L 6 RJ 547/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 15 RJ 434/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 547/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 27. August 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 30.11.2001 hinaus.

Die 1945 geborene Klägerin stammt aus Griechenland. Am 23.10.1972 nahm sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland auf und war hier nur unterbrochen durch Zeiten der Schwangerschaft und Kindererziehung, zuletzt als Arbeitslose bis 30.04.2000 pflichtversichert. Sie hat in dieser Zeit für 331 Monate Beitrags- und Berücksichtigungszeiten nachgewiesen. Von 1972 bis 1994 war sie als Küchenhilfe erwerbstätig, anschließend einige Monate als Putzfrau. Im Übrigen hat sie Sozialleistungen bezogen.

Auf ihren Antrag vom 11.04.2000 hatte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 13.11.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit vom 01.11.2000 bis 30.11.2001 gewährt aufgrund einer depressiven Erkrankung im Sinne einer abnormen Trauerreaktion. Im Verwaltungsverfahren war sie nur für fähig gehalten worden, leichte Arbeiten unter vier Stunden zu verrichten.

Den Weitergewährungsantrag vom 18.07.2001 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.11.2001 ab, weil die Klägerin nicht mehr berufs- oder erwerbsunfähig und auch nicht erwerbsgemindert sei, nachdem der Nervenarzt Dr.G. in seinem Gutachten vom 07.09.2001 zur Beurteilung gekommen war, dass die Klägerin wieder sechs Stunden und mehr täglich leichte Arbeiten verrichten könne. Es läge eine Dysthymie infolge protrahierter Trauerreaktion sowie anankastisch-histrionische Züge mit Berentungswunsch vor. Der Gesundheitszustand sei jedoch nunmehr soweit stabilisiert, dass aus nervenärztlicher Sicht keine wesentliche Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin vorläge.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2002 zurück.

Dagegen hat die Klägerin zum Sozialgericht München Klage erhoben, mit der sie die Weitergewährung ihrer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 30.11.2001 hinaus begehrt. Das Sozialgericht hat Gutachten zum beruflichen Leistungsvermögen durch den Internisten Dr.E. , den Unfallchirurgen Dr.L. und den Nervenarzt Dr.K. eingeholt. Während Dr.E. in seinem Gutachten vom 25.07.2000 von Seiten seines Fachgebietes keinen wesentlichen krankhaften Organbefund festgestellt hat und Dr. L. von Seiten des orthopädischen Fachgebietes lediglich ein leichtgradiges Halswirbelsäulen- sowie ein Schulter-Arm- und Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei weitgehend freier Funktion und Senk-Spreizfüße beiderseits diagnostiziert hat, die ebenfalls das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin nicht wesentlich beeinträchtigten, hat Dr.K. in seinem Gutachten vom 05.12.2002 von Seiten des nervenärztlichen Fachgebietes eine weiterhin unveränderte erheblich ausgeprägte reaktiv depressive Symptomatik im Sinne einer abnormen Trauerreaktion festgestellt, bei einfach strukturierter sugestibler, zum Teil auch histrionisch geprägter Persönlichkeitsstruktur. Der Gesundheitszustand stelle sich in ähnlicher Weise dar wie bei der Begutachtung im August 2000. Die Klägerin sei mit Rücksicht auf die bestehenden Gesundheitsstörungen zu den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses nur noch zu leichten einfachen stressfreien körperlichen Tätigkeiten im zeitlichen Umfang von drei bis vier Stunden täglich in der Lage. Es bestehe keine begründete Aussicht, dass sich der Gesundheitszustand und damit das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin in absehbarer Zeit bessere.

Dagegen hat die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und Psychoanalyse Dr.D. in ihrer sozialärztlichen Stellungnahme für die Beklagte vom 17.02.2003 geltend gemacht, dass der Beurteilung durch Dr.K. nicht gefolgt werden könne. Es blieben insbesondere die von Dr.G. angesprochenen Punkte der sozialen Unterstützung und der Ich-gerechten Spaltung nicht hinterfragt. Dr.K. stütze seine Beurteilung zu sehr auf die subjektiven Angaben der Klägerin. Im Übrigen wirke auch die von Dr.K. erhobene Anamnese nicht überzeugend. Die Beurteilung des Vorgutachters Dr.G. sei durch die Ausführungen des Dr.K. nicht schlüssig widerlegt und daher nicht hinreichend begründet. Dazu hat Dr.K. ergänzend unter dem 07.04.2003 Stellung genommen. Er führt darin aus, dass er die Bedenken der Beratungsärztin der Beklagten durchaus verstehen könne. Das bei der Klägerin erhobene Krankheitsbild sei etwas verwirrend und stelle einen nervenärztlichen Gutachter vor nicht unerhebliche Probleme, weil im Laufe der zahlreichen Vorgutachten nie ein ganz konstanter Untersuchungsbefund erhoben habe werden können. Dies erkläre die unterschiedliche Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens durch die Vorgutachter. Andererseits stellten sich die von ihm erhobenen Befunde ebenso dar wie sie in seinem Gutachten geschildert worden seien. Seine Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin sei deshalb aufgrund objektiv nachvollziehbarer Befunde belegt.

Dagegen weist Dr.D. in einer weiteren Stellungnahme vom 04.06.2003 darauf hin, dass bei der Klägerin ein nicht übersehbarer Rentenwunsch vorliege, der bei seiner Beurteilung nicht genügend berücksichtigt worden sei und vertrat deshalb weiter die Auffassung, dass die Klägerin nunmehr zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit wieder in der Lage sei.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 27.08.2003 die Beklagte verurteilt, der Klägerin über den 30.11.2001 hinaus Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer zu gewähren. Es hat sich dabei der Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens durch Dr.K. angeschlossen.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie begründet diese mit einer sozialmedizinischen Stellungnahme der Dr.D. vom 01.10.2003, die in Wiederholung ihrer Einwände gegen die Beurteilung des Dr.K. weiterhin die Auffassung vertritt, dass dessen Beurteilung nicht hinreichend begründet und damit unschlüssig sei. Die Klägerin sei wieder zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit auch als Putzfrau in der Lage.

Die Beklagte beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 27.08. 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 27.08.2003 zurückzuweisen.

Beigezogen waren die Akten der Beklagten und die des Sozialgerichts München, auf deren Inhalt sowie auf den Inhalt der Berufungsakte zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet, weil die Klägerin über den 30.11.2001 hinaus weiter Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer hat.

Der Senat sieht gemäß § 153 Abs.2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückweist.

Das Sozialgericht hat den Rechtsstreit entsprechend der Sach- und Rechtslage entschieden. Eine weitere Aufklärung des medizinischen Sachverhalts hat der Senat nicht für erforderlich angesehen. Insbesondere haben die von Dr.D. zur Begründung der Berufung vorgebrachten Einwände den Senat nicht überzeugt. Der vom Sozialgericht zum beruflichen Leistungsvermögen der Klägerin befragte ärztliche Sachverständige Dr.K. ist dem Senat durch eine jahrzehntelange Tätigkeit als Gutachter für die Sozialgerichtsbarkeit bekannt und gilt deshalb als besonders erfahren bei der Beurteilung der Auswirkungen von Gesundheitsstörungen auf das berufliche Leistungsvermögen. Zudem ist dem Senat Dr.K. als besonders kritisch bei der Beurteilung rein psychiatrischer Krankheitsbilder, die keine organische Ursache aufweisen, bekannt, der nur selten sich bereit findet, derartige Erscheinungen schwerwiegende Auswirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen zuzuerkennen. Seinem persönlichen Eindruck kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Nach der deshalb für den Senat überzeugenden Beurteilung des ärztlichen Sachverständigen ist die Klägerin weiterhin erwerbsunfähig und hat über den 30.11.2001 hinaus Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Vorausetzungen des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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