L 3 AL 107/01

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 3 AL 684/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 107/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 23/04 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Unterbrechung des Leistungsbezuges i. S. v. § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III liegt vor, wenn ihre voraussichtliche Dauer nach allgemeiner Lebenserfahrung den Zeitraum von 6 Wochen nicht erreicht. Dies gilt insbesondere für die Durchführung der von Sozialleistungsträgern gewährte Rehabilitationsmaßnahmen mit einer voraussichtlich Dauer von 3 Wochen. Bei einem solchen Sachverhalt ist die Beklagte nicht befugt, eine vorausgegangene Leistungsbewilligung über den angezeigten voraus-
sichtlichen Zeitraum hinaus aufzuheben. Wird eine vollständige Aufhebung bindend, besteht ein Anspruch des Versicherten auf Überprüfung der Entscheidung gemäß § 44 SGB X.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 30. März 2001 wird zurückgewiesen, soweit nicht der Klageantrag des Klägers eingeschränkt wurde. Die Beklagte wird verpflichtet, den Aufhebungsbescheid vom 15. März 1999 aufzuheben. II. Außergerichtliche Kosten sind dem Kläger auch für das Berufungsverfahren zu erstatten. III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 02.04. bis 08.04.1999 streitig.

Der am ...1940 geborene Kläger bezog von der Beklagten bis zum 04.02.1999 Arbeitslosengeld (Alg). Mit Bescheid vom 12.01.1999 gewährte ihm die Beklagte antragsgemäß ab dem 05.02.1999 Anschlussarbeitslosenhilfe. Diese Bewilligungsentscheidung wurde wegen einer vom Kläger angezeigten medizinischen Reha-Maßnahme durch Bescheid vom 16.02.1999 mit Wirkung ab dem 09.02.1999 aufgehoben, diese Entscheidung jedoch ihrerseits nach einem Hinweis des Klägers auf eine Verschiebung der Reha-Maßnahme durch Bescheid vom 24.02.1999 rückgängig gemacht.

Nachdem der Kläger der Beklagten am 08.03.1999 anzeigte, dass nunmehr die ihm von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) bewilligte Reha-Maßnahme in der Zeit vom 10.03.1999 bis voraussichtlich 31.03.1999 durchgeführt werde, hob die Beklagte mit einem bindend gewordenen Bescheid vom 15.03.1999 die Leistungsbewilligung erneut mit Wirkung ab dem 10.03.1999 auf. Während der Reha-Maßnahme erhielt der Kläger von der BfA Übergangsgeld. Am 31.03.1999 wurde er aus der Maßnahme als sofort arbeitsfähig entlassen. Aus nicht näher dargelegten persönlichen Gründen trat der Kläger die Rückreise zu seinem Wohnort erst am Folgetag, dem 01.04.1999, an.

Auf Grund einer am 09.04.1999 beim örtlich zuständigen Arbeitsamt (jetzt Agentur für Arbeit) erfolgten persönlichen Vorsprache bewilligte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 15.04.1999 die beantragte Alhi erst wieder ab dem 09.04.1999. Zur Begründung des hiergegen wegen des Beginns der Wiederbewilligung gerichteten Widerspruchs vom 29.04.1999 machte der Kläger geltend, er habe sich am 01.04.1999 (Gründonnerstag) noch auf der Rückfahrt von der Kur befunden und an diesem Tage sich deshalb nicht persönlich beim Arbeitsamt melden können. An den folgenden Tagen sei das Arbeitsamt bis zum 05.04.1999 (Ostermontag) geschlossen gewesen. Auf Grund gesundheitlicher Probleme sei er dann erst am 09.04.1999 zu einer persönlichen Meldung beim Arbeitsamt in der Lage gewesen. In den dann mit seinem Arbeitsvermittler und der Leistungsabteilung geführten Gesprächen sei ihm die Wiederbewilligung der Leistung zum 01.04.1999 "bestätigt" worden. Die vom Kläger am 09.04.1999 abgegebene formularmäßige Veränderungsanzeige trägt den Vermerk einer Veränderung "zum 01.04.1999".

