L 20 RJ 201/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 911/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 RJ 201/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 06.03.2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind zwischen den Beteiligten Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die 1954 geborene Klägerin war in Kasachstan bis 1994 als Laborantin tätig. Nach ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland am 15.05.1995 war sie, obwohl sie am 04.07.1997 die Abschlussprüfung als Hauswirtschafterin abgelegt hat, als Hilfskraft und - immer wieder unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit - als Pflege- und Altenpflegehelferin versicherungspflichtig beschäftigt. Zur Zeit bezieht sie Arbeitslosenhilfe.

Am 20.08.1999 beantragte die Klägerin in erster Linie wegen Wirbelsäulenbeschwerden und "Herzanfällen" die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte ließ die Klägerin durch den Internisten Dr.B. untersuchen, der im Gutachten vom 24.01.2000 das Leistungsvermögen für leicht eingeschränkt hielt. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien leichte Tätigkeiten mit zeitweise auftretenden mittelgradigen körperlichen Belastungen vollschichtig möglich, wenn sie ohne Einwirkung von Nässe und Kälte und in nicht einseitig gebückten Zwangshaltungen ausgeübt würden. Im Hinblick auf das Ergebnis dieses Gutachtens lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.02.2000 und Widerspruchsbescheid vom 15.09.2000 Rentenleistungen ab und verwies die Klägerin auf vollschichtigte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.

Das hiergegen angerufene Sozialgericht Nürnberg (SG) hat zunächst insgesamt fünf Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte nebst deren Unterlagen zum Verfahren beigezogen. Der Dipl.-Psych. und Internist Dr.H. hat das Gutachten vom 27.05.2002 erstattet, in dem er neben den bereits bekannten Gesundheitsstörungen ein somatoformes Schmerzsyndrom im Anfangsstadium diagnostiziert hat (unter Ausschluss einer Depression und eines Fibromyalgiesyndroms). Dr.H. hat das Bild einer mäßiggradig gesundheitlich beeinträchtigten Frau mit altersentsprechenden Veränderungen insbesondere am Stütz- und Bewegungsapparat und einer beginnenden Schmerzverarbeitungsstörung festgestellt. Er hat die Klägerin weiterhin für vollschichtig leistungsfähig für leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen gehalten.

Dieser Leistungsbeurteilung hat sich das SG angeschlossen und die Klage mit Urteil vom 06.03.2003 abgewiesen. Die Klägerin sei auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, weil sie die Tätigkeit als Hauswirtschafterin zu keinem Zeitpunkt vollwertig ausgeübt habe. Selbst wenn man Berufsschutz bejahen würde, sei die Klägerin auf die Tätigkeiten als Hausdame oder als Empfangsdame zumutbar verweisbar. Sie sei im industriellen oder gewerblichen Bereich einsetzbar und könne hierbei die gesetzliche Lohnhälfte und mehr verdienen, so dass BU nicht vorliege. Der noch strenger abgefasste Fall der EU sei erst recht noch nicht zu bejahen. Bei einem mindestens sechsstündigen Einsatzvermögen lägen auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nach dem ab 01.01.2001 geltenden Recht nicht vor.

Mit der dagegen eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, sie sei erwerbs- bzw berufsunfähig und verweist auf das Gutachten des ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes N. vom 13.02.2003, nach dem eine Tätigkeit als Hauswirtschafterin aus gesundheitlichen Gründen nicht zuzumuten sei. Auch nach dem Gutachten des ärztlichen Dienstes der Beklagten vom 24.01.2000 sei BU als Hauswirtschafterin gegeben. Durch den Änderungsbescheid des AVF N. vom 07.04.2003 sei sie als Schwerbehinderte anerkannt mit einem GdB von 50.

Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren die Schwerbehindertenakte des AVF N. , die Leistungsakte des Arbeitsamtes N. und einen Befundbericht des Internisten Dr.H. zum Verfahren beigenommen. Der Internist und Sozialmediziner Dr.G. hat das Gutachten vom 29.05.2004 erstattet, in dem er zu der Beurteilung gelangt, die Klägerin könne Tätigkeiten als Hauswirtschafterin und Altenpflegerin zwar nicht mehr verrichten, aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, in gut temperierten Räumen bei Beachtung bestimmter Funktionseinschränkungen vollschichtig möglich.

