L 6 RJ 137/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 886/00 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 137/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 18. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01.2001 - auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Der Kläger, 1947 geboren und Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, weist in seiner Heimat keine Beitragsleistung zur gesetzlichen Rentenversicherung auf, hat hier aber am 06.02.1971 eine Prüfung abgelegt, aufgrund derer ihm "die fachliche Befähigung zur Ausübung einer Handwerkstätigkeit im Zimmererhandwerk (Baufach) zuerkannt" wurde (Zeugnis vom 06./ 11.02.1971).

In der Bundesrepublik Deutschland ist er vom 23.08.1973 bis 18.01.1985 bei der Firma W. Aktiengesellschaft - Niederlassung S. (Fa. W. ) als Zimmerer beschäftigt gewesen. Die Fa. W. teilt hierzu mit (Auskünfte vom 02.09.1988 und vom 01.02.1991), der Kläger sei als Zimmerer-Facharbeiter beschäftigt und nach Lohngruppe III/1 des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe entlohnt worden. Er habe die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten eines Facharbeiters besessen. Der Kläger sei 1973 vom Arbeitsamt Stuttgart vermittelt worden, wobei Voraussetzung für den Abschluß des Arbeitsvertrags gewesen sei, dass ein Nachweis über die Facharbeitereigenschaft habe vorgelegt werden können. Ob der Kläger Leistungsbeschreibungen und Baupläne habe lesen und danach arbeiten, Bauleistungen aufmessen, Tagesberichte und Rapportzettel habe anfertigen können, sei unbekannt, weil dies nicht notwendig gewesen sei. Der Kläger sei bei allen anfallenden Zimmererarbeiten eingesetzt worden. Ihm seien keine Mitarbeiter unterstellt gewesen, seine Vorgesetzten seien Vorarbeiter und Poliere gewesen. Dem benannten Zeugen B. A. ist der Kläger unbekannt (Schreiben vom 24.08.2004). An Unterlagen über seine Berufstätigkeit bei der Fa. W. besitzt der Kläger eine Bescheinigung des Arbeitgebers vom 30.01. 1985, dass er dort vom 23.08.1973 an als Zimmerer beschäftigt gewesen sei.

Einen ersten auf Zahlung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit gerichteten Antrag des Klägers vom 09.04.1985 hat die Beklagte abgelehnt (Bescheid vom 18.2.1988). Die dagegen zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobene Klage (Az.: S 4 Ar 5503/88.Ju) ist von diesem mit Urteil vom 19.01.1990 abgewiesen worden; die Berufung (Az.: L 6 Ar 396/90) hat das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG) mit Urteil vom 10.12.1991 zurückgewiesen.

In der Folgezeit hat die Beklagte einen Teil der Rentenakten im Rahmen der Aktenverdünnung vernichtet.

Den am 21.09.1993 erneut gestellten Antrag des Klägers lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.11.1996 und Widerspruchsbescheid vom 05.05.1997 ab, weil der vollschichtig einsetzbare Kläger nach seiner in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübten Berufstätigkeit als angelernter Arbeiter des oberen Bereichs einzustufen und als solcher auf die Berufstätigkeit u.a. eines einfachen Pförtners verweisbar sei. Für den Widerspruchsbescheid gibt es keinen Zustellungsnachweis.

Mit der am 21.08.2000 zum SG erhobenen Klage (Az.: S 4 RJ 886/00 A) verfolgte der Kläger seinen Anspruch weiter. Er trug vor, er habe den Widerspruchsbescheid vom 05.05.1997 erst zusammen mit einem Schreiben der Beklagten vom 20.7.2000 am 07.08.2000 erhalten; der Postweg in den Kosovo funktioniere nicht.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 18.10.2002 ab, nachdem ein Gutachten der Ärztin, Sozialmedizin Dr. T. vom 27.06.2002 zu einem vollschichtigen Leistungsvermögen des Klägers gekommen war.

Am 12.03.2003 ging die Berufung des Klägers gegen dieses ihm am 22.01.2003 in seiner Heimat zugestellte Urteil beim Bayer. Landessozialgericht ein.

