S 4 KR 229/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 4 KR 229/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 59/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 25/02 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum nach Beendigung ihrer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung unter Berücksichtigung einer Abfindungszahlung durch den Arbeitgeber.

Das sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei der Firma T-M AG, auf dem die Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten beruhte, endete aufgrund eines Aufhebungsvertrages vom 18.05.1999 mit Wirkung zum 31.05.1999. Für den Verlust des Arbeitsplatzes gewährte die Firma T und M der Klägerin eine Abfindungsleistung in Höhe von 133.674,88 DM. Bis zum 02.06.1999 hat die Klägerin Anspruch auf Erziehungsgeld.

Am 01.06.1999 meldete die Klägerin sich beim Arbeitsamt L arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Das Arbeitsamt teilte der Klägerin mit Bescheid vom 13.10.1999 mit, dass der Leistungsanspruch wegen der zu berücksichtigenden Abfindung bis einschließlich 23.02.2000 ruhe.

Am 30.08.1999 wurde die Beklagte erstmals von der Klägerin über die Abfindungszahlung informiert. Die Beklagte stellte daher mit Bescheid vom 31.08.1999 das Versicherungsverhältnis mit Wirkung vom 03.06.1999 in ein freiwilliges Versicherungsverhältnis um und stufte die Klägerin in die Versicherungsklasse F12 0 17 (berechnet nach monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen von 6075 DM) ein. Als beitragspflichtige Einnahmen waren dabei die monatlichen Einnahmen unter Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit maßgebend. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes seien Abfindungszahlungen, in denen in kapitalisierter Form Leistungen für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses enthalten seien, zu denen der Arbeitgeber nach dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses ohnehin verpflichtet gewesen wäre, Leistungen zum Lebensunterhalt für die Zeit nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Auf der Basis entsprechender Satzungsbestimmungen der Krankenkassen seien bei der Beitragsbemessung für die Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung diese Beiträge anteilsmäßig zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall sei von einem Arbeitsentgeltanteil in Höhe von 40 Prozent (= 53.469,95 DM) der gesamten Abfindungsleistung auszugehen. Der monatliche Beitrag zur Krankenversicherung betrage demnach 812 DM.

Mit weiterem Bescheid ebenfalls vom 31.08.1999 setzte die Beklagte den Beitrag zur Pflegeversicherung für den gleichen Zeitraum ab 03.06.1999 in Höhe von 103,28 DM fest.

Am 16.09.1999 erklärte die Klägerin ihren Austritt aus der Mitgliedschaft der Beklagten wegen des Ende des Beschäftigungsverhältnisses zum 02.06.1999.

Gegen die Einstufungsbescheide vom 31.08.1999 erhob die Klägerin am 30.09.1999 Widerspruch. Die Abfindung wäre ausschließlich als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und nicht für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten gezahlt worden. Über beitragspflichtige Einkünfte verfüge sie nicht. Die Abfindungssumme hätte sie zur Finanzierung eines Hauskaufes verwendet. Darüber hinaus sei sie auch über ihren Ehemann bei der Ukrankenkasse familienversichert.

Die Ukrankenkasse teilte nach Information durch die Beklagte über die Zahlung der Abfindungssumme mit Schreiben vom 11.10.1999 mit, dass für die Klägerin dort keine Familienversicherung zustande gekommen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2000 wies die Beklagte und die Pflegekasse der Beklagten den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sei bei der Gewährung einer Abfindung davon auszugehen, dass die Abfindungssumme auch Leistungen zum Lebensunterhalt für die Zeit nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses enthalte. Für die Abgrenzung des als Einnahme zum Lebensunterhalt einzustufenden Arbeitsentgeltanteils und der für den Verlust sozialer Besitzstände bestimmten Entschädigung sei hier von einem Arbeitsentgeltanteil in Höhe von 40 Prozent der Abfindungssumme auszugehen. Da die Klägerin am 15.10.1999 wieder ein neues sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis aufgenommen hätte, sei für den Zeitraum von 03.06. bis 14.10.1999 vom monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen von 6075 DM auszugehen und die Klägerin sei zutreffend in die Versicherungsklasse F12 0 17 eingestuft worden.

