S 25 KR 1229/04

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
25
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 25 KR 1229/04
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) hat das Sterbegeld zum 1.1.2004 abgeschafft. Die Streichung des Sterbegeldes ist nicht verfassungswidrig.
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Beklagte hat keine außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Anspruch auf Sterbegeld beim Tod eines Versicherten nach dem 31.12.2004. Der Vater der Klägerin war bei der Beklagten krankenversichert und ist am ...06.2004 verstorben. Für diesen beantragte die Klägerin am 15.07.2004 bei der Beklagten die Zah-lung von Sterbegeld in Höhe von 525,00 EUR. Diese lehnte die Zahlung mit Bescheid vom 16.07.2004 mit der Begründung ab, dass diese Leistung durch das Gesetz zur Modernisie-rung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) mit Wirkung zum 01.01.2004 entfallen sei. Dagegen legte die Klägerin mit Datum vom 17.08.2004 Widerspruch ein, der mit dem Widerspruchsbescheid vom 08.09.2004 abschlä-gig beschieden wurde. Gegen den Widerspruchsbescheid klagte die Klägerin mit Datum vom 05.10.2004, Eingang bei Gericht am 07.10.2004. Der Kläger ist der Ansicht, dass ihr Sterbegeld zustehen würde. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei das Sterbegeld nicht ab dem 01.01.2004 abgeschafft worden, weil die Nor-men, die die alten Regelungen ersetzen, erst zum 01.01.2005 in Kraft treten würden. Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 16.07.2004 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 08.09.2004 aufzuheben und die Be-klagte zu verurteilen, ihr für ihren verstorbenen Vater, Herrn B, Sterbegeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, dass der Gesetzgeber zum 01.01.2004 den kompletten Siebten Ab-schnitt des Dritten Kapitels des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) neu ge-fasst habe und damit für Versicherte, die nach diesem Zeitpunkt verstorben seien, kein Sterbegeld mehr gezahlt werden könne. Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten mit dem Aktenzeichen 5069/2004-618 beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der beigezogenen Akte und der gerichtlichen Verfahrensakte mit den gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen, insbeson-dere auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2004, Bezug genom-men.

Entscheidungsgründe:

I. Der Klage war abzuweisen, weil sie zwar zulässig, aber unbegründet ist. Der geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin nicht zu. In Betracht gekommen wäre allein ein Anspruch aus §§ 58 f. SGB V, in der seit dem Inkrafttreten des SGB V geltenden Fassung. Diese Normen sind jedoch seit dem 01.01.2004 außer Kraft getreten. 1. Über die Frage, ob die §§ 58 f. SGB V, die das Sterbegeld gewähren, am 01.01.2004 außer Kraft getreten sind, werden in Rechtsprechung und Rechtslehre unterschiedliche Meinun-gen vertreten. Schnapp vertritt die Ansicht, dass der Willen des Gesetzgebers, das Sterbegeld abzuschaf-fen, in dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190 ff.) keinen Ausdruck gefunden habe. Der Wille des Gesetzgebers sei daher unbeachtlich, vgl. Schnapp, SGb 2004, 451 f. Diese Auffassung wird in den Medien aufgegriffen und auch vom Ver-band der Deutschen Bestatter in verschiedenen Presseerklärungen wiedergegeben, vgl. nur die Presseinformation vom 12.11.2004, zu finden unter www.bestatter.de. Sehr große Re-sonanz hat auch die Wiedergabe dieser Auffassung in Sendungen des MDR-Fernsehens ("Ein Fall für Escher") und des ARD-Fernsehens ("Monitor") sowie in einer Anzeige im Dresdner Amtsblatt Nr. 33-34 vom 19.08.2004, S. 14, gefunden. Dagegen vertreten verschiedene Autoren und das Sozialgericht Chemnitz die Ansicht, dass der Wille des Gesetzgebers sehr wohl im GMG einen genügenden Ausdruck gefunden ha-be und das Sterbegeld damit zum 01.01.2004 abgeschafft sei, vgl. SG Chemnitz, Gerichts-bescheid vom 24.11.2004, Az: S 13 KR 684/04; Schmidt/Urmersbach, http://www.aus-portal.de/aktuell/standpunkte/01/index 6433.htm; Orlowski, SGb 2004, 622 f. 2. Der letzten Ansicht ist zu folgen. a) Das Dritte Kapitel des SGB V enthielt in seiner bisherigen Fassung folgende Vorschriften über das Sterbegeld: "Siebter Abschnitt. Sterbegeld

§ 58 Sterbegeld Beim Tod eines Versicherten wird ein Zuschuß zu den Bestattungskosten (Sterbe-geld) gezahlt, wenn der Verstorbene am 1. Januar 1989 versichert war. Das Sterbe-geld wird an denjenigen gezahlt, der die Bestattungskosten trägt.

