L 2 B 162/04 KR

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 14 KR 64/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 B 162/04 KR
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 15.09.2004 wird als unzulässig verworfen. Der Kläger trägt die Kosten für das Beschwerdeverfahren, Gerichtskosten werden nicht erhoben. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig.

Das Beschwerdegericht hat nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 577 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft ist. Mangelt es hieran, ist sie als unzulässig zu verwerfen.

Gemäß § 197 a SGG - eingefügt durch das 6. SGG-Änderungsgesetz vom 17.08.2001 (BGBl I S. 2144) mit Wirkung ab dem 02.01.2002 - sind, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) zu erheben; die §§ 184 - 195 SGG finden keine Anwendung; die § 154 - 162 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sind entsprechend anzuwenden. Mit dieser Verweisung ist auch § 158 Abs 2 VwGO in Bezug genommen. Danach ist in Fällen, in denen in der Hauptsache eine Entscheidung nicht ergangen ist, die Entscheidung über die Kosten nicht anfechtbar.

Dies trifft den vorliegenden Fall: Die Beteiligten gehören nicht zu den zu dem in § 183 SGG genannten, kostenmäßig privilegierten Personenkreis, die Klage ist nach dem 02.01.2002 erhoben worden (vgl zur Anwendbarkeit des § 197a SGG: BSG, Beschluss vom 22.09.2004, Az: B 11 AL 33/03 (=zum Abdurck vorgesehen in SozR 4) mwN) und das Sozialgericht (SG) hat seine Kostengrundentscheidung vom 15.09.2004 getroffen, ohne das eine Entscheidung in der Hauptsache ergangen ist.

Der Auffassung, § 158 Abs 2 VwGO sei trotz der Verweisung in § 197a Abs 1 Satz 1 SGG unanwendbar, weshalb auch diese Kostenentscheidungen gemäß § 172 Abs. 1 SGG mit der Beschwerde angefochten werden könnten (so LSG Berlin, Beschluss vom 28.04.2004, Az: L 6 B 44/03 AL ER; LSG NRW, Beschluss vom 05.08.2003, Az: L 5 B 25/03 KR (= Breithaupt 2003, 877 - 880); Knittel, in Henning, SGG, 7. Aufl., § 197 a Rdn. 17) ist nicht zu folgen. Zwar ist zuzugeben, dass die Anwendung von § 158 Abs 2 VwGO zu einer abweichenden Verfahrensweise gegenüber den von §§ 183, 193 SGG erfassten gerichtskostenfreien Fällen führt, in denen Kostenbeschlüsse allgemein mit der Beschwerde anfechtbar sind. Derartige systematische Unstimmigkeiten können aber nicht dazu führen, den eindeutigen Gesetzeswortlaut zu missachten (wie hier: Beschluss Hessisches LSG vom 29.03.2004, Az: L 14 B 55/03 P; LSG NRW vom 28.04.2003, Az: L 11 B 8/03 KA; vom 09.04.2003, Az: L 10 B 6/03 KA; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl. § 197 a Rdnr 21). Gerade die Systematik des § 197 Abs. 1 Satz 2, Abs 2 SGG spricht für eine vollständige - entsprechende - Verweisung auf die §§ 154 - 162 VwGO (so ausdrücklich Hauck in Zeihe, Das Sozialgerichtsgesetz und seine Anwendung. 8. Auflage Stand 01. November 2004, Nach § 197 a § 158 VwGO Anmerkung 2). Der Gesetzgeber hat mit den kostenrechtlichen Neuregelungen durch das 6. SGG-Änderungsgesetz ein zweites, im Vergleich zur bisherigen Regelung völlig neues Kostensystem in das SGG eingeführt, welches auch hinsichtlich der Rechtsmittel neue Wege gehen kann (so ausdrücklich Hessisches LSG aaO). Dabei hat er erkannt, dass die Vorschriften der VwGO nicht völlig deckungsgleich für das sozialgerichtliche Verfahren übernommen werden können (vgl. BT-Drucks. 14/5943, S. 29), so dass entgegen der Rechtsauffassung des 5. Senats des LSG NRW (aaO) sich ein redaktionelles Versehen im Gesetzgebungsverfahren gerade nicht belegen lässt.

Schließlich bieten die Gesetzesmaterialien zum 6. SGG-Änderungsgesetz keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Auslegung, dass der Gesetzgeber mit der "entsprechenden" Anwendung der §§ 154 - 162 VwGO nur die materiellrechtlichen Grundsätze der Kostengrundentscheidung und nicht eine Änderung hinsichtlich des Verfahrens der §§ 183, 1993 SGG im Blick hatte (so unter Hinweis auf Zeihe, aaO, LSG NRW vom 05.08.2003, aaO). Mit der Einführung des § 197 a Abs 1 Satz 2, Abs 2 SGG hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er die §§ 154 - 162 VwGO mit Ausnahme des Falles der Klagerücknahme insgesamt als geeignet angesehen hat, um als Grundlage im sozialgerichtlichen Verfahren für Kostengrundentscheidungen nach § 197 a SGG zu dienen; die Frage der Rechtsmittelfähigkeit derartiger Entscheidungen findet in der Gesetzesbegründung keine Erwähnung. Angesichts dessen muss es bei der durch § 158 Abs 2 VwGO angeordneten Endgültigkeit der erstinstanzlichen Kostengrundentscheidung verbleiben, wenn das SG eine Kostengrundentscheidung ohne eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen hat.

Nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (Zivilprozessreformgesetz) vom 27.07.2001 (BGBl I S. 1887) kann die Beschwerde auch nicht zu Gunsten des Klägers als "außerordentliche Beschwerde" (BGH, Beschluss vom 04.03.1993, Az: V ZB 5/93 (= NJW 1993, 1865)) ausgelegt werden (einschränkend: Hauck in Zeihe, aaO, Nach § 197a § 158 VwGO Anmerkung 3). Die Anwendung des Rechtsmittels der "außerordentlichen Beschwerde" ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren generell ausgeschlossen (LSG NRW vom 28.04.2003, aaO; vom 09.04.2003, aaO, jeweils mwN). Mit der Einführung des § 321a ZPO sind solche außerordentliche Rechtsmittel nicht mehr statthaft.

Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf § 197 a SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Gerichtskosten sind nach § 21 Abs 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in der nach § 72 Nr. 1 GKG bereits anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz) vom 12.03.2004 (BGBl I S. 390) nicht zu erheben, da der mit der Beschwerde angefochtene Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 15.09.2004 eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung enthielt. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 52 Abs 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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