Der Senat zog die Klageakten des SG Az.: S 4 Ar 5503/88.Ju und S 4 RJ 886/00 A, die erledigte Berufungsakte des BayLSG Az.: L 6 Ar 396/90, die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten der Südwestlichen Bau-Berufsgenossenschaft bei und erholte medizinische Sachverständigengutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. (Gutachten vom 24.11.2003), von dem Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. (Gutachten vom 22.11.2003) und von dem Internisten Dr. E. (Gutachten vom 05.12.2003).

Die medizinischen Sachverständigen des Senats stellten beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen fest:

- Zustand nach Endgliedamputation Dig 1 rechts, Dig 3 und 4 links, Amputation am Mittelgelenk Dig 5, Fingerkuppendefekt links mit etwas erschwerter Ausführung der Grob- und Feingrifformen, jedoch mit Entwicklung eines guten Kraftmusters.

- Cervikalsyndrom mit cervikogenen Kopfschmerzen.

- Chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom mit pseudoradikulären Beschwerden im linken Bein ohne Hinweis auf eine radikuläre Läsion.

- Gonalgien bei Senk-Spreiz-Füßen beidseits mit der Notwendigkeit des Tragens orthopädischer Hilfsmittel.

- Verdacht auf rezidivierende Bronchitiden.

- Geringe Unterschenkelvarikosis.

- Geringe Hörminderung beidseits.

Zusammenfassend führte Dr. E. zum beruflichen Leistungsvermögen aus, der Kläger könne seit dem Zeitpunkt des Rentenantrags vom September 1993 unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses leichte, zeitweise auch mittelschwere Arbeiten mit der Möglichkeit zum gelegentlichen Wechsel der Ausgangslage (Sitzen, Stehen, Gehen) vollschichtig (acht Stunden täglich) verrichten; hierbei sei häufiges Bücken ebensowenig zumutbar wie häufige Zwangshaltungen, Heben oder Tragen schwerer Lasten, vermehrter Staubanfall, feinmanuelle Tätigkeiten sowie Tätigkeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände erforderten. Der Kläger könne Fußwege von mehr als 500 Meter an einem Stück in angemessener Geschwindigkeit (höchstens 15 Minuten für 500 Meter) zurücklegen, um die Entfernungen zwischen Wohnung, öffentlichem Verkehrsmittel und Arbeitsplatz vor Arbeitsbeginn und nach Arbeitsende zu überwinden. Er könne sich auch noch auf eine neue Berufstätigkeit umstellen.

Der Senat wies den Kläger darauf hin, dass er als angelernter Arbeiter des oberen Bereichs zur Abwendung von Berufsunfähigkeit sozial und gesundheitlich zumutbar auf die Berufstätigkeit eines einfachen Pförtners verwiesen werden könne.

Der in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende und auch nicht vertretene Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 18.10.2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22.11.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund seines Antrags vom 21.09.1993 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01.2001 - eine Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des SG Landshut vom 18.10.2002 ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und ab 01.01.2001 auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist wegen der Antragstellung vor dem 31.03.2001 an den Vorschriften des SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.) zu messen, da geltend gemacht ist, dass dieser Anspruch bereits seit einem Zeitpunkt vor dem 01.01.2001 besteht, vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI. Für den Anspruch des Klägers sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.) maßgebend, soweit sinngemäß auch (hilfsweise) vorgetragen ist, dass jedenfalls ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung seit einem Zeitpunkt nach dem 31.12.2000 gegeben sei, vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI a.F., da er ab dem Zeitpunkt des Rentenantrags vom 21.09.1993 bis jetzt noch nicht im Sinne des zweiten Absatzes dieser Vorschrift berufsunfähig ist. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. sind nämlich nur solche Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen von gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (Satz 1). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt hierbei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Satz 4). Die hier genannten Tatbestandsmerkmale der Berufsunfähigkeit liegen beim Kläger nicht vor.

Das nach Satz 1 dieser Vorschrift zunächst festzustellende berufliche Leistungsvermögen des Klägers ist bereits eingeschränkt. Er kann aber seit dem Zeitpunkt des Rentenantrags vom September 1993 unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses leichte, zeitweise auch mittelschwere Arbeiten mit der Möglichkeit zum gelegentlichen Wechsel der Ausgangslage (Sitzen, Stehen, Gehen) vollschichtig (acht Stunden täglich) verrichten; hierbei ist häufiges Bücken ebensowenig zumutbar wie häufige Zwangshaltungen, Heben oder Tragen schwerer Lasten, vermehrter Staubanfall, feinmanuelle Tätigkeiten sowie Tätigkeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände erforderten. Beschränkungen des Anmarschweges zur Arbeitsstätte liegen nicht vor, weil der Kläger die durchschnittlich erforderlichen Fußwege zurücklegen kann (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10). Er kann sich auch noch auf eine neue Berufstätigkeit umstellen.