Durch Widerspruchsbescheid vom 09.06.1999 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für eine Wiederbewilligung der Leistung ab dem 01.04.1999 seien nicht erfüllt, da sich der Kläger nach der am 31.03.1999 erfolgten Entlassung aus der Kur erst am 09.04.1999 (telefonisch) beim Arbeitsamt wieder gemeldet und die Wiederbewilligung der Alhi beantragt habe. Nach der vorausgegangenen Aufhebung der Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 15.03.1999 habe die Alhi erneut beantragt werden müssen. Darauf sei der Kläger in dem Merkblatt 1 für Arbeitslose hingewiesen worden. Da der Kläger im Hinblick auf die Dauer seiner Arbeitslosigkeit als Langzeitarbeitsloser gelte, erlösche die Wirkung seiner persönlichen Arbeitslosmeldung nicht durch Zeitablauf, so dass seine telefonische Rückmeldung am 09.04.1999 als wirksam anerkannt werde.

Hiergegen hat der Kläger am 28.06.1999 Klage zum Sozialgericht Dresden (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, er sei bei der Einstellung der Leistungsgewährung für die Zeit vom 10.03. bis 31.03.1999 informiert worden, dass die Wiederbewilligung der Leistung "durch Veränderungsmitteilung zu beantragen" sei. Die persönliche Meldung sei aus den bereits genannten Gründen erst am 09.04.1999 erfolgt. Dabei habe er nach dem Gespräch mit dem Arbeitsvermittler umgehend den Antrag "per 01.04.1999" abgegeben. Es entspreche nicht den Tatsachen, dass er sich zu diesem Zeitpunkt nur telefonisch gemeldet habe.

Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung klargestellt, dass im Widerspruchsbescheid fehlerhaft von einer nur telefonisch erfolgten (Rück-)Meldung ausgegangen worden sei, im Ergebnis hat sie aber an der in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung festgehalten, dass die Wiederbewilligung der Alhi erst ab dem Zeitpunkt der persönlichen Rückmeldung am 09.04.1999 zustehe.

Auf Anfrage des SG hat der Kläger mitgeteilt, er sei im Zeitraum vom 04.04. bis 08.04.1999 wegen akuter schmerzhafter Beschwerden nicht in der Lage gewesen, sich persönlich beim Arbeitsamt in Meißen zu melden. Eine ärztliche Krankschreibung für diese Zeit sei aber nicht erfolgt.

In der vom SG angeforderten Stellungnahme vom 02.02.2001 hat die Beklagte hierzu vorgetragen, dass zwar die Arbeitslosmeldung des Klägers wegen des Kuraufenthaltes nicht erloschen sei, es nach der Beendigung der Kur jedoch eines erneuten Antrags bedurft habe, welchen der Kläger erst am 09.04.1999 gestellt habe. Nach § 324 Abs. 2 Satz 1 SGB III könne zwar Alhi auch nachträglich beantragt werden, jedoch sei dann eine rückwirkende Gewährung nach § 325 Abs. 2 SGB III nur in den Fällen möglich, bei denen eine Antragstellung wegen fehlender Dienstbereitschaft des Arbeitsamtes nicht habe (früher) erfolgen können.

Mit Schreiben vom 07.02.2001 hat das SG die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beabsichtigt sei. Eine Äußerung der Beteiligten hierzu ist nicht erfolgt.

