L 6 RJ 607/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 2 RJ 1258/01 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 607/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 1. August 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01.2001 - auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Der Kläger, 1940 geboren und Staatsangehöriger der Republik Slowenien, hat nach seinen Angaben keine Berufsausbildung zurückgelegt. Er hat zunächst vom Dezember 1963 bis April 1965 in seinem Herkunftsland gearbeitet und Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt. Der deutsche Versicherungsverlauf des Klägers stellt sich wie folgt dar:

27.11.69 - 30.09.81 Pflichtbeiträge 02.09.81 - 04.09.81 krank - keine Anrechnung 01.10.81 - 31.12.81 krank 08.01.82 - 05.06.82 AFG-Pflichtbeiträge 07.06.82 krank - keine Anrechnung 09.06.82 - 31.12.82 AFG-Pflichtbeiträge 01.01.83 - 29.04.87 Arbeitslosigkeit

Der letzte deutsche Arbeitgeber des Klägers, bei dem dieser ab 1973 beschäftigt gewesen ist, die Firma V. F. V. & Co. KG in P. (Fa. V.), ist wegen Insolvenz geschlossen worden. Es konnte noch mitgeteilt werden (Auskunft an den Senat vom - Eingang bei Gericht - 02.01.2004), der Kläger sei dort als Maschinenarbeiter (Bandschleifer) in der Stahlfertigung eingesetzt gewesen, es habe sich dabei um eine Tätigkeit gehandelt, die bei einem Arbeiter ohne Vorkenntnisse eine Anlernzeit von sechs Wochen erfordere; die Entlohnung habe sich nach dem Tarifvertrag der hessischen Metallindustrie gerichtet.

Seit 31.01.2000 bezieht der Kläger in Slowenien Invalidenrente.

Einen ersten auf Zahlung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit gerichteten Antrag des Klägers vom 27.05.1991 hat die Beklagte mangels Vorliegens von Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit abgelehnt. Im Bescheid vom 01.02.1994 ist ausgeführt, die Erwerbsfähigkeit werde durch eine Minderung des Hörvermögens, durch ein Schulter-Arm-Syndrom, durch Übergewicht und durch eine Lumbalgie beeinträchtigt. Der Versicherte sei unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsstörungen noch in der Lage, leichte Arbeiten zu ebener Erde, in geschlossenen, normal temperierten Räumen, ohne besonderen Zeitdruck (z.B. Akkord, Fließband), ohne Schicht- bzw. Nachtdienst, ohne Überkopfarbeiten und ohne Gefährdung durch Lärm vollschichtig zu verrichten.

Den am 05.08.1999 gestellten weiteren Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.11.2000 und Widerspruchsbescheid vom 17.09.2001 ab. Der Versicherte sei zwar seit 31.01.2000 erwerbsunfähig, jedoch seien bei einem Eintritt der Erwerbsminderung in diesem Zeitpunkt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentenzahlung nicht mehr erfüllt und auch nicht mehr erfüllbar.

Gesundheitszustand und berufliches Leistungsvermögen des Klägers entnahm die Beklagte hierbei im wesentlichen einem slowenischen Rentengutachten vom 31.01.2000 (gleichzeitig Tag der Untersuchung). Als für die Leistungsfähigkeit wesentliche Haupterkrankung wird darin ein Diabetes mellitus Typ 2 festgestellt; wegen der Zuckerkrankheit werde der Kläger seit 1992 behandelt. Als weitere Krankheiten, die die Leistungsfähigkeit beeinflussten, werden eine periphere arterielle Verschluss- krankheit, ein Diabetikerfuß und eine chronische Lumbalgie aufgeführt. Außerdem lägen eine beidseitige Periarthritis humero- scapularis und eine Schwerhörigkeit vor, Krankheiten, die keinen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit hätten, die aber für die Wahl des Arbeitsplatzes von Bedeutung seien.