§ 59 Höhe des Sterbegeldes Das Sterbegeld beträgt beim Tod eines Mitglieds 525 Euro, beim Tod eines nach § 10 Versicherten 262,50 Euro."

Art. 1 Nr. 36 GMG beginnt mit folgender Regelung: "Im Dritten Kapitel wird der Siebte Abschnitt wie folgt gefasst: Siebter Abschnitt. Zahnersatz " Danach werden die §§ 55 bis 59 aufgeführt, die Regelungen zum Zahnersatz enthalten. Die §§ 55 bis 57 konnten in den Siebten Abschnitt mit einbezogen werden, weil diese Paragra-fen vorher unbesetzt waren. Zum In-Kraft-Treten enthält das GMG folgende Regelung in Art. 37 Abs. 1: "Das Gesetz tritt am 1. Januar 2004 in Kraft, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes bestimmt ist." Eine der Ausnahmen enthält Art. 37 Abs. 8 GMG mit folgender Regelung, die hier nur auszugsweise wiedergegeben wird: "Artikel 1 ( ...) in Nummer 36 die §§ 55, 58 Abs. 1, 2 und 4 sowie § 59 ( ...) treten am 1. Januar 2005 in Kraft" Durch das GMG wurden auch § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB V a.F. und § 21 Abs. 1 Nr. 5 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) a.F. mit Wirkung zum 01.01.2004 gestri-chen. Beide Regelungen erwähnten das Sterbegeld als Leistung der gesetzlichen Kranken-kasse. Der Entwurf zum GMG der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 08.09.2003, Bundestags-Drucksache 15/1525, wird auf S. 76 f. wie folgt begründet: "8. Neuordnung der Finanzierung In die Neuordnung der Finanzierung werden alle relevanten Beteiligten im Gesund-heitswesen eingebunden. Dabei wird sichergestellt, dass notwendige medizinische Leistungen allen zugänglich bleiben. Bei der Neuordnung der Zuzahlung wird sozia-len Belangen besonders Rechnung getragen. Vorgesehen ist: ( ...) – Bestimmte Leistungen werden in die Eigenverantwortung der Versicherten über-tragen. Sterbegeld, Entbindungsgeld und Leistungen bei Sterilisation, die nicht aus medizinischen Gründen geboten sind, müssen künftig von den Versicherten selbst fi-nanziert werden." Auf S. 80 findet sich folgende Begründung: "Zu Nummer 3 (§ 11) Es handelt sich um eine Folgeregelung zur Aufhebung des Siebten Abschnitts im Dritten Kapitel (Streichung des Anspruchs auf Sterbegeld)." Die eigentliche Neufassung des Siebten Abschnittes wird auf S. 91 in folgender Weise begründet: "Zu Nummer 36 (Siebter Abschnitt, §§ 55 bis 59) Der Siebte Abschnitt enthielt bislang die Regelungen zum Sterbegeld. Als Sterbe-geld wird seit dem 1. Januar 1989 (GRG) ein Zuschuss zu den Bestattungskosten an denjenigen gezahlt, der die Bestattungskosten trägt (§ 58). Seit der Neuregelung zum 1. Januar 2003 sind dies beim Tod eines Mitglieds 525,– Euro und beim Tod eines Familienversicherten 262,50 Euro (§ 59). Es handelt sich nicht um eine fürsorgeähnliche Leistung, die den unterhaltsberechtig-ten Hinterbliebenen die Umstellung auf die neuen Lebensverhältnisse erleichtern soll – wie z. B. Gehalts- oder Lohnfortzahlungen, Pensionen oder Renten für eine gewis-se Zeit. Versicherte können in der Regel selbst Vorsorge für die Bestattung treffen. Der Bestattungskostenzuschuss ist dem Grunde nach eine versicherungsfremde Leis-tung, da er nach dem Tode dessen, von dem er abgeleitet wird, an einen Dritten ge-zahlt wird. Da das Sterbegeld nach bislang geltendem Recht nur gezahlt wird, wenn der Ver-storbene am 1. Januar 1989 versichert war, handelt es sich um eine auslaufende Leistung. Die Hinterbliebenen aller, die nach diesem Zeitpunkt in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert worden sind, können bereits nach bislang geltendem Recht einen solchen Zuschuss nicht mehr erhalten, obwohl dies keine Auswirkungen auf die Höhe der Beitragszahlungen hat. Die Streichung des Sterbegeldes für Mitglieder und Familienversicherte ist als Soli-darbeitrag zur Stabilisierung der finanziellen Situation der gesetzlichen Krankenver-sicherung erforderlich. Der neue Siebte Abschnitt enthält nunmehr die Vorschriften zur Neuordnung der Versorgung mit Zahnersatz." Die Änderung des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches wird auf S. 153 mit folgenden Worten begründet: "Zu Artikel 3 (Änderung des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) Folgeänderung aus den Änderungen in den §§ 195 und 200b RVO (Streichung des Anspruchs auf Entbindungsgeld), der Änderung des § 24b SGB V (Änderung des Anspruchs bei Sterilisationen) sowie der Aufhebung der §§ 58 und 59 SGB V (Strei-chung des Anspruchs auf Sterbegeld)." Auf S. 171 wird die finanzielle Entlastung durch die Abschaffung des Sterbegeldes mit jährlich 0,4 Mrd. EUR angegeben. b) Entgegen der Ansicht von Schnapp besteht zumindest die Möglichkeit, die dargestellte Regelung im GMG in der Weise auszulegen, dass die Normen zum Sterbegeld bereits am 01.01.2004 außer Kraft getreten sind. Dabei ist der Wortlaut des Anfangs des Art. 1 Nr. 36 GMG von entscheidender Bedeutung. Dieser enthält den Änderungsbefehl "fassen". Ob man diesen in der Weise verstehen kann, dass die nachfolgenden Paragrafen erst ab deren In-Kraft-Treten die alten ersetzen sollen, kann dahinstehen. Die Kammer meint, dass eine solche Auslegung fern liegt. Jedenfalls kann dieser Änderungsbefehl nach seinem Wortlaut auch so verstanden werden, dass die alten Regelungen komplett bereits zum normalen In-Kraft-Treten des Änderungsgesetzes abgeschafft werden und die neuen an ihre Stelle tre-ten, sobald sie nach speziellen Vorschriften in Kraft treten. Das Verb "fassen" enthält in dieser Bedeutung neben dem Element des Neuschaffens auch ein Element des Abschaf-fens. Es drückt hier dasselbe aus, wie die Substantive "Fassung" und "Neufassung". Auch diese Begriffe enthalten ein Element des Abschaffens neben dem Element des Neuschaf-fens. Dass der Änderungsbefehl "fassen" ebenfalls die Bedeutung des Abschaffens enthält, wird auch von Schnapp nicht in Frage gestellt, weil dieser ja von der Abschaffung des Sterbe-geldes ab dem 01.01.2005 ausgeht, ohne dass dafür eine ausdrückliche Aufhebung nötig wäre (darauf weisen Schmidt/Urmersbach, a.a.O., S. 2, hin). Der Anfang des Art. 1 Nr. 36 GMG mit dem Änderungsbefehl "fassen" ist jedoch von dem abweichenden Termin des In-Kraft-Tretens in Art. 37 Abs. 8 GMG nicht erfasst. Daher wirkt diese Abschaffung der alten Regelungen schon zum 01.01.2004. Es ist dem Gericht unverständlich, wie Schnapp bei dem dargestellten Wortlaut des Änderungsgesetzes davon ausgehen kann, dass der Wil-le des Gesetzgebers dort keinen ausreichenden Ausdruck gefunden habe. Letztendlich ha-ben die Regelungen in §§ 58 und 59 SGB V n.F. nur zufällig die gleichen Hausnummern, wie die Regelungen, die ursprünglich das Sterbegeld gewährt haben. Warum aus dem spä-teren In-Kraft-Treten von Teilen dieser Regelungen folgen soll, dass die alten Regelungen noch nicht abgeschafft sind, bleibt unverständlich. Richtig ist hingegen, dass das GMG die Regelungen des Sterbegeldes aufgehoben hat, der Siebte Abschnitt derzeit nur aus den Regelungen über den Zahnersatz besteht, die am 01.01.2004 in Kraft getreten sind, und die Stellen für die noch nicht in Kraft getretenen Regelungen zunächst unbesetzt bleiben, vgl. Orlowski, a.a.O., S. 623. Der Gesetzgeber benutzt den Änderungsbefehl "fassen" stets in der Weise, dass damit auch die alten Regelungen abgeschafft werden. Im "Handbuch der Rechtsförmlichkeit", heraus-gegeben vom Bundesministerium der Justiz, 2. Auflage 1999, wird bei Rn. 627 f. betont, dass der Änderungsbefehl "wird/werden wie folgt gefaßt" den Wortlaut einer Gliederungs-einheit ganz gegen einen neuen Wortlaut austausche. Es sei dann in der Regel überflüssig, den bisherigen Text ausdrücklich aufzuheben, weil der neugefasste Wortlaut an die Stelle des bisherigen Wortlauts trete. Dieses Handbuch hat zwar keine Gesetzeskraft. § 42 Abs. 4 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien, zu finden unter www.staat-modern.de, bestimmt jedoch, dass für die rechtsförmliche Gestaltung von Gesetzentwürfen das Handbuch der Rechtsförmlichkeit gelte. Die historische Auslegung des GMG bestätigt dieses Ergebnis. Der Gesetzgeber wollte die Regelungen des Sterbegelds abschaffen. Dies ist erkennbar, weil der Gesetzgeber die Re-gelungen in § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB V a.F. und § 21 Abs. 1 Nr. 5 SGB I a.F. zum 01.01.2004 gestrichen hat, so auch schon Schmidt/Urmersbach, a.a.O., S. 3; SG Chemnitz, a.a.O. Weiterhin ergibt sich der Wille des Gesetzgebers eindeutig aus den zitierten Be-gründungen des Gesetzentwurfes vom 08.09.2003, Bundestags-Drucksache 15/1525, so auch schon SG Chemnitz, a.a.O.; Orlowski, a.a.O., S. 623. Davon geht wohl auch Schnapp, a.a.O., S. 451, aus. Die gegenteilige Auslegung des GMG würde zu sinn- und systemwidrigen Ergebnissen führen, so dass eine solche Gesetzesfassung vermieden werden muss. Zu Recht weisen Schmidt/Urmersbach, a.a.O., S. 2 f. darauf hin, dass ein widersinniger Gesetzeswortlaut entstehen würde, wenn die Regelungen zum Sterbegeld neben den Regelungen zum Zahn-ersatz, die ab 01.01.2004 gelten, bestehen bleiben würden. Der Gesetzeswortlaut würde dann von Zahnersatz zu Sterbegeld, wieder zurück zum Zahnersatz, dann wieder zum Ster-begeld und letztendlich zurück zum Zahnersatz springen. Die Autoren haben a.a.O., S. 2, die sehr merkwürdige Gesetzesfassung zusammengestellt, die entstehen würde, wenn man davon ausgeht, dass die Regelungen des Sterbegeldes fortbeständen. Merkwürdig wäre außerdem schon, dass die Regelungen zum Sterbegeld in einem Abschnitt stehen würden, der die amtliche Überschrift "Zahnersatz" trägt, darauf weist zu Recht das SG Chemnitz, a.a.O., hin. Außerdem wäre die alte Regelung des § 58 keinem Absatz zugeordnet, obwohl daneben ein § 58 Abs. 3 neuer Fassung bestehen würde, vgl. SG Chemnitz, a.a.O., sowie die Gesetzesfassung, die Schmidt/Urmersbach, a.a.O., S. 2 f., zusammengestellt haben. Sie würde in einem Paragrafen stehen, der die amtliche Überschrift "Beitrag für Zahnersatz" trägt, vgl. SG Chemnitz, a.a.O. 3. Die Abschaffung der Regelungen über das Sterbegeld verstoßen auch nicht gegen Verfas-sungsrecht. Weder unterliegt der Anspruch auf Sterbegeld der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (vgl. dazu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22.12.1992, Az: 1 BvR 1582/91 = SozR 3-2500 § 59 Nr.3), noch sind Rechtsstaats- und Sozialstaatsprinzip verletzt. Insoweit schließt sich das Gericht den Ausführungen des Bun-dessozialgerichts in seinen Entscheidungen zur Kürzung des Sterbegelds (Urteil vom 25.06.1991, Az: 1/3 RK 21/90 = SozR 3-2500 § 59 Nr.1; Urteil vom 07.08.1991, Az: 1 RK 12/91) und den Ausführungen des SG Chemnitz, a.a.O., an. Die Ausführungen des Bun-dessozialgerichts in Fällen einer - erheblichen - Reduzierung des Sterbegeldes tragen nach Auffassung des Gerichts auch die vorliegende Streichung des Sterbegelds. Das Rechtsstaatsprinzip ist insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt der hierdurch ge-schützten Rechtssicherheit und des daraus resultierenden Vertrauensschutzes der Bürger verletzt. Die Kürzung oder Streichung bisher vorgesehener Leistungen enttäuscht zwar einerseits das Vertrauen auf den Fortbestand des Leistungsumfanges der gesetzlichen Krankenversicherung. Andererseits kann der Gesetzgeber aber auch im Bereich der gesetz-lichen Krankenversicherung nicht darauf verzichten, aus Gründen des Allgemeinwohls neue Regelungen zu treffen, die sich wechselnden Erfordernissen anpassen. Dabei muss er gesellschaftspolitischen Veränderungen und damit verbundenen wechselnden Interessenla-gen, insbesondere auch der Belastbarkeit der Solidargemeinschaft der Versicherten, Rech-nung tragen. Der Einzelne kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er auf den Fortbestand einer bestimmten gesetzlichen Regelung vertraut habe, wenn dieses Vertrauen unter Berücksichtigung der gesamten Umstände billigerweise eine Rücksicht-nahme durch den Gesetzgeber nicht beanspruchen kann (BVerfGE 69, 272, 310; SG Chemnitz, a.a.O.). Die Interessenabwägung zwischen dem Ausmaß des den Einzelnen treffenden Vertrauens-schadens und der Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit ergibt hier: Die Gemeinwohlinteressen rechtfertigen die Streichung des Sterbegeldes. Die Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung war nach Auffassung des Gesetz-gebers notwendig, weil der Anstieg der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung mit seinen gesundheits-, sozial- und beschäftigungspolitischen Konsequenzen in zuneh-mendem Maße zu einer gefährlichen Belastung dieses sozialen Sicherungssystems und der Arbeitnehmer und Betriebe führte. Der medizinische Fortschritt und die zunehmende Zahl älterer Menschen führten zu einem Ausgabenanstieg, hinter dem die Entwicklung der Ein-nahmen zurückbleibt. Diese Finanzierungslücke kann nicht durch weitere Beitragssatzstei-gerungen finanziert werden, da dies die Arbeitskosten erhöht und zu einer steigenden Ar-beitslosigkeit beiträgt (Bundestags-Drucksache 15/1525, S. 71). Die Aufrechterhaltung der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung, über die der größte Teil der Be-völkerung seine Absicherung für den Krankheitsfall erfährt, und die Stabilisierung der Bei-träge liegen in hohem Maße im Gemeinwohlinteresse. Mit einem Bündel von Maßnahmen hat der Gesetzgeber die gesetzliche Krankenversicherung spürbar entlastet. Unter anderem werden bestimmte Leistungen in die Eigenverantwortung der Versicherten übertragen (z.B. Zahnersatz), die Zuzahlungsregelungen werden neu gestaltet, einzelne Leistungsbereiche werden ausgegliedert – beispielsweise Sehhilfen und nicht verschreibungspflichtige Arz-neimittel (vgl. dazu Bundestags-Drucksache, a.a.O.) Die Kammer kann offen lassen, ob angesichts des gesamten geplanten Einsparvolumens von 9,8 Mrd. Euro für das Jahr 2004 die Kürzung des Sterbegeldes mit einer geschätzten Entlastung für 2004 von 0,4 Mrd. Euro erhebliche Bedeutung hat. Denn es kommt dabei nicht auf die Auswirkungen einer Geset-zesänderung bezüglich einer Einzelleistung an, sondern auf den Einspareffekt, der durch die Gesamtheit der vom Gesetzgeber beschlossenen Maßnahmen erzielt werden soll. Dazu gehört auch die Einsparung durch die Streichung des Sterbegeldes. Darüber, ob der Ge-setzgeber auf anderem Wege die von ihm für notwendig gehaltenen Einsparungen hätte erreichen können, hat das Gericht nicht zu entscheiden. Denn in die insoweit bestehende Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers dürfen die Gerichte nicht eingreifen (Bundessozialge-richt, a.a.O., m.w.N.; SG Chemnitz, a.a.O.)

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
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