Dieses berufliche Leistungsvermögen des Klägers ergibt sich vor allem aus den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. , des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. und des Internisten Dr. E ... Durch diese Gutachten ist auch das vom SG erholte Gutachten der Ärztin, Sozialmedizin Dr. T. bestätigt worden.

Beim Kläger liegen folgende wesentlichen Gesundheitsstörungen vor:

- Zustand nach Endgliedamputation Dig 1 rechts, Dig 3 und 4 links, Amputation am Mittelgelenk Dig 5, Fingerkuppendefekt links mit etwas erschwerter Ausführung der Grob- und Feingrifformen, jedoch mit Entwicklung eines guten Kraftmusters.

- Cervikalsyndrom mit cervikogenen Kopfschmerzen.

- Chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom mit pseudoradikulären Beschwerden im linken Bein ohne Hinweis auf eine radikuläre Läsion.

- Gonalgien bei Senk-Spreiz-Füßen beidseits mit der Notwendigkeit des Tragens orthopädischer Hilfsmittel.

- Verdacht auf rezidivierende Bronchitiden.

- Geringe Unterschenkelvarikosis.

- Geringe Hörminderung beidseits.

Im Vordergrund stehen die Beschwerden des Stütz und Bewegungs- apparats. Auf chirurgisch orthopädischem Fachgebiet werden von Dr. L. ein leichtgradiges Hals und Lendenwirbelsäulensyndrom mit entsprechenden Funktionsdefiziten, jedoch ohne Zeichen eines neurogenen Defekts, und Gonalgien bei Senk und Spreizfüßen diagnostiziert. Daneben sind als Folge eines Arbeitsunfalls Endglied und Mittelgelenkamputationen an der linken Hand vorhanden. Diese Gesundheitsstörungen sind seit Jahren bekannt. Das diagnostizierte Lendenwirbelsäulensyndrom ist als leichtgradig zu bezeichnen mit einem entsprechenden Funktionsdefizit. Vor allem hieraus leiten sich die qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Aufgrund der Teilamputation der Finger besteht eine etwas erschwerte Ausübbarkeit der Grob und Feingrifformen. An die Kraft dürfen durchaus normale Ansprüche gestellt werden, jedoch nicht an die Geschicklichkeit. Eine Befundverschlimmerung im Hinblick auf die Vorgutachten, speziell im Hinblick auf das Gutachten Dr. L. von 1991, ist nicht eingetreten. Ebenso ist auf dem nervenärztlichen Fachgebiet keine Verschlimmerung zu verzeichnen. Der neurologische Befund ist regelrecht. Eine radikuläre Symptomatik an der unteren Extremität ist nicht nachzuweisen. Auch der psychiatrische Befund ist unauffällig. Hirnorganische Störungen bestehen nicht. Von allen Gutachtern wird auf den deutlichen Beschwielungszustand der Hände hingewiesen, wodurch die Fähigkeit zu manuellen Tätigkeiten dokumentiert ist. Die internistischen Erkrankungen sind durchwegs leichtgradig und kommen bei der sozialmedizinischen Beurteilung nur am Rande zum Tragen.

Das vom Kläger zuletzt vorgelegte Attest vom 06.10.2004 ist im praktisch unleserlich und scheint ausschließlich Diagnosen zu enthalten, die für sich genommen nichts aussagen.

Nach dem beruflichen Leistungsvermögen ist weiterer Ausgangspunkt für die Feststellung der Berufsunfähigkeit der Hauptberuf des Versicherten. Bei dessen Bestimmung ist grundsätzlich von der zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland auszugehen (vgl. KassKomm-Niesel § 43 SGB VI Rdnr. 21 ff. mit weiteren Nachweisen). Maßgeblicher Hauptberuf ist vorliegend der eines Zimmerers, wie ihn der Kläger bis 18.01.1985 bei der Fa. W. ausgeübt hat. Dass der Kläger diesem Beruf - unabhängig von der Qualifikationsebene (vgl. dazu unten) - nicht mehr gewachsen ist, ist offensichtlich, schon deshalb, weil er nur noch mittelschwere Arbeiten und diese auch nur noch zeitweise ausüben kann.