Mit der am 19.11.2001 zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger seinen Rentenanspruch weiter. Invalidität bestehe schon mindestens seit 1990. Der slowenische Rentenversicherungsträger habe bei ihm mit Beschluss vom 17.03. 1988 bereits eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 v.H. anerkannt. Seit 1978 sei er schwerhörig. Der Kläger fügte medizinische Unterlagen aus den Jahren 1997 und 1998 bei und legte, nachdem ihn das SG darauf aufmerksam gemacht hatte, dass der Leistungsfall auf Mai 1989 festgestellt werden müsste, um einen Rentenanspruch zu begründen, medizinische Unterlagen über stationäre Behandlungen von Juli bis September 1987 wegen der Operation einer gutartigen Geschwulst am Hals sowie das Gutachten der Invalidenkommission in N. vom 04.03.1988 (Tag der Untersuchung) vor. Darin sind als Diagnosen eine beidseitige Schwerhörigkeit, eine chronische Lumbalgie, eine Periarthritis humeroscapularis und eine Bronchitis genannt; es wird festgestellt, dass Invalidität nicht vorliege. Aufgrund von Krankheit sei eine Körperbehinderung gegeben, die ab 06.11.1987 40 v.H. betrage.

Mit Gerichtsbescheid vom 01.08.2003 wies das SG die Klage ab. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit habe im versicherungsrechtlich spätestmöglichen Zeitpunkt Mai 1989 noch nicht vorgelegen.

Die Berufung des Klägers gegen diesen ihm am 26.09.2003 in seiner Heimat zugestellten Gerichtsbescheid ging am 10.11.2003 beim SG ein. Er sei aus Deutschland mit einem Hörschaden von 67,6 % nach Hause zurückgekehrt. Weiter habe er initiale Krampfadern an beiden Unterschenkeln, eine initiale Spondylose der Lendenwirbelsäule, eine chronische Lumbalgie, eine Periarthritis humeroscapularis rechts und Plattfüße gehabt. Er sei für schwere körperliche Arbeit mit Belastung der Wirbelsäule oder für Arbeiten mit Gehen oder Stehen auf einer Stelle nicht mehr geeignet gewesen. Sein amtlich anerkannter Körperschaden habe am 06.11.1987 40 % betragen. Im Sommer 1987 sei er an einem Tumor am Hals operiert worden. Er sei die ganze Zeit nicht arbeitsfähig gewesen. 1990 habe man eine Zuckerkrankheit festgestellt, die sich seither verschlechtert habe. Beigefügt waren ärztliche Unterlagen aus 2003.

Der Senat zog die Rentenakten der Beklagten sowie die Klageakte des SG Landshut bei und führte Ermittlungen im Hinblick auf eine möglicherweise über den 31.12.1983 hinaus andauernde Arbeitsunfähigkeit des Klägers wegen Krankheit durch. Er erholte die Auskunft vom 02.01.2004 von der Fa. V. und ließ sich eine Bestätigung des slowenischen Versicherungsträgers vom 12.01. 2004 vorlegen, dass der Kläger nicht berechtigt sei, Beiträge für die Zeit ab 1987 zur slowenischen Rentenversicherung nachzuzahlen. Außerdem zog der Senat den Tarifvertrag für die hessische Metallindustrie bei, der zuletzt für den Kläger anwendbar gewesen ist.

Der in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende und auch nicht vertretene Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 01.08. 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.11.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund seines Antrags vom 05.08.1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01. 2001 - eine Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 01.08.2003 ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und - ab 01.01.2001 - auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist wegen der Antragstellung vor dem 31.03.2001 an den Vorschriften des SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.) zu messen, da geltend gemacht ist, dass dieser Anspruch bereits seit einem Zeitpunkt vor dem 01.01.2001 besteht, vgl. § 300 Abs.2 SGB VI. Für den Anspruch des Klägers sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.) maßgebend, soweit sinngemäß auch (hilfsweise) vorgetragen ist, dass jedenfalls ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung seit einem Zeitpunkt nach dem 31.12.2000 gegeben sei, vgl. § 300 Abs.1 SGB VI.

Obwohl beim Kläger nach den Feststellungen der Beklagten seit 31.01.2000 Erwerbsunfähigkeit und damit tatbestandlich auch Berufsunfähigkeit, volle Erwerbsminderung, teilweise Erwerbsminderung und teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit eingetreten sind, weil der Kläger ab diesem Zeitpunkt nur noch weniger als zwei Stunden täglich leistungsfähig ist, hat er keinen Rentenanspruch, weil für diesen Leistungsfall die für eine Rentenzahlung erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt und auch nicht mehr erfüllbar sind.

Eine Rentenleistung wäre nur dann möglich, wenn der Leistungsfall noch im Mai 1989 eingetreten wäre. In diesem Zeitpunkt (und jedenfalls noch bis 1994) ist der Kläger jedoch noch nicht einmal berufsunfähig im Sinn des § 43 Abs.2 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden alten Fassung (a.F.) gewesen. Nach § 43 Abs.2 SGB VI a.F. sind nämlich nur solche Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen von gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (Satz 1). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst hierbei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Satz 4). Die hier genannten Tatbestandsmerkmale der Berufsunfähigkeit haben beim Kläger im Mai 1989 (und weiter bis 1994) nicht vorgelegen.

Das nach Satz 1 dieser Vorschrift zunächst festzustellende berufliche Leistungsvermögen des Klägers ist im Mai 1989 (und auch 1994) bereits eingeschränkt gewesen. Er hat aber leichte Arbeiten zu ebener Erde, in geschlossenen, normal temperierten Räumen ohne besonderen Zeitdruck (z.B. Akkord, Fließband), ohne Schicht- bzw. Nachtdienst, ohne Überkopfarbeiten und ohne Gefährdung durch Lärm vollschichtig verrichten können. Dieses im Mai 1989 (und weiter bis 1994) vorhandene berufliche Leistungsvermögen des Klägers ergibt sich aus dem Bescheid der Beklagten vom 01.02.1994, in dem an Gesundheitsstörungen eine Minderung des Hörvermögens, ein Schulter-Arm-Syndrom, Übergewicht und eine Lumbalgie aufgeführt sind. Es besteht keine Veranlassung, an der Richtigkeit der Feststellungen zu zweifeln, die die Beklagte Anfang 1994 über Gesundheitszustand und berufliches Leistungsvermögen des Klägers getroffen hat.

Zunächst ist festzuhalten, daß der Kläger damals nicht einmal Widerspruch eingelegt hat, mithin die Richtigkeit des Bescheides eingesehen hat. Außerdem hat der Kläger für die Zeit bis 1994 keine medizinischen Unterlagen beigebracht, die einen wesentlich schlechteren Gesundheitszustand bzw. ein schlechteres berufliches Leistungsvermögen beweisen könnten. Die medizinischen Unterlagen über die stationären Behandlungen wegen der Operation einer gutartigen Geschwulst am Hals von Juli bis September 1987 belegen allenfalls eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit im Sinn der gesetzlichen Krankenversicherung. Das Gutachten der Invalidenkommission in N. vom 04.03.1988 (Tag der Untersuchung), in dem als Diagnosen eine beidseitige Schwerhörigkeit, eine chronische Lumbalgie, eine Periarthritis humeroscapularis und eine Bronchitis genannt sind, kommt zum Ergebnis, dass Invalidität nicht vorliege; die gleichzeitige Feststellung einer Körperbehinderung von 40 v.H. ab 06.11.1987 widerspricht dem nicht. Andere Unterlagen, die für das berufliche Leistungsvermögen bis Mai 1989 (und weiter bis 1994) beweiskräftig wären, liegen nicht vor. Selbst wenn von der Beklagten im Bescheid vom 01.02.1994 die Zuckererkrankung übersehen worden sein sollte, dann ist darauf hinzuweisen, dass diese Erkrankung nach den eigenen Einlassungen des Klägers erst 1990 aufgetreten ist, somit nach dem maßgeblichen Zeitpunkt Mai 1989. Auch wenn anzunehmen ist, dass sich die Zuckerkrankheit schon einige Zeit vor ihrer Entdeckung entwickelt hat, so ist davon auszugehen, daß sie für das Befinden des Klägers zunächst (bis 1990 jedenfalls) ohne Auswirkung gewesen ist; ansonsten wäre er bereits früher zum Arzt gegangen. Im Übrigen ist eine Zuckerkrankheit, die noch keine Komplikationen verursacht hat, leichten Arbeiten nicht hinderlich, wie allgemein bekannt.

Nach dem beruflichen Leistungsvermögen ist weiterer Ausgangspunkt für die Feststellung der Berufsunfähigkeit der Hauptberuf des Versicherten. Bei dessen Bestimmung ist grundsätzlich von der zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit auszugehen (vgl. KassKomm-Niesel § 43 SGB VI Rdnr. 21 ff. mit weiteren Nachweisen). Maßgeblicher Hauptberuf ist vorliegend die Berufstätigkeit, die der Kläger bei der Fa. V. als Maschinenarbeiter (Bandschleifer) in der Stahlfertigung ausgeübt hat.

Obwohl der Kläger seinen maßgeblichen Beruf im Mai 1989 wohl nicht mehr hat ausüben können, ist er aber dennoch nicht berufsunfähig gewesen. Für die Annahme von Berufsunfähigkeit reicht es nämlich nicht aus, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann; vielmehr sind - wie sich aus § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI a.F. ergibt - Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen oder sozial nicht mehr zumutbar ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. u.a. SozR 2200 § 1246 Nr.138).

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr.138 und 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht auschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. z.B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.27 und 33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr.143 m.w.N.; SozR 3-2200 § 1246 Nr.5).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Kläger der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters, und zwar des unteren Bereichs (Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei Monaten bis zu einem Jahr, vgl. BSG-Urteil vom 29.03.1994 - 13 RJ 35/93 = SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr.45), zuzuordnen. Dies ergibt sich daraus, dass die Berufstätigkeit des Klägers nach der von der Fa. V. mitgeteilten Anlernzeit von sechs Wochen der Lohngruppe 4 des Tarifvertrags der hessischen Metallindustrie (in der beim Ausscheiden des Klägers aus der Fa. V. geltenden Fassung) entsprochen haben dürfte; dass eine höhere Lohngruppe nicht mehr feststellbar ist, geht nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers. Lohngruppe 4 umfasst Arbeiten, zu deren Ausführung die erforderlichen Kenntnisse durch Anlernen erworben werden. Lohngruppe 5 betrifft demgegenüber Spezialarbeiten, die eine Ausbildung in einem Anlernberuf oder ein Anlernen mit zusätzlichen Erfahrungen erfordern. Erst Lohngruppe 6 setzt grundsätzlich eine Facharbeiterlehre voraus. Hieraus ergibt sich, dass Lohngruppe 6 der Gruppe der Facharbeiter, Lohngruppe 5 der Gruppe der oberen Angelernten und Lohngruppe 5 der Gruppe der unteren Angelernten im Sinn der Mehrstufentheorie des BSG entspricht.

Als angelerntem Arbeiter des unteren Bereichs ist dem Kläger die Verweisung auf praktisch alle - auch ungelernten - Berufstätigkeiten sozial zumutbar gewesen, denen er körperlich, geistig und seelisch gewachsen gewesen ist. Der Benennung eines konkreten Verweisungsberufs bedarf es grundsätzlich nicht. Auch hat beim Kläger im Mai 1989 (und weiter bis 1994) weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorgelegen, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit auch bei einem Versicherten erforderlich machen würde, der der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters des unteren Bereichs zuzuordnen ist. Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich hätte vermittelt werden könnte, ist rechtlich unerheblich, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt als offen anzusehen ist und das Risiko der Arbeitsvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen ist; dementsprechend bestimmt § 43 Abs.2 Satz 4 SGB VI a.F., dass nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, und dass hierbei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (vgl. zum Vorstehenden zusammenfassend den Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr.8).

Weil der Kläger bis Mai 1989 (und weiter bis jedenfalls 1994) nicht einmal berufsunfähig gewesen ist, ist er erst recht nicht erwerbsunfähig gewesen im Sinn der bis 31.12.2000 in Kraft befindlichen noch strengeren Bestimmung des § 44 Abs.2 SGB VI a.F. Aus der Tatsache, dass der Kläger bis Mai 1989 (und weiter bis jedenfalls 1994) noch acht Stunden täglich in einem zumutbaren anderen Beruf hat arbeiten können, folgt weiterhin, dass er auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert oder teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit gewesen ist, vgl. § 43 Abs.1 Satz 2 und Abs.2 Satz 2 SGB VI n.F. sowie § 240 Abs.2 SGB VI n.F.

Beim späteren Eintritt des Leistungsfalls sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentenzahlung nicht mehr erfüllt und auch nicht mehr erfüllbar gewesen, nämlich die Voraussetzung, dass in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Leistungsfalls drei Jahre Pflichtbeiträge vorhanden sein müssen, vgl. § 43 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB VI in der ab 01.01.1996 geltenden Fassung, § 44 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB VI in der ab 01.01.1996 geltenden Fassung, § 43 Abs.1 Satz 1 Nr.2, Abs.2 Satz 1 Nr.2 SGB VI n.F., § 240 Abs.1 n. F. ("unter den sonstigen Voraussetzungen").

Weitere Aufschubtatbestände im Anschluss an den April 1987 (Ausscheiden des Klägers aus der Arbeitslosigkeit) im Sinn der §§ 43 Abs.3 SGB VI a.F., 44 Abs.4 SGB VI, 43 Abs.4 SGB VI n.F., 240 Abs.1 SGB VI n.F., die die Zeit ab Mai 1987 bis zum Leistungsfall wenigstens im erforderlichen Umfang (d.h. so, dass keine Lücken blieben, die insgesamt 24 Monate überschreiten würden) überbrücken könnten, liegen nicht vor.

Insbesondere gilt dies für eine Anrechnungszeit wegen Krankheit, weil die vorübergehende Arbeitsunfähigkeit erst im Juli 1987 im Ausland (also ohne Unterbrechung eines deutschen Beschäftigungsverhältnisses) und auch nach dem 31.12.1983 eingetreten ist (vgl. KassKomm-Niesel § 58 SGB VI Rdnr.11; BSG-Urteil vom 22.04.1992 - 5 RJ 74/91 = SozR 3-2200 § 1259 RVO Nr.12 - S.52 -; BSG-Urteil vom 03.11.1994 - 13 RJ 69/92 = SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr.48 - S.201 f. -). Dies gilt weiter für eine Zeit des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, weil der Invalidenrentenbezug in der Heimat des Klägers nicht dem Bezug einer deutschen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gleichgestellt ist (vgl. das genannte BSG-Urteil vom 03.11.1994 - S.203 - mit weiteren Nachweisen) und im Übrigen viel zu spät - erst am 31.01.2000 - beginnt. Für das Vorliegen anderer Aufschubtatbestände gibt es keinerlei Hinweise.

Nach den §§ 240 Abs.241 Abs.2 SGB VI a.F., 241 Abs.2 SGB VI n.F. sind drei Jahre Pflichtbeitragszeiten in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht erforderlich, wenn die Zeit ab 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt des Leistungsfalles mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Zu prüfen ist nach den vorliegenden Gesamtumständen nur die Belegung der Zeit ab Mai 1987 mit freiwilligen Beiträgen. Dies ist nach deutschem Recht nicht mehr möglich, weil sich der Kläger erstmals im Mai 1991 (erster Rentenantrag) an die Beklagte gewandt hat, als die Fristen für die Zahlung freiwilliger Beiträge für 1987 bis 1990 verstrichen war (vgl. die damals geltende Bestimmung des § 1418 Abs.1 RVO); auch nach dem Heimatrecht des Klägers ist die nachträgliche Zahlung freiwilliger Beiträge ausgeschlossen, wie sich aus der Bestätigung des slowenischen Versicherungsträgers vom 12.01.2004 ergibt. Die Härteregelung des § 197 Abs.3 SGB VI hilft dem Kläger nicht, weil jedenfalls bezüglich der Beiträge für die Jahre 1987 bis 1989 die Jahresfrist, die nach der Rechtsprechung des BSG gilt, im Zeitpunkt des ersten Rentenantrags vom Mai 1991 bereits um war (vgl. BSG-Urteil vom 11.05.2000 - B 13 RJ 85/98 R = SozR 3-5750 Art.2 § 6 ArVNG Nr.18).

Der Kläger ist auch nicht im Anschluss an seine Berufstätigkeit bei der Fa. V. über den 31.12.1983 hinaus bis zum Eintritt des Leistungsfalls arbeitsunfähig krank gewesen, weil die Arbeitsunfähigkeit spätestens nach der ersten Blockfrist von drei Jahren endet; dann ist der Kläger nämlich auch im Rahmen der Prüfung der Arbeitsunfähigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar gewesen (vgl. hierzu BSG-Urteil vom 25.02.2004 - B 5 RJ 30/02 R; die ältere Rechtsprechung - vgl. BSG-Urteil vom 22.04.1992 - 5 RJ 74/91 = SozR 3-2200 § 1259 Nr.12 - ist damit überholt). Weitere Ermittlungen zur Frage der Arbeitsunfähigkeit des Klägers im Anschluss an seine Berufstätigkeit waren damit nicht erforderlich.

Dass der Kläger nach dem Recht seines Herkunftslandes Anspruch auf Invalidenrente hat, führt nicht zwingend dazu, dass er auch in der Bundesrepublik Deutschland Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Rente wegen Erwerbsminderung beanspruchen könnte. Der Anspruch auf eine deutsche Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung ist nämlich unabhängig davon allein nach den deutschen Rechtsvorschriften und entsprechend den hiesigen sozialmedizinischen Grundsätzen festzustellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 01.08.2003 war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved