L 3 KA 533/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 32 KA 5264/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 KA 533/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.08.2001 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit einer sachlich rechnerischen Berichtigung der Quartalsabrechnung IV/97 von Leistungen nach der Nr. 54 b des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z) im Primärkassenbereich bzw. der Anlage 1 des Ersatzkassenvertrages - Zahnärzte (EKV-Z) im Ersatzkassenbereich (nachfolgend nur Bema-Nr. 54 b) streitig.

Der Kläger ist niedergelassener Zahnarzt und nimmt an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Am 14.04.2000 teilte die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayern (KZVB) dem Kläger mit, nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13.05. 1998 (Az: B 6 KA 34/97) sei die Wurzelspitzenresektion auch bei mehrwurzeligen Zähnen nur einmal je Zahn und Sitzung abrechenbar. Sie sei daher gehalten, eine entsprechende Berichtigung der Honorarabrechnung des Quartals IV/97 vorzunehmen. Der rückzubelastende Betrag betrage DM 1.651,41 und werde zum 26.06.2000 gebucht werden. Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch und rügte die Verletzung von Vertrauensschutzgesichtspunkten. Die Beklagte habe bei Erlass des Honorarbescheides keine Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnung gehabt (Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung). Die maßgebliche Entscheidung des BSG könne keine Rückwirkung auf den damaligen Abrechnungszeitraum entfalten. Die Honorarfestsetzung sei als bestandskräftig anzusehen. Auch ein Verweis auf § 16 Abs.2 des Bayerischen Gesamtvertrages (GV-Z) vermöge hieran nichts zu ändern. Ein Fall offensichtlicher Unrichtigkeit liege hier nicht vor.

In einem weiteren Schreiben vom 05.07.2000, das mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war, wies die Beklagte den Klägers daraufhin, dass es bei der Rückbelastung für das Quartal IV/1997 verbleibe: Sachlich-rechnerische Berichtigungen der Abrechnungszeiträume I/97 bis I/98 würden aufgrund fristgerechter Anträge der Krankenkassen bzw. deren Verbände von Amts wegen durch sie durchgeführt, ein Ermessen sei ihr nicht eingeräumt. Nach der Rechtsprechung des BSG bestehe zudem für Rückforderungen eine Verjährungsfrist von vier Jahren, die hier eingehalten sei. Nur für frühere Zeiträume bestünde Vertrauensschutz bei einer später nicht vertretbaren Abrechnung. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.09. 2000 - aufgrund des Beschlusses der Widerspruchssstelle vom 16.08.2000 - zurück. Zur Begründung führte sie an, nach der die Abrechenbarkeit der Bema-Nr. 54 b klarstellenden Entscheidung des BSG vom 13.05.1998 habe sie auf der Grundlage von § 16 Abs.2, Abs.3 GVZ bzw. § 12 Abs.1 EKV-Z vor dem Hintergrund der vorliegenden Berichtigungsanträge der Krankenkassen/Ersatzkassen die sachlich-rechnerische Berichtigung vorzunehmen gehabt. Soweit im Widerspruch Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes - Hinweis auf die Vorschrift des § 45 SGB X - angesprochen worden seien, stünde einem Vertrauensschutz die Rechtsprechung des BSG entgegen (vgl. Urteile vom 16.09.1998 - Az: 6 RKA 40/98 und vom 10.05.1995 - Az: 6 RKA 30/94). Die Beklagte sei auch nicht gehalten gewesen, die in den streitgegenständlichen Quartalen erteilten Honorarbescheide mit dem Vorbehalt der Rückforderung zu versehen (vgl. § 2 Abs.2 Satz 4 HVM, wonach alle Zahlungen der KZVB ausdrücklich unter Vorbehalt stehen). Auch § 48 SGB X finde keine Anwendung. Die kassenzahnärztlichen Vorschriften über die sachlich-rechnerische Berichtigung gingen als Sonderregelung den allgemeinen Bestimmungen über die Rücknahme bzw. den Widerruf oder die Aufhebung eines Verwaltungsaktes nach SGB X vor. Eine aufschiebende Wirkung komme zudem dem eingelegten Widerspruch nicht zu.

Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht München (SG), das die betroffenen Krankenkassen bzw. ihre Verbände beigeladen hat, Klage erhoben. Er hat beantragt, den Bescheid vom 05.07.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2000 aufzuheben und ihm den für das Quartal IV/1997 einbehaltenen Betrag in Höhe von DM 1.651,41 auszuzahlen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29.08.2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es sich auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten gemäß § 136 Abs.2 SGG gestützt. Die sechsmonatige Antragsfrist sei eingehalten und richtig berechnet worden. Auf die Abrechnungsmappe der Beklagten habe sich der Kläger nicht berufen können, da diese durch die Rechtsprechung des BSG überholt sei. Einen Vertrauensschutz in Fragen der Bewertung von Gebührennummern gebe es nicht, da die Behandlungsverpflichtung davon unberührt bleibe.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und in seinen Schreiben vom 15.04.2002 und 17.06.2003 insbesondere vorgebracht, dass die Beklagte im Hinblick auf ihre bisherige Verwaltungspraxis (vgl. insbesondere Auslegung in ihrer Abrechnungsmappe) selbst unter Berücksichtigung des BSG-Urteils vom 13.05.1998 ihre daraufhin geänderte Auffassung nur zukünftigen Honorarberichtigungen frühestens ab der Mitteilung vom 25.11.1998 hätte zugrunde legen dürfen. Die für den zurückliegenden Zeitraum erfolgte Anpassung verstoße gegen Vertrauensschutzgesichtspunkte des § 45 SGB X. Die Auszahlung des Honorars sei auch nicht unter dem konkreten Vorbehalt der endgültigen Klärung dieser Frage durch das BSG erfolgt, die Beklagte habe es vielmehr bewusst unterlassen, auf die bekannte, noch nicht obergerichtlich entschiedene Auslegungsfrage zur Abrechnung der Bema-Nr. 54 b bei der Auszahlung des Honorars hinzuweisen. Der Verweis auf den Pauschalvorbehalt zum HVM, dass Auszahlungen stets nur unter Vorbehalt ergehen, genüge für die vorliegend durchgeführte nachträgliche sachlich-rechnerische Berichtigung nicht. Bei Erbringung der streitgegenständlichen Leistungen habe der Kläger keine Kenntnis darüber erlangen können, dass die von ihm durchgeführte Resektion der weiteren Wurzelspitzen am selben Zahn eventuell wegen der ausstehenden Entscheidung des BSG nicht vergütet werde. Die Anhörungsrechte seien zudem verletzt, weil die Anträge der Krankenkasse ihm nicht vorgelegen hätten. Auch unterfalle eine Änderung der Auslegung der Gebührenordnung der Risikosphäre der Beklagten und nicht der des gutgläubigen Vertragszahnartzes.

Die Beklagte ist bei ihrer Auffassung geblieben.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 29.08.2001 sowie des Bescheides vom 05.07.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2000 zu verurteilen, den einbehaltenen Betrag in Höhe von DM 1.651,41 (Quartal IV/97) auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.08.2001 zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 1) und 4) schließen sich diesem Antrag an.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhaltes gemäß § 136 Abs.2 SGG auf die Aktenheftung der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte sowie nach § 143 i.V.m. § 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 05.07.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21.09.2000 entspricht der Sach- und Rechtslage und ist daher nicht zu beanstanden. Die Beklagte konnte den Honorarabrechnungsbescheid des Klägers für das Quartal IV/1997 hinsichtlich der Mehrfachabrechnung mehrwurzeliger Seitenzähne bei Patienten in derselben Sitzung berichtigen und den überzahlten Betrag zurückfordern bzw. mit dem laufenden Honoraranspruch aufrechnen. Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen dem nicht entgegen.