Mit Gerichtsbescheid vom 30.03.2001 hat das SG den Bescheid vom 15.04.1999 teilweise aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Alhi auch für den Zeitraum vom 01.04.1999 bis 08.04.1999 zu gewähren. Das Klagebegehren sei begründet, da die Anspruchsvoraussetzungen hierfür nach § 190 Abs. 1 SGB III gegeben seien und der Kläger somit einen Leistungsanspruch auch für diesen Zeitraum habe. Seine vorausgegangene Arbeitslosmeldung sei gemäß § 122 Abs. 2 SGB III infolge der Reha-Maßnahme nicht erloschen. Soweit in der Zeit vom 04.04. bis 08.04.1999 die Verfügbarkeit des Klägers wegen gesundheitlicher Beschwerden eingeschränkt gewesen sei, habe dieser einen Anspruch auf Leistungsfortzahlung gemäß § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Für das Bestehen seines Anspruchs habe es auch keines erneuten Leistungsantrages bedurft, da der dem Vorbezug von Alg und Alhi zugrunde liegende Antrag fortgewirkt habe. Die Beklagte habe deshalb die Leistungen (bereits) ab dem 01.04.1999 von Amts wegen zu gewähren. Der Antrag auf Alhi gehöre nicht zu den materiell-rechtlichen Leistungsvoraussetzungen. Der Kläger sei auch während des Kuraufenthaltes arbeitslos gewesen. Seine Verfügbarkeit werde gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 der Erreichbarkeitsanordnung (EAO) fingiert. Ungeachtet des Bezuges von Übergangsgeld während der Reha-Maßnahme sei der Kläger auch weiterhin bedürftig gewesen. Die Zahlung des Übergangsgeldes haben den Alhi-Anspruch lediglich vorübergehend ruhen lassen. Bei einem solchen nur vorübergehenden Ruhen des Anspruchs bedürfe es nach Wegfall des Ruhenstatbestandes keines erneuten Antrages. Die von der Beklagten zum Antragserfordernis vertretene restriktive Auffassung laufe § 122 Abs. 2 SGB III zuwider. Mit der durch diese Regelung bezweckten Verwaltungsvereinfachung wäre es unvereinbar, (nach einer Unterbrechung) zwar von dem Erfordernis der persönlichen Arbeitslosmeldung abzusehen, vom Arbeitslosen aber eine erneute Antragstellung zu fordern.

Gegen die ihr am 10.04.2000 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am 08.05.2001 Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Die vom SG ausgesprochene Verpflichtung zur Leistungsgewährung für den Zeitraum vom 01.04. bis 08.04.1999 sei rechtswidrig. Der vom SG vertretenen Rechtsauffassung könne nicht gefolgt werden. Aus § 190 SGB III im Zusammenhang mit den Regelungen in §§ 223 ff. SGB III ergebe sich, dass die Alhi in der Regel mit der persönlichen Arbeitslosmeldung als beantragt gelte. Durch den Ausschluss einer rückwirkenden Leistungsgewährung in § 325 Abs. 2 SGB III werde ausdrücklich herausgestellt, dass Leistungen frühestens ab dem Tag der Antragstellung erbracht werden könnten. Mit dieser Bestimmung werde die leicht missverständliche Regelung des § 324 Abs. 2 Satz 1 SGB III konkretisiert und klargestellt. Entgegen der Auffassung des SG sei der Kläger auch während des Kuraufenthaltes nicht arbeitslos, insbesondere auch nicht verfügbar gewesen. Die Verfügbarkeit werde nicht durch § 3 Abs. 2 Nr. 1 EAO fingiert. Einer derartigen Fiktion stehe bereits die Dauer des Kuraufenthaltes (von drei Wochen und einem Tag) entgegen. Das SG weise zwar zutreffend darauf hin, dass der Bezug des Übergangsgeldes während der Kur nur ein Ruhen des Leistungsanspruches herbeiführe, welches kraft Gesetzes auch ohne einen entsprechenden Bescheid eintrete. Jedoch müsse der Leistungsempfänger den Wegfall des das Ruhen begründenden Leistungsbezuges der Beklagten anzeigen, um eine Wiederaufnahme der Zahlungen durch sie zu erreichen. Im Übrigen sei ein erneuter Leistungsantrag (aber) dann erforderlich, wenn die vorausgegangene Leistungsbewilligung durch Bescheid aufgehoben worden sei, wie das hier der Fall sei. Der Aufhebungsbescheid vom 15.03.1999 sei bindend geworden. Eine neue Antragstellung, welche an keine besonderen Folgen gebunden sei, sei vom Kläger aber nicht zum 01.04.1999 erfolgt. Eine derartige Beantragung liege insbesondere nicht in der bereits anlässlich der Mitteilung über den Antritt der Reha-Maßnahme vorgelegten Bescheinigung über deren voraussichtliche Dauer bis zum 31.03.1999. Das Ende der Heilbehandlungsmaßnahme und des damit verbundenen Bezugs von Übergangsgeld sei nach dieser Bescheinigung völlig offen gewesen.

