L 1 KR 8/04

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 21 KR 479/96
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 8/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 5. Dezember 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist Krankengeld für die Zeit vom 12. April bis 18. Oktober 1996 und höheres Krankengeld für die Zeit vom 24. November 1994 bis 18. Oktober 1996.

Der 1953 geborene Kläger war auf Grund seiner Beschäftigung als Schlosserhelfer bei der R. T. GmbH ab 1. Mai 1994 bei der Beklagten krankenversichert. Am 18. Oktober 1994 trat bei ihm Arbeitsunfähigkeit ein. Letzter abgerechneter Lohnabrechnungszeitraum war September 1994, in welchem der Kläger bei einer wöchentlichen Zahl von 30 Arbeitsstunden 1.478,40 DM, ohne einmalig gezahltes Arbeitsentgelt 1.110,08 DM, erzielt hatte. Die Beklagte gewährte ihm nach Ablauf der Entgeltfortzahlung Krankengeld vom 24. November 1994 bis 24. Mai 1995 (vorläufige, dem Kläger nicht mitgeteilte Einstellung). Der Kläger erhob hiergegen im Dezember 1996 vor dem Sozialgericht Klage und begehrte sowohl ausdrücklich die Weiterzahlung des Krankengeldes ab dem 26. Juni 1995 – Anspruchserschöpfung wäre ab 12. April 1996 eingetreten - als auch höheres Krankengeld und Verzinsung. Die Beklagte, welche die Klage als Widerspruch gegen ihren – nicht vorliegenden – Krankengeldausgangsbescheid ansah, wies dieses Begehren zwar als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 1997), erklärte sich im anschließenden Klagverfahren aber bereit, Krankengeld bis zum 21. Juni 1995 zu zahlen (Bescheide vom 30. April und 12. Mai 1997). Ab dem 21. Juni 1995 hatte sich der Kläger in der Klinik des Beigeladenen befunden, anfangs auf der Grundlage eines Sicherungshaftbefehls nach § 453c Strafprozessordnung, ab Ende Oktober 1995 nach § 63 Strafgesetzbuch.

Das Sozialgericht hat der Klage durch Urteil vom 5. Dezember 2003 insoweit stattgegeben, als es die Beklagte verurteilt hat, Krankengeld auch vom 26. Juni 1995 bis 11. April 1996 zuzüglich Zinsen gem. § 44 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zu zahlen. Die auf höheres Krankengeld sowie Krankengeld in gleicher Höhe über den 11. April 1996 hinaus gerichtete Klage hat es abgewiesen, weil das Krankengeld nach § 47 Abs. 1 und 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) a. F. richtig berechnet worden sei (1.478,40: 132 x 30: 7 = 48,13 DM Regelentgelt, davon 80 % = 38,50 DM; Nettoentgelt: 1.110,08 DM: 132 x 30: 7 = 36,04 DM = kalendertäglicher Auszahlbetrag) und ein Anspruch auf Krankengeld über den 11. April 1996 hinaus nicht bestehe. Soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten begehre, die Krankengeldnachzahlung an seine Tochter auf Grund seiner Erklärung vom 29. Mai 2003 zu leisten, liege keine wirksame Abtretungserklärung vor und habe die Klage, zumal auch eine Überleitung nach § 50 SGB I nicht erfolgt sei, keinen Erfolg haben können.

Mit seiner gegen das ihm am 14. Januar 2004 zugestellte Urteil am 29. Januar 2004 eingelegten Berufung hat der Kläger nach zunächst anderweitiger Einlassung zuletzt sein Einverständnis erklärt, dass das nachzuzahlende Krankengeld inklusive Zinsen nach § 44 SGB I von der Beklagten mit befreiender Wirkung auf sein Konto bei der D.-Bank überwiesen werde. Im Übrigen beanstandet er weiterhin Dauer und Höhe des Krankengeldes und begehrt, das Krankengeld für zwei Jahre (24. November 1994 bis 18. Oktober 1996) und zu 100 % seines letzten Lohnes, zumindest nach einem "Mindestlohn" von 1.400 DM, zu zahlen. Das Krankengeld könne seine Lohnersatzfunktion nur erfüllen, wenn es zumindest nach einem solchen "Mindestlohn" berechnet werde. Der Produktivitätsfortschritt erfordere zudem eine längere Dauer des Krankengeldbezuges. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum überschritten habe.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 5. Dezember 2003 zu ändern, den Krankengeldausgangsbescheid der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 1997 und der Bescheide vom 30. April und 12. Mai 1997 weiter zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Krankengeld auch für die Zeit vom 12. April bis 18. Oktober 1996 und höheres Krankengeld für die gesamte Zeit vom 24. November 1994 bis 18. Oktober 1996 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Prozessakten und der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der weiteren in der Niederschrift aufgeführten Akten und Unterlagen Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Insbesondere überschreitet der Kläger mit seinem Antrag, Krankengeld für die Dauer von zwei Jahren (also noch für die Zeit vom 12. April bis 18. Oktober 1996) zu erhalten, den er hilfsweise bereits vor dem Sozialgericht gestellt hat, den Wert des Beschwerdegegenstandes von 500 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).

Das Rechtsmittel ist aber unbegründet.

Da der Kläger Krankengeld für die Zeit vom 22. bis 25. Juni 1995 weder im Klageverfahren noch im Berufungsverfahren begehrt hat, kann dahinstehen, ob ihm auch für diese Zeit, in der er arbeitsunfähig war, Krankengeld auf der Basis der Begründung des Sozialgerichts hätte zustehen können. Die Art der Auszahlung des Krankengeldes ist nach dem Schreiben des Klägers vom 15. Mai 2004 nicht mehr im Streit.

Für die Zeit vom 12. April bis 18. Oktober 1996 hat der Kläger wegen Anspruchserschöpfung keinen Anspruch auf Krankengeld. Er begehrt auch zu Unrecht, dass ihm die Beklagte vom 24. November 1994 bis 21. Juni 1995 und vom 26. Juni 1995 bis 11. April 1996 höheres Krankengeld gewährt (und das Krankengeld für die streitige Zeit vom 12. April bis 18. Oktober 1996 hiernach berechnet).

Versicherte erhalten nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Der Kläger war vom 18. Oktober 1994 an – wegen derselben Krankheit – über den Aussteuerungszeitpunkt vom 11. April 1996 hinaus arbeitsunfähig. Die Zeit der Entgeltfortzahlung bis zum 23. November 1994, in der sein Anspruch auf Krankengeld ruhte (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), verlängert die Leistungsdauer nicht, sondern wird wie eine Zeit des Krankengeldbezuges berücksichtigt (§ 48 Abs. 3 SGB V). Ein Krankengeldanspruch über den 11. April 1996 hinaus bis 18. Oktober 1996 steht dem Kläger somit nicht zu.

Die Beklagte hat das Krankengeld auch zutreffend berechnet. Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der vor dem 1. Januar 1997 geltenden Fassung beträgt das Krankengeld 80 v. H. des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt). Nach Satz 2 dieser Vorschrift in der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung darf das aus dem Arbeitsentgelt berechnete Krankengeld das bei entsprechender Anwendung des Absatzes 2 berechnete Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen. § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der Fassung des GRG vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477) bestimmte: " Für die Berechnung des Regelentgelts ist das von dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens das während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielte und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden zu teilen, für die es gezahlt wurde." Diese Vorschrift wurde zwar durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 2000 ( u. a. 1 BvL 1/98, BVerfGE 102,127 = SozR 3-2400 § 23a Nr 1) für mit Art. 3 Absatz 1 des Grundgesetzes für unvereinbar erklärt, soweit danach einmalig gezahltes Arbeitsentgelt zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen wird, ohne dass es bei der Berechnung sämtlicher beitragsfinanzierter Lohnersatzleistungen berücksichtigt wird. Der Gesetzgeber hatte durch geeignete Regelungen sicherzustellen, dass einmalig gezahlte Arbeitsentgelte bei den Lohnersatzleistungen berücksichtigt werden, über deren Gewährung für die Zeit ab dem 1. Januar 1997 noch nicht bestandskräftig entschieden worden war. Er kam dem durch die Änderung des § 47 SGB V mit Wirkung vom 22. Juni 2000 durch Art. 2 Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1971) nach und bestimmte zugleich in § 47a Abs. 1 SGB V in der Fassung dieses Gesetzes, dass für Ansprüche auf Krankengeld, die vor dem 22. Juni 2000 entstanden sind und über die am 21. Juni 2000 noch nicht unanfechtbar entschieden war, § 47 SGB V in der ab dem 22. Juni 2000 geltenden Fassung für Zeiten nach dem 31. Dezember 1996 entsprechend anzuwenden ist.

Beim Kläger sind jedoch Krankengeldzeiten vor dem 31. Dezember 1996 streitig, sodass sein Fall hiervon nicht berührt wird. § 47a SGB V i. d. F. des Art. 2 des Gesetzes zur sozialrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt vom 12. Dezember 1996 (BGBl. I S. 1859), der durch § 47a n. F. neu gefasst wurde, findet, weil erst am 1. Januar 1997 in Kraft getreten, auf den Kläger ebenfalls keine Anwendung finden. Es ist nach alledem nichts dafür zu erkennen, dass die Beklagte das Krankengeld für die Zeit vom 24. November 1994 bis 21. Juni 1995 und vom 26. Juni 1995 bis 11. April 1996 anders als nach § 47 SGB V in der bis Ende 1996 geltenden Fassung berechnet hat.

Im Übrigen wird auf die erstinstanzliche Entscheidung, soweit sie die Dauer und die Höhe des Krankengeldes betrifft, Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Berufung hat daher keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür fehlen.
Rechtskraft
Aus
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