Nach § 75 Abs.1 des Fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V) in der für das Jahr 1997 maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992 (BGBl.I S.2266) haben die Kassen- (zahn)ärztlichen Vereinigungen die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs.2 Satz 2 1. Halbsatz SGB V haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertrags(zahn)ärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertrags(zahn)ärzte gehört u.a. auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Es obliegt deshalb der Beklagten gemäß der auf der Grundlage von § 83 Abs. 1 SGB V abgeschlossenen Gesamtverträge, insbesondere nach § 19 a des Bundesmantelvertrages Zahnärzte (BMV-Z) i.V.m. § 16 Abs.2 und 3 GV-Z im Primärkassenbereich und nach § 12 Abs.1 Satz 1 des EKV-Z im Ersatzkassenbereich, die vom Zahnarzt eingereichten Honorarforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen. Dies muss sie von Amts wegen tun, unbeschadet des Nachprüfungsrechts der Krankenkassen, wie § 16 Abs. 2 1. Halbsatz GV-Z ausdrücklich hervorhebt und demnach nicht ausschließlich auf Antrag einer Kasse. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (BSG Urteile vom 24.08.1994 - 6 RKA 20/93; vom 31.10.2001 - B 6 KA 16/00 R; vom 12.12.2001 - B 6 KA 3/01 R; und vom 26.06. 2002 - B 6 KA 26/01 R) kann eine Berichtigung der Honorarabrechnung eines Vertragszahnarztes auch dann noch erfolgen, wenn aufgrund der eingereichten Honorarabrechnung bereits eine Auszahlung an den Vertragszahnarzt erfolgt ist. Der Vertragszahnarzt hat dann das zuviel erhaltene Honorar zurückzuzahlen bzw. die Beklagte ist berechtigt, mit den Überzahlungen gegen eine spätere Honorarforderung des Vertragszahnarztes aufzurechnen. Der Beklagten steht insoweit kein Ermessen zu, ob sie von ihrer grundsätzlichen Berichtigungsbefugnis Gebrauch machen will oder nicht. Sie ist hierzu vielmehr wegen des Gebots der Gleichbehandlung aller Vertrags(zahn)ärzte verpflichtet (BSG Urteil vom 31.10.01 a.a.O.).

Aufgrund dieser rechtlichen Befugnis und Verpflichtung war die Beklagte - bereits von Amts wegen und nicht erst aufgrund von Berichtigungsanträgen der Kassen, wie der Kläger meint - berechtigt, die in den von den Krankenkassen aufgelisteten und namentlich benannten Fällen pro Seitenzahn mehrfach in Rechnung gestellten Gebühren nach der Nr. 54 b zu berichtigen. Denn die Bema-Nr. 54 b konnte bei einer Wurzelspitzenresektion an einem Seitenzahn, auch wenn mehrere Wurzelspitzen reseziert wurden, nach der bis zum 01.01.2004 und damit für das hier betroffene Quartal IV/1997 geltenden Fassung des Bema bzw. des Gebührentarifs, nur einmal abgerechnet werden. Die Nr. 54 befasst sich mit der Wurzelspitzenresektion. Dabei gilt für die Resektion an einem Frontzahn (Nr. 54 a) ein Punktwert von 72, an einem Seitenzahn (Nr. 54 b) ein Punktwert von 96 und an jedem weiteren benachbarten Zahn in derselben Kieferhälfte und in derselben Sitzung (Nr. 54 c) ein Punktwert von 48. Aus den Berichtigungsanträgen bzw. Auflistungen der hier betroffenen Kassen läßt sich ersehen, dass ausschließlich die Nr. 54 b mit einer Punktzahl von 96 in Streit steht. Hinsichtlich der Abrechenbarkeit der Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b entschied das BSG im Urteil vom 13.05. 1998 (a.a.O.) eindeutig, dass im Falle der Resektion mehrerer Wurzelspitzen an einem mehrwurzeligen Seitenzahn die Bema-Nr. 54 b nur einmal abgerechnet werden kann. Dies war früher schon Praxis und erfuhr durch das Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 02.07.1991 (L 6 KA 2/91) eine gegenteilige Handhabung. Das BSG stellte in seiner Entscheidung vom 13.05.1998 (a.a.O.), dessen Ausgangsverfahren das Urteil des SG Kiel vom 27.11.1996 war, klar, dass auch dann, wenn in derselben Sitzung zwei Wurzelspitzen an einem Seitenzahn reseziert werden, die Nr. 54 b nur einmal in Rechnung gestellt werden kann. Es hat dies unter den verschiedenen in Betracht kommenden Auslegungsregeln und unter dem gerichtlich nur sehr eingeschränkt überprüfbaren Gesichtspunkt der Angemessenheit der Vergütung beleuchtet. Aus dem Wortlaut "Wurzelspitzenresektion an einem Seitenzahn" könne nicht abgeleitet werden, dass die Resektion pro Wurzelspitze - wie dies in der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung der Nr. 54 inzwischen klargestellt ist - gemeint sei. Der gewählte Singular des Wortes "Resektion" könne nicht in diesem Sinn verstanden werden. Denn der Begriff Resektion umfasse ohne weiteres mehrere Resektionsmaßnahmen. Der bei der Wortauslegung mitzuberücksichtigende zahnmedizinische Ablauf rechtfertige ebensowenig die mehrfache Abrechnung. Einige Arbeitsphasen, wie das Aufklappen des Zahnfleisches, das Freilegen der Wurzel, die abschließende Wundreinigung und -versorgung sowie das Glätten der Ränder würden in einem Arbeitsvorgang vorgenommen. Bei einer über den Wortlaut hinausgehenden Auslegung sei größte Zurückhaltung geboten. Es sei nach § 87 SGB V in erster Linie Aufgabe der Bewertungsausschüsse bzw. der Vertragspartner des EKV-Z, unklare Regelungen der Gebührenordnung zu präzisieren. Hätten die zuständigen Bewertungsgremien gewollt, dass die Nr. 54 b je Zahn mehrfach abgerechnet werden solle, so wäre es notwendig gewesen, einen entsprechenden Zusatz, nämlich "je Wurzelspitze" einzufügen. Auch das von den Zahnärzten angeführte Kostenargument, ein Punktwert von 96 für die Resektion von bis zu drei Wurzelspitzen sei zu gering und nicht kostendeckend, könne nicht durchgreifen. Die Angemessenheit der Vergütung sei ausschließlich Sache der Vertragsparteien und könne von den Gerichten erst dann beanstandet werden, wenn die Funktionsfähigkeit der Versorgung mangels ausreichendem Anreiz, vertragsärztlich tätig zu werden, gefährdet wäre. Da auch aus der Entstehungsgeschichte der Bema-Nr. 54 b nichts gegenteiliges herzuleiten sei, bestehe kein Raum für eine erweiternde Auslegung.

Eine Mehrfachabrechnung je resezierter Wurzelspitze nach der Bema-Nr. 54 b ist somit sachlich unrichtig und folglich rechtswidrig. Die Beklagte war daher nicht nur berechtigt sondern sogar verpflichtet, wie oben dargelegt, diese Unrichtigkeit zu beheben.

Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen dem nicht entgegen. Soweit der Kläger vorbringt, sein Vertrauen in den Bestand der Honorarquartalsabrechnung für IV/1997 sei schutzwürdig, und er meint, sich auf die Entscheidung des BSG vom 09.05.1990 (Az: 6 RKA 5/89) stützen zu können, schließt sich der Senat den Ausführungen des BSG (zuletzt Urteil vom 26.06.2002; a.a.O.) an. Danach verdrängen die Bestimmungen über die Befugnisse der Kassenärztlichen Vereinigungen - gleiches gilt für die Befugnisse der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen -, vertrags(zahn)ärztliche Honoraranforderungen und Honorarbescheide wegen sachlich-rechnerischer Fehler nachträglich zu korrigieren, in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X. Letztgenannte Vorschrift schränkt das Recht, einen Verwaltungsakt, der unanfechtbar geworden ist, zurückzunehmen, ein. Insbesondere darf ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt - hier der Quartalshonorarbescheid für IV/1997 - nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rückzahlung schutzwürdig ist (§ 45 Abs.2 Satz 1 SGB X). Nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) stellen die vertrags(zahn)ärztlichen Berichtigungsbefugnisse von den Vorschriften des SGB X abweichende Regelungen i.S.d. § 37 Satz 1 des Erstes Sozialgesetzbuchs (SGB I) dar, die auf gesetzlicher Grundlage, nämlich auf Grund von Normen der Reichsversicherungsordnung und später des SGB V, erlassen worden sind. Dabei ist die Berichtigungsbefugnis nicht auf die Fälle beschränkt, in welchen dem Vertrags(zahn)arzt ein Fehler z.B. bei der unrichtigen Handhabung der Gebührenordnung anzulasten ist. Vielmehr ist einzige Voraussetzung die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit, ohne dass es auf ein Verschulden ankommt. Denn Honorarbescheide ergehen grundsätzlich unter dem Vorbehalt der späteren Überprüfung auf ihre Rechtmäßigkeit (BSG Urteile vom 31.10.2001; Az: B 6 KA 16/00 und vom 12.12.2001; Az: B 6 KA 3/01 R). Nur so läßt sich erreichen, dass die Vertrags(zahn)ärzte möglichst rasch zu ihrem Honorar kommen, auch wenn eine endgültige Prüfung und eine damit verbundene Berichtigung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen kann. Unter Beachtung dieser Grundsätze kann sich der Kläger solange nicht auf Vertrauen berufen, bis eine - nicht bloß auf einzelne, wirtschaftlich unbedeutende Positionen bezogene - umfassende Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlickeit stattgefunden hat oder der Quartalshonorarbescheid wegen Ablaufs der gesetzlichen, bundesmanteltariflichen oder gesamtvertraglichen Fris-ten nicht mehr überprüft werden darf. Erst von diesem Zeitpunkt an können Honorarbescheide wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter der Voraussetzung des § 45 SGB X zurückgenommen werden. Das Vertrauen des Vertrags(zahn)arztes auf den Bestand eines Honorarbescheides ist daher von vornherein erheblich eingeschränkt und nicht mit demjenigen eines Sozialleistungsempfängers zu vergleichen.

Allerdings ist die Beklagte trotz der ihr eingeräumten Befugnis zur nachträglichen Honorarberichtigung gehalten, diese im Hinblick auf den allgemein gebotenen Vertrauensschutz der Vertrags(zahn)ärzte zu beschränken (BSG Urteile vom 31.10.2001 und 26.06.2002; a.a.O.). Im Wesentlichen ergeben sich zwei Konstellationen, bei denen der Vertrauensschutz zum Tragen kommt. Wenn der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung beispielsweise bekannt ist, dass gegen die Rechtmäßigkeit des angewandten Regelwerkes über die Honorarverteilung Bedenken angemeldet worden sind, so hat sie zusammen mit dem Honorarbescheid ausdrücklich deutlich zu machen, inwieweit diese Bescheide im Hinblick auf bestehende Unklarheiten über die generellen Grundlagen der Honorarverteilung als vorläufige Regelungen erlassen wurden. Um einen sachgerechten Ausgleich widerstreitender Interessen zu erreichen, ist zunächst in formeller Hinsicht erforderlich, dass aufgrund entsprechender Hinweise der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung hinreichend deutlich ist oder sich zumindest aus den dem Vertragsarzt bekannten Gesamtumständen hinreichend deutlich ergibt, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang sie sich auf die Vorläufigkeit des Bescheides berufen und diesen nachträglich gegebenenfalls korrigieren werde (so BSG Urteil vom 31.10.2001 a.a.O.).

Ein anderer Fall, in dem Vertrauensschutz im Vordergrund steht, liegt dann vor, wenn eine Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung im Streit um die Abrechenbarkeit einer Leistung auf den Widerspruch des Vertrags(zahn)arztes hin eine sachlich-rechnerische Richtigstellung zurücknimmt (so BSG Urteil vom 12.12.2001 a.a.O.). Dann ist diese Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung im Regelfall gehindert insoweit nochmals eine Berichtigung gerade hinsichtlich der zuvor bereits beanstandeten Position durchzuführen.

Ein mit diesen beiden Konstellationen vergleichbarer Fall liegt jedoch hier nicht vor. Insbesondere fand keine die Bema-Nr. 54 b betreffende Berichtigung und folglich auch keine Aufhebung derselben auf Widerspruch statt. Zum anderen handelt es sich auch nicht um eine Korrektur auf Grund eines Streites über die Rechtmäßigkeit des Regelwerkes wie des Honorarverteilungsmaßstabs und eine möglicherweise daraus resultierende andere Berechnung des Honorars. Lediglich in derartigen Fällen fordert das BSG (Urteil vom 26.06.2002 a.a.O.), dass ein Honorarbescheid einen entsprechenden Hinweis auf die mögliche Änderung enthalten muss. Nur dann, wenn der Berichtigungsgrund im Verantwortungskreis der Beklagten liegt, wie bei der Honorarverteilung, bedarf es eines solchen Vorbehalts. Eine entsprechende Regelung für den Fall, dass eine gerichtliche Überprüfung einer einzelnen Leistungslegende bekannt ist, kann dies nicht gefordert werden. Zum einen liegt das Festlegen einer Leistungslegende und der Punktbewertung bzw. der Abrechenbarkeit nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten sondern der Bewertungsausschüsse bzw. der Vertragsparteien und zum anderen ist die Forderung eines Vorbehalts im Hinblick auf die Vielzahl gerichtlicher Verfahren in der BRD, die die Abrechenbarkeit einzelner Bema-Nrn. zum Gegenstand haben, überzogen und in der Praxis nicht umsetzbar.

Damit kommt der Senat zum Ergebnis, dass Vertrauensschutzgesichtspunkte der Berichtigungsbefugnis der Beklagten nicht entgegenstehen.

Da es nur auf die objektive Unrichtigkeit ankommt, können die Hinweise der Beklagten in ihren Abrechnungsunterlagen, die Bema-Nr.54 b mehrfach abzurechnen, die Rechtslage nicht beeinflussen. Denn, wie oben dargestellt, fällt das Festlegen einer Leistungslegende und Punktbewertung nicht in die Kompetenz der Beklagten. Ihre Hinweise in den Abrechnungsmappen können keinesfalls die Entscheidungen der zuständigen Gremien ersetzen oder abändern. Auf die Kenntnis des Klägers wie in den entsprechenden Fällen abzurechnen ist, ist ebensowenig abzustellen. Insoweit kann auch dahinstehen, zu welchem Zeitpunkt der Kläger von der maßgeblichen Entscheidung des BSG vom 13.05.1998 erfahren hatte.

Dem Anspruch auf Berichtigung steht auch keine Ausschlussfrist entgegen. Mehrfach betonte das BSG, dass der Berichtigungsanspruch einer Ausschlussfrist unterliegt (BSG vom 15.11.1995 ; SozR 3-5535 Nr.119; BSG vom 10.05.1995; Az: 6 RKa 17/94). Diese Frist beträgt in entsprechender Anwendung des § 45 Abs.1 SGB I vier Jahre. Im hier zu entscheidenden Rechtsstreit spielt der Ablauf der Ausschlussfrist keine Rolle, denn von der vorläufigen Quartalszahlung für IV/1997 an gerechnet ist die 4-Jahresfrist weder bis zum Erlass des Berichtigungsbescheides vom 05.07.2000 noch bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens mit dem Widerspruchsbescheid vom 21.09.2000 verstrichen.

Damit steht fest, dass der vom Kläger angefochtene Bescheid vom 05.07.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21.09. 2000 nicht zu beanstanden ist. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.08.2001 war daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung der Kosten beruht auf § 193 Abs.4 Satz 1 und 2 SGG in der gemäß Art.17 Abs.1 des 6. Sozialgerichtsänderungsgesetzes (BGBl.I, 2158) geltenden Fassung. Danach hat der Kläger der Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten, nicht jedoch den übrigen Beteiligten, den Beigeladenen zu 1) bis 5) (Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 193 Anm.3 b).

Die Revision war nicht zuzulassen, da hinsichtlich der Einwendungen des Klägers eine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt und Gründe nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht zu erkennen sind.
Rechtskraft
Aus
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