S 23 AL 1311/03

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
23
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 23 AL 1311/03
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
§ 416a SGB III ist auf die Fälle teleologisch zu reduzieren, in denen eine Einbeziehung des geförderten Zeitraums in den Bemessungszeitraum tatsächlich
zu einer niedrigeren Höhe des Arbeitslosengeldes führen würde.
I. Der Bewilligungsbescheid vom 6. Februar 2003 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2003 sowie der Bewilligungsbescheid vom 19. Mai 2003 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 31. Juli 2003 und der Bewilligungsbescheid vom 20. Juli 2004 in der Fassung des Änderungsbeschei-des vom 9. September 2004 werden dahingehend abge-ändert, dass das dem Arbeitslosengeld ab 1. Januar 2003 zu Grunde liegende gerundete Bemessungsentgelt 380,00 EUR beträgt. II. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Arbeitslo-sengeld in Höhe von 615,64 EUR nachzuzahlen. III. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Arbeitslosengeldes des Klägers ab 1. Januar 2003.

Der am ... 1959 geborene, verheiratete und für seine am ... 1995 geborene Tochter unterhaltspflichtige Kläger stand vom 1. September 1976 bis 31. Dezember 1997 in einem versiche-rungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der L. GmbH. In der Zeit vom 1. Januar 1998 bis 30. April 2001 stand der Kläger in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsver-hältnis bei der B. GmbH und erzielte in dem Zeitraum vom 1. Mai 2000 bis 30. April 2001, der beim Ausscheiden des Klä-gers am 31. Dezember 2002 abgerechnet war, ein beitrags-pflichtiges Arbeitsentgelt einschließlich Einmalzahlungen in Höhe von 34.702,00 DM (= 17.742,85 EUR). In der Zeit vom 1. Mai 2001 bis 31. Dezember 2002 war der Kläger weiterhin bei der B. GmbH im Rahmen einer Strukturanpassungsmaßnahme tätig und erzielte in dem Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis 30. November 2002, der beim Ausscheiden des Klägers am 31. Dezember 2002 abgerechnet war, ein beitragspflichtiges Ar-beitsentgelt einschließlich Einmalzahlungen in Höhe von 18.145,08 EUR.

Mit diesen Angaben meldete sich der Kläger am 13. Dezember 2002 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslo-sengeld. In dem Antrag gab er außerdem an, Inhaber der Lohnsteuerklasse IV zu sein.

Mit vorläufigem Bewilligungsbescheid vom 6. Februar 2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 1. Januar 2003 in Höhe eines wöchentlichen Leistungsbetrages von 143,92 EUR für 360 Kalendertage. Der Bewilligung lag ein gerundetes wöchentliches Bemessungsentgelt in Höhe von 300,00 EUR, die Einordnung des Klägers in die Leistungsgruppe A und die Bewilligung des erhöhten Leistungssatzes (67 %) zu Grunde.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 13. Februar 2003 Widerspruch mit der Begründung ein, dass Bemessungs-entgelt sei zu gering.

Mit vorläufigem Änderungsbescheid vom 24. Februar 2003 be-willigte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 1. Ja-nuar 2003 in Höhe eines wöchentlichen Leistungsbetrages von 156,24 EUR. Der Bewilligung lag ein gerundetes wöchentliches Bemessungsentgelt in Höhe von 340,00 EUR, die Einordnung des Klägers in die Leistungsgruppe A und die Bewilligung des erhöhten Leistungssatzes (67 %) zu Grunde.

Nach einem Kuraufenthalt in der Zeit vom 22. April 2003 bis 13. Mai 2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit vorläu-figem Bewilligungsbescheid vom 19. Mai 2003 Arbeitslosen-geld ab 14. Mai 2003 in Höhe eines wöchentlichen Leistungs-betrages von 156,24 EUR wieder. Der Bewilligung lag ein ge-rundetes wöchentliches Bemessungsentgelt in Höhe von 340,00 EUR, die Einordnung des Klägers in die Leistungsgruppe A und die Bewilligung des erhöhten Leistungssatzes (67 %) zu Grunde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2003 wies die Beklag-te den Widerspruch des Kläger als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus: Da der Kläger unmittelbar vor Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld in einer Maß-nahme, die gem. § 272 SGB III gefördert worden sei, be-schäftigt gewesen sei, bleibe die Zeit dieser Beschäftigung bei der Ermittlung des Bemessungszeitraumes wegen § 416a SGB III außer Betracht. Deshalb umfasse der Bemessungszeit-raum des Klägers die Lohnabrechnungszeiträume, die in der Zeit vom 1. Mai 2000 bis 20. April 2001 enthalten seien und die beim Ausscheiden aus diesem Versicherungspflichtver-hältnis abgerechnet gewesen wären. Somit sei aus dem ge-samtversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt in diesem Zeit-raum in Höhe von 34.702,00 DM (= 17.742,85 EUR) geteilt durch 52,14 Wochen, in denen es erzielt worden sei, das wöchent-liche Bemessungsentgelt von 340,29 EUR zu bilden gewesen, welches nach § 132 Abs. 3 SGB III auf 340,29 EUR (gemeint wohl: 340,00 EUR) zu runden gewesen sei. Im Falle des Klägers widerspreche die Anwendung des § 416a SGB III zwar dem Zweck der Vorschrift, aber der Gesetzgeber schreibe die An-wendung des § 416a SGB III zwingend vor.

Hiergegen erhob der Kläger am 11. August 2003 beim Sozial-gericht Dresden Klage.

Mit Änderungsbescheid vom 31. Juli 2003 setzte die Beklagte die Bewilligung endgültig fest und bewilligte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 14. Mai 2003 in Höhe eines wöchentli-chen Leistungsbetrages von 156,24 EUR. Der Bewilligung lag ein gerundetes wöchentliches Bemessungsentgelt in Höhe von 340,00 EUR, die Einordnung des Klägers in die Leistungsgruppe A und die Bewilligung des erhöhten Leistungssatzes (67 %) zu Grunde.

Nach Durchführung einer beruflichen Anpassungsmaßnahme in der Zeit vom 20. Oktober 2003 bis 30. Juni 2004, in der der Kläger Übergangsgeld von der B. bezog, und erneuter Ar-beitslosmeldung am 1. April 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bewilligungsbescheid vom 20. Juli 2004 Ar-beitslosengeld ab 1. Juli 2004 in Höhe eines wöchentlichen Leistungsbetrages von 159,46 EUR für 90 Kalendertage wieder. Der Bewilligung lag ein gerundetes wöchentliches Bemes-sungsentgelt in Höhe von 340,00 EUR, die Einordnung des Klä-gers in die Leistungsgruppe A und die Bewilligung des er-höhten Leistungssatzes (67 %) zu Grunde.

Nach einem Lohnsteuerklassenwechsel des Klägers von der Lohnsteuerklasse IV in Lohnsteuerklasse V zum 1. September 2004 bewilligte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 9. September 2004 dem Kläger Arbeitslosengeld ab 1. September 2004 in Höhe eines wöchentlichen Leistungsbetrages von 116,13 EUR. Der Bewilligung lag ein gerundetes wöchentliches Bemessungsentgelt in Höhe von 340,00 EUR, die Einordnung des Klägers in die Leistungsgruppe D und die Bewilligung des erhöhten Leistungssatzes (67 %) zu Grunde.

Der Kläger ist der Ansicht, dass sein letztes Arbeitsent-gelt Grundlage der Berechnung seines Arbeitslosengeldes sein müsse und ein Bemessungsentgelt in Höhe von 380,00 EUR anzusetzen sei.

Der Kläger beantragt – sinngemäß -,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass § 416a SGB III anzuwenden sei, auch wenn dies dem Kläger Nachteile bringe. Die Vorschrift bezwecke keine Besserstellung im Hinblick auf nach § 133 Abs. 1 SGB III geschützte Personen.