Der Kläger hat sich (sinngemäß) dem angefochtenen Urteil angeschlossen.

Im Verhandlungstermin am 29.01.2004 hat der Kläger auf Hinweis des Senats seinen Klageanspruch auf die Zeit ab dem 02.04. bis 08.04.1999 beschränkt und für den 01.04.1999 keine Alhi mehr geltend gemacht.

Die Beklagte hat beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 30.03.2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Kläger hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der zum Verfahren beigezogenen Leistungsunterlagen der Beklagten sowie die Verfahrensakten aus beiden Rechtszügen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist kraft Zulassung durch das Sozialgericht Dresden (SG) (§ 144 Abs. 2 und Abs. 3 SGG) statthaft. Die ausdrückliche Zulassung des Rechtsmittels durch das SG ergibt sich zwar nicht bereits allein aus dem insoweit nicht ganz zweifelsfreien Ausspruch unter III. des Tenors (Die Berufung "ist zulässig".), folgt jedoch unzweideutig aus dem in den Entscheidungsgründen (S. 5, letzter Absatz) enthaltenen Hinweis, dass "die Zulassung der Berufung" auf § 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beruhe.

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. In der Sache ist die Berufung der Beklagten nach Einschränkung des Klagebegehrens auf die Zeit vom 02.08. bis 08.04.1999 durch den Kläger nicht begründet. Das SG hat dem Begehren des Klägers insoweit im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dem Kläger ein Anspruch auf Weiterzahlung der Alhi bereits für die Zeit vom 02.08. bis 08.04.1999 auf der Grundlage der mit Bescheid vom 12.01.1999 - i. V. m. der durch Bescheid vom 24.02.1999 für die Zeit ab dem 09.02.1999 bestätigten Bewilligungsentscheidung - erfolgten Leistungsgewährung zu. Nach Beendigung der vom Kläger der Beklagten am 08.03.1999 angezeigten der ihm von der BfA bewilligten medizinischen Reha-Maßnahme und Rückkehr an seinen Wohnort waren sämtliche gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen - erneut - erfüllt.

Dem Alhi-Anspruch des Klägers stand in der Zeit ab dem 02.04.1999 kein gesetzliches Ruhen des Leistungsanspruchs gemäß § 198 Satz 2 Nr. 6, § 142 Abs. 1 Nr. 2 SGB III mehr entgegen, weil diese Leistung ihm von der BfA nur für die Dauer der Reha-Maßnahme bis zum 31.03.1999 gezahlt wurde. Ein über den tatsächlichen Zahlungszeitraum der Leistung hinauswirkendes rechtliches Hindernis für den Alhi-Anspruch lässt sich aus diesen Ruhensvorschriften nicht ableiten.

Nach dem sich aus den Leistungsunterlagen ergebenden Sachverhalt hat das SG zu Recht auch festgestellt, dass mit der Beendigung des Übergangsgeldbezuges beim Kläger auch erneut Bedürftigkeit im Sinne von § 193 SGG eingetreten ist. Für eine von den Verhältnissen seit der Leistungsbewilligung eingetretene wesentliche Veränderung insoweit lassen sich den Unterlagen keinerlei Anhaltspunkte entnehmen.