Dagegen hat die Klägerin am 00.00.0000 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 03.06.1999 bis 14.10.1999 sei rechtswidrig, da die Klägerin vor dem Hintergrund der previlligierenden Vorschrift des § 19 Bundeserziehungsgeldgesetz im Zusammenhang mit der Beendigung des Erziehungsurlaubes das Arbeitsverhältnis ohne Rechtsnachteil hätte aufgeben können. Der Umstand, dass ihr eine Abfindung gewährt worden wäre, ändere daran nichts.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 31.08.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2000 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bezieht sich auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da die Beklagte zurecht die Verpflichtung zur Zahlung von freiwilligen Beiträgen für die Zeit vom 03.06.1999 bis 14.10.1999 aufgrund der gezahlten Abfindung festgestellt hat.

Entgegen der Ansicht der Klägerin enthielt die gezahlte Abfindung teilweise Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, dass grundsätzlich gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 1 SGB V der Beitragsbemessung zugrunde zu legen war. Wie das BSG im Urteil vom 23.02.1988 (12 RK 34/86) ausgeführt hat, können nur solche Einnahmen der Grundlohnberechnung zugrunde gelegt werden, die für den jeweiligen Beitragsmonat zum Lebensunterhalt bestimmt sind; auszuschalten sind Einnahmen, die für andere Zwecke gezahlt wurden. Eine Abfindung, die wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt wird, setzt sich einerseits aus einer Abgeltung für den durch die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewirkten Verlust des Arbeitsentgelts (Arbeitsentgeltanteil) und andererseits aus einer Entschädigung für den Verlust sozialer Besitzstände, insbesondere des Arbeitsplatzes (sozialer Anteil) zusammen, sofern das Arbeitsverhältnis vorzeitig ohne Einhaltung der für den Arbeitgeber geltenden ordentlichen Kündigungsfrist beendet wurde. Soweit in einer Abfindung beitragspflichtiges Arbeitsentgelt enthalten ist, das während des bisherigen Arbeitsverhältnisses erdient wurde, ist dies im Rahmen der Pflichtversicherung des zu Ende gegangen Arbeitsverhältnisses beitragsrechtlich zu berücksichtigen. Soweit in der Abfindung in kapitalisierter Form Leistungen für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses enthalten sind, zu denen der Arbeitgeber nach dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses ohnehin verpflichtet war, handelt es sich um Leistungen zum Lebensunterhalt für die Zeit nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses, die im Rahmen entsprechender Satzungsbestimmungen der Ersatzkassen bei der Berechnung des Grundlohns für die Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung zu berücksichtigen sind (BSG Urteil vom 23.02.1988 AAO).

Im vorliegenden Fall wäre dem Arbeitgeber eine Kündigung zum Zeitpunkt der einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses nicht möglich gewesen. Lediglich die Klägerin wäre berechtigt gewesen unter Berücksichtigung des § 19 des Bundeserziehungsgeldgesetzes zu diesem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Wie das BSG im zitierten Urteil vom 230.02.1988 ausgeführt hat, kommt es jedoch für die Frage, ob die Abfindung einen Arbeitsentgeltanteil enthält, darauf an, ob der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt hätte kündigen können. Nur diese Auslegung macht auch Sinn, da der Arbeitgeber ohne eine ansonsten bestehende Verpflichtung zur Fortzahlung des Arbeitsentgeltes in der Regel nicht bereit ist, eine Abfindung zu zahlen. Dementsprechend muß davon ausgegangen werden, dass die hier gezahlte Abfindung einen Arbeitsentgeltanteil enthält. Zutreffend hat die Beklagte auch einen Anteil von 40 Prozent (= 53.469,95 DM) aus der gewährten Abfindungsleistung veranschlagt. Diese Leistung war auf die hier streitigen Monate vom 03.06.1999 bis 14.10.1999 umzulegen. Da nach den sich somit ergebenden monatlichen Einnahmen die Pflichtversicherungsgrenze überschritten wurde, war das Versicherungsverhältnis zutreffend von der Beklagten in ein freiwilliges Mitgliedschaftsverhältnis umgewandelt worden und für die Beitragsberechnung waren nach § 240 SGB V die Satzungsregelungen zugrunde gelegt worden.

Die Klage mußte daher abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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