Den Beteiligten wurde mit gerichtlichem Schreiben vom 19. August 2004 Gelegenheit gegeben, zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid Stellung zu nehmen. Ein-wände hiergegen wurden nicht erhoben. Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten unter der Kundennummer ... beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreites sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Üb-rigen auf die Gerichtsakte und die beigezogene Akte sowie die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Gericht entscheidet über den Rechtsstreit gemäß § 105 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter, weil die Sa-che keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tat-sächlicher Art aufweist und der Sachverhalt hinreichend ge-klärt ist.

II.

Der Klage war stattzugeben, weil sie zulässig und begründet ist. Der angefochtene Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 6. Februar 2003 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 24. Juli 2003 ist teilweise rechtwidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weil der Kläger ei-nen Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 1. Januar 2003 auf der Grundlage eines wöchentlichen gerundeten Bemessungsentgel-tes in Höhe von 380,00 EUR, anstatt von lediglich 340,00 EUR - wie die Beklagte bewilligt hat - hat. Die vorbezeichneten Bescheide waren daher abzuändern und die Beklagte zur Nach-zahlung von Arbeitslosengeld zu verurteilen. Nach § 96 Abs. 1 SGG sind auch der Bewilligungsbescheid vom 19. Mai 2003 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 31. Juli 2003 und der Bewilligungsbescheid vom 20. Juli 2004 in der Fas-sung des Änderungsbescheides vom 9. September 2004 Gegen-stände des Verfahrens geworden, weil sie den ursprünglichen Bewilligungsbescheid abändern oder ersetzen und an dem sel-ben Mangel leiden.

Nach § 117 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) – in der hier zum Antragszeitpunkt maßgeblichen Fas-sung - haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld, die 1. arbeitslos sind, 2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben.

Diese Voraussetzungen liegen im Falle des Klägers unstrei-tig und zwar betreffend die streitgegenständlichen Zeiträu-me vom 1. Januar 2003 bis 21. April 2003, 14. Mai 2003 bis 19. Oktober 2003 und 1. Juli 2004 bis 28. September 2004 vor. Streitig ist zwischen den Beteiligten lediglich die Höhe des klägerischen Arbeitslosengeldes.

Nach § 129 Nr. 1 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, sowie für Ar-beitlose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuer-gesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbe-schränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemes-sungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs. 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die Entgelt-abrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruches, in denen Versicherungspflicht bestand, enthalten sind und beim Ausscheiden des Arbeitslo-sen aus dem Versicherungspflichtverhältnis vor der Entste-hung des Anspruches abgerechnet waren. Nach § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist Bemessungsentgelt das im Bemessungszeit-raum durchschnittlich auf die Woche entfallende Entgelt. Nach § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III ist für die Berechnung des Bemessungsentgelts das Entgelt im Bemessungszeitraum durch die Zahl der Wochen zu teilen, für die es gezahlt worden ist. Nach § 132 Abs. 2 Satz 2 SGB III ist eine Woche, in der nicht für alle Tage Entgelt beansprucht werden kann, mit dem Teil zu berücksichtigen, der dem Verhältnis der Ta-ge mit Anspruch auf Entgelt zu den Tagen entspricht, für die Entgelt in einer vollen Woche beansprucht werden kann. Nach § 132 Abs. 3 ist das Bemessungsentgelt auf den nächs-ten durch fünf teilbaren Euro-Betrag zu runden. Nach § 134 Abs. 1 Satz 2 SGB III ist für Zeiten einer Beschäftigung als Entgelt das beitragspflichtige Arbeitsentgelt zu be-rücksichtigen, das der Arbeitslose erzielt hat.

Nach der Sondervorschrift des § 416a SGB III bleiben Zeiten einer Beschäftigung im Beitrittsgebiet, die das Arbeitsamt als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, Strukturanpassungsmaßnahme oder Maßnahme, für die nach Maßgabe des § 426 SGB III die Vorschrift des § 249h des Arbeitsförderungsgesetzes weiter anzuwenden ist, gefördert hat, bei der Ermittlung des Be-messungszeitraumes außer Betracht, wenn der Arbeitnehmer 1. diese Beschäftigung nahtlos im Anschluss an eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen hat und 2. bis zum 31. Dezember 2003 in die Maßnahme eingetre-ten ist.

Da im Falle des Klägers die Voraussetzungen des § 416a SGB III – unstreitig – vorliegen, weil er im Beitrittsgebiet in der Zeit vom 1. Mai 2001 bis 31. Dezember 2002 nahtlos im Anschluss an das versicherungspflichtige Beschäftigungsver-hältnis bei der BUL Sachsen GmbH im Rahmen einer Struktur-anpassungsmaßnahme (im Folgenden: SAM), die von der Beklag-ten gefördert wurde, beschäftigt war, wären nach dem Wort-laut der Norm, die Arbeitsentgelte, die der Kläger im Rah-men der SAM erzielt hat, unberücksichtigt zu lassen. Hin-sichtlich des Bemessungszeitraumes wäre von einem (rück-wärts gerichteten) Aufschubtatbestand (vgl. dazu ausdrück-lich: Pawlak in: Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 1. Aufl. 2003, § 11, Rn. 488c) mit der Folge auszugehen, dass das Arbeitsentgelt, welches vor Beginn der SAM erzielt wurde, Grundlage des Bemessungsent-geltes wäre und der Bemessungszeitraum die Zeit vom 1. Mai 200 bis 30. April 2001 umfassen würde.

Im konkreten Fall des Klägers bringt diesem die Anwendung des Aufschubtatbestandes des § 416a SGB III allerdings ei-nen erheblichen Nachteil, weil das Arbeitsentgelt, welches er vor der SAM erzielt hat, niedriger war, als das, welches er in der SAM erzielt hat. Unter Berücksichtigung des Auf-schubtatbestandes des § 416a SGB III verschiebt sich der Bemessungsrahmen in den Bemessungszeitraum vom 1. Mai 2000 bis 30. April 2001; in diesem erzielte der Kläger ein ver-sicherungspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 34.702,00 DM (= 17.742,85 EUR), welches zu einem wöchentlichen gerunde-ten Bemessungsentgelt in Höhe von 340,00 EUR führt (17.742,85 EUR: 52,14 Wochen = 340,29 EUR wöchentlich). Ohne Berücksich-tigung des Aufschubtatbestandes des § 416a SGB III ver-schiebt sich der Bemessungsrahmen nicht in den Bemessungs-zeitraum vom 1. Mai 2000 bis 30. April 2001, sondern ent-hält den Bemessungszeitraum vom 1. Januar 2002 bis 30. No-vember 2002; in diesem erzielte der Kläger ein versiche-rungspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 18.145,08 EUR, welches zu einem wöchentlichen gerundeten Bemessungsentgelt in Höhe von 380,00 EUR führt (18.145,08 EUR: 47,8 Wochen = 379,60 EUR wöchentlich).

Zutreffend hat die Beklagte zwar erkannt und hervorgehoben, dass die Anwendung des § 416a SGB III dem Kläger einen Nachteil bringt, was insoweit dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift widerspricht, weil die Norm gerade der Vermei-dung von Nachteilen bei der Bemessung des Arbeitslosengel-des dient, die dadurch eintreten können, dass Arbeitnehmer vor ihrer Arbeitslosigkeit eine gegenüber ihrer früheren Beschäftigung geringer bezahlte, als SAM geförderte Tätig-keit verrichtet haben (so: BSG, Urteil vom 02.09.2004, Az: B 7 AL 68/03 R; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.07.2003, Az: L 2 AL 11/01; Pawlak in: Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 1. Aufl. 2003, § 11, Rn. 488b; Kaltenstein in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB III, Stand: Oktober 2004, K § 416a, Rn. 3; Schlegel in: Ei-cher/Schlegel [vormals: Hennig], Kommentar zum SGB III, Stand: Oktober 2004, § 416a, Rn. 1). Der Schlussfolgerung der Beklagten, der Gesetzgeber schreibe die Anwendung des § 416a SGB III zwingend vor, sodass die Vorschrift nicht unbeachtet bleiben und nicht auf den Regelfall des § 130 Abs. 1 SGB III abgestellt werden könne, vermag sich das Ge-richt allerdings nicht anzuschließen, obgleich derartiges auch teilweise in der Kommentarliteratur – allerdings ohne Begründung – vertreten wird (vgl. Düe in: Niesel, Kommentar zum SGB III, 2. Aufl. 2002, § 416a, Rn. 3 a.E.; Pawlak in: Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungs-rechts, 1. Aufl. 2003, § 11, Rn. 488e). In Einzelfällen, in denen die Anwendung einer Norm dem erkennbaren und deutlich artikulierten Sinn und Zweck der Norm, die vom Gesetzgeber der Norm beigemessen wurde, widerspricht, ist die Vor-schrift – zumal dann, wenn es sich wie hier bei § 416a SGB III um eine zeitlich, örtlich und sachlich begrenzte Aus-nahmevorschrift handelt – teleologisch zu reduzieren. Die teleologische Reduktion ist eine anerkannte gesetzestechni-sche Interpretationsvariante, nach der der Anwendungsbe-reich einer Norm im Einzelfall dann verdrängt wird, wenn die Norm in dem Einzelfall den von ihr bezwecktem Sinn zu-widerläuft und wie im vorliegenden Fall nachgerade in ihr Gegenteil verkehrt.

Deutlich artikuliert wird der Sinn und Zweck des § 416a SGB III in der Gesetzesbegründung zu Art. 1 Nr. 50 des Zweiten SGB III-Änderungsgesetzes vom 21. Juli 1999, mit dem die Norm rückwirkend zum 1. Januar 1998 in das SGB III einge-fügt wurde. In der Gesetzesbegründung heißt es:

"Die Änderung trägt dem Beschluss des Deutschen Bundesta-ges vom 10. Dezember 1998 (Drucksache 14/133 – Sammel-übersicht 14/10 – lfd. Nr. 14) Rechnung, mit dem die Bundesregierung einer Empfehlung des Deutschen Bundesta-ges entsprechend gebeten wurde zu prüfen, wie die sozia-le Sicherung der in Strukturanpassungsmaßnahmen beschäf-tigten Arbeitnehmer verbessert werden kann. Die Regelung berücksichtigt die weiterhin angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt in den neuen Bundesländern. Sie gewährleis-tet, dass Arbeitnehmer, die im Rahmen von Restrukturie-rungsbemühungen ihres letzten Arbeitgebers ohne zwi-schenzeitliche Arbeitslosigkeit einer Arbeitsbeschaf-fungsmaßnahme oder Strukturanpassungsmaßnahme zugewiesen werden, keine Nachteile bei der Bemessung des Arbeitslo-sengeldes im Vergleich zu den Betroffenen erfahren, die nach zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit durch die Be-standschutzregelung des Bemessungsrechts vor leistungs-rechtlichen Nachteilen bei erneuter Arbeitslosigkeit ge-schützt sind." (BT-Drs. 14/873, S. 20).