Unter Vorlage eines Arztbriefes der Orthopädin Dr.F. vom 05.10.2004 trägt die Klägerin vor, sie sei nicht mehr in der Lage, zu sitzen oder in die Hocke zu gehen, geschweige denn zur Wahrnehmung des Termins zu reisen. Aus dem Gutachten von Dr.G. gehe hervor, dass sie den Beruf einer Hauswirtschafterin nicht mehr ausüben könne. Weiter legt sie zur Begründung ihres Antrags ärztliche Unterlagen aus der Zeit bis Dezember 2003 vor.

Die Klägerin beantragt, die mündliche Verhandlung zu vertagen und ein Gutachten gemäß § 109 SGG bei Prof. Dr.P. und ein weiteres Gutachten bei Frau Dr.B. , beide Klinikum N. , einzuholen. Für den Fall, dass diesem Antrag nicht Folge geleistet wird, beantragt sie das Urteil des SG Nürnberg vom 06.03.2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.02.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.09.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.09.1999, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Streitakten erster und zweiter Instanz, die bereits genannten Unterlagen und die vom Senat beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 SGG) und auch im Übrigen zulässig.

Das Rechtsmittel der Klägerin ist aber nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 06.03.2003 zu Recht entschieden, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht zusteht. Denn die hierfür erforderlichen medizinischen Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die Klägerin ist nicht berufs- und erwerbsunfähig und weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.

Der Anspruch auf Rente wegen EU/BU bei einer Antragstellung vor dem 31.03.2001 (hier am 20.08.1999) ist nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (aF) zu beurteilen, soweit ein Anspruch aus der Zeit vor dem 01.01.2001 geltend gemacht wird (vgl § 300 Abs 2 SGB VI). Für den Anspruch sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (nF) maßgeblich, soweit (hilfsweise) Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit nach dem 31.12.2000 begehrt wird.

Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch ist § 44 SGB VI aF. Danach erhalten Rente wegen EU Versicherte, die erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EU drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der EU die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben und Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor.

Zu dieser Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin ist der Senat im Anschluss an die überzeugenden und in sich schlüssigen Ausführungen des Internisten und Sozialmediziners Dr.G. im Gutachten vom 29.05.2004 gelangt. Nach den Befunderhebungen und Untersuchungsergebnissen sowohl im Klage- wie auch im Berufungsverfahren liegen bei der Klägerin im Wesentlichen folgende Gesundheitsstörungen vor:

1. Helicopakter-pylori-assoziierte Gastritis

2. Fructoseintoleranz

3. medikamentös kompensierter arterieller Bluthochdruck

4. hyperreagibles Bronchialsystem

5. Hypercholesterinämie

6. leichte allgemeine Entzündungszeichen

7. degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit leichter Funktionseinschränkung

8. Verschleißprozesse im linken Kniegelenk

9. Kopfschmerzsymptomatik (Migräne, Spannungskopfschmerz)

10. ausgeprägte Somatisierungsstörung

11. beginnende Hörminderung.

Durch diese Gesundheitsstörungen wird aber weder im Einzelnen noch in der Gesamtwürdigung EU iS des Gesetzes bedingt. Diese Gesundheitsstörungen schränken die Leistungsfähigkeit der Klägerin zwar dahingehend ein, dass sie nicht mehr in der Lage ist, mittelschwere und schwere Arbeiten zu verrichten. Sie ist deswegen auch nicht mehr für Arbeiten einsetzbar mit stärkeren Belastungen des Stütz- und Bewegungsapparates mit häufigem Bücken, Heben und Tragen schwerer Lasten oder Zwangshaltungen sowie Tätigkeiten unter erhöhter Unfallgefährdung. Nicht mehr zumutbar sind auch Tätigkeiten unter ungünstigen äußeren Witterungsbedingungen und unter Einwirkung von Bronchialreizstoffen. Auch sind Arbeiten mit übermäßigen nervlichen Belastungen zu vermeiden.

Aber auch im Hinblick auf diese Gesundheitsstörungen ist die Klägerin nicht gehindert, vollschichtig leichte Tätigkeiten unter den genannten Funktionseinschränkungen auszuüben. Bezüglich der abdominellen Symptomatik ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen von Dr.G. darauf hinzuweisen, dass bisher ein schwerwiegender Befund (zB Geschwürsbildungen oder eine Refluxsyptomatik in der Speiseröhre) nicht vorliegt bzw nicht beschrieben wird. Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, der ärztliche Sachverständige Dr.G. sei überhaupt nicht auf die bei ihr vorliegende Fructoseintoleranz eingegangen. Dr.G. hat vielmehr darauf hingewiesen, dass die Fructoseintoleranz mit den von der Klägerin angegebenen Durchfällen bisher nicht zu gravierenden Mangelerscheinungen geführt und auch bisher eine wesentliche Gewichtsreduktion zumindest über einen längeren Zeitraum nicht bedingt hat.

Weiter kann bei der Klägerin von einem weitgehend kompensierten Bluthochdruckleiden gesprochen werden, da jetzt normale Blutdruckwerte unter Ruhe vorliegen und nur diskret erhöhte Messwerte bei körperlicher Belastung festgestellt werden konnten. Auch hat das Bluthochdruckleiden bisher nicht zu zusätzlichen Organschädigungszeichen geführt. Bezüglich des vom Hausarzt bestätigten hyperreagiblen Bronchialsystems konnte Dr.G. keine Auffälligkeiten feststellen. Ein schwerwiegender Zustand liegt jedoch bei nur bedarfsweiser Medikamentation und jetzt bestehender Erscheinungsfreiheit offensichtlich nicht vor. Die weiter bestehende Hypercholesterinämie hat keinerlei Einfluss auf das Leistungsvermögen der Klägerin. Zwar stellte der Sachverständige Dr.G. bei seiner Befunderhebung wiederum leichte Entzündungszeichen (allgemeiner Art) fest, ein wesentlicher chronischer Entzündungsprozess liegt jedoch unter Hinweis auf das derzeitige Eiweißspektrum sicher nicht vor.

Im Bereich des Bewegungsapparates bestehen Verschleißprozesse an der Lendenwirbelsäule und in geringerem Maße an der Brustwirbelsäule, wobei aber eine wesentliche funktionelle Beeinträchtigung lediglich an der Lendenwirbelsäule erkennbar ist. Typische Zeichen einer Wurzelreizsymptomatik liegen jedoch aufgrund der objektiven Befunde nicht vor. Im linken Kniegelenk sind Knorpelschäden wie auch eine echte Gonarthrose nachgewiesen. Eine schwerwiegende Funktionsbeeinträchtigung ist jedoch nach den objektiven Befunden nicht erkennbar. Weitere schwerwiegende Beeinträchtigungen am Bewegungsapparat bestehen nicht. So liegen freie Funktionen an den Gelenken der oberen Extremitäten und auch weitgehend an den Gelenken der unteren Extremitäten vor, wenn man von Veränderungen der Großzehengrundgelenke beidseits absieht. Auch ist die Muskulatur an beiden Seiten sowohl an Armen und an Beinen regelhaft entwickelt, was eine wesentliche Belastbarkeitsminderung ausschließt. Die leichte Hörminderung hat keinen Einfluss auf das Leistungsvermögen.

Bezüglich der Kopfschmerzsymtomatik verweist der Senat auf die Ausführungen des vom SG gehörten Sachverständigen Dr.H. im Gutachten vom 27.05.2002. Dieser hat ausgeführt, dass ein Fibromyalgiesyndrom und auch eine Depression auszuschließen sind. Eine schwere Entwicklung bzw ausgeprägte Inanspruchnahme spezieller "Schmerztherapien" und einer damit einhergehenden Polypragmasie liegt bei der Klägerin bzgl der somatoformen Schmerzstörung nicht vor. So hat zusammenfassend auch Dr.H. lediglich das Bild einer mäßiggradig gesundheitlich beeinträchtigten Frau mit altersentsprechenden Veränderungen im Bereich des Bewegungsapparates und einer beginnenden Schmerzverarbeitungsstörung feststellen können. In der Zusammenschau mit den Ausführungen des vom Senat gehörten Sachverständigen Dr.G. ist deshalb bei der Klägerin eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Tätigkeiten anzunehmen bei Beachtung der von den ärztlichen Sachverständigen aufgezeigten Funktionseinschränkungen. Beschränkungen des Anmarschweges zur Arbeitsstätte liegen nicht vor, da die Klägerin die durchschnittlich erforderlichen Fußwege zurücklegen kann (vgl hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr 10). Die Einhaltung zusätzlicher Pausen während der Arbeitszeit ist nicht erforderlich. Der Klägerin ist auch nicht der Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt verschlossen, nachdem im Hinblick auf die von den ärztlichen Sachverständigen genannten Funktionseinschränkungen weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 75, 81, 90, 104, 117, 136).

Die Klägerin ist auch - entgegen ihrem Vorbringen - auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar verweisbar. Denn sie genießt keinen Berufsschutz als Hauswirtschafterin. Die Klägerin hat zwar die Ausbildung zur Hauswirtschafterin absolviert und die Abschlussprüfung bestanden. Diese Tatsache führt jedoch allein nicht zur Annahme von Berufsschutz. Insoweit hat das SG im angefochtenen Urteil zu Recht herausgestellt, dass die Klägerin diese Tätigkeit nicht ausgeübt hat. Bei der Ermittlung des sogenannten Hauptberufs ist die gesamte versicherungspflichtige Tätigkeit bis zum Leistungsfall heranzuziehen. Dabei sind für die Bestimmung des Hauptberufs nur versicherungspflichtige Beschäftigungen und Tätigkeiten zu berücksichtigen; alle anderen scheiden hierfür von vornherein aus (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 66 mwN). Im Hinblick auf das versicherungspflichtige Erwerbsleben der Klägerin ergibt sich keine Facharbeitereigenschaft, insbesondere nicht der Berufsschutz als Hauswirtschafterin. Die Klägerin war versicherungspflichtig beschäftigt vom 01.07.2000 bis 30.04.2001 beim BRK als ambulante Pflegekraft, vom 01.05. bis 31.12.2001 bei der Fa. S. und bei der Diakonie N. als Altenfplegehelferin. Ein Berufsschutz als Facharbeiterin lässt sich aus den von der Klägerin tatsächlich ausgeübten Helferinnentätigkeiten nicht herleiten. Leistungen wegen BU nach § 43 Abs 2 SGB VI aF stehen der Klägerin daher nicht zu.

Da die Klägerin unter Einbeziehung aller bei ihr festgestellten Gesundheitsstörungen somit nicht an der Ausübung einer regelmäßigen Ganztagsbeschäftigung gehindert ist, braucht vorliegend eine zustandsangemessene Tätigkeit weder nachgewiesen noch benannt zu werden. Denn solange eine Versicherte in der Lage ist, unter betriebsüblichen Bedingungen noch vollschichtig und regelmäßig Erwerbsarbeit zu leisten, besteht keine Pflicht der Verwaltung und der Gerichte, konkrete Arbeitsplätze und Verweisungstätigkeiten mit im Einzelnen nachprüfbaren Belastungselementen zu benennen. Vielmehr ist in solchen Fällen von einer ausreichenden Zahl vorhandener Arbeitsplätze auf dem im Fall der Klägerin einschlägigen allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen (BSG SozR 2000 § 1246 Nr 90).

Der Klägerin stehen daher Leistungen wegen EU (§ 44 SGB VI aF) und BU (§ 43 SGB VI aF) nicht zu.

Aufgrund ihres vollschichtigen Einsatzvermögens erfüllt die Klägerin auch nicht die Voraussetzungen der durch Art 1 Nr 19 des Rentenreformgesetzes 1999 neu gefassten und durch Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 - Bundesgesetzblatt I 1827 - geänderten, am 01.01.2001 in Kraft getretenen § 43 SGB VI. Nach dessen Abs 1 hat bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wer (neben weiteren Leistungsvoraussetzungen) wegen Krankheit oder Behinderung außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbsfähig zu sein. Eine quantitative Einschränkung der betriebsüblichen Arbeitszeit von täglich etwa 8 Stunden liegt jedoch - wie bereits ausgeführt wurde - bei der Klägerin nicht vor.

Abzulehnen war auch der Antrag der Klägerin, einen Arzt und eine Ärztin ihres Vertrauens nach § 109 SGG anzuhören. Der im heutigen Termin begehrten Anhörung von medizinischen Sachverständigen nach § 109 SGG war das Berufungsgericht nicht gehalten nachzukommen, weil sie verspätet geltend gemacht worden ist. Das Gutachten des ärztlichen Sachverständigen Dr.G. wurde der Klägerin unter dem 21.06.2004 übersandt. Seither bestand bis zur mündlichen Verhandlung am 27.10.2004 hinreichend Zeit, einen formgültigen Antrag nach § 109 SGG zu stellen. Der erst in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag ist nach der Überzeugung des Senats aus grober Nachlässigkeit nicht früher gestellt worden, nachdem zum Einen die Klägerin aus dem Klageverfahren um das Recht des § 109 SGG wusste und zum Anderen durch die Stattgabe des Antrags das Verfahren ungebührlich verzögert würde, da die mündliche Verhandlung vertagt und mit einer langen Verfahrensdauer gerechnet werden müsste.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 06.03.2003 war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Klägerin auch in der Berufung unterlegen war.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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