L 4 KR 278/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 KR 87/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 278/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 4. November 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte der Klägerin Kosten für Haushaltshilfe in Höhe von 1.400,00 DM (in Euro) zu erstatten hat.

Die 1967 geborene Klägerin ist bei der Beklagten versichert. Sie befand sich vom 15.08. bis 18.09.2000 in stationärer Krankenhausbehandlung. Ihr geschiedener Ehemann L. D. beantragte am 15.08.2000 Haushaltshilfe. P. D. , die weder verwandt noch verschwägert sei, jedoch ebenfalls unter der selben Adresse wohnt, könne den Haushalt weiterführen. Laut Antrag lebte im Haushalt des Antragstellers seine am 17.05.1993 geborene Tochter sowie die Klägerin. Die Klägerin gab am 20.09.2000 an, sie habe P. D. insgesamt 1.400,00 DM für Haushaltshilfe bezahlt. P. D. bestätigte am 20.09.2000 den Erhalt von insgesamt 1.400,00 DM für ganztägige Haushaltshilfe vom 15.08. bis 18.09.2000 (täglich 40,00 DM).

Am 20.12.2000 wandte sich der Bevollmächtigte der Klägerin an die Beklagte und forderte eine Entscheidung. Der Klägerin sei bedeutet worden, sie erhalte Haushaltshilfe. Geschehen sei nichts. Die Partei solle sich damit trösten lassen, ihre ehemalige Schwägerin habe die Kinder an sich genommen.

Die Beklagte hat daraufhin mit Bescheid vom 23.01.2001 die Kostenübernahme für die Haushaltshilfe mit der Begründung abgelehnt, bei P. D. handele es sich um die Schwägerin der Klägerin. Der hiergegen vom früheren Bevollmächtigten der Klägerin eingelegte Widerspruch wurde damit begründet, § 38 Abs.4 Satz 2 SGB V verstosse gegen Art.3 Abs.1 Grundgesetz. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2003 zurück.

Hiergegen richtete sich die zum Sozialgericht Nürnberg erhobene Klage. Der Bevollmächtigte der Klägerin gab an, die Klägerin sei im Oktober 1999 geschieden worden. Belege über die tatsächlichen Zahlungen der Klägerin seien nicht vorhanden, die Klägerin habe den zum damaligen Zeitpunkt für Haushaltshilfen festgelegten gesetzlichen Krankenkassensatz an ihre Schwägerin bezahlt, ohne sich die geleisteten Zahlungen belegen zu lassen. Die Klägerin habe ab Januar 2000 monatlich 1.280,00 DM brutto verdient.

Nach Erörterung der Rechtslage im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28.08.2003 regte der Bevollmächtigte der Klägerin an, § 38 Abs.4 Satz 2 SGB V gemäß Art.100 Abs.1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 04.11.2003 die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe einen Kostenerstattungsanspruch zutreffend abgelehnt. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass aufgrund des stationären Aufenthalts der Klägerin diese aufgrund ihres Mitgliedschaftsverhältnisses bei der Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Haushaltshilfe erworben hatte. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 38 Abs.1 SGB V lagen eindeutig vor. Nach § 38 Abs.3 SGB V bestehe der Anspruch auf Haushaltshilfe nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen könne. Der geschiedene Ehemann der Klägerin habe nicht mehr im Haushalt der Klägerin gelebt. Zutreffend habe die Beklagte den Leistungsausschluss für die im Rechtsstreit geltend gemachte Vergütungsentschädigung auf die Regelung des § 38 Abs.4 Satz 2 SGB V gestützt. P. D. sei die Schwägerin der Klägerin. Da ein Verdienstausfall oder Fahrkosten nicht geltend gemacht werden, könne keine Kostenerstattung stattfinden. Das Bundessozialgericht habe im Urteil vom 16.11.1999 zum Ausdruck gebracht, verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 38 Abs.4 Satz 2 SGB V bestünden nicht.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 09.12.2003 beim Bayerischen Landessozialgericht eingegangene Berufung, die rein vorsorglich zur Fristwahrung erfolgt. Nach mehrfacher Meinung wegen einer Berufungsbegründung legt der Bevollmächtigte das Mandat am 26.08.2004 nieder.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 04.11.2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.01.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.02.2003 zu verurteilen, ihr DM 1.400,00 (in Euro) zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und der Gerichtsakten, insbesondere auf die Niederschrift vom 28.10.2004 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die wegen der Höhe des Beschwerdewertes nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 38 Abs.4 Satz 1 SGB V. Danach sind den Versicherten die Kosten für eine selbsbeschaffte Haushaltshilfe in angemessener Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse keine Haushaltshilfe stellen konnte oder Grund besteht, davon abzusehen. Gemäß § 38 Abs.1 Satz 1 SGB V erhalten Versicherte Haushaltshilfe, wenn ihnen wegen Krankenhausbehandlung oder wegen einer Leistung nach § 23 Abs.2 oder 4, §§ 24, 37, 40 oder 41 SGB V die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Es ist unbestritten, dass der Klägerin in der Zeit vom 15.08.2000 bis 18.09.2000 wegen des stationären Krankenhausaufenthalts die Weiterführung des Haushalts nicht möglich war. Die weitere Voraussetzung, die in § 38 Abs.2 SGB V gefordert ist, nämlich, das im Haushalt ein Kind lebt, dass bei Beginn der Haushaltshife das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist ebenfalls gegeben. Es ist jedoch bereits nicht einmal glaubhaft gemacht, dass die Schwägerin der Klägerin, Frau P. D. , den Haushalt tatsächlich weitergeführt hat. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat nämlich angegeben, Frau D. habe die Kinder der Klägerin zu sich genommen. Selbst wenn jedoch Haushaltshilfe durchgeführt worden wäre, scheitert eine Kostenerstattung an § 38 Abs.4 Satz 2 SGB V. Danach sind nämlich für Verwandte und Verschwägerte bis zum 2. Grad keine Kosten zu erstatten. Frau D. ist die Schwägerin der Klägerin, die Schwägerschaft bleibt trotz der Scheidung gemäß § 1590 Abs.2 BGB erhalten. Für Verwandte und Verschwägerte kann die Krankenkasse die erforderlichen Fahrkosten und den Verdienstausfall erstatten, solche Kosten sind jedoch nicht geltend gemacht worden. Unter Berücksichtigung der Höhe des Einkommens der Klägerin hat der Senat Zweifel, ob die Klägerin tatsächlich an ihre Schwägerin einen Betrag von 1.400,00 DM bezahlt hat. Grundvoraussetzung jeder Kostenerstattung nach § 38 Abs.4 Satz 1 SGB V ist nämlich, dass dem Versicherten durch die Haushaltshilfe tatsächlich Kosten in der geltend gemachten Höhe entstanden sind. Eine Erstattung lediglich fiktiver Aufwendungen, so als habe der Versicherte eine familienfremde Fachkraft in Anspruch genommen, ist ausgeschlossen (BSG Urteil vom 16.11.1999, SozR 3-2500 § 38 Nr.2).

Schließlich hat der Senat keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass Verwandte und Verschwägerte bis zum 2. Grad anders behandelt werden als Familienfremde. Das Bundessozialgericht hat in der eben zitierten Entscheidung nicht nur verfassungsrechtliche Bedenken überhaupt nicht ausgesprochen, sondern darüber hinaus die Anwendung von § 38 Abs.4 Satz 2 SGB V analog auf geschiedene Ehegatten des Versicherten ausgedehnt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Unterliegen der Klägerin.

Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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