Wenn damit aber § 416a SGB III die Begünstigung und Besser-stellung von Arbeitnehmern ("ausschließlich", so explizit: BSG, Urteil vom 02.09.2004, Az: B 7 AL 68/03 R) bezweckt, die in ihrer geförderten Beschäftigung eine geringeres Ar-beitsentgelt erzielen als vor Beginn der geförderten Maß-nahme, ist die Anwendbarkeit der Vorschrift auf diejenigen Fälle teleologisch zu reduzieren, in denen eine Einbezie-hung des geförderten Zeitraumes in den Bemessungszeitraum tatsächlich zu einer niedrigeren Höhe des Arbeitslosengel-des führen würde. Ist das in der Maßnahme erzielte Arbeits-entgelt aber ausnahmsweise höher – wie im Fall des Klägers – als in der vorangegangenen regulären versicherungspflich-tigen Beschäftigung, greift die Regelung des § 416a SGB III nicht, sodass der Bemessungszeitraum in diesen besonderen Einzelfällen nicht zu verschieben ist. Eine wie von der Be-klagten angenommene strikte Anwendung der Norm widerspricht nicht nur der erkennbaren Zweckbestimmung des § 416a SGB III, der den betreffenden Arbeitnehmer besser und nicht schlechter stellen will (so explizit und zutreffend: Kal-tenstein in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB III, Stand: Ok-tober 2004, K § 416a, Rn. 5). Sie würde auch in die Nähe eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geraten, weil kein sachlich gerechtfertigter Grund erkennbar ist, dem Arbeits-losen die Berücksichtigung seiner als Strukturanpassungs- oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderten Beschäfti-gungszeit als für den Bemessungszeitraum nach §§ 130 Abs. 1, 134 Abs. 1 Satz 1 SGB III maßgeblich, zu verweigern (so explizit und zutreffend: Schlegel in: Eicher/Schlegel [vor-mals: Hennig], Kommentar zum SGB III, Stand: Oktober 2004, § 416a, Rn. 5). Soweit die Beklagte meint, § 416a SGB III bezwecke allerdings auch keine Besserstellung von Arbeit-nehmern, die – wie der Kläger - sofort aus der früheren Be-schäftigung in eine geförderte Beschäftigung wechseln, ge-genüber solchen Arbeitslosen, die zwischenzeitlich Arbeits-losengeld beziehen und damit Bestandsschutz nach § 133 Abs. 1 SGB III genießen, verkennt sie, dass Maßstab einer sach-lichen Rechtfertigung im Rahmen einer an Art. 3 Abs. 1 GG gemessenen Vergleichsprüfung nicht Ausnahmetatbestände sein können. Zwar stellt § 416a SGB III in Gleichstellung mit § 133 Abs. 1 SGB III Gleichheit zwischen diesen beiden, von der Beklagten angeführten genannten, Personengruppen her (vgl. dazu auch ausdrücklich: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.07.2003, Az: L 2 AL 11/01; Marschner in: Gemein-schaftskommentar zum SGB III, Stand: November 2004, § 416a, Rn. 2; Kaltenstein in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB III, Stand: Oktober 2004, K § 416a, Rn. 3; Düe in: Niesel, Kom-mentar zum SGB III, 2. Aufl. 2002, § 416a, Rn. 2; Pawlak in: Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförde-rungsrechts, 1. Aufl. 2003, § 11, Rn. 488b). Maßstab im vorliegenden Fall kann aber nicht die Sondervorschrift des § 133 Abs. 1 SGB III sein, sondern der Grundsatz der §§ 130 Abs. 1, 134 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Denn auch § 133 Abs. 1 SGB III verbietet lediglich eine Schlechterstellung, nicht jedoch eine Besserstellung, was bereits deutlich im Wort-laut der Norm selbst mittels des Wortes "mindestens" zum Ausdruck kommt. § 133 Abs. 1 SGB III verbietet deshalb auch nicht die Berücksichtigung von zwischenzeitlichen höher entlohnten Beschäftigungen, gleichgültig ob geförderten o-der nicht geförderten. Damit aber erweist sich der Einwand der Beklagten als nicht stichhaltig, so dass – wie eben-falls teilweise in der Kommentarliteratur ausgeführt wird - § 416a SGB III auf die Fälle teleologisch zu reduzieren ist, in denen eine Einbeziehung des geförderten Zeitraums in den Bemessungszeitraum tatsächlich zu einer niedrigeren Höhe des Arbeitslosengeldes führen würde (so explizit: Schlegel in: Eicher/Schlegel [vormals: Hennig], Kommentar zum SGB III, Stand: Oktober 2004, § 416a, Rn. 5 und Kalten-stein in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB III, Stand: Okto-ber 2004, K § 416a, Rn. 5).

