 45 RA 837/04) sowie des LSG (L 13 RA 45/02 und L 13 RA 61/02) einschließlich des letzten klägerischen Schriftsatzes vom 9. November 2004 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 105 Abs.2 Satz 1, 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Senat entscheidet mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs.2 SGG).

Das SG hat es zu Recht abgelehnt, das durch rechtskräftiges Endurteil vom 24. Januar 2002 mit dem Az.: S 16 RA 979/01 abgeschlossene Klageverfahren wieder aufzunehmen. Die darauf gerichtete Restitutionsklage ist unzulässig.

Gemäß § 179 Abs.1 SGG i.V.m. § 578 ZPO kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil (ab)geschlossenen Verfahrens (u.a.) durch Restitutionsklage erfolgen, wenn - was hier allein in Betracht kommt - die Partei eine Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde (§ 580 Nr.7 Buchst.b ZPO). Die Klage ist innerhalb eines Monats zu erheben, wobei die Frist mit dem Tag beginnt, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft des Urteils (§ 586 Abs.1, Abs.2 Satz 1 ZPO).

Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Klage an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Klage als unzulässig zu verwerfen (§ 589 Abs.1 ZPO). Dabei ist die Restitutionsklage nur zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Einspruch oder Berufung oder mittels Anschließung an eine Berufung, geltend zu machen (§ 582 ZPO).

Die Restitutionsklage vom 27. April 2004 ist unabhängig von der Frage, ob die Klagefrist des § 586 Abs.1 ZPO eingehalten ist, gemäß § 582 ZPO unzulässig, denn der Kläger war nicht im Sinn des § 582 ZPO außerstande, den Restitutionsgrund in dem durch Zurücknahme der Berufung am 17. März 2003 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geltend zu machen. Die von ihm zur Begründung der Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem Az.: S 16 RA 979/01 vorgelegten Urkunden, insbesondere das Vollstreckungsprotokoll vom 8. April 1997 und das Protokoll über die Berichtigung einer eidesstattlichen Versicherung vom 14. Oktober 1997 am 6. Februar 1998 lagen zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung am 24. Januar 2004 bereits in den Akten der Beklagten und den Akten des Sozialgerichts vor und waren wiederholt Gegenstand des klägerischen Vorbringens.

Nur ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen:

In beiden vom Kläger vorgelegten Protokollen wird nur die einseitige Behauptung des Klägers protokolliert, er habe Rentenansprüche an seine Ehefrau abgetreten. Eine öffentliche Beurkundung der behaupteten Abtretung ist in diesen Protokollen nicht erfolgt. Für eine wirksame Abtretung würde es - einen rechtsgeschäftlichen Erklärungswillen des Klägers unterstellt - auch an der erforderlichen Annahmeerklärung der Ehefrau fehlen.

Das Protokoll über die Sitzung des Finanzgerichts München vom 22. Oktober 2001 betrifft eine Klage des Klägers gegen eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Finanzamtes M. vom 28. März 2002, nicht gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Finanzamtes M. vom 12. April 2000, gegen deren Ausführung sich der Kläger im Verfahren mit dem Az.: S 16 RA 979/01 gewandt hat. Zwar hat er zur Verfügung vom 12. April 2000 vor dem Finanzgericht München offenbar Ausführungen gemacht, doch wurde er ausweislich des Protokolls ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Verfügung nicht Gegenstand des dortigen Verfahrens war. Die Erklärung des dortigen Beklagtenvertreters, die Pfändungs- und Einziehungsverfügung sei aufgehoben worden, bezieht sich erkennbar nur auf die dort streitige Verfügung vom 28.März 2000.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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