Der Senat vermag dem SG allerdings nicht darin folgen, dass der den Weiterzahlungsanspruch des Klägers begründende Leistungsfall durch den Kuraufenthalt bis zum 31.03.1999 nicht unterbrochen wurde, insbesondere der Kläger kraft gesetzlicher Fiktion auch während des Kuraufenthaltes für die Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe. Hierauf kommt es ausgehend von der Rechtsauffassung des Senats für den hier streitigen Anspruch ab dem 02.04.1999 aber auch nicht an. Der auf die Bewilligungsentscheidung vom 12.01.1999 (in Verbindung mit dem Bescheid vom 24.02.1999) zurückgehende Zahlungsanspruch des Klägers ist nämlich mit der Beendigung des Unterbrechungstatbestandes gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III wieder aufgelebt, ohne dass es dafür, worauf das SG zu Recht hingewiesen hat, einer erneuten Arbeitslosmeldung und Leistungsbeantragung oder auch nur einer anderweitigen "Rückmeldung" bei der Beklagten bedurft hätte. Gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III (hier in der noch geltenden Fassung des Artikels 2 Nr. 1 des Gesetzes zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom 06.04.1998, BGBl. I S. 688) erlischt in den von dieser Bestimmung erfassten Fällen die Wirkung einer persönlichen Arbeitsmeldung - erst - bei einer mehr als 6-wöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit. Ein Sachverhalt nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III, bei welchem ein früheres Erlöschen eintritt, ist im vorliegenden Fall zweifelsfrei nicht gegeben. Die Durchführung einer medizinischen Reha-Maßnahme stellt eine Unterbrechung der Arbeitslosigkeit i.S. von § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III dar.

Mit der in § 122 Abs. 2 SGB III getroffenen Regelung hat der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung (s. hierzu Begründung zu § 122 im 1. AFRG-Entwurf in BT-Drucks. 13/4941 S. 176, zitiert in Henning, Kommentar zum SGB III, Stand Februar 2001, § 122 Rdnr. 12) neben einer Verbesserung der Bekämpfung von Schwarzarbeit insbesondere angestrebt, Härtefälle zu vermeiden, die wegen der bisherigen Regelung (§ 105 AFG) auch bei ordnungsgemäßem Verhalten des Arbeitslosen eintreten konnten und sicherzustellen, dass bei rechtstreuen Leistungsbeziehern die Leistung nach kurzen - bis zu sechs Wochen dauernden - Unterbrechungen ohne die Notwendigkeit erneuter anspruchsgegründender Handlungen nahtlos und ohne zeitliche Verzögerung fortgezahlt werden kann (vgl. so auch Valgolio in Spellbrink-Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 10 Rdnr. 94 ff. [97]). Damit entspricht § 122 zwar dem Grundgedanken nach dem bisher geltenden Recht, sieht aber abweichend davon nunmehr vor, dass die "Wirkung einer persönlichen Meldung nur dann, aber auch immer dann erlischt, wenn die Arbeitslosigkeit für einen zusammenhängenden Zeitraum von mehr als sechs Wochen unterbrochen" wird. Wirkt somit die persönliche Arbeitslosmeldung auch während Unterbrechungszeiträumen von weniger als sechs Wochen weiter, bedarf es nach Beendigung dieser Unterbrechung auch keines erneuten Leistungsantrags. Das ergibt sich im Übrigen auch aus der in § 323 Abs. 1 Satz 2 SGB III statuierten gesetzlichen Antragsfiktion. Nach Wortlaut, Systematik und ausdrücklicher gesetzgeberischer Zielsetzung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III bedeutet die Aufrechterhaltung der Wirkung der persönlichen Arbeitslosmeldung bei "Unterbrechungen der Arbeitslosigkeit" von weniger als sechs Wochen auch, dass der mit der Unterbrechung eingetretene Wegfall der Arbeitslosigkeit als Versicherungsfall i. S. v. § 118 SGB III mit den darin enthaltenen Merkmalen der Beschäftigungssuche und Verfügbarkeit sich nicht über die Dauer dieses Unterbrechungszeitraums hinaus anspruchsschädlich auswirken soll. Mit der Beendigung dieser Unterbrechung von weniger als sechs Wochen soll vielmehr ohne erneute anspruchsbegründende Handlungen das Tatbestandsmerkmal der Arbeitslosigkeit und damit der Leistungsanspruch automatisch wieder aufleben (vgl. so auch Knickrehm, Gemeinschaftskommentar zum SGB III, Stand August 2000, § 122 Rdnr. 14 ff., 23 Wissing, in Wissing u.a., Komm. zum SGB III, Stand September 2001, § 122 Rdnr. 30 ff.). Im Falle des Klägers ist der von ihm der Beklagten vor Antritt der Reha-Maßnahme angezeigte Unterbrechungszeitraum bis 31.03.1999 durch die individuelle Gestaltung der Rückkehr an seinen Wohnort am 01.04.1999 zwar um einen Tag verlängert worden, wodurch aber kein zusammenhängender Unterbrechungszeitraum von mehr als sechs Wochen erreicht wurde. Damit sind jedenfalls zum 02.04.1999 sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Leistungsanspruch wieder aufgelebt.