Somit ist § 416a SGB III im vorliegenden Fall nicht anzu-wenden. Gem. §§ 130 Abs. 1, 132, 134 Abs. 1 Satz 1 SGB III beträgt das gerundete wöchentliche Bemessungsentgelt, wel-ches der Berechnung des Arbeitslosengeldes des Klägers zu Grunde zu legen ist 380,00 EUR. Davon ausgehend und unter Be-rücksichtigung der ansonsten von der Beklagten zutreffend zu Grunde gelegten Bemessungsdaten (Leistungsgruppe A bis 31. August 2004, Leistungsgruppe D ab 1. September 2004, erhöhter Leistungssatz) ergeben sich für die streitgegen-ständlichen Zeiträume folgende Leistungsbeträge, des dem Kläger zustehenden Arbeitslosengeldes: 1. für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 21. April 2003: 168,28 EUR wöchentlich (= 24,04 EUR kalendertäg-lich), 2. für den Zeitraum vom 14. Mai 2003 bis 19. Oktober 2003: 168,28 EUR wöchentlich (= 24,04 EUR kalendertäg-lich), 3. für den Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis 31. August 2004: 171,92 EUR wöchentlich (= 24,56 EUR kalendertäg-lich) und 4. für den Zeitraum vom 1. September 2004 bis 28. Sep-tember 2004: 126,35 EUR (= 18,05 EUR kalendertäglich). Hieraus ergibt sich abzüglich des bereits von der Beklagten bewilligten und gezahlten Arbeitslosengeldes für die vorbe-zeichneten Zeiträume, die in der Summe die von der Beklag-ten zutreffend nach § 127 Abs. 2 Zeile 4 SGB III bewillig-ten 360 Kalendertage ergeben, ein Nachzahlungsbetrag in Hö-he von insgesamt 615,64 EUR, der sich wie folgt zusammen-setzt: Zeitraum dem Kläger zu-stehendes Ar-beitslosengeld abzüglich des bereits bewil-ligtes und ge-zahltes Ar-beitslosengeld Nachzahlungs-differenz 01.01.2003 bis 21.04.2003 (= 111 Kalenderta-ge) 168,28 EUR wöchentlich (= 24,04 EUR kalen-dertäglich) 156,24 EUR wö-chentlich (= 22,32 EUR kalen-dertäglich) (24,04 EUR - 22,32 EUR = 1,72 EUR) x 111 Tage = 190,92 EUR 14.05.2003 bis 19.10.2003 (= 159 Kalenderta-ge) 168,28 EUR wö-chentlich (= 24,04 EUR kalen-dertäglich) 156,24 EUR wö-chentlich (= 22,32 EUR kalen-dertäglich) (24,04 EUR - 22,32 EUR = 1,72 EUR) x 159 Tage = 273,48 EUR 01.07.2004 bis 31.08.2004 (= 62 Kalenderta-ge) 171,92 EUR wö-chentlich (= 24,56 EUR kalen-dertäglich) 159,46 EUR wö-chentlich (= 22,78 EUR kalen-dertäglich) (24,56 EUR - 22,78 EUR = 1,78 EUR) x 62 Tage = 110,36 EUR 01.09.2004 bis 28.09.2004 (= 28 Kalenderta-ge) 126,35 EUR (= 18,05 EUR kalen-dertäglich) 116,13 EUR wö-chentlich (= 16,59 EUR kalen-dertäglich) (18,05 EUR - 16,59 EUR = 1,46 EUR) x 28 Tage = 40,88 EUR Gesamtnachzahlung (190,92 + 273,48 + 110,36 + 40,88): 615,64 EUR.

Zur Nachzahlung dieses Betrages war die Beklagte daher zu verurteilen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

IV.

Der Zulassung der Berufung bedarf es nicht, weil diese nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG kraft Gesetzes statthaft ist. Der Wert des Beschwerdegegenstandes bei der vorliegenden Klage, die eine Geldleistung betrifft, übersteigt nämlich die Summe von 500,00 EUR. Wie zuvor ausgeführt, ist die Be-klagte zur Nachzahlung von Arbeitslosengeld in Höhe von 615,64 EUR verpflichtet und dementsprechend verurteilt wor-den.
Rechtskraft
Aus
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