Obwohl der Kläger für seinen maßgeblichen Beruf nicht mehr geeignet ist, ist er aber dennoch nicht berufsunfähig. Für die Annahme von Berufsunfähigkeit reicht es nämlich nicht aus, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben können; vielmehr sind - wie sich aus § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. ergibt - Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen oder sozial nicht mehr zumutbar ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. u.a. SozR 2200 § 1246 Nr.138).

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 138 und 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht auschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. z.B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 27 und 33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 143 m.w.N.; SozR 3-2200 § 1246 Nr.5).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Kläger höchstens der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters, und zwar des oberen Bereichs (Ausbildungs- bzw. Anlernzeit von mehr als einem bis zu 2 Jahren, vgl. BSG-Urteil vom 29.03.1994 - 13 RJ 35/93 = SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45), zuzuordnen. Der genaue Inhalt seiner Berufstätigkeit ist nämlich nicht mehr feststellbar, was nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu lasten des Klägers geht. So konnte die Fa. W. nicht beurteilen, ob der Kläger in der Lage gewesen wäre, Leistungsbeschreibungen und Baupläne zu lesen und danach zu arbeiten, Bauleistungen aufzumessen, Tagesberichte und Rapportzettel anzufertigen, weil dies nicht erforderlich gewesen ist. Dem Kläger sind damit nur Leistungen in Teilbereichen des Facharbeiterberufs abverlangt worden; ob er tatsächlich die wesentlichen Kenntnisse und Fertigkeiten eines deutschen Facharbeiters gehabt hat, muss unter diesen Umständen offenbleiben. Dem von der Fa. W. benannten Zeugen ist der Kläger (inzwischen) unbekannt. Der Kläger selbst hat keine aussagekräftigen Unterlagen. Wegen der Zuordnung des Klägers zu der Gruppe der angelernten Arbeiter des oberen Bereichs (und nicht der Facharbeiter) nimmt der Senat im Übrigen auch ausdrücklich Bezug auf die entsprechenden Ausführungen in seinem Urteil vom 10.12.1991 im damaligen Berufungsverfahren des Klägers (Az. L 6 Ar 396/90).

Als angelerntem Arbeiter des oberen Bereichs ist dem Kläger zur Abwendung von Berufsunfähigkeit die Verweisung auf die Berufstätigkeit eines einfachen Pförtners verweisbar. Nach der Rechtsprechung des BSG dürfen "obere Angelernte" nicht schlechthin auf das allgemeine Arbeitsfeld verwiesen werden. Soweit - wie beim Beruf des einfachen Pförtners - ungelernte Tätigkeiten in Betracht gezogen werden, müssen sich diese durch Qualitätsmerkmale auszeichnen. Solche liegen vor, weil sich eine Pförtnertätigkeit schon im Hinblick auf die ihr innewohnende Kontrollfunktion typischerweise aus dem Kreis einfachster ungelernter Tätigkeiten heraushebt (vgl. BS-Urteil vom 05.04.2001 - B 13 RJ 61/00 R).

Ob dem Kläger ein solcher Arbeitsplatz auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich vermittelt werden könnte, ist rechtlich unerheblich, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt als offen anzusehen ist und das Risiko der Arbeitsvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen ist; dementsprechend bestimmt § 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI, dass nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, und dass hierbei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (vgl. zum Vorstehenden zusammenfassend den Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).

Der Kläger, der keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat, hat erst recht keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß der bis 31.12.2000 in Kraft befindlichen Bestimmung des § 44 Abs. 1 SGB VI, weil er die noch strengeren Voraussetzungen des Begriffs der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des zweiten Absatzes dieser Vorschrift nicht erfüllt. Nach § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI sind solche Versicherte nicht erwerbsunfähig, die - wie der Kläger - (irgend)eine Berufstätigkeit noch vollschichtig ausüben können; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach den §§ 43, 240 SGB VI n.F. hat der Kläger ab 01.01.2001 auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, da hiernach - wie nach der bis 31.12.2000 geltenden Rechtslage - ein Rentenanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn ein Versicherter - wie der Kläger - einen zumutbaren anderen Beruf als den bisherigen vollschichtig ausüben kann.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Landshut vom 18.10.2002 war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved