S 25 KR 254/04

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
25
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 25 KR 254/04
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 3.4.2001 - B 1 KR 22/00 R = BSGE 88, 51 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 kann nicht abgeleitet werden, dass die eintrittspflichtige Krankenkasse sämtliche Kosten der künstlichen Befruchtung zu übernehmen hat, unabhängig davon, bei wem die Behandlungsmaßnahmen durchgeführt worden sind.
2. Die gesetzliche Krankenkasse hat nur für diejenigen Kosten aufzukommen, die bei ihrem Versicherten entstanden und die zwingend für die Invitro-Fertilisation sowie der Implantation des befruchteten Eies notwendig sind. Damit scheidet jedoch die Übernahme solcher Kosten aus, die ausschließlich am Körper des privat versicherten Ehepartners vorzunehmen sind.
3. § 27a Abs. 3 SGB V und Nr. 24 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung ("Richtlinien über künstliche Befruchtung"), wonach neues Recht anzuwenden ist, wenn am 31.12.2003 der Behandlungszyklus bereits begonnen hat, verstoßen nicht gegen Verfassungsrecht.
I. Die Klage wird abgewiesen. II. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte 25%.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Kos-ten für Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft mittels intracytoplasmatischer Spermainjektion (ICSI) zu tragen hat. Der Kläger, der bei der Beklagten krankenversichert ist und vorher bei deren Rechtsvorgängerin, der BKK Zollern-Alb, krankenversichert war, leidet unter Oligo-Astheno-Teratozoospermie. Aus diesem Grund ist seine Zeugungsfähig-keit hochgradig eingeschränkt und hat nur die Behandlung mit einer ICSI eine Aussicht auf Erfolg bei der Erfüllung des Kinderwunsches des Klägers und seiner Ehefrau. Bei die-ser konnte kein pathologischer Befund erhoben werden. Die ICSI, eine Technik der extrakorporalen Befruchtung, wird im Wesentlichen bei Ehepaaren angewandt, die infolge einer Fertilitätsstörung des Mannes auf natürlichem Wege keine Kinder zeugen können. In solchen Fällen genügt es in der Regel nicht, Samen- und Eizelle zur spontanen Ver-schmelzung im Reagenzglas zusammenzubringen (In-vitro-Fertilisation). Vielmehr muss ein einzelnes Spermium mit Hilfe einer mikroskopisch dünnen Nadel unmittelbar in die Eizelle injiziert werden. Die übrigen Einzelschritte des Verfahrens bestehen ebenso wie bei der In-vitro-Fertilisation darin, durch Hormonbehandlung der Frau mehre-re Eizellen verfügbar zu machen, dem Körper zu entnehmen und nach dem Befruchtungsvorgang als Embryo wieder in den Körper zu übertragen (sogenannter Embryonentransfer). Vgl. zu diesen Zusammenhängen die Ausführungen in dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 03.04.2001, Az: B 1 KR 22/00 R, veröffentlicht u.a. in SozR 3-2500 § 27a Nr. 2. Die private Krankenversicherung der Ehefrau des Klägers lehnte eine Übernahme von Kosten der Behandlung mit der Be-gründung ab, ihre Versicherte sei nicht verantwortlich für den nicht erfüllten Kinderwunsch des Ehepaars. Nach dem in der privaten Krankenversicherung geltenden Verursachungs-prinzip habe sie daher keinerlei Kosten zu übernehmen. Der Kläger beantragte daher mit Schreiben vom 30.06.2003 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten die Übernahme sämt-licher Kosten für die ICSI. Mit Schreiben vom 09.07.2003 teilte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger mit, dass die Kosten für den Kläger übernommen werden würden, die Kosten für extrakorporale Maßnahmen gesondert geprüft werden müssten und die Kosten für Maßnahmen, die der Ehe-frau zuzurechnen seien, nicht übernommen werden könnten. In einem persönlichen Gespräch teilte eine Mitarbeiterin der Beklagten dem Kläger und seiner Ehefrau mit, dass keine Kosten übernommen werden könnten. Mit Schreiben vom 05.12.2003 übersandte der Kläger ein Schreiben von Dr. Hen-ning, in dem die Ziffern nach EBM aufgeführt waren, die voraussichtlich abgerechnet werden sollten. Mit Schreiben vom 09.12.2004 verwies die Rechtsvorgängerin der Beklagten auf die Möglichkeit der Abrechnung mit der Krankenversiche-rungskarte. Am 23.12.2003 heiratete der Kläger seine jetzige Ehefrau. Mit Schreiben vom 28.12.2003 beantragte der Kläger die vollständige Übernahme für 4 ICSI-Behandlungen unter Vorla-ge einer Heiratsurkunde. Mit Bescheid vom 12.01.2004 lehnte die Beklagte die komplette Übernahme ab. Sie verwies auf die neue Gesetzeslage nach der nur die Hälfte der Behand-lungskosten übernommen werden könnten. Abgerechnet werden könnten dabei nur die Maßnahmen beim Kläger und die extra-korporalen Maßnahmen. Mit Datum vom 02.02.2004 legte der Kläger Widerspruch ein und verlangte die Übernahme aller Kosten der ICSI zu 100%. Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2004, der am 04.05.2004 dem Kläger zugestellt wurde, den Wider-spruch zurück. Dagegen richtete sich die am 13.05.2004 beim Sozialgericht eingegangene Klage vom selben Tag. Im Sommer 2004 unterzogen sich der Kläger und seine Ehefrau der ersten Behandlung. Dabei bezahlten der Kläger und seine Ehefrau 1.182,68 EUR für Medikamente, die die Ehefrau des Klägers eingenommen hat. Der Kläger bezahlte außerdem 649,16 EUR als Eigenanteil für die Maßnahmen, die bei ihm durchgeführt wurden, und für die extrakorporalen Maßnahmen. Der Kläger hat im Wege der Klageerweiterung die Erstattung dieser Kosten verlangt. Die Beklagte hat der Klageerweite-rung zugestimmt. Die Beklagte hat anerkannt, dass sie verpflichtet ist, ne-ben den bereits ausdrücklich zugesagten Kosten die Kosten für die postoperative Überwachung der Ehefrau des Klägers, für die Einmalnadel und für die Beratung des Ehepaares zu übernehmen. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger angenom-men. Der Kläger ist der Ansicht, dass das Recht anzuwenden sei, welches vor der Gesetzesänderung zum 01.01.2004 gegolten habe, weil er bereits am 28.12.2003 den Antrag auf Kosten-übernahme gestellt hat. Daher genieße er einen besonderen Vertrauensschutz. Die Übergangsregelung in Nr. 24 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über ärztli-che Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung ("Richtlinien ü-ber künstliche Befruchtung"), wonach nur altes Recht anzu-wenden sei, wenn der Behandlungszyklus bereits begonnen ha-be, verstoße gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG) und sei daher nichtig. Es käme zu einer ungerechtfertigten Un-gleichbehandlung in Vergleich zu Konstellationen, in denen die Behandlung bereits begonnen habe. Aus diesem Grund müs-se die Beklagte 100% der Kosten für 4 Behandlungszyklen ü-bernehmen. Dabei müssten auch die Kosten für die Behandlung der Ehefrau übernommen werden. § 27a Abs. 3 des Fünften Bu-ches des Sozialgesetzbuches (SGB V) in der vor dem 01.01.2004 geltenden Fassung sei in Konstellationen, bei denen der gesetzlich Versicherte für das Ausbleiben des Kinderwunsches verantwortlich sei und in denen dessen Ehe-partner privat versichert sei, so auszulegen, dass die ge-setzliche Krankenkasse alle Kosten einer ICSI übernehmen müsse. Es handele sich um eine einheitliche Behandlung, die nicht aufgesplittet werden könne. Die Behandlung nur am Körper des Ehemannes und die extrakorporalen Maßnahmen sei-en ohne die Behandlung der Ehefrau sinnlos. Eine andere Auslegung der Norm würde zu einem Wertungswiderspruch zu § 27 SGB V führen, weil die Folgen der Krankheit, die der ICSI-Behandlung zu Grunde liege, mit den Maßnahmen, die von der Krankenkasse zu übernehmen seien, nicht beseitigt wür-den. Sollte die dargelegte Auslegung nicht möglich sein, so verstoße die Norm gegen Art. 3 GG. Es käme zu einer unge-rechtfertigten Ungleichbehandlung in Vergleich zu Konstel-lationen, in denen der andere Ehegatte ebenfalls gesetzlich versichert sei. In diesen Fällen würde dessen gesetzliche Krankenkasse die streitgegenständlichen Kosten übernehmen. In den Fällen in denen wie vorliegend der Ehegatte privat versichert sei, würden die Ehegatten die streitgegenständ-lichen Kosten allein tragen müssen. Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte unter Aufhebung des Be-scheides vom 12.01.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2004 zu verurteilen, die Kosten einer künst-lichen Befruchtung für vier Maßnahmen mittels der intracytoplasmatische Sper-mainjektion (ICSI) unter Einschluss sämtlicher bei der Ehefrau anfallender Kosten zu 100% zu übernehmen,

2. die Beklagte zu verurteilen, die entstandenen Medikamentenkosten im Zu-sammenhang mit dem ersten ICSI-Versuch in Höhe von gesamt 1.182,68 EUR zu er-statten,

3. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der bereits durchgeführten ICSI-Therapie in Höhe von 649,16 EUR zu er-statten.

Hilfsweise beantragt der Kläger, das Verfahren auszusetzen und dem Bundes-verfassungsgericht gemäß Art. 100 GG vorzulegen im Hinblick auf die Verfas-sungsgemäßheit des § 27a Abs. 3 SGB V.

Die Beklagte beantragt

die Klagabweisung.

Sie ist der Ansicht, dass auf Grund der Übergangsregelung in Nr. 24 der Richtlinien über künstliche Befruchtung das neue Recht anzuwenden ist. Danach könnten nur 50% der Kos-ten und nur für 3 Behandlungszyklen übernommen werden. Ge-mäß § 27a Abs. 3 SGB V seien die Kosten, die direkt am Kör-per der Ehefrau anfielen, nicht zu erstatten. Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten mit dem Aktenzeichen DD-SL-KUSU-0118348009/0 beigezogen und zum Ge-genstand des Verfahrens gemacht. Hinsichtlich der Einzel-heiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der beigezogenen Akte und der gerichtlichen Verfah-rensakte mit den gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen, insbesondere auf die Niederschrift der mündlichen Verhand-lung vom 10.11.2004, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Klage war abzuweisen, weil sie zwar zulässig, aber unbegründet ist.

I. Die Klage ist hinsichtlich des Antrages zu 1) eine zulässi-ge Feststellungsklage. Der Antrag ist zulässig, weil man ihn richtigerweise so verstehen kann, dass beantragt wird, die Kosten für die Behandlung mit einer ICSI zu übernehmen, bis zusammen 4 Versuche durchgeführt wurden. Mit ihm wurde konkludent auch das Schreiben vom 09.07.2003 der Rechtsvor-gängerin der Beklagten angegriffen, welches wohl als Be-scheid einzustufen ist. Hinsichtlich der Anträge zu 2) und zu 3) ist die Klage eine zulässige Leistungsklage. Ein Antrag bei der Beklagten und die Durchführung eines Vorverfahrens waren in Bezug auf diese Anträge entbehrlich, weil die Beklagte im Bescheid vom 12.01.2004 und im Widerspruchsbescheid vom 29.04.2004 eindeutig zu verstehen gegeben hat, dass sie diese Kosten nicht übernehmen wird. Es kann dahinstehen, ob der Kläger mit den neuen Anträgen die Klage erweitert hat oder die Klage an diesem Punkt geändert hat (§ 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG). Jedenfalls war die Umstellung des Klageantrages zulässig.

II. Die geltend gemachten Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu.

1. Die streitgegenständlichen Bescheide und der Widerspruchs-bescheid sind zu Recht ergangen und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist nicht verpflich-tet, mehr als 50% der Kosten zu übernehmen, die bei insge-samt 3 Zyklen der ICSI auf Grund der Behandlung des Klägers und auf Grund von extrakorporalen Maßnahmen anfallen. Gemäß § 27 a Abs. 1 SGB V umfassen die Leistungen der Kran-kenbehandlung medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung ei-ner Schwangerschaft, wenn diese nach ärztlicher Feststel-lung erforderlich und erfolgversprechend sind, wenn die Personen, welche die Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander verheiratet sind und ausschließlich Ei- und Sa-menzellen der Ehepartner verwendet werden. Weitere Voraus-setzung ist, dass sich die Ehegatten vor Durchführung der Maßnahmen von einem Arzt, der die Behandlung nicht selbst vornimmt, über eine solche Therapie unter Berücksichtigung ihrer medizinischen und psychosozialen Gesichtspunkte haben unterrichten lassen und der Arzt sie an einen der Ärzte o-der an einen der Einrichtungen überwiesen hat, denen eine Genehmigung nach § 121 a SGB V erteilt worden ist. Vgl. zu diesen Zusammenhängen das Urteil des SG Mannheim vom 16.04.2003, Az S 8 KR 2566/02. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. a) Grundsätzlich muss die Beklagte jedoch nur 50% der abre-chenbaren Kosten für 3 Zyklen der ICSI-Behandlung zahlen. Nach dem vor dem 01.01.2004 geltenden Recht, hätte die Be-klagte 100% der abrechenbaren Kosten für 4 Zyklen zahlen müssen. Für den vorliegenden Fall ist jedoch das alte Recht nicht anwendbar. Das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenver-sicherung (GMG) vom 14.11.2003, Bundesgesetzblatt Teil I vom 19.11.2003, S. 2190 ff., hat den § 27a SGB V geändert. § 27a Abs. 3 Satz 3 SGB V lautet nun: "Die Krankenkasse ü-bernimmt 50 vom Hundert der mit dem Behandlungsplan geneh-migten Kosten der Maßnahmen, die bei ihrem Versicherten durchgeführt werden." Grundsätzlich ist für Feststellungsklagen das Recht maßgeb-lich, welches bei der letzten Mündlichen Verhandlung gilt. Es sind keine Gründe ersichtlich, im vorliegenden Fall von diesem Grundsatz abzuweichen. Bestätigt wird dieser Grundsatz – mit einer Abweichung - durch die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses ü-ber ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung ("Richtlinien über künstliche Befruchtung"). Diese sind auf Grund der Ermächtigung in § 27a Abs. 3 SGB V vereinbart worden. In Nr. 24 der Richtlinien über künstliche Befruch-tung ist geregelt, dass ein bis zum 31.12.2003 begonnener Behandlungszyklus (Zyklusfall) gemäß der bis dahin gelten-den Regelungen abgeschlossen wird. Als Beginn der Maßnahme sei der 1. Zyklustag im Spontanzyklus, der 1. Stimulationstag im stimulierten Zyklus bzw. der 1. Tag der Down- Regulation anzusehen. Nach dieser Regelung ist auf die bereits erfolgte Behandlung des Klägers und seiner Ehefrau sowie auf die noch vorzunehmenden Maßnahmen das neue Recht anzuwenden, weil noch keine Behandlung am 31.12.2003 begonnen worden war. Die Regelung in den Richtlinien ist auch wirksam. Grund-sätzlich steht dem Gesetzgeber eine weitgehende Einschät-zungsprärogative zu, die nur teilweise von den Gerichten überprüft werden kann. Dies gilt auch – mit gewissen Ein-schränkungen – für untergesetzliche Normen, die auf Grund einer Delegation der Entscheidungsgewalt durch den Gesetz-geber erlassen wurden. Vorliegend ist die Regelung in den Richtlinien wirksam, weil sie sich im Rahmen der gesetzli-chen Ermächtigungsgrundlage in § 27a Abs. 4 SGB V hält und nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Nach dieser Vorschrift soll wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich behandelt werden. Zu ver-gleichen sind vorliegend Versicherte, die noch nach dem al-ten Recht behandelt werden, weil am 31.12.2003 bereits ein Behandlungszyklus begonnen hat mit der Gruppe von Versi-cherten, die nach dem neuen Recht behandelt werden, weil sie zwar zu diesem Stichtag schon einen Antrag auf Kosten-übernahme gestellt haben, aber noch kein Behandlungszyklus begonnen hat. Es liegt tatsächlich eine Ungleichbehandlung vor, weil diese Gruppen unterschiedlich behandelt werden. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt jedoch nur vor, wenn diese Ungleichbehandlung keinen sachlichen Grund hat. Vorliegend besteht aber ein solcher sachlicher Grund. Dem Gesetzgeber ist es verfassungsrechtlich grundsätzlich ges-tattet, den Kreis der Anspruchsberechtigten von Sozialleis-tungen mittels Stichtagen einzuschränken, sofern sich der Stichtag am gegebenen Sachverhalt orientiert (Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 07.07.1992, Az.: 1 BvL 51/86, abgedruckt in BVerfGE 87, 1 ff., 43). Der Stichtag 31.12.2003 ist vor diesem Hintergrund nicht willkürlich ge-wählt. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist erkennbar davon ausgegangen, dass ein Ehepaar, welches am 31.12.2003 schon einen Behandlungszyklus begonnen hat, in einem besonders hohen Maße Vertrauensschutz genießt. Dies ist auch nach-vollziehbar, weil das Ehepaar den Behandlungszyklus nach Kenntnis der neuen Rechtslage nur unter Gefahr für die Ge-sundheit und unter Entstehung einiger Kosten abbrechen kann. Es muss sich daher darauf verlassen können, dass die alte Rechtslage auch bis zum Ende des Zyklus angewendet wird. Außerdem ließe sich kaum differenzieren, welche Kos-ten bereits zum 31.12.2003 angefallen sind und welche Kos-ten nach dem späteren Recht nur zu 50% übernommen werden. Diese besonderen Umstände liegen bei der Vergleichsgruppe nicht vor. Insbesondere sind noch keine Kosten angefallen, wenn lediglich vor dem 31.12.2003 der Antrag gestellt wur-de. Auch kann nach Kenntnis der neuen Rechtslage von der Behandlung Abstand genommen werden. Im konkreten Fall genießt der Kläger schon daher keinen Vertrauensschutz, weil sein Antrag mit den erforderlichen Unterlagen erst am 28.12.2003, also nach der Veröffentli-chung der Änderung des § 27a Abs. 3 SGB V im Bundesgesetz-blatt am 19.11.2003 und nach der öffentlichen Diskussion und Information über das GMG in den Medien abgegeben hat. Erst mit der Heirat am 23.12.2003 hatten er und seine Ehe-frau die Voraussetzungen des § 27a SGB V erfüllt. b) Die Beklagte muss auch nicht anteilig die Kosten für die Behandlung der Ehefrau übernehmen. Gemäß § 27a Abs. 3 SGB V ist die Leistungspflicht der Kran-kenkasse bei der künstlichen Befruchtung auf Maßnahmen be-schränkt, die "bei" ihrem Versicherten durchgeführt werden. aa) Zwar bedeutet dies entgegen dem Eindruck, den der Wortlaut vermittelt, nicht, dass die jeweilige Krankenkasse nur für Untersuchungen oder Eingriffe aufzukommen hat, die unmit-telbar am Körper ihres Versicherten vorgenommen werden. Würde die Vorschrift so ausgelegt, blieben bei den in der Praxis dominierenden Verfahren der extrakorporalen Befruch-tung die wesentlichen Teile der Behandlung von der Leis-tungspflicht ausgenommen, weil sie sich, wie die In-vitro-Fertilisation und die Spermainjektion keinem der Ehegatten zuordnen lassen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 03.04.2001, Az: B 1 KR 22/00 R, veröffentlicht u.a. in SozR 3-2500 § 27a Nr. 2; SG Mannheim, Urteil vom 16.04.2003, Az S 8 KR 2566/02). Es fallen jedoch die hier allein streitigen Maßnahmen, die unmittelbar am Körper der privatversicherten Ehefrau des Klägers vorgenommen werden, nicht in die Leistungspflicht der Beklagten (im Ergebnis ebenso Krauskopf, Kommentar zum SGB V, § 27a, Rn. 5; Peters, Handbuch der Krankenversiche-rung, § 27a SGB V, Rn. 181; Höfler in: Kasseler Kommentar, § 27a SGB V, Rn. 5, 16; SG Mannheim, a.a.O.; SG Darmstadt Urteil vom 26.04.2004, Az S 10 KR 1922/02). Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Willen des Gesetzge-bers, der bei der relativ jungen Vorschrift des § 27a SGB V besonders zu beachten ist. Nach der amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf, der dieser Vorschrift zu Grunde lag (Bundestags-Drucksache 11/6760, Seite 15) stellt die Rege-lung des § 27a Abs. 3 SGB V eine Klarstellung u.a. für den Fall dar, dass nur ein Ehegatte in der gesetzlichen Kran-kenversicherung versichert ist. In diesen Fällen hat aus-weislich des Regierungsentwurfs die Krankenkasse nur die Kosten der Maßnahmen zu übernehmen, die bei dem Ehegatten durchgeführt werden, der bei ihr versichert ist. Die Leis-tungen für den anderen Ehegatten sind damit keine "Neben-leistungen" der Leistungen an den versicherten Ehegatten (Bundestags-Drucksache, a.a.O.; vgl. zu diesen Zusammenhän-gen das Urteil des SG Mannheim, a.a.O.). Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung des § 27a SGB V verhindern, dass die Rechtsprechung im Falle der künstli-chen Befruchtung Schlussfolgerungen zieht, wie etwa bei der Organtransplantation (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.1972, Az: 3 RK 47/70, veröffentlicht u.a. in BSGE 35, 102), wonach die Krankenkasse auch die Kosten tragen muss, die durch Or-ganentnahme beim Organspender entstehen, auch wenn dieser nicht bei ihr versichert ist (vgl. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 27a SGB V, Rn. 183; BSG, Urteil vom 03.04.2001, Az: B 1 KR 22/00 R, veröffentlicht u.a. in SozR 3-2500 § 27a Nr. 2). Etwas anderes ergibt sich auch nicht auf Grundlage der durch den Kläger zitierten Rechtsprechung des Bundessozial-gerichts (Urteil vom 03.04.2001, Az: B 1 KR 22/00 R, veröf-fentlicht u.a. in SozR 3-2500 § 27a Nr. 2). Die zitierte Rechtsprechung hat allein eine Entscheidung zu Kosten ge-troffen, die auf Grund extrakorporaler Maßnahmen entstanden sind. Unmittelbarer Klagegegenstand der zitierten Entschei-dung des Bundessozialgerichts waren nicht die Kosten der Maßnahmen, die dem Körper des privatversicherten Ehegatten zuzuordnen sind. Die Beklagte im vorliegenden Fall hat sich jedoch bereit erklärt, die Kosten der extrakorporalen Maß-nahmen zu übernehmen. Gleichwohl betont auch die zitierte Entscheidung des Bun-dessozialgerichts den Willen des Gesetzgebers unter Hinweis auf die Bundestags-Drucksache 11/6760, Seite 15 (bei dem Zitat "Bundestags-Drucksache 11/6770" dürfte es sich um ei-nen Schreibfehler handeln). Unter Hinweis darauf, dass die Leistungen an einem Ehegatten nach dem Regierungsentwurf nicht als Nebenleistung für den anderen Ehegatten anzusehen sind, stellt das Bundessozialgericht fest, dass durch § 27a Abs. 3 SGB V im Ergebnis nur Maßnahmen ausgenommen werden, die unmittelbar und ausschließlich am Körper des anderen Ehegatten vorgenommen werden, der nicht gesetzlich kranken-versichert ist. Wenn das Bundessozialgericht an anderer Stelle ausführt, dass Maßnahmen am Körper des anderen Ehegatten nicht ausge-nommen werden sollen, bezieht es dies auf den Fall zweier gesetzlich krankenversicherter Ehegatten. Sind beide Ehe-gatten gesetzlich krankenversichert und liegt lediglich bei einem Ehegatten eine Fertilitätsstörung vor, so hat aus-weislich der Rechtsprechung des BSG auch der gesunde Ehe-gatte, der nicht krank im Sinne der gesetzlichen Rentenver-sicherung ist, gegen seine Krankenkasse auf Grundlage des § 27a SGB V einen Leistungsanspruch (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2001, Az: B 1 KR 22/00 R, veröffentlicht u.a. in SozR 3-2500 § 27a Nr. 2; vgl. zu diesen Zusammenhängen das Ur-teil des SG Mannheim, a.a.O. und das Urteil des SG Darmstadt, a.a.O.). Wenn jedoch der Ehegatte privatversichert ist, der nicht die Ursache für das Ausbleiben des Kinderwunsches setzt, begründet § 27a SGB V für ihn keine Anspruchsgrundlage. Denn auf sein Privatversicherungsverhältnis ist diese Vor-schrift nicht anwendbar. Er ist insofern auf seinen Vertrag mit der privaten Krankenversicherung zu verweisen, der in der Regel nur dann einen Anspruch vorsieht, wenn die Ferti-litätsstörung bei dem privatversicherten Ehegatten vorliegt (sog. Verursacherprinzip im Rahmen der privaten Krankenver-sicherung). Auch sein Ehegatte kann auf Grundlage des § 27a SGB V nicht für ihn als Nichtversicherten Leistungen verlangen. Dies würde - wie bereits ausgeführt - dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers widersprechen, Leistungen des pflichtver-sicherten Ehegatten um Nebenleistungen am privatversicher-ten Ehegatten zu erweitern. Das Gericht sieht seine Ansicht durch die Ausführungen des Bundessozialgerichts bestätigt, dass der Versicherungsfall nach § 27a SGB V nicht die Krankheit einer Person ist, son-dern die Unfähigkeit eines Paares, auf natürlichem Wege Kinder zu zeugen (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2001, Az: B 1 KR 22/00 R, veröffentlicht u.a. in SozR 3-2500 § 27a Nr. 2). Denn läge als Versicherungsfall die Krankheit des Pflichtversicherten zugrunde, würde zur Überzeugung des Ge-richts die Krankenbehandlung alles das umfassen, was den Erfolg (hier: Zeugung eines Kindes) herbeiführt. Dies liegt der Regelung des § 27a SGB V jedoch gerade nicht zugrunde. Vielmehr ist unabhängig von dem Umfang und den Ursachen ei-ner Krankheit die Zeugungsfähigkeit des Ehepaares wieder-herzustellen, wobei § 27a SGB V nach den obigen Ausführun-gen lediglich die extrakorporalen und die am Körper des je-weils Versicherten durchzuführenden Maßnahmen deckt. Vgl. dazu das Urteil des SG Mannheim, a.a.O. In diesem Zusammen-hang wird auch deutlich, dass kein Wertungswiderspruch zu § 27 SGB V mit dieser Auslegung entsteht, weil ein anderer Anknüpfungspunkt für die Entstehung des Anspruches besteht. § 27 SGB V setzt eine Krankheit voraus.

bb) Diese Regelung in § 27a Abs. 3 Satz 3 SGB V verstößt nicht gegen Art. 3 GG, so dass dem Hilfsantrag nicht stattzugeben war. Nach dieser Vorschrift soll wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich behandelt werden. Zu vergleichen sind Ehepaare, bei denen jeweils ein Ehegatte gesetzlich versichert ist und an Fertilitätsstörungen lei-det und bei denen der andere Ehegatte einmal privat und einmal gesetzlich versichert ist. Wegen der Zugehörigkeit zu zwei unterschiedlichen Versicherungssystemen, die entwe-der auf das Verursacherprinzip (private Krankenversiche-rung) oder das Mitgliederprinzip (gesetzliche Krankenversi-cherung) aufgebaut sind, handelt es sich um zwei wesentlich ungleiche Sachverhalte, die auch ungleich behandelt werden können. Denn die Nichterstattung der Behandlungskosten der Ehefrau des Klägers liegt ausschließlich in der Risikosphä-re der privaten Krankenversicherung, wenn diese die unge-wollte Kinderlosigkeit des Ehepaares nicht als Versiche-rungsfall ansieht. Anhaltspunkte dafür, dass die Ehefrau des Klägers, die sich privat außerhalb des gesetzlichen Krankenversicherungssystems versichert hat, mit den gesetz-lich krankenversicherten Frauen gleichgestellt werden müss-te, die, auch wenn sie nicht krank im Sinne einer Fertili-tätsstörung sind, einen Kostenerstattungsanspruch gegen ih-re Krankenkasse hinsichtlich der an ihrem Körper durchge-führten Maßnahmen haben, sind nicht ersichtlich. Denn an-ders als letztere gehört die Ehefrau des Klägers nicht zum Kreis der Solidargemeinschaft der Versicherten in der ge-setzlichen Krankenversicherung (ebenso SG Mannheim, a.a.O.; SG Konstanz, Urteil vom 20.11.2001, Az. S 8 KR 744/02). cc) Es liegt auch kein Verstoß gegen sonstiges Verfassungerecht vor. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaats-prinzip (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 GG) räumt dem Versicherten keinen subjektiven Anspruch auf die Gewährung konkreter Leistungen durch die gesetzliche Krankenversiche-rung ein. Aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergibt sich kein ver-fassungsrechtlicher Anspruch gegen die Krankenkassen auf Bereitstellung entsprechender medizinischer Versorgung oder auf Gewährung finanzieller Leistungen hierfür. Der sich aus der Schutzpflicht von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebende An-spruch ist im Hinblick auf die den zuständigen Stellen ein-zuräumende weite Gestaltungsfreiheit bei der Erfüllung der Schutzpflichten nur darauf gerichtet, dass die öffentliche Gewalt Vorkehrungen zum Schutz des Grundrechtes trifft, die nicht völlig ungeeignet oder unzulänglich sind. Auch Art. 14 GG ist nicht verletzt. Voraussetzung für einen Eigentumsschutz sozialversicherungsrechtlicher Positionen ist eine vermögenswerte Rechtsposition, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet ist; diese genießt den Schutz der Eigentumsga-rantie dann, wenn sie auf nicht unerheblichen Eigenleistun-gen des Versicherten beruht und zudem der Sicherung seiner Existenz dient. Die in § 27a SGB V geregelten Leistungen haben keinen solchen existenzsichernden Charakter. Zudem überlässt es das Grundgesetz dem Gesetzgeber, den In-halt der sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche unter Be-achtung des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierenden Schutzauftrages im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit ge-setzlich auszugestalten. Ansprüche auf Übernahme bestimm-ter, am Körper eines nicht versicherten Patienten vorzuneh-mender Maßnahmen, lassen sich daraus nicht ableiten.

2. Die Anträge zu 2) und zu 3) waren aus den Gründen, die auch zur Abweisung des Antrages zu 1) geführt haben, als unbe-gründet abzuweisen. Ein Anspruch auf Kostenerstattung steht dem Kläger nicht zu. In Betracht kommt allein ein Anspruch aus § 13 Abs. 3 SGB V, dessen Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt sind. Das Gesetz folgt dem Sachleistungsprinzip. Nach § 2 Abs. 1 und 2 SGB V stellen die Krankenkassen ihren Versicherten die im Dritten Kapitel des Gesetzes genannten Leistungen, zu denen auch die Krankenhausbehandlung gehört (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, § 39 SGB V), als Sachleistungen kostenfrei zur Verfügung. Sie bedienen sich dabei zugelassener Leis-tungserbringer, mit denen sie entsprechende Verträge schließen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Die Versicherten er-halten die benötigten Leistungen unentgeltlich; die Vergü-tung erfolgt durch die Krankenkasse. Vgl. zu diesen Zusam-menhängen beispielsweise das Urteil des BSG vom 9. Oktober 2001, Az: B 1 KR 6/01 R. Nach der Ausnahmerege-lung des § 13 Abs. 3 SGB V sind dem Versicherten von der Krankenkasse lediglich Kosten zu erstatten, die ihm für selbstbeschaffte Leistungen entstanden sind, wenn die Kran-kenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abge-lehnt hat. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V schei-det dann aus, wenn die Beklagte auch nicht zur entsprechen-den Sach- oder Dienstleistung verpflichtet war. Dies ist, wie bereits ausgeführt wurde, hinsichtlich der hier strei-tigen Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung, die der kör-perlichen Sphäre der Ehefrau des Klägers zuzuordnen sind, der Fall. Außerdem muss die Beklagte, wie ebenfalls bereits ausgeführt wurde, von den Maßnahmen am Körper des Klägers und von den extrakorporalen Maßnahmen lediglich 50% tragen. Dabei ist auch das nach dem 01.01.2004 geltende Recht anzu-wenden, weil die Behandlung nach dem 31.12.2003 begonnen hat.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt im Wesentlichen der Entscheidung in der Hauptsache. Ein Viertel der Kosten waren der Beklagten aufzuerlegen, weil sie nach Überzeugung des Gerichts teilweise Anlass zur Klage gegeben hat. Erst in der mündlichen Verhandlung hat sie mit dem Teilanerkenntnis die Übernahme der Kosten für einen Teil der Behandlung erklärt. Außerdem ist eine Verzö-gerung des Antragsverfahren und Verwirrung bei dem Kläger eingetreten, weil eine Mitarbeiterin der Beklagten eine falsche Auskunft gegeben hat.
Rechtskraft
Aus
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