L 3 KA 535/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 32 KA 5344/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 KA 535/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 106/04 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.08.2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Kläger haben der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit einer sachlich- rechnerischen Berichtigung der Quartalsabrechnung I bis III/1997 von Leistungen nach der Nr. 54 b und c des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z) im Pimärkassenbereich bzw. der Anlage 1 des Ersatzkassenvertrages-Zahnärzte (EKV-Z) im Ersatzkassenbereich (nachfolgend nur Bema-Nr. 54 b und c) streitig.

Die Kläger zu 1) und 2) sind ab 01.10.1989 zusammen mit der Klägerin zu 3) ab 01.05.1997 in Gemeinschaftspraxis in N. niedergelassen und nehmen an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil.

Mit Schreiben vom 17.11.1998 bzw. 15.11.1999 teilte die Beklagte den Klägern mit, nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13.05. 1998 (Az.: B 6 KA 34/97) sei die Wurzelspitzenresektion auch bei mehrwurzeligen Zähnen nur einmal je Zahn und Sitzung abrechenbar. Sie habe daher sachlich-rechnerische Berichtigungen aus vorliegenden Anträgen der Krankenkassen durchzuführen. Die Kläger zu 1) und 2), die zunächst bis 30.04. 1997 in der Gemeinschaftspraxis tätig waren, erhielten Lastschriftanzeigen in Höhe von DM 21.523,63 für I/97 (Bescheid vom 06.08.1999) und in Höhe von DM 8.614,74 für einen Teil des Quar- tals II/97 und DM 160,80 für einen Teil des Quartals III/97. Zum 01.05.1997 trat die Klägerin zu 3) in die Praxis ein: Alle drei Kläger erhielten eine Belastungsanzeige im Quartal II/97 in Höhe von DM 16.782,17 (Bescheid vom 15.11.1999). Die ursprünglich zu Lasten des derzeitigen Gemeinschaftskontos vorgenommene Belastung war auf den Widerspruch der derzeitigen Mitglieder der Praxisgemeinschaft hin zurückgenommen worden. Mit Bescheid vom 15.02.2000 - versehen mit Rechtsmittelbelehrung - forderte die Beklagte von den drei Klägern den Betrag in Höhe von DM 16.782,17 betreffend Quartal II/97 wegen sachlich-rechnerischer Berichtigung der Wurzelspitzenresektion zurück. Mit weiterem Widerspruch bezogen sich die Kläger unter anderem auf die Klagebegründung zu dem beim Sozialgericht München (SG) anhängigen Klageverfahren S 21 KA 5152/99, den dortigen Ausführungen der Klagepartei, wonach die Beklagte ohne Rechtsgrund sachlich-rechnerische Berichtigungen der Wurzelspitzenresektion im Wege der Aufrechnung mit laufenden Honorarforderungen vorgenommen habe. Sie machten insbesondere geltend, dass die Voraussetzungen für die Rücknahme der ursprünglichen Honorarbescheide nicht vorlägen und beriefen sich insoweit auf Vertrauensschutz (§ 45 SGB X), der vor allem durch die Verwaltungspraxis der Beklagten (Abrechnungsmappe) begründet sei. Auch eine Änderung der Rechtsprechung durch das Urteil des BSG vom 13.05.1998 rechtfertige keine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung von bestandskräftigen Honorarbescheiden. Keiner der ursprünglichen Honorarbescheide sei unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen. Des Weiteren sei die Rechtsprechung des BSG in dem oben genannten Urteil nicht auf die Nr. 54 c übertragbar. Die Klärung dieser Frage sei nicht Sache des Gerichts, sondern der Beschwerdeausschüsse. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2000 - gestützt auf den Beschluss der Widerspruchsspruchstelle vom 03.11.2000 - wurde der Widerspruch zurückgewiesen (ABE-Nr. 011483). Das Verfahren der beiden Kläger zu 1) und 2) betrifft die ABE-Nr. 005995 zu den Quartalen I bis III/97 mit einer Gesamtberichtigungssumme von DM 30.302,17. Auch insoweit hat die Beklagte den beiden Klägern mitgeteilt, dass die Bema-Nrn. 54 b und c bei diversen Patienten wegen Mehrfachabrechnung berichtigt werden müssten. Auch hiergegen haben die Kläger Widerspruch erhoben. Gegen die Lastschriftanzeigen vom 15.02.2000 in Höhe von jeweils DM 21.523,63 für I/97 und DM 8.614,74 für einen Teil des Quartals II/97 und DM 160,80 für III/97 legten die Kläger erneut Widerspruch ein. Ebenfalls mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2000 (aufgrund des Beschlusses der Widerspruchsstelle für sachlich-rechnerische Berichtigungen vom 03.11.2000 - zu den Quartalen I bis III/97 zur ABE-Nr. 005995) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie das Gleiche aus wie im Widerspruchsbescheid gleichen Datums, der gegenüber den Klägern zu 1) bis 3) ergangen war. Dort war zur Begründung vor allem auf das Urteil des BSG vom 13.05. 1998 hingewiesen worden. § 45 SGB X sei nicht anwendbar und somit auch nicht der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen (vgl. Urteile des BSG vom 16.09.1998 - 6 RKa 40/98 und vom 10.05.1995 - 6 RKa 30/94; ferner Urteil des BSG vom 15.06.1992 - 6 RKa 57/91). Zwar habe das BSG im oben genannten Urteil vom 13.05.1998 nur zur Frage der Nr. 54 b entschieden, gleichwohl sei dieses auch auf die Problematik der Nr. 54 c übertragbar.

Gegen die Bescheide der Beklagten haben die Kläger zu 1) und 2) beim Sozialgericht München (SG) mit Schreiben vom 27.12.2000 Klage erhoben. Die Kläger zu 1) bis 3) beantragten zuletzt sinngemäß, die sachlich-rechnerischen Berichtigungen zu den Bema-Nrn. 54 b und c für II/97 in Höhe von DM 16.782,17 aufzuheben. Die Kläger zu 1) bis 2) beantragten, die sachlich-rechnerischen Berichtigungen zu den Bema-Nrn. 54 b und c für die Quartale I bis III/1997 mit einem Betrag von DM 30.302,17 aufzuheben.

Zur Begründung wiederholten sie ihre bereits im Widerspruchsverfahren geltend gemachten Argumente, vor allem den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. In den ursprünglichen Honorarbescheiden seien Berichtungsvorbehalte nicht enthalten. Zur Abrechnung der Bema-Nr. 54 c habe das BSG keine Ausführungen gemacht. Die Rücknahme der Honorarbescheide sei nach § 45 SGB X ausgeschlossen. Das Vertrauen der Kläger sei auch im Hinblick auf die frühere Verwaltungspraxis der Beklagten schützenswert. Im Hinblick auf das Urteil des BSG käme eine Änderung allenfalls für die Zukunft in Frage. Die Gründe für die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes lägen nicht im Veranwortungsbereich der Kläger. Die Praxiseinnahmen seien zudem verbraucht.

Das SG hat die Klage - hinsichtlich der Quartale I bis III/97 - mit Urteil vom 29.08.2001 abgewiesen. Die Beklagte habe die Abrechnung zu Recht in der vorgenommenen Weise sachlich-rechnerisch berichtigt. Das SG schloss sich der Begründung in den Widerspruchsbescheiden an.

Dagegen haben die Kläger Berufung eingelegt und wiederum geltend gemacht, dass die sachlich-rechnerischen Berichtigungen der Beklagten für die streitgegenständlichen Quartale I bis III/97 aus den bereits vorgebrachten Gründen keinen Bestand haben könnten. Es seien die Grundsätze des § 45 SGB X mit der Folge des Vertrauensschutzes für die Kläger anzuwenden. Zur Abrechnung der Bema-Nr. 54c enthalte zudem das herangezogene Urteil des BSG keine Ausführungen, so dass es der Abrechnung nicht entgegen stehe.

Die Kläger beantragen, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 29.08.2001 und der Bescheide vom 15.02.2000 und 20.04.2000 jeweils in der Fassung der Widerspruchbescheide vom 24.11.2000 zu verurteilen, das berichtigte Honorar für die Quartal I bis III/1997 betreffend die Abrechnung der Bema-Nrn. 54 b und c auszubezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.08.2001 zurückzuweisen.

Die erschienenen Beigeladenen zu 1) und 5) schließen sich diesem Antrag an.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 SGG auf die Aktenheftung der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte sowie nach § 143 i.V.m. § 144 SGG statthafte Berufung der Kläger ist zulässig, aber unbegründet.

Die Bescheide der Beklagten vom 15.02.2000 und 20.04.2000 jeweils in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 24.11.2000 entsprechen der Sach- und Rechtslage und sind daher nicht zu beanstanden. Die Beklagte konnte die Honorarabrechnungsbescheide der Kläger für die Quartale I bis III/1997 hinsichtlich der Mehrfachabrechnung mehrwurzeliger Seitenzähne bei Patienten in derselben Sitzung berichtigen und den überzahlten Betrag zurückfordern bzw. mit dem laufenden Honoraranspruch aufrechnen. Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen dem nicht entgegen.

Nach § 75 Abs.1 des Fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V) in der für das Jahr 1997 maßgeblichen Fasssung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992 (BGBl.I S.2266) haben die Kassen- (zahn)ärztlichen Vereinigungen die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs.2 Satz 2 1. Halbsatz SGB V haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertrags(zahn)ärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertrags(zahn)ärzte gehört u.a. auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Es obliegt deshalb der Beklagten gemäß der auf der Grundlage von § 83 Abs. 1 SGB V abgeschlossenen Gesamtverträge, insbesondere nach § 19a des Bundesmantelvertrages Zahnärzte (BMV-Z) i.V.m. § 16 Abs. 2 und 3 (GV-Z) im Primärkassenbereich und nach § 12 Abs.1 Satz 1 des EKV-Z im Ersatzkassenbereich, die vom Zahnarzt eingereichten Honorarforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen. Dies muss sie von Amts wegen tun, unbeschadet des Nachprüfungsrechts der Krankenkassen, wie § 16 Abs.2 1. Halbsatz GV-Z ausdrücklich hervorhebt, und demnach nicht ausschließlich auf Antrag einer Kasse. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (BSG Urteile vom 24.08. 1994 - 6 RKa 20/93; vom 31.10.2001 - B 6 KA 16/00 R; vom 12.12. 2001 - B 6 KA 3/01 R; und vom 26.06.2002 - B 6 KA 26/01 R) kann eine Berichtigung der Honorarabrechnung eines Vertragszahnarztes auch dann noch erfolgen, wenn aufgrund der eingereichten Honorarabrechnung bereits eine Auszahlung an den Vertragszahnarzt erfolgt ist. Der Vertragszahnarzt hat dann das zuviel erhaltene Honorar zurückzuzahlen bzw. die Beklagte ist berechtigt, mit den Überzahlungen gegen eine spätere Honorarforderung des Vertragszahnarztes aufzurechnen. Der Beklagten steht insoweit kein Ermessen zu, ob sie von ihrer grundsätzlichen Berichtigungsbefugnis Gebrauch machen will oder nicht. Sie ist hierzu vielmehr wegen des Gebots der Gleichbehandlung aller Vertrags- (zahn)ärzte verpflichtet (BSG Urteil vom 31.10.01 a.a.O.).

Aufgrund dieser rechtlichen Befugnis und Verpflichtung war die Beklagte - bereits von Amts wegen und nicht erst aufgrund von Berichtigungsanträgen der Kassen, wie die Kläger meinen - berechtigt, die in den von den Krankenkassen aufgelisteten und namentlich benannten Fällen pro Seitenzahn mehrfach in Rechnung gestellten Gebühren nach der Nr. 54 b bzw. c zu berichtigen. Denn die Bema-Nr. 54 b bzw. c konnte bei einer Wurzelspitzenresektion an einem Seitenzahn, auch wenn mehrere Wurzelspitzen reseziert wurden, nach der bis zum 01.01.2004 und damit für die hier betroffenen Quartale I bis III/1997 geltenden Fassung des Bema bzw. des Gebührentarifs, nur einmal abgerechnet werden. Die Nr. 54 befasst sich mit der Wurzelspitzenresektion. Dabei gilt für die Resektion an einem Frontzahn (Nr. 54 a) ein Punktwert von 72, an einem Seitenzahn (Nr. 54 b) ein Punktwert von 96 und an jedem weiteren benachbarten Zahn in derselben Kieferhälfte und in derselben Sitzung (Nr. 54 c) ein Punktwert von 48. Aus den Berichtigungsanträgen bzw. Auflistungen der Kassen lässt sich ersehen, dass vereinzelt Leistungen nach der Bema-Nr. 54 c und ansonsten überwiegend die Nr. 54 b mit einer Punktzahl von 96 in Streit steht. Hinsichtlich der Abrechenbarkeit der Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b entschied das BSG im Urteil vom 13.05.1998 ( a.a.O.) eindeutig, dass im Falle der Resektion mehrerer Wurzelspitzen an einem mehrwurzeligen Seitenzahn die Bema-Nr. 54 b nur einmal abgerechnet werden kann. Dies war früher schon Praxis und erfuhr durch das Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 02.07.1991 (L 6 KA 2/91) eine gegenteilige Handhabung. Das BSG stellte in seiner Entscheidung vom 13.05.1998 (a.a.O.), dessen Ausgangsverfahren das Urteil des SG Kiel vom 27.11.1996 war, klar, dass auch dann, wenn in derselben Sitzung zwei Wurzelspitzen an einem Seitenzahn reseziert werden, die Nr. 54 b nur einmal in Rechnung gestellt werden kann. Es hat dies unter den verschiedenen in Betracht kommenden Auslegungsregeln und unter dem gerichtlich nur sehr eingeschränkt überprüfbaren Gesichtspunkt der Angemessenheit der Vergütung beleuchtet. Aus dem Wortlaut "Wurzelspitzenresektion an einem Seitenzahn" könne nicht abgeleitet werden, dass die Resektion pro Wurzelspitze - wie dies in der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung der Nr. 54 inzwischen klargestellt ist - gemeint sei. Der gewählte Singular des Wortes "Resektion" könne nicht in diesem Sinn verstanden werden. Denn der Begriff Resektion umfasse ohne weiteres mehrere Resektionsmaßnahmen. Der bei der Wortauslegung mitzuberücksichtigende zahnmedizinische Ablauf rechtfertige ebensowenig die mehrfache Abrechnung. Einige Arbeitsphasen, wie das Aufklappen des Zahnfleisches, das Freilegen der Wurzel, die abschließende Wundreinigung und -versorgung sowie das Glätten der Ränder würden in einem Arbeitsvorgang vorgenommen. Bei einer über den Wortlaut hinausgehenden Auslegung sei größte Zurückhaltung geboten. Es sei nach § 87 SGB V in erster Linie Aufgabe der Bewertungsausschüsse bzw. der Vertragspartner des EKV-Z, unklare Regelungen der Gebührenordnung zu präzisieren. Hätten die zuständigen Bewertungsgremien gewollt, dass die Nr. 54 b bzw. c je Zahn mehrfach abgerechnet werden solle, so wäre es notwendig gewesen, einen entsprechenden Zusatz, nämlich "je Wurzelspitze" einzufügen. Auch das von den Zahnärzten angeführte Kostenargument, ein Punktwert von 96 für die Resektion von bis zu drei Wurzelspitzen sei zu gering und nicht kostendeckend, könne nicht durchgreifen. Die Angemessenheit der Vergütung sei ausschließlich Sache der Vertragsparteien und könne von den Gerichten erst dann beanstandet werden, wenn die Funktionsfähigkeit der Versorgung mangels ausreichendem Anreiz, vertragsärztlich tätig zu werden, gefährdet wäre. Da auch aus der Entstehungsgeschichte der Bema-Nr. 54 b nichts gegenteiliges herzuleiten sei, bestehe kein Raum für eine erweiternde Auslegung.

Die Ausführungen des BSG machen deutlich, dass der Einwand der Kläger, für die Abrechenbarkeit der Bema-Nr. 54 c müsse etwas anderes gelten, nicht durchdringen kann. Keinesfalls rechtfertigt die Tatsache, dass eine Wurzelspitzenresektion eines benachbarten Seitenzahns nur mit einem Punktwert von 48, also der Hälfte des Punktwertes der Nr. 54 b (96 Punkte) belegt ist, eine mehrfache Abrechnung nach der Anzahl der Wurzeln. Die vom BSG entwickelten Grundsätze gelten somit auch für eine Wurzelspitzenresektion an einem benachbarten Seitenzahn in derselben Kieferhälfte in einer Sitzung gemäß der Bema-Nr. 54 c. Eine Mehrfachabrechnung je resezierter Wurzelspitze nach der Bema-Nr. 54 b und c ist somit sachlich unrichtig und folglich rechtswidrig. Die Beklagte war daher nicht nur berechtigt sondern sogar verpflichtet, wie oben dargelegt, diese Unrichtigkeit zu beheben.

Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen dem nicht entgegen. Soweit die Kläger vorbringen, ihr Vertrauen in den Bestand der Honorarquartalsabrechnung für I bis III/1997 sei schutzwürdig und sie meinen, sich auf die Entscheidung des BSG vom 09.05. 1990 (Az: 6 RKA 5/89) stützen zu können, schließt sich der Senat den Ausführungen des BSG (zuletzt Urteil vom 26.06.2002; a.a.O.) an. Danach verdrängen die Bestimmungen über die Befugnisse der Kassenärztlichen Vereinigungen - gleiches gilt für die Befugnisse der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen -, vertrags(zahn)ärztliche Honoraranforderungen und Honorarbescheide wegen sachlich-rechnerischer Fehler nachträglich zu korrigieren, in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X. Letztgenannte Vorschrift schränkt das Recht, einen Verwaltungsakt, der unanfechtbar geworden ist, zurückzunehmen ein. Insbesondere darf ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt - hier die Quartalshonorarbescheide für I bis III/1997 - nicht zurückgenommen werden, soweit die Begünstigten auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut haben und ihr Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rückzahlung schutzwürdig ist (§ 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) stellen die vertrags(zahn)ärztlichen Berichtigungsbefugnisse von den Vorschriften des SGB X abweichende Regelungen i.S.d. § 37 Satz 1 des Erstes Sozialgesetzbuchs (SGB I) dar, die auf gesetzlicher Grundlage, nämlich auf Grund von Normen der Reichsversicherungsordnung und später des SGB V, erlassen worden sind. Dabei ist die Berichtigungsbefugnis nicht auf die Fälle beschränkt, in welchen dem Vertrags- (zahn)arzt ein Fehler z.B. bei der unrichtigen Handhabung der Gebührenordnung anzulasten ist. Vielmehr ist einzige Voraussetzung die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit, ohne dass es auf ein Verschulden ankommt. Denn Honorarbescheide ergehen grundsätzlich unter dem Vorbehalt der späteren Überprüfung auf ihre Rechtmäßigkeit (BSG Urteile vom 31.10.2001; Az: B 6 KA 16/00 und vom 12.12. 2001; Az: B 6 KA 3/01 R). Nur so läßt sich erreichen, dass die Vertrags(zahn)ärzte möglichst rasch zu ihrem Honorar kommen, auch wenn eine endgültige Prüfung und eine damit verbundene Berichtigung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen kann. Unter Beachtung dieser Grundsätze können sich die Kläger solange nicht auf Vertrauen berufen, bis eine - nicht bloß auf einzelne, wirtschaftlich unbedeutende Posi- tionen bezogene - umfassende Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlickeit stattgefunden hat oder der Quartalshonorarbescheid wegen Ablaufs der gesetzlichen, bundesmanteltariflichen oder gesamtvertraglichen Fristen nicht mehr überprüft werden darf. Erst von diesem Zeitpunkt an können Honorarbescheide wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter der Voraussetzung des § 45 SGB X zurückgenommen werden. Das Vertrauen des Vertrags(zahn)arztes auf den Bestand eines Honorarbescheides ist daher von vornherein erheblich eingeschränkt und nicht mit demjenigen eines Sozialleistungsempfängers zu vergleichen.

Allerdings ist die Beklagte trotz der ihr eingeräumten Befugnis zur nachträglichen Honorarberichtigung gehalten, diese im Hinblick auf den allgemein gebotenen Vertrauensschutz der Vertrags(zahn)ärzte zu beschränken (BSG Urteile vom 31.10.2001 und 26.06.2002; a.a.O.). Im Wesentlichen ergeben sich zwei Konstellationen, bei denen der Vertrauensschutz zum Tragen kommt. Wenn der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung beispielsweise bekannt ist, dass gegen die Rechtmäßigkeit des angewandten Regelwerkes über die Honorarverteilung Bedenken angemeldet worden sind, so hat sie zusammen mit dem Honorarbescheid ausdrücklich deutlich zu machen, inwieweit diese Bescheide im Hinblick auf bestehende Unklarheiten über die generellen Grundlagen der Honorarverteilung als vorläufige Regelungen erlassen wurden. Um einen sachgerechten Ausgleich widerstreitender Interessen zu erreichen, ist zunächst in formeller Hinsicht erforderlich, dass aufgrund entsprechender Hinweise der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung hinreichend deutlich ist oder sich zumindest aus den dem Vertragsarzt bekannten Gesamtumständen hinreichend deutlich ergibt, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang sie sich auf die Vorläufigkeit des Bescheides berufen und diesen nachträglich ggf. korrigieren werde (so BSG Urteil vom 31.10.2001 a.a.O.).

Ein anderer Fall, in dem Vertrauensschutz im Vordergrund steht, liegt dann vor, wenn eine Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung im Streit um die Abrechenbarkeit einer Leistung auf den Widerspruch des Vertrags(zahn)arztes hin eine sachlich-rechnerische Richtigstellung zurücknimmt (so BSG Urteil vom 12.12.2001 a.a.O.). Dann ist diese Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung im Regelfall gehindert insoweit nochmals eine Berichtigung gerade hinsichtlich der zuvor bereits beanstandeten Position durchzuführen.

Ein mit diesen beiden Konstellationen vergleichbarer Fall liegt jedoch hier nicht vor. Insbesondere fand keine die Bema-Nr. 54 b und/oder c betreffende Berichtigung und folglich auch keine Aufhebung derselben auf Widerspruch statt. Es handelt sich auch nicht um eine Korrektur auf Grund eines Streites über die Rechtmäßigkeit des Regelwerkes, wie des Honorarverteilungsmaßstabs und eine möglicherweise daraus resultierende andere Berechnung des Honorars. Lediglich in derartigen Fällen fordert das BSG (Urteil vom 26.06.2002 a.a.O.), dass ein Honorarbescheid einen entsprechenden Hinweis auf die mögliche Änderung enthalten muss. Nur dann, wenn der Berichtigungsgrund im Verantwortungskreis der Beklagten liegt, wie bei der Honorarverteilung, bedarf es eines solchen Vorbehalts. Eine entsprechende Regelung für den Fall, dass eine gerichtliche Überprüfung einer einzelnen Leistungslegende bekannt ist, kann nicht gefordert werden. Zum einen liegt das Festlegen einer Leistungslegende und der Punktbewertung bzw. der Abrechenbarkeit nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten sondern der Bewertungsausschüsse bzw. der Vertragsparteien und zum anderen ist die Forderung eines Vorbehalts im Hinblick auf die Vielzahl gerichtlicher Verfahren in der BRD, die die Abrechenbarkeit einzelner Bema-Nrn. zum Gegenstand haben, überzogen und in der Praxis nicht umsetzbar.

Damit kommt der Senat zum Ergebnis, dass Vertrauensgesichtspunkte der Berichtigungsbefugnis der Beklagten nicht entgegenstehen.

Da es nur auf die objektive Unrichtigkeit ankommt, können die Hinweise der Beklagten in ihren Abrechnungsunterlagen, die Bema-Nr. 54 b und c mehrfach abzurechnen, die Rechtslage nicht beeinflussen. Denn, wie oben dargestellt, fällt das Festlegen einer Leistungslegende und Punktbewertung nicht in die Kompetenz der Beklagten. Ihre Hinweise in den Abrechnungsmappen können keinesfalls die Entscheidungen der zuständigen Gremien ersetzen oder abändern. Auf die Kenntnis der Kläger, wie in den entsprechenden Fällen abzurechnen ist, ist ebenso wenig abzustellen. Insoweit kann auch dahinstehen, zu welchem Zeitpunkt die Kläger von der maßgeblichen Entscheidung des BSG vom 13.05. 1998 erfahren hatten.

Dem Anspruch auf Berichtigung steht auch keine Ausschlussfrist entgegen. Mehrfach betonte das BSG, dass der Berichtigungsanspruch einer Ausschlussfrist unterliegt (BSG vom 15.11.1995 ; SozR 3-5535 Nr.119; BSG vom 10.05.1995; Az: 6 RKa 17/94). Diese Frist beträgt in entsprechender Anwendung des § 45 Abs.1 SGB I vier Jahre. Im hier zu entscheidenden Rechtsstreit spielt der Ablauf der Ausschlussfrist keine Rolle, denn von der vorläufigen Quartalszahlung für I bis III/1997 an gerechnet ist die 4-Jahresfrist weder bis zum Erlass der Berichtigungsbescheide vom 15.02.2000 bzw. 20.04.2000 noch bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens mit den Widerspruchsbescheiden vom 24.11. 2000 verstrichen.

Damit steht fest, dass die von den Klägern angefochtenen Bescheide vom 15.02.2000 und 20.04.2000 jeweils in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 24.11.2000 nicht zu beanstanden sind. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.08.2001 war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf auf § 193 Abs.4 Satz 1 und 2 SGG in der gemäß Art.17 Abs.1 des 6.SGGÄndG (BGBl.I, 2158) geltenden Fassung. Danach haben die Kläger der Beklagten ihre außergerichten Kosten zu erstatten, nicht jedoch den übrigen Beteiligten, den Beigeladenen zu 1) bis 10) (Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 193 Anm.3b).

Die Revision war nicht zuzulassen, da hinsichtlich der Einwendungen der Kläger eine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt und Gründe nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht zu erkennen sind.
Rechtskraft
Aus
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