Dem Anspruch des Klägers auf Wiederaufnahme der Zahlung der Alhi bereits ab dem 02.04.1999 steht nach Überzeugung des Senats auch nicht der Umstand entgegen, dass die Beklagte die vorausgegangene Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 15.03.1999 ab dem 01.03.1999 ohne zeitliche Einschränkung aufgehoben hat. Diese Aufhebungsentscheidung ist zwar mangels einer Anfechtung durch den Kläger bindend geworden (§ 77 SGG), darf dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch jedoch nicht entgegengehalten werden, weil die Beklagte verpflichtet ist, diese Entscheidung im Wege einer Überprüfung gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (SGB X) für die Zeit ab dem 02.04.1999 wegen Rechtswidrigkeit wieder aufzuheben. Die vom Kläger der Beklagten am 08.03.1999 unter Vorlage des Einladungsschreibens der Kurklinik angezeigte Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme ab dem 10.03.1999 stellte zwar eine wesentliche Änderung der Verhältnisse i. S. v. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, § 330 Abs. 3 SGB III dar. Im Hinblick darauf, dass es sich hierbei aber um die Anzeige einer - lediglich - vorübergehenden Unterbrechung der Arbeitslosigkeit von einer Dauer von weniger als sechs Wochen i. S. v. § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III handelte, berechtigte diese Änderung der Verhältnisse die Beklagte nicht zu einer zeitlich unbeschränkten Aufhebung der vorausgegangenen Leistungsbewilligung. Eine vollständige, zeitlich unbefristete Beseitigung der dem bisherigen Leistungsbezug zugrunde liegenden Bewilligungsentscheidung, welche zwangsläufig die verfahrensrechtliche Folge hat, dass zur Wiederbegründung des Anspruchs auf Alhi sämtliche Voraussetzungen des § 190 SGB III neu herbeigeführt werden müssten, würde - wie das SG zutreffend ausgeführt hat- eine der oben dargestellten Zweckbestimmung des § 122 Abs. 2 SGB III entgegenstehende Aushebelung der Regelung über die Aufrechterhaltung der Wirkung der persönlichen Arbeitslosmeldung mit der darin enthaltenen Leistungsbeantragung bedeuten. Dieser Rechtslage trägt im Übrigen grundsätzlich auch die Beklagte in ihren verwaltungsinternen Durchführungsanweisungen zu § 122 Rechnung. In der DA 3.1. wird in Absatz 2 nämlich bestimmt, dass die Entscheidung über die Bewilligung "befristet für den entsprechenden Zeitraum durch Bescheid aufzuheben" sei, wenn von vornherein feststeht, dass die Unterbrechung der Arbeitslosigkeit 42 Kalendertage nicht überschreiten werde. Gleichzeitig ist die Weiterbewilligung der Leistung "von Amts wegen - ohne erneute Antragstellung -" durch entsprechenden Vermerk auf der maschinellen Bewilligungsverfügung Alg/Alhi zu veranlassen. Der Auffassung der Beklagten, dass der vom Kläger angezeigte Unterbrechungssachverhalt von dieser Regelung der Dienstanweisung nicht erfasst werde, weil die dem Kläger von der BfA bewilligte Reha-Maßnahme im Zeitraum bis "voraussichtlich 31.03.1999" durchgeführt werden sollte und deshalb nicht von vornherein die genaue Dauer dieser Unterbrechung festgestanden habe, vermag der Senat nicht zu folgen. Bei der Beurteilung, ob die Erlöschungswirkung des Unterbrechungstatbestandes nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III wegen einer mehr als 6-wöchigen Dauer eintritt - ist vielmehr ebenso wie bei der Regelung des § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III - grundsätzlich von einer prognostischen Beurteilung des Unterbrechungszeitraumes unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles auszugehen. Das bedeutet, dass insbesondere bei Unterbrechungen, bei denen der planmäßige, voraussichtliche Endzeitpunkt im Regelfall nicht verändert und insbesondere die zulässige Gesamtdauer von sechs Wochen nicht überschritten wird, eine Aufhebung der bestehenden Leistungsbewilligung grundsätzlich lediglich zeitlich beschränkt bis zu dem mitgeteilten Endzeitpunkt der Unterbrechung zulässig ist. Ein derartiger Sachverhalt liegt nach Ansicht des Senats insbesondere vor bei der Durchführung von medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen, welche von Sozialversicherungsträgern gewährt werden und deren Dauer grundsätzlich nicht dem Einflussbereich des Versicherten unterworfen ist sondern nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen nach allgemeiner Erfahrung allenfalls um eine oder zwei Wochen verlängert wird. Den berechtigten Interessen der Versichertengemeinschaft kann im Falle derartiger - auch bei anderweitigen Sachverhalten niemals auszuschließender - Änderungen in der Dauer der Unterbrechung durch entsprechende ausdrückliche Hinweise auf die sich ohnehin aus den gesetzlichen Obliegenheiten des Leistungsempfängers ergebenden Mitteilungspflichten Rechnung getragen werden, wie es im Übrigen auch in dem nach Anlage 3 zu der DA 3.1 vorgesehenen formularmäßigen Bescheidtext für die befristete Aufhebung der Bewilligungsentscheidung vorgesehen ist. Damit bestand für die von der Beklagten hier vorgenommene uneingeschränkte Aufhebung der Alhi-Bewilligung im Hinblick auf die dadurch im Widerspruch zu § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III herbeigeführte Beschneidung der Rechtsposition des Klägers keine hinreichende tatsächliche oder rechtliche Grundlage. Der somit rechtswidrige bindende Bescheid der Beklagten vom 15.03.1999 war damit zur Wiederherstellung der rechtmäßigen Lage durch die Beklagte im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X aufzuheben, mit der Folge, dass der dem Kläger entsprechend der vorausgegangenen Leistungsbewilligung zuerkannte Alhi-Anspruch ab dem 02.04.1999 ohne die Erforderlichkeit einer erneuten Arbeitslosmeldung und Antragstellung oder einer anderweitigen "Rückmeldung" bei der Beklagten wieder auflebte.

Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Kosten beruht unter Berücksichtigung des Verfahrensergebnisses auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, um eine grundsätzliche Klärung der von ihm zu § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III vertretenen Auffassung, zu welcher eine höchstrichterliche Entscheidung bisher nicht ersichtlich ist, zu ermöglichen. -
Rechtskraft
Aus
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